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CalicoCat

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Insgesamt 172 Bewertungen
Bewertung vom 25.06.2025
Raabe, Marc

Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine großartige Reihe, die mit jedem Band auf Neue begeistert!

Nachdem sich der ruppige, regeln-ignorierende BKA-Ermittler Art in Band 1 und 2 mit seiner bzw. der Vergangenheit einer Jugendfreundin auseinandersetzen musste, geht es in Band 3 um die Vergangenheit seiner Nachbarin. Dana wird seit 1,5 Jahren vermisst und Art kümmert sich seither um ihre 8-jährige Tochter Milla, da der Vater abgehauen und die demenzkranke Großmutter überfordert ist. An Millas Schule gibt es einen verdächtigen Vorfall, kurz darauf erhält Art einen anonymen Hinweis bezüglich Danas Verschwinden - dieser führt ihn und seine Kollegin Nele zu einer verlassenen Wohnwagensiedlung, wo sie Entsetzliches entdecken ...

“Die Nacht” ist von der ersten bis zur letzten Seite mysteriös sowie spannend! Und aufgrund des atmosphärischen, ausdrucksstarken, tiefgründigen Erzählstils kommt alles hautnah an!

Art hat immer noch komplizierte Gefühle bezüglich seiner Vergangenheit, die immer wieder nachhallt, er macht sich aber vor allem Sorgen angesichts Millas Lage bzw. der ihrer Mutter. Nele ist in Elternzeit und vermisst ihre Arbeit, weshalb sie mit Art inoffiziell nach Millas Mutter sucht. Nele ist das vernünftige, umgängliche Gegengewicht zu Arts ausgeprägtem Eigensinn, doch sie kann auch anders (hat sie das womöglich von Art gelernt?), wenn man ihre Grenzen überschreitet. Das Zwischenmenschliche ist genauso packend wie die Ermittlungen, die mal aus Arts, mal aus Neles Perspektive geschildert werden.

In Rückblicken erfährt man aus Danas Sicht, was sie als Jugendliche erlebte. In ihrer Familie (Sie, ihr Bruder, ihre Mutter & ihr Stiefvater) herrschte stets eine angespannte Stimmung. Dana wollte das Leben dennoch genießen, mit ihrer Clique Spaß haben, in ihrem Umfeld war allerdings nichts so wie es schien und während einer verheerenden Sommernacht lief plötzlich alles aus dem Ruder – mit fatalen Folgen!

Es gibt wieder Verbindungen zu hohen Tieren, doch der Bundeskanzler Henrik Westphal und seine Frau Juli spielen dieses Mal nur sehr indirekt eine Rolle.

“Die Nacht” ist ein wahrer Pageturner: rasant, ereignisreich, durchweg fesselnd sowie voller überraschender Wendungen! Marc Raabe hat das Talent absolut authentische Begebenheiten und Charaktere (auch alle Nebenfiguren!) zu erschaffen, ohne dass es je banal wirkt! Die einzelnen Handlungsstränge dieses verästelten Thrillers werden allmählich raffiniert sowie überzeugend zusammengeführt und neue Erkenntnisse, die offene Fragen mit sich bringen, machen Appetit auf den 4. Band!

Bewertung vom 23.06.2025
Serrano, Beatriz

Geht so


ausgezeichnet

Realsatire!?

Marisa betrachtet ihre kreative Tätigkeit in einer Madrider Werbeagentur als stumpfsinnig, sie findet fast alles und alle lächerlich: die Meetings, die vermeintlichen Krisen, ihren Chef, ihre Kollegen, ihre Kolleginnen etc.

Sie zieht immer eine Show ab: tut so, als würde sie arbeiten, während sie sich in Wirklichkeit ewig lange YouTube Videos reinzieht, überträgt ihre Aufgaben geschickt an andere und gibt nichtssagende zufriedenstellende Antworten, um ihre Ruhe zu haben. Man erfährt aber auch Interessantes sowie Bewegendes über ihr Liebesleben, die Beziehung zu ihren Eltern sowie ihre Freundschaften.

