Julia Bähr erzählt in "Hustle" die Geschichte von Leonie, die ihr Leben nach ihren eigenen moralischen Maßstäben ausrichtet. Als ihr in München das Geld ausgeht, gerät sie in ein Umfeld von Frauen, die sich ihren Lebensstil mit fragwürdigen Methoden finanzieren. Fasziniert von deren Unabhängigkeit entdeckt Leonie eine eigene Geschäftsidee: bezahlte Racheaktionen für Menschen mit gebrochenem Herzen. Doch mit dem Erfolg kommen auch die Zweifel an sich selbst.
Der Roman lebt vor allem von seinem zynischen Ton und den satirischen Spitzen, mit denen gesellschaftliche Erwartungen und Entwicklungen angeprangert werden. Der Schreibstil ist flüssig und sehr kurzweilig, wodurch sich das Buch schnell lesen lässt. Gleichzeitig hatte ich jedoch große Schwierigkeiten, mich mit der Protagonistin zu identifizieren. Leonies moralische Haltung blieb für mich schwer nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass manches unrealistisch oder klischeehaft wirkt, insbesondere die Darstellung Münchens und des dortigen Lebensstils. Zwar ist die Geschichte unterhaltsam, doch mir fehlte eine klare Entwicklung in der Handlung als auch bei Leonie selbst. Das Ende kam für mich recht abrupt und einige Fragen blieben offen.
Insgesamt ist "Hustle" ein flüssig geschriebener Roman mit Unterhaltungswert, der für mir jedoch noch etwas mehr Tiefe hätte vertragen können.
Martin Beyer erzählt in "Elf ist eine gerade Zahl" von Katja und ihrer Tochter Paula, die mit nur vierzehn Jahren schwer erkrankt ist. Rund um die bevorstehende Operation versucht Katja, ihrer Tochter Halt zu geben und beginnt, ihr eine symbolische Geschichte über ein Mädchen und einen Fuchs zu erzählen.
Für mich lag die größte Schwierigkeit des Romans in der Gewichtung der beiden Erzählebenen. Die Fuchs-Geschichte nimmt einen breiten Raum ein, doch obwohl der Ansatz stimmig ist ist, hat sie mich emotional kaum abgeholt. Die Wechsel zwischen Realität und Erzählung wirken teilweise etwas abrupt. Gleichzeitig blieb die eigentliche Handlung rund um Paula für meinen Geschmack zu sehr im Hintergrund, ebenso wie wichtige Nebenfiguren, die nur angerissen werden und dadurch blass bleiben. Obwohl sie meiner Meinung nach viel Potenzial hätten.
Der Schreibstil des Buches ist hingegen sehr flüssig und das Cover gefällt mir ebenfalls gut.
Insgesamt ist "Elf ist eine gerade Zahl" ein Buch mit einer spannenden Grundidee – für mich jedoch ohne die emotionale Wirkung, die ich mir von der Geschichte erhofft hatte.
Peter Huth erzählt in seinem Roman „Aufsteiger“ eine Geschichte, die tief in die Realität der Medienwelt eintaucht. Es geht um Macht, Moral und den schmalen Grat, der Absturz und Erfolg voneinander trennt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Felix Licht, der alles für die Karriere geopfert hat. Doch der letzte Schritt, die Berufung zum Chefredakteur seines Magazins, bleibt aus. Stattdessen wird Zoe Rauch in den Posten befördert. Jene junge und schöne Frau, an die Felix seit ihrem Praktikum vor zwölf Jahren denken muss.
Besonders spannend ist, dass viele aktuelle Themen aufgegriffen werden – vom Streit um „Klimakleber“ bis hin zu sprachlichen Debatten über das Thema Gendern oder die Nutzung des Worts „Indianer“. Man merkt zwar, dass das Buch wohl schon 2023 fertiggestellt wurde, doch büßt es dadurch nichts an Aktualität ein. Im Gegenteil: Gerade weil vieles noch immer diskutiert wird, wirken die Bezüge sehr nah an unserer Gegenwart.
Die Figuren sind präzise herausgearbeitet und an realen Vorbildern orientiert, was das Lesen umso spannender und authentischer macht. Huths Schreibstil ist dabei flüssig und kurzweilig, der Spannungsbogen bleibt über die gesamte Länge hoch – man möchte das Buch kaum aus der Hand legen.
Alles in allem ist „Aufsteiger“ ein kluges Buch, das die Mechanismen in der Medienwelt realistisch widerspiegelt und zugleich die Frage stellt, wie dünn die Linie zwischen Gold- und Schattenseite tatsächlich ist. Für mich ein sehr lesenswerter Roman und eine Empfehlung für jeden, der gerne mal einen Blick hinter die Kulissen werfen möchte.
Nicole und Uli Swidler erzählen in ihrem Roman „Herzlauschen“ die Geschichte von Tessa Boden, einer gefeierten Sopranistin, die auf den größten Bühnen der Welt zu Hause ist und dennoch ein einsames Leben führt. Bei einem Konzert in der Berliner Philharmonie begegnet sie Paul, einem gehörlosen Bildhauer, dessen geheimnisvolle Ausstrahlung sie sofort in ihren Bann zieht. Zwischen beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche und intensive Liebesgeschichte.
