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Archer

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Insgesamt 469 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2024
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
Berg, Sibylle

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter


sehr gut

Lisa ist acht, fast neun Jahre alt und sie ist sehr, sehr schlau. Das muss sie auch sein, denn seitdem ihre Eltern arbeitslos (und depressiv) sind, muss sie sich nicht nur allein um sich selbst, sondern auch den Haushalt und die Eltern kümmern. Außerdem wird sie auf dem Weg zur Schule regelmäßig von Jugendlichen gequält und in der Schule sowohl von SchülerInnen als auch dem Lehrpersonal gemobbt. Alles in allem sieht es ganz schön grau in Lisas Leben aus. Das Einzige, was sie halbwegs bei Laune hält, ist ihre Begeisterung für Astronomie. Und dann trifft sie eines Tages auf einen Alien mit einem unaussprechlichen Namen, der hier auf der Erde eigentlich Touri sein wollte, den aber seine Reisegruppe vergessen hat. Lisa nennt ihn Walter und nimmt ihn mit nach Hause, denn er kann schließlich in der kalten Nacht nicht allein draußen bleiben. Und deshalb bekommt Walter ihr trauriges, kleines Leben mit. Weil auf Walters Planet viel gekuschelt und liebgehabt wird, hilft er Lisa auch mit ihrem Leben ...

Ich gebe zu, gerade anfangs ist Lisas Leben beinahe unerträglich. Wie sie von allen Seiten einstecken muss - so ein kleines Mädchen, das tut geradezu körperlich weh. Sie hat sogar ihre Spielsachen verkauft, weil sonst kein Geld für Essen da ist. Und wenn man sich überlegt, dass tatsächlich viele Kinder oftmals ohne Nahrung in der Schule sitzen, dass sie gemobbt werden, dass sich niemand um sie kümmert: Ich wollte Lisa so sehr in den Arm nehmen. Und dann kommt Walter und nach und nach bessern sich ihre Verhältnisse, denn Walter ist ein Außerirdischer mit einem anderen Blick auf die Lage.

Einerseits finde ich es natürlich gut, dass sich Lisas Zustände radikal ändern. Andererseits habe ich das Buch mit meinem Vorlesekind (beinahe in Lisas Alter) gelesen/angeschaut und selbst sie legt den Zeigefinger in die Wunde: Das geht aber alles ganz schön einfach! Ja, es wäre natürlich schön, wenn dank eines Außerirdischen alles ein Happy End hätte - und auf gewisse Art ist diese Graphic Novel ein Kinderbuch. Aber dann wiederum nicht. Es sind so ernste Themen, die hier aufgegriffen werden und die ich wichtig und durchaus wunderbar in Szene gesetzt finde, dass es mir lieb wäre, wenn es in der dritten/vierten Klasse Schullektüre werden würde. Aber dennoch sind so einfache Lösungen wohl leider nicht drin. So blöd es sich anhört, mir wäre es lieb gewesen, wenn Walter es mit Lisa zusammen geschafft hätte, mehrere Erwachsene für Lisas Situation zu sensibilisieren und dann eine "richtige" Lösung, ein sich wirklich auch echt und real life tauglicher Abschluss gefunden worden wäre. Trotzdem: Ganz klar eine Leseempfehlung für dieses Buch!

Bewertung vom 13.03.2024
Das kleine Buch der großen Risiken
Thomä, Jakob

Das kleine Buch der großen Risiken


sehr gut

Das kleine Buch der großen Risiken ist so klein gar nicht - zumindest, was den Informativfaktor angeht. Der Autor, der Think-Tank-Begründer Jakob Thomä, hat sich anhand der 26 Buchstaben des Alphabets entlanggehangelt, um eine Risikobewertung vorzunehmen. Dabei geht es unter anderem um Atom - und andere wirklich fürchterliche Bomben, künstliche Intelligenz oder die Frage, ob wir Angst vor der Invasion einer außerirdischen Spezies haben müssen. (Kleiner Spoiler zu Letzterem: nicht allzu sehr.)

Er baut es so auf, dass er immer das Risiko in einem Satz vor- und gleich im Anschluss die Frage hintenanstellt: Müssen wir uns Sorgen machen? Um ehrlich zu sein, gab es jede Menge Dinge, die mir tatsächlich Angst bereiten, die hier nicht mal auftauchen, an deren Stelle jedoch interessante Risiken bewertet werden, die ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Werde ich irgendwann der Grauen Schmiere zum Opfer fallen? Oder von einem Schwarzen Loch verschluckt? (Spoiler: Die Wahrscheinlichkeit liegt NICHT bei Null.)

