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Sina
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Bremen

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Insgesamt 91 Bewertungen
Bewertung vom 27.11.2025
Schmitt, Caroline

Monstergott


gut

Glaube und Identität

Mit „Monstergott“ hat Caroline Schmitt nach „Liebewesen“ ihren zweiten Roman veröffentlicht.
Da ich ihren Schreibstil und den ungeschönten Blick auf die Realität schon in ihrem ersten Roman mochte, wollte ich natürlich auch „Monstergott“ unbedingt lesen.

Im Zentrum der Geschichte stehen Esther und Ben, ein Geschwisterpaar, das tief in der Gemeinde einer christlichen Freikirche verwurzelt ist. Der Glaube ist fester Bestandteil ihres Lebens und beeinflusst den Alltag aber auch große Entscheidungen der beiden Figuren.

Die Geschichte wird in wechselnder Perspektive aus der Sicht des Geschwisterpaars erzählt, wodurch besonders gut sichtbar wird, wie tief die Strukturen der Gemeinde in die Lebensrealität der Figuren greift. Esther stößt mit ihrem Wunsch nach Selbstverwirklichung innerhalb der Gemeinde beim Pastor schnell auf Widerstand, während Ben durch einen moralischen Konflikt zwischen der eigenen Identität und seinem Glauben in eine tiefe Verzweiflung gerät.

Schmitt macht mit ihrer Geschichte deutlich, wie der Glaube und das Aufwachsen in einer christlichen Gemeinde den Wunsch nach Zugehörigkeit erfüllen – jedoch zeitgleich den nach Selbstverwirklichung zerstören kann.
Ihr Schreibstil hat mir auch in diesem Roman wieder gut gefallen – klar, schnörkellos, stellenweise fast etwas ironisch. Mit den wechselnden Perspektiven macht sie ohne je anklagend zu sein auf die verschiedenen Missstände innerhalb des christlichen Glaubens aufmerksam.

Das Ende des Buches war für meinen Geschmack leider nicht glaubwürdig. Die Reaktionen der Eltern auf Bens Geheimnis waren für mich im Kontext nicht nachvollziehbar und mehr als unglaubwürdig. Über Jahrzehnte verinnerlichte Denkmuster können sich nicht von jetzt auf gleich in Luft auflösen und wenn überhaupt nur mit viel Selbstreflexion, Arbeit und Zeit gebrochen werden. Ich hätte auch ein längeres Buch in Kauf genommen, wenn das Ende dafür authentischer dargestellt worden wäre.

Bewertung vom 18.11.2025
Keßler, Verena

Gym


sehr gut

Fitnesswahn und Körperkult

Verena Keßler hat mit „Gym“ ihren dritten Roman vorgelegt. Dieser befasst sich mit allgegenwärtigen Themen der Gesellschaft wie Leistungsdruck, Körperkult und Selbstoptimierung.

Die namenlose Protagonistin braucht nach einem Vorfall in ihrem verantwortungsvollen Bürojob eine neue Arbeit und erschleicht sich durch eine Notlüge die Anstellung im MEGA GYM als Tresenkraft. Ihr neuer Chef ist ein selbsternannter Feminist und somit ist es für ihn selbstverständlich eine alleinstehende Mutter einzustellen, die erst vor wenigen Wochen entbunden hat. Doch mit der Zeit nimmt nicht nur die Lüge ein immer größer werdendes Ausmaß an, auch das Interesse der Hauptfigur an Fitness und Körperkult wächst rasant, bis Ehrgeiz zur Obsession und Selbstoptimierung zur Selbstzerstörung werden.

Verena Keßlers Stil ist lakonisch, auf den Punkt, teilweise fast ein bisschen zynisch und ohne Schnörkel. Die Handlung nimmt schnell an Fahrt auf und hält konstant ein rasantes Tempo. Einmal angefangen ist es schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen.

Die Hauptfigur bleibt durch ihre undurchdringliche Vergangenheit, von welcher man nur bruchstückhaft erfährt immer etwas distanziert, was jedoch auch dazu führt, dass sie für die Leser:innen unberechenbar erscheint und es bis zum Schluss spannend bleibt.