Marisas nimmt ständig Beruhigungstabletten, trinkt viel Wein (zu sündhaft teuren Delikatessen) und ist ständig auf der Suche nach weiteren Ablenkungen, nach Motivation, nach Sinn, nach Gleichgesinnten, nach etwas, das die Leere füllt ...

Als ein Teambuilding-Wochenende ansteht, schlägt ihre “Lebensuntauglichkeit” voll zu: sie besorgt sich Drogen, um diesen skurrilen Horror (alberne Aktivitäten, pseudo inspirierende Vorträge) zu überleben und dann hat sie noch eine ganz dumme Idee - und letztendlich Glück im Unglück oder so ähnlich ...

OMG, was für ein grandioses Buch!!! Die Autorin erkennt all die kleinen wie großen Kuriositäten des Arbeitslebens, der Medienlandschaft sowie vorherrschende gesellschaftliche Gegebenheiten als überkonstruiert, überbewertet und/oder absurd (z. B. frischgebackene Eltern voller Stolz, wichtigtuerische Idioten in Anzügen, die den Ton angeben etc.). Marisas Erfahrungen, Ansichten sowie Erkenntnisse werden messerscharf, geistreich, selbstironisch selbstkritisch, sarkastisch, unterhaltsam und meiner Meinung nach ziemlich zutreffend beschrieben. Ja, manches wirkt evtl. ein bisschen überzogen, das dient jedoch der Verdeutlichung und ist zum Brüllen komisch, manchmal auch tragisch komisch oder gar melancholisch, bis hin zum bittersüßen Ende!

Bewertung vom 18.06.2025
Wilson, Alexandra

Die feindliche Zeugin


gut

Meinen Geschmack traf es nicht

Emmett, ein schwarzer Jugendlicher, wird in London wegen Mordes an einem weißen Mann verhaftet. Die Beweislage spricht gegen ihn und die Vorverurteilung in den Medien ist niederschmetternd, doch seine ambitionierte schwarze Strafverteidigerin Rosa Higgins hat den Verdacht, dass hier etwas faul ist und forscht hartnäckig nach ...

Erzählt wird aus Rosas und Emmetts Sicht. Aus Rosa Perspektive erfährt man viel über die Abläufe eines Strafverfahrens im britischen Rechtssystems und darüber, wie es hinter den Kulissen zugeht. Konservative weiße Männer mit Upperclass-Herkunft geben den Ton an. Ihre Möglichkeiten bzw. Verbindungen bedeuten zudem entscheidende Vorteile - vor, während sowie nach der Ausbildung! Aus Emmets Sicht erfährt man wie er die Untersuchungshaft erlebt und ansatzweise, wieso er sich kaum zum Tathergang äußert.

Rosa ist absolut glaubwürdig, mit echten Fehlern: ihre Alltagsorganisation, ihre Beziehung und ihre Familienangelegenheiten sind chaotisch sowie kompliziert, da sie alles vernachlässigt, was nicht mit der Arbeit zu tun hat. Sie hat es wirklich nicht leicht, als schwarze Frau ohne Oberschicht-Herkunft muss sie gegen Nachteile ankämpfen!

Die Ignoranz, die Vorurteile und die Diskriminierung kommen hautnah an. Man spürt die Ohnmacht bzw. den Frust aufgrund der vielen kleinen wie großen, leichtfertigen gleichzeitig tiefschürfenden Ungerechtigkeiten gegenüber Rosa sowie Emmett.

Ich fand den Schreibstil weder besonders gut noch schlecht, manches war mir zu ausführlich und einige Kapitel bzw. Passagen waren für mich nichtssagend. Die Handlung hätte mMn ein bisschen mehr Tempo vertragen können und die meisten Charaktere waren mir wenig sympathisch und ich empfand viele sie als klischeehaft gezeichnet. Die Dynamik zwischen ihnen ergab für mich auch kaum Sinn, denn irgendwie sind alle meistens kalt bzw. schroff zueinander, sogar diejenigen, die sich nahestehen und viel bedeuten.

