Benedict Mirow nimmt uns in "Joshua Jackelby" mit ins London des 19. Jahrhunderts.
Wir befinden uns im düsteren Teil der Metropole im Jahre 1851 als der Straßenjunge Joshua (Josh) Jackelby Zeuge eines versuchten Mordes an einem Hundewelpen wird. Josh gelingt es, das Tier zu retten und findet fortan in Hazel eine treue Begleiterin. Mit seinem Freund Leroy versucht er sich ein paar Pence durch den Verkauf von Zeitungen zu verdienen und beide begleiten ab und an ihre gemeinsame Freundin Charlotte mit deren Kohlekarren auf den Weg nach dem von den Kings "regierten" Kensington. Auf einem dieser Wege werden sie Zeuge einer Jagd der Kings auf ein indisches Geschwisterpaar und dem Raub der Pläne für einen Himmelssegler, einer Erfindung des Professor Bellows.
Doch was steckt hinter der Verfolgung und dem Raub? Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen? Und was haben die Kings um ihren Anführer Luke damit zu tun?
Von Beginn an gelingt es dem Autor eine enorme Spannung in dem historischen London aufzubauen. Bereits die Rettungstat von Joshua ist so intensiv beschrieben, das wir mit ihm gemeinsam in die Themse zu springen scheinen. Der Spannungsbogen wird dann im Verlauf der Geschichte immer stärker und zieht sich bis ins Finale hindurch.
Durch die detailiert herausgearbeiteten Beschreibungen der Protagonisten entwickelt sich zu dem Trio um Josh, Leroy und Charly (Charlotte) eine sehr starke Bindung, so das wir Seite um Seite ebenfalls ein wenig Angst bekommen, den Kings zu begegnen.
Sehr gelungen wird uns auch das damalige London dargestellt als es bereits schon Hauptstadt einer der größten Weltmacht war, aber auch noch zahlreiche Gefahren für den ärmsten Teil ihrer Einwohner und zahlreiche tödliche Krankheiten in sich trug. Diesen Eindruck erhalten wir auch bei Betrachtung des sehr schön gestalteten Covers, auf dem bereits die wichtigsten Figuren und auch Szenen abgebildet sind.
Sehr überraschend aber umso beeindruckender stellt sich am Ende des Buches der Inhalt des Nachwortes uns Leser/innen dar.
Allen jungen und auch älteren Leser/innen, die es lieben, spannende kriminalistisch angehauchte Geschichten auf einem historischen Hintergrund basierend zu erleben, kann ich "Joshua Jackelby" nur unbedingt empfehlen.
Ralf H. Dorweiler hat erneut beeindruckend abgeliefert!
"Das Lied des Vogelhändlers" ist ein sehr spannender, interessanter und sehr gut recherchierter historischer Roman mit leichten Krimi-Effekten.
Der Roman beginnt mit zwei Handlungssträngen:
Franziska von Hellenau verliert zur Zeit um 1190 während des Kreuzzuges ihren Onkel und ist von da an völlig auf sich alleine gestellt. Ist es nicht schon schwer genug für sie überhaupt heil und unbeschadet durch die Schlachten zu kommen, muß sie sich ab sofort auch noch gierigen Männern im wahrsten Sinne des Wortes ihrer Haut erwehren. Sie schließt sich einem Bader an und kümmert sich um die Verwundeten und Sterbenden.
Wigbert ist um 1200 mit seinem Mündel Almut dabei seltene und prächtige Vögel zu fangen, um sie dann gewinnbringend auf den Märkten und Burgfesten zu verkaufen.
Auf dem Weg zur Burg schließen sich die beiden einer Gruppe an, unter denen sich auch der bekannte Minnesänger Walther von der Vogelweide befindet. Auf der Burg angekommen, erfahren die Reisenden vom Tode des Falkners Rupert, der auch schon 1190 Franziska auf sehr unangenehme und bestialische Weise begegnet ist.
Um diese beiden Handlungsstränge entwickelt sich zum einen der Machtkampf um die Krone zwischen Philipp und Otto und zum anderen die mysteriöse Aufschlüsselung des Todes von Rupert dem Falkner.