Obwohl mir die erste Hälfte des Romans deutlich besser gefallen hat, hatte ich bis zum Schluss ein durchweg positives Leseerlebnis. Der Roman zeigt, wie schnell der Wunsch nach Bestätigung und Anerkennung zum Lebensmittelpunkt werden können und man sich selbst verliert. Wer eine kurzweilige aber intensive Unterhaltung sucht, ist mit Gym bestens bedient!

Bewertung vom 09.11.2025
June, Joana

Bestie


gut

Selbstinszenierung

Der Name Joana June war mir bereits durch YouTube und Instagram ein Begriff. Zwar verfolge ich die Bookfluencerin nicht allzu akribisch, dennoch war ich umso gespannter auf ihren Debütroman.

Im Zentrum der Geschichte stehen zwei junge Frauen in ihren Zwanzigern: die unscheinbare Lilly und erfolgreiche Influencerin Anouk.
Mit ihrem Umzug nach Hamburg in die WG ihres großen Idols verspricht sich Lilly einen radikalen Neuanfang, doch dieser baut auf einer großen Lüge auf.

Auf den ersten Blick thematisiert der Roman die schillernde Social-Media-Fassade.
Schnell wird jedoch klar, dass Selbstinszenierung nicht nur seitens Anouk auf Instagram stattfindet, sondern auch Lilly durch ihr aufgebautes Lügenkonstrukt so tut, als sei sie eine andere.

Joana June erzeugt durch ihren flüssigen und modernen Schreibstil einen angenehmen Lesefluss.
Ihre Erzählweise ist bildhaft und mitunter metaphorisch, zum Ende des Buches sogar etwas experimentell. Ihr gelingt es die Figuren nahbar und menschlich - mit Makeln und Fehlentscheidungen - zu darzustellen.

Mir hat der Roman mit seiner hochaktuellen Thematik grundsätzlich gut gefallen, allerdings sehe ich noch Luft nach oben. An einigen Stellen wirkte die Handlung noch nicht vollständig ausgereift und die Beziehungsdynamiken blieben für meinen Geschmack etwas zu oberflächlich.
Trotz kleiner Kritikpunkte möchte ich eine klare Leseempfehlung aussprechen und freue mich auf weitere Werke der Autorin.

Bewertung vom 07.11.2025
Knightley, Keira

Ich hab dich ganz genauso lieb


gut

Fiebertraum

Inspiriert durch ihre eigenen Erfahrungen als Mutter von zwei Töchtern hat Schauspielerin Keira Knightley das Kinderbuch „Ich hab dich ganz genauso lieb“ (Originaltitel: „I love you just the same“) geschrieben und eigenständig illustriert.

Auf den ersten Blick mutet das Buch bereits märchenhaft an. Der dunkelblaue Hardcover Einband ist verziert von türkis- und rosafarbenen Ranken und Blättern, die Schrift ist gold foliert. Das Motiv auf dem Cover wirkt magisch, fast wie aus einem Traum. Insgesamt wirkt die Qualität des Buches mit dem robusten Einband und dem qualitativen Papier sehr hochwertig.

Inhaltlich überzeugt das Buch jedoch leider weniger.
Mit der Geburt der kleinen Lily nimmt bei der älteren namenlosen Schwester die Eifersucht Einzug. Sie fühlt sich der Mutter beraubt, die früher an ihrem Kinderbettchen immer ein Gute-Nacht-Lied für sie gesungen hat und dies nun nur noch bei der jüngeren Schwester tut. In einem traumartigen Szenario, in welchem Lily von übergroßen Tieren entführt wird, begibt sich die große Schwester auf eine abenteuerliche Reise um diese zurückzuholen. Auf ihrem Weg erhält sie immer wieder kleinen Notizen der Mutter, welche ihr Mut zusprechen sollen.

Die Illustrationen sind durchaus schön anzusehen, Knightleys Stärke liegt hier ganz klar bei den Pflanzen- und Tierdarstellungen.
Diese wirken jedoch teilweise zu düster, beinahe aggressiv und auch die Farbkombinationen sind hier und da einfach zu viel des Guten. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Bilder auf einige Kinder eher angsteinflößend wirken.