“Die feindliche Zeugin” wurde für mich erst zum Ende hin spannend. Die Geschichte an sich, mit all den wichtigen Themen, und der Auflösung ist toll, doch die Umsetzung traf meinen Geschmack einfach nicht. Die eindringlichen Darstellungen der Ignoranz der Überprivilegierten gegenüber den Interessen der “anderen”, von “Alltagsrassismus” sowie “Alltagsfrauenfeindlichkeit” fand ich wirklich gelungen, genau wie Rosa übermäßiges Engagement – beides ist bewegend und erschreckend gestaltet!

Bewertung vom 18.06.2025
Russ, Rebecca

Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein Buch für eine Nacht!

Julia und Nicki sind beste Freundinnen, doch seit knapp einem Jahr haben sie aus verschiedenen Gründen kaum noch Kontakt. Dann taucht Nicki plötzlich auf, um Julia zu einem Junggesellinnenabschied der besonderen Art zu “entführen” - nur sie beide auf dem abgelegenen Kungsleden-Wanderweg für eine Woche. Die Stimmung zwischen den beiden ist allerdings angespannt und als die Freundinnen sich schließlich aussprechen wollen, werden sie unterbrochen. Kurz darauf Nicki ist weg und Julia verläuft sich - ohne Wasser, Karten, Kompass, Wechselkleidung und ausreichend Nahrung muss sich allein in der feindlichen Natur zurechtfinden, mit der nagenden Frage, was mit Nicki passiert ist.

Erzählt wird aus zwei Perspektiven: aus Julias und in Form von Tagebucheinträgen aus Nickis. Die beiden könnten kaum unterschiedlicher sein, Julia ist harmoniebedürftig und entsprechend fügsam. Sie gibt schnell nach, macht was andere wollen. Nicki ist sie selbst, auch wenn es für andere unangenehm ist und sie weiß sich durchzusetzen, meistens jedenfalls ...

Der atmosphärische, bildstarke Schreibstil, die rätselhafte Dynamik zwischen Julia und Nicki und die ereignisreiche Handlung sind absolut packend! Es gibt “verdächtige” Ereignisse, beunruhigende Andeutungen sowie offene Fragen, die wirklich neugierig machen, weshalb ich das Buch in zwei Zügen innerhalb eines Abends bzw. einer Nacht verschlungen habe! Das Setting ist genial: Der einsame Kungsleden-Wanderweg in Schwedens wilder, rauer Natur im Herbst ist der perfekte Rahmen für einen Survival-Thriller, und die Autorin schöpft das Potential voll aus! Die eindringlichen Schilderungen der Umgebung (ich konnte den kalten Wind und den Regen fast spüren) sowie Julias Leid angesichts ihrer Lage kommen hautnah an!

“Der Weg” ist ein nervenaufreibender Thriller voller düsterer Geheimnisse, entsetzlicher Erkenntnisse sowie erschütternder Wendungen, die meisten empfand ich jedoch als wenig glaubwürdig gestaltet, was mein Leseerlebnis zum Ende etwas trübte. Die unerwarteten Twists an sich sind großartig, ich finde nur, dass sie wenig plausibel umgesetzt sind.

Bewertung vom 09.06.2025
Kemp, Kate

Lauter kleine Lügen


ausgezeichnet

Ein origineller Spannungsroman!

Australien 1979, im Hochsommer: In einem vermeintlich idyllischen Vorort beseitig eine Hausfrau und Mutter mitten in der Nacht Blutflecken, denn ihr Ehemann hat gerade einen Nachbarn ermordet. Am Morgen, nach dem Kirchenbesuch, verbreitet sich die Nachricht von Antonio Mariettis Tod bzw. von dem grausigen Fund, der darauf hindeutet, dass er ermordet worden ist ...

Die junge Teenagerin Tammy, ein außergewöhnliches Mädchen, fand Antonio faszinierend und ist fest entschlossen herauszufinden, wer ihn ermordet hat! Doch in dieser Nachbarschaft gibt es, neben der Identität des Mörders, weitere heikle Geheimnisse, auf die man bei genauem Hinsehen stoßen kann ...