Mir war tatsächlich auch nicht bewusst, dass ich mehr Angst vor einem Bevölkerungsrückgang als -zuwachs haben muss. Meistens begründet er seine Argumente recht gut, nur manchmal hatte ich das Gefühl, dass genau das, was beruhigen sollte, eher in eine andere Richtung wies. Könnte natürlich auch an mir liegen, schließlich habe ich keinen Think Tank gegründet. Alles in allem nimmt sich der Autor selbst nicht zu ernst, dabei die möglichen Risiken durchaus, und es war eine durchaus interessante Lektüre, die man gern noch mal vornehmen und eventuell ein paar Dinge selbst recherchieren kann.

Bewertung vom 09.03.2024
Der Fluch der Nachthexe / Emblem Island Bd.1
Aster, Alex

Der Fluch der Nachthexe / Emblem Island Bd.1


sehr gut

Auf Emblem Island tragen fast alle Menschen eine Art Tattoo auf dem Arm, der ihnen ihre Bestimmung anzeigt. Deshalb weiß der zwölfjährige Tor auch, dass er als Anführer geboren wurde. Aber um ehrlich zu sein: Das will er gar nicht sein. Viel lieber würde er schwimmen und tauchen. Als er sich zum Neujahrsfest eine neue Bestimmung wünscht, passiert etwas Schreckliches: Das düstere Auge erscheint, der Fluch der Nachthexe. Tor weiß, dass er höchstens noch eine Woche hat, bevor er stirbt, es sei denn, er findet vorher die Nachthexe und diese hebt ihren Fluch auf. Begleitet von einem cleveren Mädchen und einem ewig hungrigen Freund macht sich Tor auf, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.

Mit Emblem Island liegt hier ein rasantes Kinderabenteuer vor - und manchmal war es mir tatsächlich ein bisschen zu rasant. Man konnte nur selten Luft holen, allerdings wurden viele der hier auftretenden Gefahren auch fast genauso rasant gelöst. Ich habe das Buch zusammen mit meinem Vorlesekind gelesen und wir hatten einige gute Diskussionen über das blinde Annehmen von Schicksalen oder Vorherbestimmungen oder überhaupt dem, was einem immer so erzählt wird; viel zu viele Leute glauben blind, was man ihnen erzählt. Von daher hat mir das Buch wirklich gut gefallen, denn wenn man mit Kindern über diese Handlung spricht, nehmen die wirklich viel daraus mit, und das ohne erhobenen Zeigefinger. Gut gefallen haben uns auch die märchenhaften Zwischensequenzen im Buch, mit denen Tor und seine Freunde von einem Abenteuer zum nächsten geleitet wurden. Etwas geschockt hat uns die Aufforderung an einen Jungen, jemanden zu töten, dass jemand die Macht besaß, anderen ihren Willen aufzuzwingen und die Frau, die hexenartig Hänsel-und-Gretel-Vibes verbreitet hat. Auf jeden Fall sind wir bereit für Band 2.

Bewertung vom 07.03.2024
Wer ist schon normal? / Willkommen bei den Grauses Bd.1 (MP3-Download)
Bohlmann, Sabine

Wer ist schon normal? / Willkommen bei den Grauses Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

Ottilie ist neun Jahre alt und liest lieber zuhause ein Buch, als mit Gleichaltrigen etwas zu unternehmen. Das ändert sich aber, als eines Tages die Grauses schräg gegenüber in die Sackgasse einziehen. Die sind schon sehr seltsam. Der Junge hat kleine Hörner auf dem Kopf und heißt Muh, das Mädchen namens Wolfi hat sehr spitze Zähne und das dritte kleine Kind ... ist meistens unsichtbar - und außerdem ein Geist. Die ganze Familie besteht aus übernatürlichen Wesen, aber natürlich darf Ottilie das offiziell nicht wissen. Als sie sich anfreunden, merkt sie schnell, wie anders die Grauses sind und dass sie unter Menschen noch viel lernen müssen; besonders, weil es im hellgrauen Buch der Verfehlungen schnell zu dunkelgrauen Punkten kommen kann.

