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Benutzername: 
Scholly
Wohnort: 
Wilhelmsfeld

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Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 17.11.2021
Was ist katholisch?
Müller, Gerhard Kardinal

Was ist katholisch?


schlecht

Zurück hinter das Zweite Vatikanum

Das Foto auf dem Cover sagt schon alles: In Großaufnahme der von Papst Franziskus freigestellten ehemaligen Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und viele Bücher. Und wer es gern schriftlich hätte: „Katholisch ist nur, wer mit der Glaubenslehre der Römischen Kirche übereinstimmt“. Es folgen 300 Seiten im vorkonziliaren theologischen Fachjargon, wie er sich schon in den Lehrbüchern des 19. und 20. Jahrhunderts findet. Wir erfahren: „Gott selbst (! N.S.) legt sein einmaliges und für immer zu unserem Heil gesprochenes Wort … irreversibel aus in den letztverbindlichen Entscheidungen … des kirchlichen Lehramts“. Hören die Bischöfe Stimmen?
Müller ist unberührt von der „Gotteskrise“ (Johann Baptist Metz) unserer Tage. Der Gott seines kirchlichen Lehramts ist völlig selbstverständlich. Müller weiß (woher wohl?), dass Gott uns keine „Mühe ersparen“ will, dass er „sich nicht scheut und schämt“ und noch vieles mehr. Der Kardinal hat nicht begriffen, dass das Gottesbild der Bibel, des Credos und der Dogmen nicht mehr in die Welt von heute passt.
Auch die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese ignoriert der Kardinal und tut die Exegeten ab als „Privattheologen“, die mit ihren „philosophischen Meinungen und nur philologisch-historischen Schriftinterpretationen sich einer aufgeklärten und kirchenkritischen Anhängern (sic!) im idealsten Fall als ‚Opfer‘ der Amtskirche“ empfehlen. Das ist eine üble Verleumdung unserer katholischen Exegeten und zeugt von Unkenntnis ihrer verdienstvollen und wichtigen Arbeit.
Für Müller ist das Katholische „nicht nur ein Lehrinhalt, sondern auch eine Geistesverfassung und eine Lebensweise“. Aufschlussreich: An erster Stelle steht der „Lehrinhalt“. Was er mit „Geistesverfassung“ meint, sagt er nicht. Doch hoffentlich nicht eine „Verfassung“ wie die seine? Sicher meint er damit nicht den „Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen" (Immanuel Kant).
Zum Schluss diffamiert der Kardinal noch den „Synodalen Weg“ in Deutschland als „desaströsen Beschluss“. Er bezeichnet es als „böse und dumme Karikatur der katholischen Kirchenverfassung, wenn sie als Zwei-Klassengesellschaft bezeichnet wird, mit den Bischöfen als Befehlsgebern auf der einen und den Laien als Befehlsempfängern auf der anderen Seite“. Er behauptet im Hinblick auf Kirchenreformer – ohne Belege zu nennen: „Weil mit dem intellektuellen Dünkel immer das Gefühl des höheren moralischen Rechtes einhergeht, hält man für den guten Zweck jedes Mittel für gerechtfertigt. Die sich von katholikenfeindlichen Medien als ‚Reformer der Kirche‘ feiern lassenden Protago¬nisten wählen als Methode die Polarisierung“ usw., usw. Hat der Kardinal das nötig? Immerhin muss er zugestehen: „Die wahre Reform der Kirche ging oft von den Klöstern und geistlichen Gemeinschaften der Laien aus, wo aus der Tiefe der Gottesbeziehung, der radikalen Christusnachfolge und dem Durchdrungen-Sein der Seele von der Liebe des Heiligen Geistes die Kirche von neuem ihre spirituelle Kraft fand“.
Es ist zu bedauern, dass Kardinal Müller seine intellektuellen Fähigkeiten nicht dazu benutzt, um Menschen von heute, die nach Orientierung und Wegweisung suchen und die nach Gott fragen, einen gangbaren, zeitgemäßen Weg aufzuzeigen, sich Gott, dem „heiligen Geheimnis“, im Gefolge des Mannes aus Nazaret zu nähern.
Ein Buch, das Menschen, die sich für den katholischen Glauben interessieren, eher abschreckt