Es geht um Vorurteile gegenüber Migranten und gleichgeschlechtlicher Liebe, Frauenfeindlichkeit, Traumata, destruktive Familien, toxische Romantik sowie herzallerliebste Freundschaften!

Man ist direkt mitten im Geschehen und der lebendige, geistreiche, amüsante Erzählstil ist einfach unwiderstehlich: ich liebte das Tragisch-Komische daran, das Kopfkino, das er anregte, und die ausdrucksstarken Schilderungen der skurrilen Figuren(dynamiken)!

Sich abwechselnde Perspektiven und Einblicke in die Vergangenheit sorgen für Abwechslung sowie anhaltende Spannung, und die “bedeutsamen” Einschübe zum Thema Ameisenkunde sind zum Brüllen!

“Lauter kleine Lügen” ist ein origineller, facettenreicher Spannungsroman! Der eindrückliche, kreative Erzählstil, die psychologisch interessante, emotional packende, gesellschaftskritische, turbulente, Handlung, die kauzigen Charaktere bzw. ihr Miteinander, das Setting und die Zeitreise haben mich restlos begeistert: bestens unterhalten und bewegt! Was für ein tolles, gehaltvolles Werk!

Das Ende bzw. die Auflösung ist überraschend, es macht auf unkonventionelle Weise Sinn und regt zum Nachdenken an!

Bewertung vom 07.06.2025
Lloyd, Ellery

Das geheime Bildnis (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Familientragödie, Kunstgeschichte-Rätsel & spannender Thriller!

In “Das geheime Bildnis” werden Ereignisse von 1937/38 in Paris, 1991 in England und 2023 in Dubai sowie England absolut packend miteinander verwoben!

Die junge englische Malerin Juliette Willoughby lebt in den 1930er Jahren in wilder Ehe in Paris. Bei einem Brand kommen sie und ihr Geliebter um, zusammen mit ihnen verbrennt Juliettes Meisterwerk Selbstporträt als Sphinx.

In den 1990er Jahren stoßen die Cambridge-Kunstgeschichtestudierenden Caroline und Patrick auf Hinweise, dass vieles von dem, was man über Juliette weiß, nicht stimmt ...

2023: Patrick, mittlerweile Kunsthändler in Dubai, verkauft Selbstporträt als Sphinx für seinen alten Freund Harry, den letzten Willoughby, der in England vor dem Bankrott steht, und schnell viel Geld braucht. Aber wie kann das sein? Ist das Gemälde echt? Verbrannte es doch nicht? Kurz darauf wird Patrick des Mordes beschuldigt, er soll Harry getötet haben.

In der Kunstgeschichte kommen Frauen kaum vor und da Juliette die Geliebte eines berühmten Malers war, wird sie in Büchern als genau das erwähnt - seine Geliebte. Dabei war ihr Leben faszinierend verstörend, ihre Kunst höchst bedeutsam und ihr Tod geheimnisumwoben – war der Brand wirklich ein Unfall? Ihr Leben ist eine Mischung aus Familiendrama, tragischer Liebesgeschichte sowie Coming-of-Age-Erzählung.

Erzählt wird aus Carolines, Patricks und Juliettes Perspektiven. Carolines und Patricks Recherchen bzw. Entdeckungen an verschiedenen Orten in England in den 1990ern werden ungemein atmosphärisch, psychologisch interessant, rätselhaft und fesselnd geschildert. Es geht neben Kunstgeschichte (Juliettes Biografie, Surrealismus, Ägyptologie) um das Studierendenleben, überprivilegierte Leute – exzentrischer Geldadel, romantische Liebe, Familie sowie Freundschaft. Die Geschehnisse 2023 in Dubai und England sind düster, bedrohlich, überraschend ...

