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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 514 Bewertungen
Bewertung vom 23.12.2025
Schreiber, Jasmin

Da, wo ich dich sehen kann


ausgezeichnet

DA, WO ICH DICH SEHEN KANN
Jasmin Schreiber
ET: 31.10.25

„Wenn jemand geht, fehlt nicht nur die Person, sondern auch ein Stück von jedem, der bleibt.“ (S. 49)

Emma ist tot. Sie wurde von ihrem Ehemann erdrosselt. Die neunjährige Tochter Maja findet ihre Mutter am Morgen in der Küche. Der Vater, ein angesehener Anwalt, wird verhaftet und schließlich verurteilt.
Maja kommt zu ihren Großeltern mütterlicherseits nach Süddeutschland und besucht dort eine neue Schule. Doch sie zieht sich immer mehr zurück und gibt sich selbst die Schuld am Tod ihrer Mutter.

Auch Liv, Astrophysikerin und Emmas beste Freundin seit Kindertagen, leidet schwer unter dem Verlust. Sie, die nie Kinder wollte, fühlt sich stark zu Maja hingezogen und unterstützt die Großeltern – bis eine weitere erschütternde Nachricht alles verändert …
Häusliche Gewalt erwarten wir oft „in bestimmten Milieus“, fernab unseres eigenen Lebens. Femizid scheint etwas zu sein, das uns nicht betrifft. Und doch nehmen „Meldungen über Ehemänner, die ihre Frauen erstechen, erschießen, erwürgen, verbrennen, zerstückeln oder in Säurefässer versenken“ (S. 151) erschreckend zu.

Jasmin Schreiber hat hier ein unglaublich wichtiges und zutiefst berührendes Buch geschrieben. Allein der Aufbau verdient für mich fünf Sterne: In wechselnden Perspektiven kommen unterschiedliche Figuren zu Wort, sogar Emma selbst erzählt von ihrem Leben mit einem Mann, dem sie es nie recht machen kann, der sie kontrolliert und vor der gemeinsamen Tochter bloßstellt.

Besonders beeindruckt haben mich die drei Kapitel aus der Sicht von Emmas Eltern sowie von Liv, die sich mit der quälenden Frage beschäftigen: Was wäre gewesen, wenn ich besser zugehört und nachgefragt hätte?

Fazit:
Nein, es ist kein Weihnachtsbuch. Aber Weihnachten ist ja auch bald schon wieder vorbei und dann lest dieses Buch UNBEDINGT.
Ein großes #Highlight und eine eindringliche Leseempfehlung!
5+/5

Bewertung vom 22.12.2025
Laban, Barbara

Leserabe 2. Lesestufe - Auf heißer Spur - Die Detektive von Paris


ausgezeichnet

AUF HEIẞER SPUR.
DIE DETEKTIVE VON PARIS
Leserabe 2. Lesestufe
Barbara Laban
ET: 15.1.26
Noah lebt in Paris und kann von seinem Balkon aus direkt auf Notre-Dame blicken. Unter ihm wohnt Madame Favre, die die weltbesten Macarons backt und einen außergewöhnlich schlauen Kakadu namens Coco besitzt. Gemeinsam mit seinen Nachbarskindern Amelie und Samuel verbringt Noah viel Zeit im Hof, wo Madame Favre die Kinder gerne mit ihrem köstlichen Gebäck verwöhnt. Auch Coco liebt es, mit ihnen Verstecken zu spielen.

Doch eines Tages verschwindet Coco plötzlich – und mit ihm auch ein Korb voller leckerer Macarons. Wer steckt hinter diesem Diebstahl? Zum Glück sind Noah, Amelie und Samuel echte Juniordetektive. Schon bald entdecken sie eine Spur aus zerkrümelten Macarons, die sie quer durch Paris führt. Eine spannende Verfolgungsjagd beginnt – seid ihr dabei?

Diese liebevolle Abenteuergeschichte nimmt junge Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch Paris und vorbei an den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das Buch ist sehr gut aufgebaut: Die Kapitel sind angenehm kurz, die Schriftgröße ist ideal auf das Lesealter abgestimmt und am Ende jedes Kapitels wartet eine Frage, die das Textverständnis überprüft.