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Bewertung vom 21.06.2017
Gott und der Urknall
Fischer, Ernst Peter

Gott und der Urknall


weniger gut

Der Titel „Gott und der Urknall“ ist irreführend. Er weckt Erwartungen, die im Inhalt des Buches nicht eingelöst werden. Vom Urknall ist nämlich so gut wie gar nicht die Rede. Und auch im Hinblick auf den Untertitel ist die Frage erlaubt, ob er nicht richtiger lauten müsste: „Religion und Naturwissenschaften im Wechselspiel der Geschichte“. Das wäre der zum Inhalt des Buches passende Titel.
Fischer schildert in munterem Plauderton wichtige Stationen des Nachdenkens über Gott und die Welt. Er beginnt mit den „Anfängen des Wissens“ in der Antike und wandert über viele Stationen bis zur „Gottlosigkeit der Molekularbiologen“. Ich frage mich allerdings, ob die Molekularbiologen allesamt gottlos sind. Ausführlich und kenntnisreich werden die großen und bedeutenden Naturwissenschaftler und ihre Entdeckungen vorgestellt. Fischer schweift bei seinem Streifzug gern ab. So bespricht er nebenbei auch das Problem der Gewalt im Christentum (44-48), bekennt, dass ihm die „Doppelgesichtigkeit der Gestalt Jesu, der Gottessohn und Menschensohn zugleich sein soll, … schwer vorstellbar ist“ (47), erklärt die Infinitesimalrechnung (96-103), befasst sich ausführlich mit dem „arabischen Haus der Weisheit“ (105-127), stellt sehr instruktiv „Maxwells Dämon“ vor (168-178) und lässt sich seitenlang über die „Angst in der Wissenschaft“ aus ( 243-248). Am besten gelungen erscheint mir im Hinblick auf den Untertitel des Buches das 7. Kapitel, die Ausführungen über die naturwissenschaftliche Leistung und die Religiosität von Max Planck und Albert Einstein.
Die Ausführungen sind kenntnisreich und mit vielen, leider nicht immer genau belegten Zitaten angereichert. Etwas ermüdend wirken die häufigen Rück-, Quer- und Vorverweise. Leider fehlt in den durchaus interessanten Ausführungen eine Auseinandersetzung mit den großen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Urknall heute relevant sind: Materie und Antimaterie, Materie und Geist, Dunkle Materie, Higgs-Teilchen, „pulsierendes Universum“, Entstehung des Lebens u.a.
Vielleicht lässt sich das Anliegen des Buches am besten wiedergeben mit den von Fischer zitierten Worten des Physikers Wolfgang Pauli (257): „Ich glaube, dass es das Schicksal des Abendlandes ist, die beiden Grundhaltungen, die kritisch rationale, verstehen wollende auf der einen und die mystisch irrationale, das erlösende Einheitserlebnis suchende auf der anderen Seite immer wieder in Verbindung miteinander zu bringen.“
Norbert Scholl

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Bewertung vom 06.06.2017
Papst Franziskus
Mynarek, Hubertus