Dem Autor gelingt hier wieder ein großer Wurf.
Seine wunderbare bildhafte und anschauliche Sprache lassen uns Leser/innen sogleich mit in die Wälder, auf Kampfplätze, ins gelobte Land, auf Friedhöfe und Burgen abtauchen, so daß wir das Gefühl bekommen, Teil der Handlung zu sein.
Die Protagonisten sind sehr schön und klar gezeichnet.
In beiden Handlungssträngen entwickelt sich in kürzester Zeit ein toller Spannungsbogen, der sich bis ins Finale hindurchzieht.
Ralf H. Dorweiler gelingt mit seinem Roman nicht nur eine sehr spannende Geschichte zu erzählen, sondern auch die Lebensumstände, Sitten und Intrigen der damaligen Zeit uns auf seine wunderbare eigene Art und Weise zu erläutern.
Passend zum Titel tragen die einzelnen Kapitelüberschriften jeweils Vogelarten.
Ein aufschlussreiches Personenregister, welches schon zwischen fiktiven und historischen Persönlichkeiten trennt und ein interessantes Nachwort runden das Lesevergnügen wunderbar ab.
Allen Leser/innen, die spannende historische Romane lieben, kann ich "Das Lied des Vogelhändlers" unbedingt sehr empfehlen.
"Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein" von Rebecca Russ handelt von einer Wanderung zweier Freundinnen, die sich sehr lange nicht gesehen haben, auf einem Teilabschnitt des Kungsleden-Wanderweges in Schweden.
Nicki hat sich überlegt, ihre Freundin Julia kurz vor deren Hochzeit mit Lars, mit auf den Kungsleden-Wanderweg mitzunehmen, um alte Erinnerungen aufzufrischen und mal wieder in Ruhe miteinander zu reden und gemeinsam etwas zu unternehmen. Doch bereits nach der ersten Nacht abseits des Wanderweges ist Nicki am darauffolgenden Morgen spurlos verschwunden. Verzweifelt und besorgt macht sich Julia auf die Suche nach ihr und erfährt dabei unfassbare Dinge. Wird sie Nicki finden? Und lebt Nicki überhaupt noch?
Bereits das Cover macht Thriller-Freunde/innen sofort neugierig. Es ist wunderbar nebulös und düster gestaltet: Ein Weg, entsprungen aus dem Buchtitel "Der Weg", verläuft in einen in Nebel gehüllten Wald ins Nichts.
Schon im Prolog baut die Autorin einen Spannungsbogen auf, der sich Seite für Seite durch den Thriller bis zum Finale hindurchzieht. Die Handlung ist von Anfang an sehr geheimnisvoll und rätselhaft. Durch zwischenzeitliche Handlungswechsel - die eigentliche Handlung wird durch Tagebucheinträge in der Ich-Form unterbrochen - gelingen Rebecca Russ unglaubliche Cliffhanger, die es nahezu unmöglich machen, das Buch aus der Hand zu legen. Die Einsamkeit, Nässe, Kälte, Angst und Schrecken, Sorge und Hoffnung der Protagonistin ist in jeder Sekunde hautnah spürbar.
"Der Weg" ist absolut einer der besten Thriller, den ich dieses Jahr bislang gelesen habe. Dabei ist die Personenanzahl mit Nicki, Julia und Lars sehr überschaubar. Jedoch das Szenario des unheimlichen und lebensfeindlichen Kungsleden-Wanderweges erschaffen ein derart gruseliges Bild, das uns nicht mehr aus dem Kopf geht. Thriller-Leser/innen werden ihre wahre Freude an diesem Buch haben und es nicht mehr aus der Hand legen wollen!
"Merci Agneta" von Emma Hamberg ist ein Roman über den Selbstfindungsprozess einer schwedischen Frau nach einer gescheiterten Ehe.