Besonders gelungen fand ich den flüssigen und leichten Schreibstil, der einen als Leserin direkt abholt. Auch die Charaktere sind sehr einfühlsam gezeichnet, und gerade die Einbettung des Themas Taubheit ist überzeugend umgesetzt. Man kann sich sehr gut in die Figuren hineinversetzen und mitfühlen.
Der Spannungsbogen der Geschichte ist durchweg hoch und nimmt vor allem gegen Ende nochmal deutlich Fahrt auf. Gleichzeitig wirkte die Liebe zwischen Tessa und Paul auf mich stellenweise etwas zu idealisiert und "zu schön, um wahr zu sein". Ich bin teilweise gar nicht hinterhergekommen, wie intensiv die Gefühle der beiden bereits waren, ohne dass ein "echter Austausch" die Beziehung greifbar gemacht hat.
Trotzdem bleibt „Herzlauschen“ für mich ein schöner und vor allem berührender Roman, der voller Liebe steckt und durch seine besondere Konstellation im Gedächtnis bleibt.
„Drei Tage im Schnee“ von Ina Bhatter erzählt die Geschichte von Hannah, die in einem übervollen Großstadtalltag gefangen ist. Termine, Verpflichtungen und Erwartungen bestimmen ihr Leben, bis sie sich für ein paar Tage in ein kleines Holzhaus am See zurückzieht. Dort begegnet sie der kleinen Sophie. Die beiden verbringen eine unbeschwerte Zeit miteinander und Hannah beginnt über ihr Leben zu reflektieren.
Der Schreibstil des Buches ist sehr klar und flüssig. Die Idee, das "innere Kind" in einer Figur wie Sophie sichtbar zu machen wurde sehr liebevoll umgesetzt. Ich habe mich oft in Hannah wiedergefunden und sie stellt vermutlich für sehr viele Menschen unserer heutigen Gesellschaft eine Identifikationsfigur dar. Manche Gedanken und Ratschläge, die im Verlauf auftauchen, sind nicht neu, aber dennoch wertvoll, weil sie einen daran erinnern, wie selten man ihnen im Alltag wirklich Raum gibt. Auf eine Art hat das Buch etwas von einem Ratgeber: nicht belehrend, aber als Anstoß zum Innehalten. Die Geschichte liest sich insgesamt schnell und ist perfekt für einen ruhigen Nachmittag zum Innehalten. Gleichzeitig wirkt vieles sehr geradlinig, fast glatt. Ich habe mich gefragt, ob man ein ganzes Leben in nur drei Tagen wirklich so nachhaltig verändern kann. An manchen Stellen hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.
Trotzdem bleibt „Drei Tage im Schnee“ ein sehr empfehlenswertes Buch, das einem wichtige Impulse mitgibt.
Andres Izquierdo erzählt in seinem Roman „Über die Toten nur Gutes“ die Geschichte von Mads Madsen, der als Trauerredner arbeitet. Nach dem Tod seines alten Freundes Patrick soll er eine Rede halten – eine Aufgabe, die ihn auf eine Reise in die Vergangenheit führt und nicht nur sich selbst damit in Gefahr bringt.
Die Handlung spielt in Glücksburg an der Ostsee. Neben Mads lernt man auch sein direktes Umfeld gut kennen: Dazu gehört sein Vater Fridtjof, sein bester Freund Fiete, aber auch die zunächst unsympathische Kommissarin Luisa Mills.
Der Schreibstil von Andres Izquierdo ist die gesamte Geschichte hinweg sehr flüssig und durch die kurzen Kapitel entsteht ein hohes Tempo, das die Spannung laufend aufrecht erhält. Besonders gelungen fand ich die Mischung aus Humor und ernsteren Momenten: Während Mads vieles flapsig und fast naiv kommentiert, gewinnen die Ereignisse im Laufe der Geschichte immer mehr Tiefe. Gerade das letzte Drittel nimmt nicht nur erzählerisch Fahrt auf, sondern berührt auch emotional. Besonders die Geschichte rund um Mads Mutter fand ich sehr eindrucksvoll.
Sehr gefallen hat mir darüber hinaus auch die bildhafte Sprache, mit der Andres Izquierdo schreibt. Auch die Figuren sind facettenreich und bleiben im Gedächtnis: Mads als Hauptfigur mit seinem Humor und seiner Eigenart, aber auch Mills, die sich im Verlauf deutlich wandelt und Sympathiepunkte sammelt.
Alles in allem ein kurzweiliger, spannender und zugleich berührender Roman, der Lust auf mehr Geschichten mit Mads Madsen macht. Eine Empfehlung für alle, die Krimi, Humor und Tiefgang in einem Buch vereint sehen wollen.