Papst Franziskus


ausgezeichnet

Was hier auf 334 Seiten als „Die (!) kritische Biografie“ ausgebreitet wird, ist keine „echte Alternative zu den zahlreichen unkritischen Papstbüchern“, wie es der Klappentext vollmundig ankündigt, sondern ein aus allen möglichen und unmöglichen Winkeln zusammengesuchtes Sammelsurium von zum Teil höchst unkritischen und an den Haaren herbeigezogenen Anmerkungen zu Papst Franziskus. So wirft Mynarek dem Papst vor, er habe das „naivste, fundamentalistischste, unkritischste, von jeglichem Zweifel unberührteste Gottes , Jesus , Marien , Kirchen und Teufelsbild, das man sich nur denken kann“ (101), und fragt sich, ob Bergoglio als Theologiestudent „bei den Vorlesungen im Fach Dogmengeschichte geschlafen“ habe (105). Mynarek sieht in Franziskus einen „Märchenerzähler und Mythenrezitierer“ (102), einen „Heuchler“ (262), „Praktiker, Politiker, Religionsmanager und Macher“ (373), der sich „gesandt“ fühlt, „mit eiserner Disziplin … die ganze Kirche zu erneuern“ (69). Darum habe Bergoglio den „Entschluss“ gefasst, „Papst zu werden“ und den päpstlichen „Thron“ zu besteigen (109).
Mynarek missbraucht seine Papstbiografie, um auf 53 Seiten (27-80) „Geist und Ungeist der Jesuiten“ (vor allem Ungeist) genüsslich auszubreiten - Ignatius von Loyola ein „geistlicher Diktator“ (58) und „Psychopath“ (65); die jesuitischen Exerzitien eine „Gehirnwäsche“ (75); das Noviziat eine „Zwangsanstalt“ (57); die Jesuiten werden mit der „SS“ verglichen (53); „Bergoglio/Franziskus das Produkt einer überlangen Indoktrinations und Dressurprozedur in den jesuitischen Ausbildungsinstituten“ (79). Lang und breit werden die persönlichen negativen Erfahrungen Mynareks mit einem Jesuitenpater geschildert (36-43).
Auf den Seiten 101-192 attackiert Mynarek Theologie, Mariologie, Anthropologie und Ekklesiologie im Allgemeinen und die des Papstes im Besonderen. Er wärmt die uralte Legende von der unehelichen Geburt Jesu und seines angeblichen Erzeugers, des römischen Soldaten Panthera, auf (138-146). Er behauptet: „Die außermenschliche Schöpfung, die ganze mannigfaltige Organismenwelt sind für Bergoglio/Franziskus gleichgültig, irrelevant, bedeutungslos, er kümmert sich nicht um sie. Seine Theologie ist naturlos und tierfremd“ (151). Freilich wurde kurz danach diese kühne Unterstellung durch Papst Franziskus selbst krachend ad absurdum geführt mit seiner Enzyklika „Laudato si‘“ vom 24.5.2015, mit der er versuchte, auf die UN Klimakonferenz in Paris 2015 Einfluss zu nehmen.
Auch die Vorliebe des Bergoglio-Papstes zu den Armen schmeckt Mynarek nicht. Franziskus sei „kein Mann der Spontaneität, der unwillkürlich aus der Stimmung einer Augenblickssituation heraus etwas Sympathisches sagt oder tut, sondern ein Mensch des Kalküls, der nüchtern-rationalen Berechnung seiner Wirkung auf die Menge“ (193). Seitenlang lässt der sich kritisch gerierende Biograf über die „Versäumnisse (des Papstes) bei der praktischen Umsetzung seiner Armutstheologie“ aus (200-236) – so über die Nicht Abschaffung der deutschen Kirchensteuer (200-207) und über – wie könnte es anders sein! – den „hochmütigen Protz und Prunkbischof“ Tebartz-van Elst (226-229). Mynareks Fazit: „Existentielle Schizophrenie des Papstes“ (234).
Schließlich wird noch „Irritierendes, Ketzerisches, Sensationelles in einigen Aussagen des Papstes“ zusammengetragen (237-311).
Mynareks Ausführungen lassen nur allzu deutlich die Hassliebe des ehemaligen katholischen Theologie-Professors zu Theologie, Kirche und Papst erkennen. Ein geschwätziges, unappetitliches Buch.
Norbert Scholl