“Das geheime Bildnis” ist ein komplexes Meisterwerk, mit großartig gezeichneten Figuren, in dem Atmosphärisches, die verschiedensten Gefühle, Zwischenmenschliches und Unheilvolles lebendig gestaltet sind. Dieser raffinierte Spannungsroman ist ein toller Mix aus faszinierender Kunst, toxischen Verhältnissen, interessanten Liebesgeschichten sowie mysteriösen Verbrechen - mit Wahnsinns-Enthüllungen!

Bewertung vom 06.06.2025
Smithson, L. D.

Die Festung (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein raffiniertes Spannungshighlight!!!

Der Prolog ist einfach nur wow und er hat mich total neugierig gemacht! Toll, dass er tatsächlich eine wichtige Rolle spielt!!!

Die Psychologie-Doktorandin Bonnie hat etwas Entsetzliches erlebt und erzählt in einem True-Crime Podcast davon. Clara, Bonnies jüngere Schwester, will bei einer Escape-Room-Reality-TV-Show mitmachen: Bei dem neuen, gehypten Reality-TV-Format geht es darum: “DIE FESTUNG. Bist du schlau genug, ihre Geheimnisse zu entschlüsseln? SCHAFFST DU ES HINAUS?” Auf einer abgelegenen Festung im Ärmelkanal, müssen acht Fremde eine Reihe von Aufgaben bewältigen: wer versagt fliegt raus, wer am Ende übrigbleibt, gewinnt 100 000 Pfund – so die offiziellen Spielregeln. Doch die diese Verlautbarung hat wenig mit dem zu tun, was in der Festung wirklich stattfindet ...

Die Dynamik zwischen den Bonnie und Clara ist kompliziert bis toxisch: Bonnie gilt als klug, verantwortungsbewusst, praktisch sowie ein bisschen arrogant, weil sie auf ihre Schwester herabzusehen scheint. Clara gilt als leichtsinnig, unselbstständig, lebensfroh, schick, sie quengelt, bis sie bekommt, was sie will, und schreckt auch vor emotionaler Erpressung nicht zurück. Zudem müssen die Schwestern einen schweren Schicksalsschlag verkraften, der sie in doppelter Hinsicht trifft, sodass sie nun viel Geld brauchen.

Es gibt mehrere Erzählstränge: Der Podcast, die Ereignisse in der Festung bzw. der Casting-Prozess davor, sporadisch die Sicht des “Direktors”, dem Schöpfer des Reality-TV-Formats und weitere, auf die ich aus Spoiler-Gründen nicht eingehen will. Jeder Teil liefert Andeutungen bzw. Einblicke, die sich allmählich zu einem Bild zusammenfügen.

Der Schreibstil ist atmosphärische sowie ausdrucksstark, die Figuren(Dynamik) ist psychologisch interessant und die ereignis- sowie temporeiche, ausgeklügelte Handlung ist herrlich nervenaufreibend!

“Die Festung” ist ein mega-spannender Escape-Room-Thriller, voller faszinierender Rätsel, für deren Lösung u. a. logisches Denken bzw. mathematische Fähigkeiten und klassisches Literaturwissen bzw. Kenntnisse der christlichen Mythologie gefragt sind. Die vielen Facetten (Familie, Wettbewerb, Zusammenhalt, toxische Gruppendynamik, das Motiv des “Direktors”), die greifbar mysteriöse, unheilvolle Stimmung und die vielen genialen Wendungen haben mich, zusammen mit der verblüffenden Auflösung, restlos begeistert!

Bewertung vom 26.05.2025
Hincenbergs, Sue

Very Bad Widows


ausgezeichnet

Als die Ü60-Freundinnen Pam, Nancy und Shalisa erleben, wie sehr eine weitere Freundin nach dem Tod ihres Ehemannes aufblüht, kommen sie ins Grübeln: ihre Männer haben die Ersparnisse verzockt, einer ist homophob gegen den eigenen Sohn und sie sind auch sonst eher unangenehme Zeitgenossen geworden. Kein Wunder also, dass die Frauen, als sie von den hohen Lebensversicherungen erfahren, die ihre Männer heimlich abgeschlossen haben, mörderische Pläne schmieden, um ebenfalls glückliche Witwen zu werden.