Meiner Meinung nach wurde die Botschaft auch nicht sonderlich gut umgesetzt. Das Buch wollte zeigen, dass mit dem Einzug eines neuen Geschwisterchens die Liebe der Mutter nicht weniger wird. Stattdessen lag der Fokus der Geschichte vielmehr auf den Schwestern selbst, insbesondere der Eifersucht der älteren Schwester, welche nach und nach der Geschwisterliebe weicht. Die Mutter spielt hier eher untergeordnete Rolle.
Die Tatsache, dass die ältere Schwester keinen Namen hat, die jüngere jedoch schon, finde ich zudem ungünstig gewählt und entgegen der Botschaft, dass beide Kinder gleich geliebt werden.

Von mir gibt es hier nur eine eingeschränkte Empfehlung. Aufgrund der tollen Aufmachung eignet sich das Buch bestimmt gut für Eltern, die Fans der Schauspielerin sind. Als Buch für Kinder würde ich es allerdings nur bedingt empfehlen.

Bewertung vom 03.11.2025
Pavicsits, Nina

We are Austria


ausgezeichnet

Powerfrauen aus Österreich

Bei „We are Austria“ aus dem Molden Verlag handelt es sich um ein wunderschön aufbereitetes Sachbuch. Nach der erfolglosen Suche nach einem entsprechenden Buch für ihre Kinder beschloss die Grafikdesignerin Nina Pavicsits dieses Buch selbst zu schreiben und zu gestalten.

„Frauen haben sich ihre Rechte stets selbst erkämpft, oft gegen erheblichen Widerstand.“ beschreibt es Pavicsits bereits in ihrem Vorwort und um dies zu veranschaulichen bietet sie 77 beeindruckenden Österreicherinnen eine Bühne. Angefangen bei Frauenrechtlerin Adelheid Popp über Erfinderinnen, Schauspielerinnen, Wrestlerinnen bis zur Operationsschwester findet man hier in beinahe jedem Bereich inspirierende Vorbilder der österreichischen Geschichte - allesamt Frauen.
Erzählt in der Ich-Perspektive wirken die Biografien besonders nahbar und vor allem auch für jüngere Leser:innen gut zugänglich.

Doch nicht nur inhaltlich überzeugt das Buch auf ganzer Linie, zudem ist es auch noch eine wahre Augenweide! Kunterbunt, außergewöhnlich und stark - genau wie die im Buch vorgestellten Frauen kommt auch die Optik daher.
Jede Doppelseite kommt in ihrem eigenen grafischen Stil daher, welcher die Individualität und die Persönlichkeit der einzelnen Frauen unterstreicht.

Weiter hinten im Buch findet man außerdem ein Kapitel über die Frauenrechte in Österreich, mit entsprechender Jahreszahl, wann diese in Kraft getreten sind. Anschließend folgt noch ein interaktiver Teil, in welchem man eine eigene Seite selbst nach Belieben gestalten kann.

Ein wirklich unglaubliches und inspirierendes Buch für jung und alt, was von mir eine ganz klare Empfehlung bekommt!

Bewertung vom 21.10.2025
Knecht, Doris

Ja, nein, vielleicht


sehr gut

Zwischen Alltag und Selbstbestimmung

Für mich war »Ja, nein, vielleicht« das erste Buch der Autorin. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass es quasi der dritte Roman einer Art Reihe ist, jedoch muss man diese nicht unbedingt vorher gelesen haben.

Die namenlose Ich-Erzählerin befindet sich in einer Phase zwischen Umbruch und Selbstfindung. Sie ist in ihren 50ern, ihre Kinder sind ausgezogen und mit ihrem Job als Autorin schafft sie es, sowohl eine Stadtwohnung in Wien als auch ein kleines Haus auf dem Land zu unterhalten.
Trotz ihres eigentlich erfüllten Lebens nagen Zweifel an ihr und als sie eines Tages einen alten Bekannten im Supermarkt trifft, löst diese Begegnung einiges in ihr aus. Soll sie sich noch einmal auf einen Mann einlassen oder ist alles so gut, wie es ist?