Eric Puchner erzählt in seinem Mehrgenerationenroman „Weißes Licht“ die Geschichte von Garret und Cece. Garrets Alltag besteht aus der Arbeit als Gepäckabfertiger am Flughafen und der Pflege seines kranken Vaters. Erst durch die Begegnung mit Cece kommt wieder Bewegung in sein Leben – doch sie ist die Verlobte seines besten Freundes Charlie. Bald stehen sie vor einer schwierigen Entscheidung, die das Leben aller Beteiligten maßgeblich verändert.
Der Roman greift große Themen auf: Freundschaft, Loyalität, Familie und die Frage, wie sehr unsere Wurzeln unser Leben prägen. Für mich persönlich konnte die Umsetzung jedoch nicht überzeugen. Der Schreibstil ist zwar flüssig, wirkt über weite Strecken aber langatmig. Inhaltlich fehlte mir Struktur und klare Botschaften, sodass ich kaum etwas für mich mitgenommen habe. Teilweise gab es auch Szenen, die nicht meinem Lesegeschmack entsprochen haben (z. B. die Geschichte rund um Lana und Jasper). Auch das Ende empfand ich als wenig befriedigend.
Insgesamt bleibt „Weißes Licht“ für mich daher ein Roman, der zwar einige interessante Ansätze hat, mich aber weder inhaltlich noch atmosphärisch nachhaltig erreichen konnte.
In ihrem Roman „Beste Zeiten" erzählt Jenny Mustard die Geschichte von Sickan. Die 21-Jährige, will nach Jahren des Mobbings und der Enge in der schwedischen Provinz ein neues Leben in der Großstadt beginnen: Freundschaften schließen, sich verlieben und herausfinden, wer sie eigentlich ist. Doch das, was man sich unter einem „richtigen Leben“ vorstellt, ist komplizierter, als sie denkt.
Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, wodurch man gut in die Geschichte hineinkommt. Inhaltlich hat mich der Roman jedoch nicht ganz überzeugt. Es fehlt an einem klaren Spannungsbogen, und viele, auch sehr emotionale und gesellschaftlich relevante Themen werden zwar angeschnitten, aber bleiben an der Oberfläche. Dadurch wirkt die Handlung stellenweise etwas sprunghaft, ohne klare Linie und mit wenig Tiefgang. Die Hauptfigur bleibt für mich eher blass und bietet wenig Identifikationspotenzial. Auch das Ende konnte mich nicht wirklich erreichen. Insgesamt fehlt für mich eine klare Botschaft, die ich mitnehmen kann.
Insgesamt ein Roman, der sprachlich solide ist, aber inhaltlich zu wenig Tiefe und Struktur bietet, um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.
Stephan Schäfer erzählt in „Jetzt ist gerade alles gut“ von einem Mann, dessen Leben sich nach einer lebensbedrohlichen Sepsis grundlegend verändert. Der Roman zeigt, wie nah Leben und Vergänglichkeit beieinanderliegen und wie schnell sich alles von einer Sekunde auf die andere wandeln kann.
Wie schon in „25 letzte Sommer“ überzeugt Schäfer auch hier mit seinem klaren, einfühlsamen Schreibstil. Die Sprache ist schlicht, aber voller Bedeutung. Es geht weniger um eine durchgehende Handlung, sondern um viele kleine Episoden, die uns daran erinnern, im Alltag innezuhalten und die kleinen Augenblicke bewusst wahrzunehmen.
Das Buch vermittelt eine leise, aber nachhaltige Botschaft über Dankbarkeit, Achtsamkeit und das Leben im Moment. Man kann es in einem Zug lesen, aber es wirkt auch noch nach dem Zuklappen weiter. Besonders schön gelungen finde ich zudem die Gestaltung des Covers und Einbands, das perfekt zur ruhigen Stimmung des Buches passt.
Insgesamt ein stilles, aber sehr berührendes Buch - große Empfehlung!
Elizabeth Gilbert erzählt in „All the Way to the River“ von ihrer tiefen Verbindung zu Rayya, die im Jahr 2000 beginnt. Aus einer Freundschaft entsteht eine außergewöhnliche Liebe: intensiv, kompromisslos und geprägt von zwei Menschen, die einander Halt geben und gleichzeitig an eigenen Abgründen ringen. Als eine schwere Diagnose alles verändert, wird ihre Beziehung zu einem Weg des Loslassens, der Nähe, aber auch des unausweichlichen Abschieds.
Die Stärke des Buches liegt in seiner Ehrlichkeit. Gilbert beschreibt ungeschönt, was Sucht, Liebe, Abhängigkeit und Verlust bedeuten können. Diese Authentizität macht das Lesen eindrücklich, aber für mich auch fordernd. Ich habe wenig Identifikationspotenzial, und das war vermutlich der Grund, weshalb ich nicht richtig warm geworden bin mit dem Buch. Manche Szenen wirkten auf mich überladen, einige Passagen wiederholten sich, was mir an manchen Stellen „zu viel“ wurde. Gelungen fand ich hingegen die eingestreuten Gedichte und Zeichnungen.
Insgesamt ist „All the Way to the River“ ein schonungslos offener Bericht über eine außergewöhnliche Liebe. Für mich persönlich blieb jedoch eine gewisse Distanz und zu wenig Identifikation.
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