Die Lage ist allerdings kompliziert, denn ihre Männer sind in etwas verwickelt, dass den Frauen in die Queere kommt, und ein entscheidender Mann steht zwischen den Fronten: dumme Zufälle, Missverständnisse sowie Fehleinschätzungen nehmen ihren Lauf ...

Dann ist da noch die ambitionierte junge Padma aus Mumbai, die Chefin von Pams Mann, die sich und ihrer einflussreichen Mob-Mutter beweisen will, dass sie eine toughe Geschäftsfrau sein kann. Doch das erweist sich als nahezu unmöglich: ihre dominante Mutter macht sie ständig runter, drängt auf eine arrangierte Ehe und schickt ihr sogar “Babysitter” ...

Jetzt ist das Chaos perfekt, denn die entgegengesetzten Interessen der Möchte-Gern-Witwen, verzweifelten Ehemänner, eines eigentümlichen Auftragskillers und Padmas prallen aufeinander, was wirklich urkomisch ist, aber auch gefährlich ...

Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven: aus Pams, der ihres Ehemannes, der des Auftragskillers und Padmas, was interessante Einblicke liefert sowie für Abwechslung sorgt.

Pam hat mir besonders gut gefallen, denn ihre coole “Komm mir nicht blöd”- Art ist beeindruckend!

“Very Bad Widows” ist eine großartige Krimi-Komödie: Der witzig spritzige, geistreiche Schreibstil, die kauzigen Charaktere, die sich toll weiterentwickeln, und die turbulente Handlung, voller Irrungen und Wirrungen, machen dieses Buch unwiderstehlich!

Ich habe nonstop mitgefiebert, denn die ereignisreiche, facettenreiche Handlung ist absolut packend sowie voller Wahnsinns-Wendungen!

Das Buch ist nicht “nur” spannend und herrlich schwarzhumorig, es wirft auch scharfsinnige, kluge, herzerwärmende Blicke auf Ehe, Freundschaft, Familie, Emanzipation sowie den Herbst des Lebens.

Bewertung vom 23.05.2025
Hayes, Samantha

Eine von uns (eBook, ePUB)


sehr gut

Nervenaufreibend spannend und ergreifend!

Das Haus der Ehefrau und Mutter Ginas wird bei einem Feuer zerstört, doch glücklicherweise bietet ihre langjährige Freundin Annie, die auf Reisen ist, an, eine Weile in ihrem Haus an der Südküste Englands zu wohnen. Dann taucht Mary auf, die Haushälterin, die Annie in den höchsten Tönen lobt, und diese macht sich schnell unentbehrlich - ist das nicht ein bisschen zu schön, um echt zu sein? Während Gina darüber nachdenkt, zweifelt sowie immer unsicherer wird, wird sie zudem langsam aber sich von einem verheerenden Ereignis aus ihrer Vergangenheit eingeholt, denn: Annies Haus steht in ihrer gemeinsamen Heimatstadt, aus der Gina vor über 20 Jahren regelrecht geflohen ist ...



Der Prolog schildert etwas Entsetzliches und macht neugierig, da viele Fragen aufgeworfen werden!

Die Haushälterin Mary wirkt von Anfang an subtil aufdringlich und ich fand es faszinierend verstörend, wie raffiniert dreist sie sich bei Gina einnistet: sie nutzt ihre Schwächen - Höflichkeit und Bequemlichkeit! Denn: obwohl Gina ein vage ungutes Gefühl hat, nimmt sie Marys Hilfe nach kurzem Zögern an, vertraut ihr schließlich sogar ihre Kinder an.

Aus Mary Perspektive erfährt man sehr schnell, dass sie nicht ist, wie sie vorgibt zu sein: ihr wahres Gesicht (ihre kalte, berechnende Art) ist ein drastischer Gegensatz zu der Fassade, die sie Gina zeigt.

Aus Ginas Perspektive gibt es Andeutungen über Schuldgefühle bezüglich einer Nacht vor vielen Jahren.