Die Illustrationen von Marc-Alexander Schulze haben uns besonders gut gefallen. Zusätzlich gibt es am Ende des Buches kleine Leserätsel, die für weiteren Spaß sorgen. Als kleiner Minuspunkt sei erwähnt, dass es schön gewesen wäre, wenn die im Buch abgebildeten Sehenswürdigkeiten auch kurz beschrieben worden wären – dies ist jedoch nur eine Kleinigkeit.

Fazit:
Eine spannende Detektivgeschichte, die wir sehr gerne gelesen haben.
5½/5

Bewertung vom 19.12.2025
Luka, Saskia

Lass uns noch bleiben


gut

LASS UNS NOCH BLEIBEN
Saskia Luka
ET: 3.11.25

Anna lebt in Berlin ein zurückgezogenes, fragiles Leben.
Allein in einer Wohnung, die sie sich eigentlich nicht leisten kann, und mit dem plötzlichen Verschwinden der Frau, in die sie unsterblich verliebt war.

Tagsüber verkauft sie Topfpflanzen in ihrem kleinen Laden.
Der feste Anker in ihrem Alltag ist der tägliche Gang zu einem Café, wo sie Kaffee to go für sich und den Antiquariatsbesitzer Henning holt.
Ein paar Worte, ein kurzer Austausch – mehr Nähe entsteht zwischen ihnen nicht.

Erst als ein junger Mann ihren Laden betritt und fragt, ob er ein Wohnungsgesuch aufhängen darf, gerät Annas ruhige Routine ins Wanken.

Der Einstieg und das Setting haben mir sehr gut gefallen.
Leider verliert die Geschichte danach an Tempo und entwickelt keinen wirklichen Sog.
So feinfühlig und atmosphärisch die Autorin auch schreibt, die Handlung bleibt für mich zu zaghaft und kommt nicht richtig in Gang.

Fazit:
Eine kurze Geschichte mit schönen Momenten und guter Grundidee, die sich über weite Strecken zu ruhig entfaltet und dadurch Längen entwickelt.
Kann man lesen, muss man aber nicht.
2½/5

Bewertung vom 17.12.2025
Rosales, Caroline

Das Leben keiner Frau


ausgezeichnet

DAS LEBEN KEINER FRAU
Caroline Rosales
ET: 30.08.2021

#backlist #12für2025

Nachdem ich Die Ungelebten von Caroline Rosales beendet hatte und mir daraufhin dieses Buch empfohlen wurde, musste ich es einfach kaufen. Leider lag es dann erst einmal eine Weile auf meinem SuB, doch nun konnte ich es endlich befreien – und das hat sich gelohnt.

Melanie ist eine echte Macherin: stellvertretende Chefredakteurin der Münchner Zeitung, Stilikone und eine Frau, die mitten im Leben steht – bis zu ihrem 50. Geburtstag. Ab diesem Tag scheint alles bergab zu gehen. Die Wechseljahre melden sich, ihre 25-jährige Tochter hat viel zu wenig von dem, was Melanie im Überfluss besitzt, die Mutter muss ins Altenheim und dann stellt der Chefredakteur auch noch eine blutjunge, attraktive Journalistin ein, die Melanie gefährlich werden könnte.
Ob es noch schlimmer kommen kann? Ja.

Caroline Rosales schreibt zynisch, ehrlich und schonungslos. Ich habe das Buch unglaublich gerne gelesen und innerhalb eines Tages beendet. Natürlich habe ich keine hochtrabende Literatur erwartet, sondern beste Unterhaltung – und genau die habe ich bekommen.

Fazit:
Eine temporeiche Geschichte, gepaart mit einer großen Portion Zynismus. Wunderbare Unterhaltung.
4½/5

Bewertung vom 15.12.2025
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


sehr gut

DIE HOFFNUNG DER CHANI KAUFMAN
Eve Harris
ET: 24.1.24


Chani und Baruch gehören einer jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft an und leben derzeit in Jerusalem, wo Baruch die Laufbahn eines Rabbis anstrebt.
Ihre Ehe wurde vor einem Jahr arrangiert und war keine Liebesheirat, dennoch verbindet die beiden ein inniges und respektvolles Verhältnis.