Das Buch wird sehr niedlich und begeistert von der Autorin selbst gelesen. Normalerweise mag ich es nicht, wenn die AutorInnen das selbst tun, aber hier gibt es wirklich überhaupt nichts zu meckern. Die Messages der Geschichte sind auch klar: Seid nett und tolerant zueinander, Anderssein ist mehr als okay und überhaupt gibt es Wichtigeres als immer alles gleich zu tun, zum Beispiel Familienzusammenhalt. Für Erwachsene kommt das vielleicht manchmal ein bisschen zu sehr mit dem Holzhammerchen und es wird alles wirklich sehr einfach gelöst. Aber für mein Vorlese- in dem Fall Mithörkind war das wohl völlig in Ordnung, denn sie hat dazu nichts gesagt und sich gut amüsiert.

Bewertung vom 05.03.2024
Die Insel des Zorns
Michaelides, Alex

Die Insel des Zorns


gut

Die berühmte Schauspielerin Lana Farrar lädt ein paar Freunde und Verwandte auf ihre Privatinsel nahe Mykonos ein: ihre langjährige Schauspielfreundin Kate, natürlich ihren Ehemann Jason und ihren Sohn aus erster Ehe, Leo, dazu sind noch ihre Angestellte Agathi und Nikos dabei. Erzählt wird das ganze Drama in fünf Akten von ihrem besten Freund Elliot Chase, und da der sein Geld als Dramatiker verdient, macht er hier ein Drama aus fünf Akten draus.

Oder nein, wartet. Er macht da kein Drama draus. Es ist ein Drama. Es beginnt schon mit den ersten Worten. "Es ist eine Geschichte über Mord. Oder nein, warten Sie, vielleicht ist es eher eine Liebesgeschichte." Allein dieser Einstieg sollte schon als Warnung dienen, denn genauso wird der Rest der vorhersehbaren und keineswegs wie angekündigt noch nie gehörten Geschichte erzählt. Es wird etwas erzählt, zurückgerudert, von vorn begonnen. Natürlich wird das Ganze, das man in drei Seiten erzählen könnte, dadurch furchtbar zäh, zumal sich Elliot immer wieder als äußerst unzuverlässiger Erzähler erweist. Die mit Spannung erwarteten Wendungen zeichnen sich übrigens dermaßen zeitig ab, dass eine Überraschung ausbleibt. Sämtliche Personen sind unsympathisch und davon abgesehen wenig greifbar. Gelegentlich hatte ich den Eindruck, die Autorin hätte kurz zuvor irgendeines der populären Sachbücher über das "innere Kind" gelesen und wollte sich daran irgendwie abarbeiten.

Dass ich es überhaupt ausgehalten habe, das Buch bis zum (vorhersehbaren) Ende zu hören, ist einzig und allein der Verdienst des Sprechers, der es gefühlt mit viel Spaß rüberbrachte, die Geschichte erträglich zu machen. Daher geht ein ganzer Punkt nur an ihn, was insgesamt die Bewertung auf wohlwollende 2.5/5 Punkten katapultiert.

Bewertung vom 05.03.2024
Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1
Tuli, Nisha J.

Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1


weniger gut

Seit zwölf Jahren befindet sich Lor im Kerker des Aurorakönigs, zusammen mit ihren Geschwistern. Als sie wieder einmal aufsässig ist, wird sie in die Grube geworfen, eine Bestrafung, die meistens mit Tod oder Irrsinn endet. Doch dieses Mal befreit sie jemand und bringt die ohnmächtige Lor weg. Als sie wieder erwacht, befindet sie sich im Schloss des Sonnenkönigs, und sie gehört zu den auserwählten Tributinnen, die gegeneinander um die Hand des Sonnenkönigs kämpfen müssen. Völlig ahnungslos stolpert Lor in die Welt der Fae, und muss sich in gefährlichen Prüfungen behaupten. Doch die anderen neun Tributinnen sind sind nicht nur hochgeborene Fae, sie sind auch ihr Leben lang auf diese Dinge vorbereitet worden. Lor bleiben nur ihre Zähigkeit, ihr Willen und möglicherweise der Sonnenkönig selbst, der scheinbar einen Narren an ihr gefressen hat.