Agneta ist noch mit Magnus verheiratet als sie sich in die Provence aufmacht, um Abstand zu ihrer gescheiterten Beziehung und zu ihren Eltern zu bekommen. Sie verbringt die Tage ohne jegliche Sprachkenntnisse in einem Kloster in dem französischen Dorf Saint Carelle. Dort kümmert sie sich um den an Demenz erkrankten Einar. Agneta stellt von Tag zu Tag fest, das die französische Lebensart ihr erheblich mehr entgegenkommt als ihr bislang geführtes Leben in Schweden. Als jedoch eine erhebliche Summe in Form einer Stromnachzahlung auf Einar zukommt, entwickelt Agneta zusammen mit Bonnibelle eine außergewöhnliche Geschäftsidee. Sie lernt den Barbesitzer Fabien kennen und lieben. Da aber die Idee einer neuartigen Unterwäscheproduktion misslingt, muss Agneta schweren Herzens nach Schweden zurück. Wird sie Fabien und Saint Carelle je wiedersehen?
Emma Hamberg hat eine wunderbar bildreiche und humorvolle Art zu schreiben. Wir Leser/innen tauchen gemeinsam mit Agneta tief in Südfrankreich ein, geniessen das Klosterleben, fühlen das Leiden von Einar und die aufkeimende Liebe zu Fabien. Die Personen sind sehr gut beschrieben, so dass wir zum einen (beinahe im Schwarz-Weiß-Stil) die Einwohner von Saint Carelle seitenweise unsere Sympathie entgegenbringen und zum anderen Agnetas Eltern und ihren Noch-Ehemann unsere Abneigung spüren lassen. Besonders hervorzuheben sind Emma Hambergs Gespür für menschliche Gefühle und ihr Wortwitz. Das Ende des Romans lässt Raum für eine Fortsetzung von Agnetas weiteren Schicksal.
Für meinen Geschmack kann die Autorin leider aber den Spannungsbogen nicht aufrechterhalten. Die Geschichte gerät nach der Hälfte des Romans ins Stocken und verläuft sich in zu ausschmückende Auseinandersetzungen mit Agnetas Mutter oder Agnetas innere Dialoge mit dem verstorbenen Einar oder der Realität.
"Merci Agneta" ist ein Roman, den man entspannt als Urlaubs- oder Abendlektüre lesen und geniessen kann.
Bewertung vom 13.05.2025
Schlosser, Antonia;Kestler, Katharina;Bartelmus, Lisa
Den Leser/innen der Bergfreundinnen bereits bekannten Podcastlerinnen Katharina Kestler und Antonia Schlosser haben in diesem Abenteuer in Lisa Bartelmus eine neue Begleiterin gefunden.
Sie beginnen ihre Wanderung mit letzten Einkäufen und Vorbereitungen in Pristina, bevor sie sich dann in Brezovica auf den geplanten Abschnitt des High Scardus Trail aufmachen. Vor ihnen liegen 175 km Wanderweg mit ca. 9500 Höhenmetern, die es zu bewältigen gilt.
Wir begleiten die drei durch herrliche Landschaften, machen Bekanntschaft mit der Bevölkerung, erleben die unterschiedlichen Herausforderungen des Wetters und müssen versuchen, die verschiedensten Hindernisse auf der Wanderung aus dem Weg zu räumen.
Wieder erfreut uns die Lektüre durch eine sehr bildgewaltige Sprache, durch die wir uns die Landschaften auf der Wanderung sehr schön vorstellen können. Dabei ist sowohl immer auch eine belebende Prise Humor und wunderbare Selbstironie in die dokumentarische Geschichte eingebunden.
Ergänzt wird die Dokumentation durch eine kurze Vorstellung der Bergfreundinnen inklusive Portrait-Foto, Interviews mit Naturschützerinnen und Rangerinnen, einer Fotosammlung in der Buchmitte und wertvollen Tips für die eigene Planung einer solchen Wanderung.
Allen Leser/innen, die selber gerne in den Bergen wandern oder es aber auch einfach geniessen können, über eine derartige Wanderung zu lesen und/ oder Inspiration für das eigene Abenteuer möchten, kann ich "Wilde Berge des Balkan" unbedingt empfehlen.
Ich freue mich schon auf das nächste Abenteuer der drei Freundinnen.