Eigentlich könnte ihr Leben harmonisch sein, doch Chani ist nach einem Jahr Ehe noch immer nicht schwanger.
In der Gemeinschaft – und besonders vonseiten der Schwiegermutter – wird sie immer wieder spüren gelassen, dass dies als Makel gilt.
Baruchs Eltern drängen das junge Paar, eine Kinderwunschklinik in London aufzusuchen, während die Schwiegermutter die Situation nutzen möchte, um Chani loszuwerden, und einen Termin bei einer Heiratsvermittlerin vereinbart.

Parallel dazu erzählt der Roman die Geschichte von Rivka.
Sie hat ihren Mann Chaim, einen angesehenen Rabbi der orthodoxen Gemeinde in London, verlassen.
Seitdem gilt sie als Persona non grata, darf ihre Kinder weder sehen noch mit ihnen sprechen.
Nur ihr älterer Sohn, der in Jerusalem eine Talmudschule besucht, hält weiterhin Kontakt zu ihr.

Wie sich diese Geschichten entwickeln und welche weiteren Erzählstränge das Buch bereithält, möchte ich nicht vorwegnehmen – das empfehle ich euch, selbst zu entdecken.

Mich hat dieses Buch sehr berührt.
Ich habe es mit großer Freude gelesen und dabei unglaublich viel gelernt.
Es war mein erstes Buch der Autorin, und ich möchte unbedingt noch mehr von ihr lesen.

Besonders beeindruckt haben mich die eindrücklichen Schilderungen einer streng orthodoxen Gemeinschaft, die wie eine isolierte Parallelwelt funktioniert, sowie die schonungslose Darstellung der massiven Unterdrückung von Frauen.
Umso stärker ist der Weg, den die Autorin aufzeigt, wie ein Ausbruch aus diesen starren religiösen Strukturen möglich sein kann.

Fazit:
Ein zart, bildreich und zugleich eindringlich erzählter Roman.
Wer für einige Tage in das Leben einer orthodoxen jüdischen Gemeinschaft eintauchen möchte, dem kann ich dieses Buch sehr ans Herz legen.
Große Leseempfehlung.
4½/5

Bewertung vom 11.12.2025
Dieudonné, Adeline

Das wirkliche Leben


ausgezeichnet

DAS WIRKLICHE LEBEN
Adeline Dieudonné
ET: 24.4.20

Im Zentrum steht ein junges Mädchen, das mit seinen Eltern und ihrem kleinen Bruder in einer unscheinbaren Vorstadtsiedlung lebt. Der Vater, ein leidenschaftlicher Großwildjäger, beherrscht das Haus mit Gewalt und Unberechenbarkeit. Die Mutter hat sich in stumme Passivität zurückgezogen und bietet kaum Halt.
Ein traumatisches Erlebnis verändert das fragile Gleichgewicht der Familie und trifft vor allem den Bruder schwer. Während er sich immer weiter verliert, beginnt die Erzählerin behutsam, aber entschlossen nach einem Ausweg zu suchen. Bildung, Neugier und ein wachsender Wille zur Selbstbestimmung werden zu ihrem Rettungsanker.

Dieses Buch trifft wie ein Schlag in die Magengrube. Die Geschichte zeigt ungeschönt, wie brüchig Sicherheit sein kann, wenn Gewalt zur Normalität wird. Gleichzeitig spürt man die Klarheit und innere Stärke, mit der das Mädchen durch all den Schrecken navigiert.
Ihre Beobachtungen sind präzise, oft schmerzhaft, aber niemals hoffnungslos. Sie hält trotz allem an der Vorstellung fest, dass ihr Leben mehr sein kann als das, was die vier Wände ihres Elternhauses vorgeben.

Dieudonné schreibt schnörkellos und ohne Effekthascherei. Die Gewalt dient nie als Selbstzweck, sondern zeigt, wie sie Räume, Beziehungen und Identitäten formt. Man spürt die Enge, die permanente Anspannung – und ebenso den stillen Widerstand der Erzählerin.
Besonders eindrucksvoll ist ihre Entwicklung: leise, konsequent und getragen von einem Freiheitsdrang, der sich nicht unterdrücken lässt.