Puh. Es scheint ja wieder in Mode zu kommen, irgendwelche HeldInnen irgendwelche Prüfungen bestehen zu lassen. Aber muss es wirklich so sein, dass man sich aus lauter bekannten und beliebten Büchern alles Mögliche einfach rausnimmt und dann eine Art Fanfiction dazu schreibt? Hier wurde mal fröhlich bei Prison Healer, Hunger Games und sämtlichen Sarah J. Maas Büchern geplündert, ohne sich jedoch die Mühe zu machen, ein nachvollziehbares Worldbuilding zu erschaffen. Allein schon die Königreiche: das vom Aurorakönig ist ... immer dunkel. Oder trüb. Oder grau. Weil ...? Warum gibt es da noch mal keine Sonne? Und wie funktioniert das physikalisch? Sobald man die Grenze überschreitet, zack! Sonne kommt raus? Gerade beim Sonnenkönig gibt es jeden Tag schönes Wetter, weil ...? Kommt schon, LeserInnen, fragt nicht so blöd. Isso. Fantasy, klar? Dann Lor selbst. Die war zwölf Jahre alt, als sie in den Knast kam. Da ich nicht davon ausgehe, dass sie dort Schulpflicht hatte oder hausintern unterrichtet wurde: Warum redet sie wie eine Vierundzwanzigjährige? Zugegeben, hochkomplexe Dinge musste sie weder verstehen noch tun, aber woher kommt ihr "Erwachsensein"? Und wie kann man sich innerhalb weniger Tage von einer schwachen, fast verhungerten Frau zu jemandem mausern, die im Kampf trainiert werden kann? Halloho? Fantasy! Du sollst solche Sachen nicht fragen. ISSO! Und wieso sind die Leute am Hof eigentlich Fae? Was unterscheidet sie von normalen Menschen? Ab und zu Flügel, die durchkommen?

Die Figurenbeschreibung wurde standardmäßig den gängigen Lieblingsbüchern der letzten Jahre entnommen. Lor: anfangs ziemlich tough, beschreibt sich selbst als jemand, die nie weint. Dafür kämpft sie ganz schön oft gegen die Tränen an, die sich dauernd ihren Weg bahnen wollen. Das Loveinterest, der König, ist ... überwältigend. Irgendwie schön, schöner, am schönsten, jedenfalls überwältigend. Mehr Charakter bekommt er nicht, es entsteht automatisch eine Instalove. Allgemein hat es die Autorin nicht mit Entwicklungen, weder der Personen noch von Gefühlen. Alles ist einfach so. Isso, klar? Fantasy! Beschreibungen der Umgebung beschränken sich auch auf golden und noch beeindruckender als das noch beindruckender der vorhergehenden Szene. Reicht doch wohl. Golden, ey! Fantasy! Isso!

Das Einzige, was ich an der Geschichte mochte, war, dass Lor ab und zu Glanzstunden hatte und versuchte, andere Tributinnen zu retten. Da konnte ich der Autorin sogar eine Harry-Potter-Szene unter Wasser verzeihen, die glatt aus dem Feuerkelch gekl... adaptiert wurde. Auch war es nicht allzu schwierig zu lesen, man kam also schnell mit dem Buch durch. Die deutsche Übersetzung allerdings hat mich beinahe zur Weißglut getrieben. Mir ist schon klar, dass Gendern nicht jedermenschs Sache ist. Aber die Tributinnen durchweg als Tribute zu bezeichnen, war einfach nur aufdringlich dumm. Da gab es Sätze wie diese: Neben XY saß ein blonder, wunderschöner Tribut. Sie war eine schöne Frau. WHAT? Wie dumm bitte ist so eine Art zu schreiben? Was ist verkehrt daran, einen WEIBLICHEN TRIBUT einfach Tributin zu nennen? Mein Fazit aus der Geschichte: Werde ich weder in Erinnerung behalten noch weiterempfehlen. 1.5/5 Punkten.

Bewertung vom 29.02.2024
Essex Dogs
Jones, Dan

Essex Dogs


sehr gut

Wir befinden uns im Jahre 1346, mitten im Hundertjährigen Krieg. Die Essex Dogs sind eine zehnköpfige Söldnertruppe, die in der Normandie an Land geht, um für ihren König Eduard III. Anspruch auf den französischen Thron zu erheben. Sie sind Teil einer großen Armee und beginnen schon bei ihrer Ankunft, die französischen Truppen anzugreifen, die Zivilbevölkerung zu töten und zu drangsalieren und das Land gezielt zu verwüsten. Sie sind zu zehnt: fünf Bogenschützen, darunter zwei Waliser, die kein Wort Englisch verstehen, ein sechzehnjähriger Junge und zwei erprobte englische Langbogenschützen, dazu der riesige Scotsman, Father, der irre Ex-Priester, Pismire, klein und drahtig, Millstone, der lieber Söldner ist als als Mörder verurteilt zu werden und Loveday, der Anführer.