Die Reise der drei Helden in Everwish geht aufregend weiter. Wunderbare Fortsetzung der Reihe.
Wieder treffen sich unsere Hauptprotagonisten, Lexi, Milo und Talon im Park zusammen, um mit Hilfe der Inklinge durch das Portal in die Traumwelt Everwish zu gelangen. Doch dieses Mal sind die drei völlig verwirrt. Die sonst so farbenfrohen Reisebegleiter sind alle grau und laufen Gefahr, sich im aktuellen Band nicht in Wunschwesen zu verwandeln. Mit einem Trick gelingt es den Wishkeepern jedoch wenigstens ein paar von ihnen dennoch zu einer Verwandlung zu unterstützen. Aber auch die entstandenen Wunschwesen sind grau. Was ist passiert? Hat der im ersten Band entflohene Horroxer Tremoris seine Finger im Spiel? Als auf ihrer Reise nach Silversands und Eterna dann auch noch drei ihrer treuesten Wunschwesenfreunde, der Crimson Hope, die Lumix Sirabelle und der Fireflash Baxter verschwinden und immer mehr schwarze klebrige Fäden ihren Weg säumen, sind die Wishkeeper in absoluter Alarmbereitschaft. Können sie ihre Freunde retten und die sich immer weiter ausbreitende Macht von Tremoris stoppen?
Der zweite Band "Wishkeeper - Die Reise nach Silversands" ist wirklich eine sehr würdige, spannende und aufregende Fortsetzung des ersten Bandes. Der Sympathiefunke gegenüber den drei Wishkeepern springt sofort wieder über und die bildhafte Art der Autorin, Barbara Laban, die Geschichte zu erzählen, bewirkt, daß wir Leser/innen das Gefühl bekommen, immer Teil der Handlung und mittendrin zu sein. Erneut tragen auch die herrlichen Illustrationen von Alessia Trunfio zur Anschauung und Leselust bei. Gleich im ersten Kapitel baut Barbara Laban einen sehr starken Spannungsbogen auf, der sich durch das komplette Buch bis zum Schluß durchzieht und uns Seite für Seite regelrecht verschlingen läßt. Hervorzuheben sind auch dieses Mal wieder, die - gerade für die jüngeren Leser/innen - erfreulich kurzen Kapitel, deren Bezifferungen mit einer der sehr schönen Illustrationen versehen sind.
Mein Fazit:
Allen Leser/innen die vom ersten Band schon begeistert waren und allen, die es lieben fantasievolle und spannende Geschichten zu lesen, kann ich auch diesen zweiten Band der Wishkeeper nur unbedingt empfehlen. Ich freue mich schon sehr auf Band drei und kann es kaum erwarten zu erfahren, wie es Lexi, Milo und Talon weiter ergehen wird.
Auch der 20. Fall der Ermittlerin Pia Korittki "Ostseedämmerung" von Eva Almstädt konnte mich wieder einmal überzeugen.
In einem kleinen Dorf an der Ostsee mit dem Namen Hövelau finden zwei Kinder bei ihrem Spiel im Nachbarteich eine Wikingerfibel, ein Artefakt aus der Wikingerzeit. Ausgelöst durch dieses Ereignis kommt ein zurückliegender Vermisstenfall wieder ins Rollen. Nach ersten Nachforschungen durch das altbewährte Ermittlerteam Korittki und Broders wird ca. 3 km in einem Waldstück entfernt die Leiche der damals vermissten Archäologiestudentin Mira entdeckt. Schnell wird klar, daß Mira damals ermordet wurde. Warum mußte Mira sterben? und warum liegen ein paar Kilometer zwischen Fundort der Leiche und des Artefaktes? Gibt es überhaupt eine Verbindung?
Der Schreibstil von Eva Almstädt packt mich jedes mal wieder. Es ist diese gesunde Mischung aus detaillierter Beschreibung, Spannungsaufbau, gekonnt eingesetzten Cliffhangern am Ende eines Kapitels, Humor und angenehm kurzen Kapiteln, die auch bei diesem Band wieder zu fesseln und überzeugen wissen.