Die Autorin hat mit »Ja, nein, vielleicht« eines dieser Bücher geschaffen, welches von seinen eindringlichen Zwischentönen lebt. Es ist eine Geschichte über Freundschaft, Familie, Zusammenhalt und Selbstfindung, die sich mit den kleinen und größeren Sorgen des alltäglichen Lebens beschäftigt.
Die Handlung kommt ohne große Dramen daher, ist zum größten Teil unaufgeregt und leise und dennoch voller Tiefe und Bedeutung.
Knechts Schreibstil ist klar und präzise, einzig die vielen Anglizismen (gerade im ersten Drittel des Buches) fand ich unpassend und etwas irritierend.
Die Figuren wirken mit ihren Stärken und kleinen Marotten absolut authentisch und zutiefst menschlich.

Es ist eines dieser Bücher, das sich anfühlt wie ein Gespräch mit einer guten Freundin. Eine berührende Geschichte, die sicher noch lange nachhallen wird. Große Empfehlung von mir!

Bewertung vom 09.10.2025
Sußebach, Henning

Anna oder: Was von einem Leben bleibt


sehr gut

Rekonstruktion eines Lebens

In seinem Buch „Anna oder: Was von einem Leben bleibt“ rekonstruiert der Journalist Henning Sussebach das vergessene Leben seiner Urgroßmutter Anna Kalthoff.

Mit Hilfe weniger verbliebener Gegenstände aus Annas Besitz begibt sich der Autor auf Spurensuche und setzt nach und nach ein stimmiges Gesamtbild zusammen. Die Lesenden werden mitgenommen auf eine Reise von 1887 und 1932 zwischen Horn und Cobbenrode, im
Sauerland.

Anna wird als viertes Mädchen in die Familie Kalthoff geboren. Ihr Vater verstarb als Anna gerade einmal 12 Jahre alt war. Als unverheiratete Frau mit nur wenigen Alternativen geht Anna im Alter von gerade einmal 21 Jahren mach Cobbenrode und wird Lehrerin. Trotz der Steine, die ihr in dieser frauenfeindlichen Zeit in den Weg gelegt werden, führt sie ein scheinbar selbstbestimmtes und außergewöhnliches Leben.

Untermalt wird die persönliche Biografie der Urgroßmutter immer wieder mit zeitgeschichtlichen Fakten, die es den Lesenden einfacher machen, sich die Geschehnisse im geschichtlichen Kontext vorzustellen.

Henning Sussebach hat mit seiner gründlichen und fundierten Recherche ganze Arbeit geleistet und seiner Urgroßmutter ein Denkmal gesetzt.

Bewertung vom 09.10.2025
Sauer, Anne

Im Leben nebenan


weniger gut

Das andere Leben

Anne Sauers Roman „Im Leben nebenan“ spielt mit der Idee einer Parallelwelt und befasst sich im zuge dessen mit Themen wie Mutterschaft, Kinderwunsch, Frausein und Lebensplanung.

Wir erhalten Einblick in zwei verschiedene Versionen des Lebens von Hauptfigur Toni beziehungsweise Antonia.
Eines Tages findet sich Toni im Leben von Antonia wieder. Ein Leben, in dem sie sich nie von ihrer Jugendliebe Adam getrennt hat und die beiden kürzlich ein Baby bekommen haben.
Sie führt ihr Leben fortan mit den Erinnerungen an ihr „echtes Leben“ als Toni: kinderlos und in einer Beziehung mit Jakob.

Leider konnte mich der Roman absolut nicht überzeugen. Vielleicht bin ich aber auch einfach nicht die richtige Zielgruppe. Grundsätzlich fand ich die Idee von zwei völlig unterschiedlichen parallelen Leben durchaus interessant aber letztendlich hatte ich den Eindruck, das keines der Leben ein für die Protagonistin erfüllendes oder glückliches Leben ist.

Es gibt auch leider nichts, was ich aus dem Gelesenen für mich mitnehme oder woran ich nochmal zurückdenken werde. Ich glaube, vor allem junge Frauen, die sich erst noch darüber klar werden müssen, ob sie ihr Leben mit oder ohne Kinder gestalten möchten, könnten eher gefallen an dem Buch finden.

Bewertung vom 06.10.2025
Suzuki, Larissa

Das Internet


ausgezeichnet

Großartiges Kinder-Sachbuch

Mit “Das Internet” ist dem Duo bestehend aus der Autorin Prof. Dr. Larissa Suzuki und der Illustratorin Harriet Russel ein wirklich tolles Kinderbuch gelungen.
Das Buch ist empfohlen für Kinder ab 8 Jahren, erschienen im E. A. Seemann Verlag und Teil der Bilderbande, einer Sachbuchreihe für Kinder von 4 bis 12 Jahren.