Einblicke in die Vergangenheit liefern allmählich Antworten, parallel zur fortschreitenden Handlung in der Gegenwart.

“Eine von uns” ist von Anfang an rätselhaft sowie packend! Der flüssige Schreibstil und die ereignis- plus temporeiche Handlung sind mitreißend und die Charaktere sind interessant. Ich finde allerdings, dass einige Elemente ein bisschen oberflächlich bzw. eher wenig plausibel sind. Das letzte Drittel ist jedoch so nervenaufreibend spannend, voller verblüffender Überraschungen sowie absolut erschütternd, dass mich das kaum störte.

Bewertung vom 20.05.2025
Buck, Vera

Der dunkle Sommer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Spannend, ergreifend, wendungsreich!

Ein Haus für einen Euro – da kann die deutsch-italienische Architektin Tilda nicht NEIN sagen. Die verfallene Villa auf Sardinien, in dem (fiktiven) Geisterdorf Botigalli in den Bergen, ist ein Projekt, in das sie all ihre Energie stecken will, denn: sie braucht nach einer traumatischen Erfahrung, die sie privat und beruflich erschüttert hat, einen Neuanfang.

Doch das ihr neues Zuhause erweist sich nicht wie erwartet als wild romantisch, sondern gruselig: seltsame Vorfälle, feindselige Botschaften sowie vage Warnungen häufen sich ...

Nach und nach erfährt Tilda von den Horrormärchen, aber auch von den verstörenden historischen Fakten, die Botigalli ausmachen. Als Tildas jüngerer, leichtsinniger, abgebrannter Bruder um Asyl bittet, nimmt sie ihn widerwillig auf. Sie hilft ihm auf die Beine, in der Hoffnung, dass der chaotische Hausgast bald wieder verschwindet – und das tut er, allerdings unter rätselhaften Umständen.

Plötzlich scheint alles mit allem zusammenzuhängen: Die finstere Geschichte von Botigalli. Täter und Opfer von alten sowie neuen Verbrechen. Weitrechender Verrat. Familiengeheimnisse. Lebenslügen. Und nur einer kann das Puzzle zusammensetzen ...

Der spektakulär atmosphärische, ausdrucksstarke Erzählstil, die hoch interessanten, teilweise undurchsichtigen, Figuren, die mysteriös unheilvolle Handlung sowie das Italien-Flair haben mich von Anfang an gepackt und nicht mehr losgelassen!!!

Erzählt wird aus drei Perspektiven: aus Tildas, aus der eines Investigativjournalisten und aus Francas, die in Botigalli im Jahr 1982 einen dunkelschwarzen Sommer erlebte.

Ich mochte Tilda sehr, sie ist tough, direkt, jedoch nicht barsch, sondern empathisch und sie geht die Dinge pragmatisch rational an, obwohl ihr das oft nicht leichtfällt. Der engagierte bis besessene Journalist Enzo war mir auch sympathisch, am tiefsten hat mich allerdings Franca bewegt. Botigalli, wo es 1982 zuging wie in archaischen Zeiten, war ein gefährlicher Ort für die emanzipierte, unerbittliche Franca, die für das einstand, was ihr wichtig war, die sich von NICHTS und NIEMANDEM einschüchtern ließ.

“Der dunkle Sommer” ist UMWERFEND und mMn das bisher beste Buch der Autorin!!! Die greifbar unheimliche Stimmung, die durch den schwül heißen Sommer verstärkt wird, die lebensechten, toll gezeichneten Charaktere, ihr Zusammenspiel, die abwechslungsreiche, clever aufgebaute, spannende, zutiefst erschütternde Handlung voller Überraschungen und die Wahnsinns-Auflösungen haben mich restlos begeistert!

Im Nachtwort wird erklärt, dass ein entsetzliches Handlungselemente (das infam frauenfeindlich ist, da es eine perfide Täter-Opfer-Umkehr darstellt bzw. die Opfer bestraft!!!), in Italien bis in die 1980er Jahre per Gesetz verankert war!