Die Figuren sind wunderbar bildhaft gezeichnet, so daß wir Leser/innen bereits nach kürzester Zeit fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft sind und bald jede(n) genau zu kennen wissen.
Der Spannungsbogen zieht sich kontinuierlich durch den kompletten Krimi. Selbst die vereinzelten privaten Episoden der Ermittler in der Handlung bewirken dabei keinen Abbruch. Vielmehr erzeugen sie noch zusätzliche Spannung. Insbesondere bei denen, die Pia Korittki schon länger kennen.
Auch das Cover passt erneut hervorragend zu den Vorgängern der Reihe, auch wenn es nicht unmittelbar mit dem inhaltlichen Dorf Hövelau in Verbindung gebracht werden kann.
Mein Fazit:
Eine tolle und gelungene Fortsetzung der liebgewonnen Reihe, die auch ohne Kenntnis ihrer Vorgänger gelesen werden kann.
Allen, die diese Reihe schon seit Jahren kennen, aber auch allen Krimifans, die gerne einen Regionalkrimi mit immer neuen Irrungen und Wendungen lesen möchten, kann ich die "Ostseedämmerung" nur wärmstens ans Herz legen und unbedingt empfehlen.
Dieser Titel sagt tatsächlich in seiner Kürze im Grunde alles aus, was es zu dem Leben der Autorin Nadine Linow-Witt zu sagen gibt.
Sehr früh muß die Autorin den Tod der geliebten Eltern verkraften. Die Folge sind Aufenthalte in diversen Heimen, in denen es ihr jedesmal sehr schwer auch nur ansatzweise ein Gefühl von Zuhause oder gar Heimat zu empfinden. In 10 Kapiteln lädt uns Nadine Linow-Witt dazu ein, einen sehr tiefen Einblick in ihr von Beginn an sehr schwieriges und trauriges Leben zu nehmen. Lassen wir uns jedoch darauf ein, lernen wir sie nicht nur besser kennen, sondern können auch für uns selber einiges lernen und mitnehmen, um auch unser Leben mal zu reflektieren und eventuell noch hier und da zu verbessern, oder auch einfach nur Dankbarkeit zu fühlen, weil es uns so viel besser bisher ergangen ist, als das Leben der Autorin.
Die gefühlsstarke und sehr emotionale Lektüre wird durch vereinzelte Privatfotos der Autorin und zahlreichen Zitaten und Sprüchen, die an Lebensweisheiten und Motivationsslogans erinnern, noch eindrucksvoll verstärkt.
Mich haben die knapp 150 Seiten im Leben von Nadine sehr bewegt und aufgewühlt, so daß ich schon sehr auf die Fortsetzung ihrer Memoiren gespannt bin. Ich werde sie in jedem Fall sehr gerne weiter auf ihrem Lebensweg begleiten, da ich für mich so viel aus der Lektüre mitnehmen kann.
Allen Leser/innen, die mal die andere Seite des Lebens kennenlernen möchten und nicht nur das grandiose Leben der Stars und Sternchen aus der Show- und Sportswelt nachverfolgen wollen, kann ich "Geprägt und Gezeichnet durchs Leben" von Nadine Linow-Witt nur unbedingt empfehlen. Eine ehrlichere und offenere Lebensgeschichte habt ihr voraussichtlich noch nicht gelesen.
Überzeugende und reizende Suche nach der Selbstfindung
Sonora Reyes hat mit "The Lesbiana's guide to catholic school" eine wunderbare und ehrliche Geschichte über eine 16-jährige Schülerin, mit mexikanischen Wurzeln, lesbischer Orientierung und Eigenverantwortung für ihren jüngeren Bruder ausgerechnet auf einer katholischen Schule geschrieben.
Die junge Yamilet (genannt Yami) wurde auf der ehemaligen Schule von ihrer Ex-Freundin geoutet. Auf der neuen, rein katholischen Schule hofft sie nun zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Cesar auf einen Neuanfang. Sie versucht zunächst erst einmal neue Kontakte zu knüpfen, nicht zu sehr aufzufallen und ihren Bruder aus allen erdenklichen Schwierigkeiten herauszuhalten. Wie zu erwarten gelingen diese großen Ziele ihr nur teilweise. Und dann ist da noch die süße Bo, das einzig queere gut aussehende Mädchen auf der Schule. Kann Yamilet ihre Vorhaben realisieren? Und wird sie Bos Reizen widerstehen können? Und wie werden ihre Eltern reagieren?