Fazit:
Ein hartes, mutiges, eindrucksvolles Buch, das lange nachwirkt und zeigt, dass Überleben mehr bedeutet als bloß durchzuhalten. Große Leseempfehlung! Highlight!
5+/5

Bewertung vom 11.12.2025
Ravera, Lidia

Sprich mit mir


sehr gut

SPRICH MIT MIR
Lidia Ravera
ET: 16.5.23


Die 66-jährige Giovanna lebt allein und bewusst zurückgezogen am Tiber in Rom. Familie hat sie keine, Freundschaften vermeidet sie. Ihr genügt ihr ruhiger Alltag: Spaziergänge und klassische Musik, die sie sich am Nachmittag in ihrer Wohnung anhört.

Alles verändert sich, als nebenan in der seit Monaten leerstehenden Wohnung eine junge Familie einzieht. Die neue Familie sucht Kontakt zu ihr – und Giovanna lässt sich, trotz ihrer Vorsätze, darauf ein. Eine zarte Freundschaft entsteht, besonders zur dreijährigen Tochter der Familie, die sie schnell ins Herz schließt. Immer mehr wächst sie in die Rolle einer Ersatzgroßmutter hinein, kocht für die Familie, hilft im Alltag und übernimmt ganze Wochenenden die Betreuung.

Die entscheidende Wendung kommt an Weihnachten, als der Großvater der Familie zu Besuch ist und auch Giovanna zum Weihnachtsessen eingeladen wird. Der Großvater, der fast im selben Alter wie Giovanna ist, ist ihr gegenüber besonders aufmerksam. Zunächst glaubt sie, er könne Interesse an ihr haben. Erst zu spät erkennt sie, dass er sie aus ihrem früheren Leben wiedererkennt – und damit eine Tür zu ihrer Vergangenheit öffnet, die sie längst geschlossen glaubte.

Ravera erzählt mit viel Feingefühl von einer Frau, die zwischen Erinnerungen und neuen Möglichkeiten steht. Besonders eindrücklich fand ich, wie behutsam gezeigt wird, wie schwer Vertrauen fällt, wenn man viel erlebt und noch mehr verloren hat. Die leisen Momente tragen das Buch: kleine Gesten, unangenehme Wahrheiten, zarte Annäherungen.

Fazit:
Ein stilles, sehr einfühlsames Buch über Einsamkeit, Schuld und die Chance auf einen Neuanfang.
4/5

Bewertung vom 08.12.2025
Kessel, Carola von

Wieso? Weshalb? Warum? Leuchte und entdecke - Weltraum


ausgezeichnet

Wusstet ihr, dass das Weltall vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden ist und sich seitdem immer weiter ausdehnt?
Oder dass es zwei Sonden gibt – Voyager 1 und 2 –, die sich seit Jahrzehnten von der Erde entfernen, unser Sonnensystem bereits verlassen haben und trotzdem noch spannende Daten senden?

Wenn nicht, dann sollten kleine Forscher unbedingt das neueste

WIESO? WESHALB? WARUM?
LEUCHTE UND ENTDECKE – DER WELTRAUM

entdecken. Mit der (Papp-)Taschenlampe, die zwischen eine bedruckte Folie und eine dunkle Seite geschoben wird, lassen sich zahlreiche Fakten sichtbar machen. Auch nach mehrmaligem Anschauen gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Dazu kommen Laschen zum Aufklappen, hinter denen weitere spannende Infos warten.

Themen wie Nachthimmel, Sternbilder, Planeten, Roboter, Raumfahrt, Sternzeichen, Teleskope und Forschung werden kindgerecht erklärt. Die Texte sind kurz und leicht verständlich, die Illustrationen zahlreich und anschaulich.

Fazit:
Ein wunderbares, lehrreiches Buch für kleine Forscherinnen und Forscher zwischen 4 und 7 Jahren. Perfekt zum Vorlesen, aber auch zum selbstständigen Anschauen geeignet. Wie immer sind die Seiten der Ravensburger WIESO? WESHALB? WARUM?-Reihe aus stabiler Pappe und daher absolut unempfindlich.
5/5

Bewertung vom 08.12.2025
Ventura, Maud

Der Rache Glanz


sehr gut

DER RACHE GLANZ
Maud Ventura
ET: 14.10.25

Cléo weiß seit frühester Kindheit, dass sie zu mehr berufen ist. Sie wird einmal ein Star sein – die Welt wird ihr zu Füßen liegen. Nein, die Welt wird sich um sie drehen! Sie ist einzigartig, intelligent, hochbegabt und schlicht perfekt.
Ihr Körper ist wunderschön, ihre Stimme rauchig und unverwechselbar. Auf Mitmenschen schaut sie herab, doch sie ist klug genug, diesen Hochmut nicht offen zu zeigen. Nach außen spielt sie die Freundliche – immer mit einem Lächeln, immer die sympathische Cléo.