Unterteilt in insgesamt 63 Kapitel nimmt das Buch die Leser:innen mit auf eine Reise durch das World Wide Web.
Vermittelt wird hier wirklich alles Wissenswerte rund um das Thema. Von Sicherheit im Netz über technisches Know-How bis zur KI werden hier alle möglichen Themen umfassend und gleichzeitig kindgerecht erklärt.
Dem Buch gelingt es auf spielerische, leicht verständliche und unterhaltsame Art und Weise Grundlagen und Fachwissen zur digitalen Welt zu vermitteln. Auch Erwachsene können hierbei noch das ein oder andere lernen.

Besonders positiv hervorzuheben sind außerdem die vielen interaktiven Inhalte am Ende eines jeden Kapitels. Hier lernt man beispielsweise wie man am besten ein besonders sicheres Passwort erstellt und es sich aufschreibt, ohne, dass andere dies einfach entschlüsseln können.
Auch das Glossar am Ende finde ich gut gelungen. Hier werden nochmal einige wichtige Schlagworte kurz und knapp erläutert.

Die farbenfrohen und liebevoll gestalteten Illustrationen machen Freude beim Lesen und laden die Betrachter:innen dazu ein, immer mal wieder einen Blick ins Buch zu werfen und sein Wissen aufzufrischen oder zu erweitern.
Von mir gibt es dafür 5 Sterne und eine klare Empfehlung!

Bewertung vom 04.10.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri


gut

Zwischen zwei Welten

3.5 | In »Onigiri« erzählt Yuko Kuhn die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Deutschland und Japan.

Akis Mutter Keiko beschließt als junge Frau Japan den Rücken zu kehren und nach Deutschland auszuwandern. In ihrer neuen Wahlheimat heiratet sie, bekommt zwei Kinder und lässt sich schließlich wieder scheiden.
Im Alter erkrankt sie an Demenz und aus der einst so selbstbestimmten und lebensfrohen Frau bleibt nicht mehr viel übrig.
Als Akis Großmutter stirbt, nimmt sie dies zum Anlass ein letztes Mal zusammen mit Keiko nach Japan zu reisen.

Erzählt wird die Geschichte zwischen zwei Kulturen aus der Perspektive von Aki in einem ruhigen, beinahe sachlichen Ton auf zwei Zeitebenen. Trotz der Schwere der Themen kommen keine großen Emotionen auf und die Erzählerin bleibt stets auf einer gewissen Distanz zum Geschehen.

Die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung legt einen Schatten auf die sonst so friedlich erscheinende Familiengeschichte.
Während die Lektüre anfangs noch von Leichtigkeit geprägt ist, entfaltet sich nach und nach ein Gefühl der Melancholie und Wehmut.
Die Themen Demenz und Depression sind allgegenwärtig und lassen die Lesenden trotz der distanzierten, teilweise verzweifelten und von Unverständnis geprägten Haltung zu Keiko ein tiefes Mitgefühl für sie entwickeln.
Während Aki zu ergründen versucht, was ihre Mutter zu der gebrochenen Frau gemacht hat, die sie heute ist, setzt sich für die Lesenden nach und nach ein Bild zusammen, welches zeigt, wie schwer die Japanerin es in Deutschland hatte und wie einsam sie sich gefühlt haben muss.

Gerade zu Beginn des Romans wirkt der Text eher wie eine Ansammlung von zusammenhanglosen aneinandergereihten Anekdoten, was den Lesefluss leicht beeinträchtigen kann.
Bei einigen Themen hätte ich mir zudem etwas mehr Reflexion und Tiefgang gewünscht. Der Groll Akis der Mutter gegenüber war für die Leser:innen oft nicht greifbar und hier hätte ich mir ein paar emotionalere Einblicke in die Beziehung der beiden erhofft.

Grundsätzlich kann ich das Buch allen empfehlen, die sich für die japanische Kultur interessieren. Hier bekommt man wirklich spannende Einblicke geboten. Insbesondere im Vergleich zur deutschen Kultur werden ganz deutlich Unterschiede in Mentalität und Lebensweise dargestellt.