Und wenn man es genau nimmt, ist mit dieser Beschreibung alles gesagt. Die Armee zieht von Ort zu Ort, sie kämpfen, bluten, töten, brennen nieder. Und auch, wenn es sich bei den Dogs um Söldner - also nichts anderes als bezahlte Killer - handelt, lässt man sich schnell und gern in die Handlung ziehen und fängt vielleicht an, den einen oder anderen sympathisch zu finden. Man merkt, dass der Autor Ahnung von der Materie hat und es ihm Spaß macht, die Geschichte ein bisschen anders darzustellen. Wo der Schwarze Prinz (also Eduards Sohn) in der historischen Überlieferung ein edler, aufrechter, sechzehnjähriger Held ist, kommt er hier als weinerlicher Jammerlappen herüber, der nicht einmal von seinem eigenen Vater ernstgenommen wird.

Die Adligen treiben ihr böses Spiel nicht nur mit der Bevölkerung, sondern auch mit ihren eigenen Leuten. Und die einfachen Leute in der Armee haben eigentlich keine Ahnung, worum es hier eigentlich geht; sie marschieren, leiden selbst, verursachen Leid und das alles im Namen einer Sache, die sie selbst überhaupt nicht betrifft. Mir hat dieser Ausflug ins Mittelalter - nun, Spaß gemacht kann man wohl nicht sagen, dafür sind die Geschehnisse einfach wirklich hart. Aber gern gelesen habe ich das Buch allemal.

Bewertung vom 27.02.2024
Arthrose endlich heilen
Feil, Wolfgang;Homburg, Tobias

Arthrose endlich heilen


gut

Eigentlich scheint es klar, dass es nicht so einfach ist wie versprochen: Arthrose endlich heilen, das wäre doch ein absoluter Gamechanger, richtig? Und natürlich klammert man sich, wenn man betroffen ist, an alle möglichen Versprechen, also griff ich zu diesem Buch. Auffällig ist: Man hat schnell das Gefühl, eine amerikanische Dauerwerbesendung in gedruckter Form in der Hand zu halten. Immer wieder werden die - durchaus sachlichen - Erklärungen unterbrochen durch begeisterte Stimmen von Patienten, die anscheinend alle bereits nach wenigen Tagen oder Wochen signifikante Änderungen und Schmerzerleichterungen verspürten.

Nun. Ich habe mir das Buch bewusst langsam durchgelesen. Gerade dort, wo es um medizinisch-fachliche Erklärungen geht, ist ein Überfliegen nicht möglich, sonst verliert man als Laie schnell den Überblick. Aufgebaut ist das Buch in (richtige) Ernährung, Bewegung, Psyche und Zusatzstoffe. Und ganz sicher ist es richtig, dass man mit einer Ernährung, die gesund, zucker/gluten/kohlenhydratreduziert ist, schon mal immer auf der richtigen Seite steht. Schon allein, weil man wahrscheinlich recht schnell das ein oder andere Kilo verliert, das Gelenke eh nur belastet. Auch Bewegung ist nie verkehrt und wer mental stark ist ... darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Was ich jedoch anzweifle, ist, dass Arthrose wirklich heilbar ist. Vielleicht bin ich ein besonders hartnäckiger Fall, aber obwohl ich mich wirklich stark an die Empfehlungen halte, bemerke ich bisher keine entscheidenden Veränderungen zum Positiven.

Was mir abgesehen von der Werbedauersendung auch ein bisschen aufgestoßen ist, sind die zusätzlichen Nährstoffe, die empfohlen werden. Bestimmt ist es ein Zufall, dass der Wirkstoff, der am meisten angepriesen wird, von Dr. Feils Firma hergestellt wird, oder? Und bedauerlich finde ich auch den Rezeptteil, der zwar sicherlich gesund ist, aber absolut keine Rücksicht auf Essenseinschränkungen nimmt. Ist man laktoseintolerant, hat man quasi keine Chance mehr auf eine "Heilung" der Arthrose? Im Großen und Ganzen ist es ein Buch, das richtige Dinge propagiert, denn wer sich an die Ratschläge hält, lebt auf jeden Fall gesund. Als Heilsbringer für Arthrose-Gelenke sehe ich es eher nicht.