Als junges Mädchen beginnt sie, Songs zu schreiben, mit der Gitarre oder am Piano. Doch der Erfolg bleibt aus. Ihre Stimme wird überall gelobt, aber die Kompositionen scheinen nicht zu passen oder den richtigen Klang zu treffen.

Dann geht ein Song, den sie gepostet hat, viral. Cléo, die nichts dem Zufall überlässt, weiß genau, wie sie diesen Hype nutzen kann, und unterschreibt ihren ersten Plattenvertrag.
Schnell wird sie berühmt und geht auf Welttournee. Ihr Perfektionismus zwingt sie, ihr ganzes Leben zu inszenieren. Empathie ist ihr fremd.

Und wer jetzt dachte, diese Frau sei unsympathisch, dem kann ich sagen: Cléo wird durch ihre Berühmtheit nicht liebenswerter – aber ihr Leben hält dennoch einige Überraschungen bereit.

Maud Ventura hat mich mit ihrer völlig unsympathischen Protagonistin herausgefordert. Diese missgünstige Egozentrikerin, die ständig im Imperativ spricht, ist wahrlich schwer zu mögen und deshalb wurde es für mich stellenweise ein wenig zäh. Gleichzeitig wurde großartig dargestellt, was Menschen im öffentlichen Leben durchmachen. Wie sie zum Beispiel durch die Medien angreifbar werden und polarisieren können – das gefiel mir im ersten Teil unglaublich gut. Der zweite Teil hat mich noch mehr gepackt: Ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen, und das Ende ist einfach stark.

Insgesamt ein sehr gutes Leseerlebnis, das ich euch gerne empfehle.
4/5

Bewertung vom 05.12.2025
Straßer, Eva

Wildhof


ausgezeichnet

WILDHOF
Eva Strasser
ET: 20.2.25

Die fast 30-jährige Lina kehrt nach dem tödlichen Unfall ihrer Eltern nach Wildhof zurück, um deren Nachlass zu regeln. Seit ihrem 18. Lebensjahr war sie nicht mehr hier gewesen; der Kontakt zu ihren Eltern war längst abgebrochen. Ihre Mutter Henny war zuletzt schwer alkoholkrank, und auch der Vater – ein Künstler, der früher Gitarre spielte und gemeinsam mit seiner Frau Bilder malte – bot ihr keinen Grund zurückzukehren.

Nun steht sie wieder vor dem Haus am Waldrand, das fast unverändert wirkt. Kaum hat sie die Schwelle überschritten, holen sie die Erinnerungen ein. Besonders die an ihre Zwillingsschwester Luisa, die mit 13 Jahren spurlos verschwand – und deren Stimme Lina nun wieder zu hören glaubt. Bilder und Gefühle aus jener Zeit tauchen unaufgefordert auf, bedrängend und vertraut zugleich. Doch je länger sie in dem alten Haus bleibt, desto mehr wandeln sich diese Erscheinungen. Was zuerst überwältigt, wird nach und nach weicher – und Lina beginnt, Frieden mit den Schatten ihrer Vergangenheit zu schließen.

Selten hat mich ein Buch trotz einer sperrigen Protagonistin so berührt. Lina ist unangepasst, wild, sensibel und zugleich unglaublich verletzlich. Eva Strasser gelingt es meisterhaft, sie und Wildhof – das Holzhaus, das Wetter, die Atmosphäre – mit eindringlichen, bildreichen Worten zum Leben zu erwecken.
Eines jener Bücher, bei denen man am liebsten jeden Satz markiert.

Beispiel: „Nie hatte Lina gedacht, dass Hanno in Wildhof bleiben würde, aber es gibt so Menschen, die haben alles in sich, die brauchen von außen gar nichts mehr, es ist egal, wohin sie gehen, weil sie in sich selbst zu Hause sind.“ (S. 69)

Fazit:
Ich habe dieses Buch unglaublich gerne gelesen. Es ist frisch, wild und etwas ganz Besonderes.
4½/5