Der Roman behandelt neben der Geschichte von Yami einige sehr spannende Themen, wie Rassismus, Migration, Suizidgedanken, familiäre Verantwortungsübernahme und einige andere. Das Beeindruckende dabei ist, daß es der Autorin so wunderbar gelingt, diese mit der eigentlichen Erzählung über Yamilet zu verknüpfen. Die Themen schwingen mit Yamilets Gedanken so mit und lassen uns dennoch bei der Lektüre immer wieder mal kurz innehalten, um nachzudenken. Der Spannungsbogen ist durch den tollen Schreibstil in der Ich-Form sehr schön besonders in der letzten Hälfte des Buches gezeichnet. Die Hauptprotagonistin erreicht unser Herz auf Anhieb und gerade durch die Ich-Perspektive sind wir ganz dicht bei ihr, in jeder Situation, in jedem Kapitel, die ähnlich der 10 Gebote mit fingererhobenen Anweisungen überschrieben sind.
Mein Fazit:
Ein wunderschöner, reizender, liebevoller, teilweise ironischer, aber auch nachdenklich machender Selbstfindungstrip einer jungen Schülerin, die sich gefühlsmäßig alleine durchs Leben kämpfen muß. Auch oder vielleicht sogar gerade für Heteros und natürlich auch für Queere sehr zu empfehlende Teenager-Story.
Oft ist es ja so, dass ein zweiter Teil weniger gut gelingt als sein Vorgänger, da die Messlatte bereits sehr hoch hängt. In diesem Fall jedoch hat mich Band 2 der "Wintertöchter - Die Kinder" noch mehr mitreissen können als es Band 1 bereits geschafft hatte. Die Dramaturgie konnte Mignon Kleinbek noch einmal gewaltig steigern. Auch der Spannungsbogen ist sehr stark bis zum Ende des Bandes gesponnen und lässt uns Seite für Seite nur so verschlingen.
Anna Hohleitner verbleibt auf dem Julianenhof und geht ihrer Mutter Maria tagtäglich zur Hand, egal ob im Haushalt oder im Stall oder auf der Alm. Ein Besuch der Oberschule hat sich für sie erledigt. Ihr Stiefvater Roman erweist sich mehr und mehr als grausamer, cholerischer und gewalttätiger Mensch, der auch vor dem Leib und der Seele seiner Stieftochter nicht halt macht. Als Annas Mutter letztlich stirbt und Romans Gewalt und Zudringlichkeit immer mehr zunimmt, schmieden Anna und ihre "Tante" Barbara mit Hilfe ihrer jeweiligen Gabe einen Plan, ihn los zu werden. Wird es gelingen?
Der Titel des zweiten Bandes hat in mir positive und zuversichtliche Hoffnung für die Hauptprotagonistin Anna geweckt. Ohne zu viel vorwegzunehmen: Der Inhalt des Buches hinterlässt uns Leser/innen indes sehr nachdenklich, traurig und bedrückt. "Die Kinder" nehmen im zweiten Teil der Saga eine besondere Stellung ein, die bei Anna allerdings schwere Spuren hinterlässt. Vor Roman kann man nur Angst bekommen und fragt sich, wie lange eine junge Frau wie Anna es nur so lange aushalten konnte.
Der zweite Band der Forstau-Saga ist für alle Leser/innen, die den ersten Teil "Die Gabe" bereits gelesen haben, ein unbedingtes Muß. Für alle diejenigen, die eine fiktive Geschichte in einen realen Ort und in tatsächlicher Historie verpackt lieben, empfehle ich sehr erst Band 1 zu lesen und dann mit dem zweiten Teil gleich fortzufahren.
Ich bin schon sehr auf den letzten Teil "Die Frauen" gespannt.
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