Bewertung vom 24.02.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Sie kennen sich seit dem Studium: die junge amerikanische Autorin June Hayward und die chinesischstämmige Athena Liu. Athena ist dabei das gefeierte Wunderkind der Literaturbranche - welches Buch sie auch schreibt, welches Thema sie anpackt, es wird zu Gold. June hingegen dümpelt maximal in der Backlist herum; ein Zustand, der ihren Neid genauso wachsen lässt wie den Erfolg von Athena. Athena ist trotz ihrer Jugend eine altmodische Autorin, die ihre Werke zuerst auf einer Schreibmaschine schreibt und nirgends sonst speichert. Das kommt June entgegen, als Athena in ihrer Anwesenheit plötzlich stirbt. Sie stiehlt das Manuskript, überarbeitet es und gibt es als ihr eigenes Werk aus. Bald jedoch werden die ersten Stimmen laut, die ihre Urheberschaft bezweifeln.

Ich kenne von der Autorin nichts, obwohl ich natürlich vom hochgelobten "Babel" gehört habe. Und auch der Hype für Yellowface ging nicht an mir vorbei und ich gebe zu, er ist nicht unverdient. Athena dürfte viel von Rebecca selbst haben: eine großartige Autorin, deren Genialität erkannt und gefeiert wird, wobei sich die Verantwortlichen wegen ihres Sinns für Diversität auf die Schultern klopfen. Mit spitzer Feder deutet die Autorin in dem Buch auf alles, was gerade mega aktuell ist. Die Diskussionen um Diversität, Rassismus, kulturelle Aneignung, Plagiat. Ich bin nicht ganz sicher, ob es ein genialer Trick ist, June zwar als menschlich, aber doch eher wenig liebenswert darzustellen, oder ob sie damit Gnade zeigt, denn das Buch ist mit dem Shitstorm und allem, was June dann passiert, keine leichte Kost und teilweise fast unerträglich zu lesen. Wie oft wird hier die Frage - abseits vom Plagiat - gestellt, ob June mit ihrer Herkunft überhaupt das Recht hat, über das Leiden eines anderes Volkes zu schreiben.

Unglaublich scharfsichtig seziert Rebecca F. Kuang hier die Literaturszene, die gegenwärtige Diskussionskultur (ob man das überhaupt so nennen darf?), das Ablehnen jeglicher Verantwortung von Seiten der Verlags/Agenturgrößen. Und am Ende stellt man sich selbst - nicht völlig unernst gemeint - eine weitere Frage: Hätte eine andere Autorin als Rebecca, eine mit Junes Herkunft zum Beispiel, überhaupt dieses Buch schreiben dürfen?

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2024
Das Mörderarchiv
Perrin, Kristen

Das Mörderarchiv


gut

1965: Die siebzehnjährige Frannie erhält auf einem Jahrmarkt eine Prophezeiung, die besagt, dass jemand sie ermorden wird. Um ihren eigenen Mörder zu finden, macht sich Francis also die nächsten fast 60 Jahre daran, ihn aufzuspüren. Dafür sammelt sie alles über alle in ihrem Dorf. Dennoch passiert das Unglaubliche: Sie wird ermordet. Ihre Großnichte Annie erhält jetzt die Aufgabe, ihren Mörder zu finden. So steht es im Testament, ebenso wie der Zusatz, dass sie nur eine Woche Zeit hat und sich gegen andere mögliche Erben durchsetzen muss. Da auch das Haus, in dem Annies Mutter lebt, auf dem Spiel steht, lässt sich Annie auf selbiges ein und stellt bald fest, dass es tödlich enden kann - nicht nur für Tante Francis.

Ich stehe sehr auf diese englischen Cosy Crimes und die Idee mit der älteren Lady, die ihren eigenen, vorhergesagten Mörder sucht, fand ich mega. Leider lernen wir Francis nur durch Tagebucheinträge kennen und ihre Großnichte Annie war mir persönlich unsympathisch. Sie brachte solche Sätze wie "Ach, der ist gar nicht mein Typ, aber er sieht so gut aus!". Ah. Na, darauf kommt es natürlich an. Mein Fehler. Ein Fehler des Buches ist es jedoch, dass es nur so vor sich hinplätschert und die handelnden Personen so wenig Persönlichkeit besaßen, dass sie mir bestenfalls egal waren. Die Lösung des Falls war dann auch sehr plötzlich und wurde uns natürlich so lange vorenthalten, bis sich Annie auf einen wirklich hirnrissigen Plan eingelassen hatte, um den Mörder zu stellen. Alles in allem ist das ein Buch, das mir nicht in Erinnerung bleiben wird.