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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lovely90
Wohnort: 
Mönchengladbach

Bewertungen

Insgesamt 17 Bewertungen
12
Bewertung vom 04.12.2023
Das Gemälde
Brooks, Geraldine

Das Gemälde


sehr gut

Ich hege weder besonderes Interesse an Pferden, noch an Kunst oder der Geschichte der Sklaverei. Und obwohl all dies wichtige Themen im vorliegenden Roman sind, hat er mich in seinen Bann gezogen. Unaufgeregt, ohne große Spannungsbögen, Intrigen oder überraschende Wendungen habe ich die Protagonisten in gänzlichen unterschiedlichen Zeiten ein Stück ihres Weges begleitet. Ich habe sie dabei so weit kennengelernt, dass ich sie mochte, ohne sie jedoch gänzlich zu durchschauen. Die Autorin wird intensiv recherchiert haben und hat es geschafft, die historischen Fakten in einen unterhaltsamen Roman zu verwandeln. Sie hat Gesellschaftskritik eingebracht, ohne den Zeigefinger zu erheben. Zuletzt passt auch das Cover perfekt zum Buch und gefällt mir unglaublich gut. Eine Leseempfehlung für alle, die auch einen ruhigeren Roman zu schätzen wissen.

Bewertung vom 02.11.2023
Kein guter Mann
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


sehr gut

Auf das Erscheinen von Andreas Izquierdos Romane freue ich mich immer sehr. Auch dieses Buch reiht sich ein in eine Reihe von guten Geschichten, wenngleich es meiner Meinung nach nicht seine beste ist.
Im Fokus steht Walter, ein teils griesgrämiger und mitunter streitlustiger Postbote. Eine Versetzung in die Christkindfiliale bedeutet für ihn einen Umschwung, mit dem er nicht gerechnet hat.
Mir gefällt, dass die Personen und ihre Gedanken im Vordergrund stehen. Die Erzählweise mit Rückblicken in die Vergangenheit passt hierzu gut.
Ich mag es, dass leise Gesellschaftskritik geübt wird; insbesondere der Konsumwahnsinn, welcher gerade an Weihnachten das geruhsame Miteinander oft zerstört, wird hier angesprochen.

Woran man auch bei diesem Roman erkennt, dass er aus der Feder des Autors stammt? Am Ende. Natürlich ist die Geschichte offensichtlich eine fiktive. Das (zufällige) Zusammentreffen von Personen und die Aneinanderreihung von Ereignissen führt überhaupt erst zu dem, wie wir Walter erleben und was ihm widerfahren ist. Ein 'Happy End' kann viele Gesichter haben. Jene, die Izquierdo erdenkt, sind keine eines typischen 'Feel Good'-Romans. Trotz allem lassen sie mich als Leser mit einem positiven Gefühl zurück.

Bewertung vom 29.10.2023
Lichtspiel
Kehlmann, Daniel

Lichtspiel


ausgezeichnet

Den Einstieg in das Buch fand ich bereits großartig. Eine demente Nebenfigur führt uns in die Geschichte ein, lässt Dinge erahnen ohne zu viel zu verraten.
Im Weiteren begleiten wir den Filmregisseur G.W. Papst in Zeiten des Nationalsozialismus. Wenngleich ich in einem anderen Roman schon einmal Einblick in die Filmindustrie zu dieser Zeit hatte gewinnen können, hebt sich das Buch von anderen historischen Romanen über das Dritte Reich ab.
Der Autor schafft es, fast nebenbei die sich verändernden Umstände, die sich wandelnden Personen und schließlich auch den Krieg selbst auf den Lesenden einwirken zu lassen. Die Mischung aus Filmgeschichte, persönlichem Schicksal und allgemeiner Historie finde ich sehr gelungen. Bis zum Ende war ich mir nicht sicher, wie viel von all dem auf Fakten beruht und welche Anteile erzählerischer Freiheit entspringen.
Herausstellen möchte ich die teils sehr bedrückende Atmosphäre, die der Erzähler schafft, ohne dabei auf Blutvergießen oder brutale Szenen zurückzugreifen. Für diesen Roman, welcher wohl kaum als Bettlektüre dient, musste ich mir Zeit nehmen - Stunden, in denen ich sowohl unterhalten, als auch nachdenklich gestimmt wurde.
Insgesamt kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen!

Bewertung vom 22.09.2023
Diese paar Minuten
Habringer, Rudolf

Diese paar Minuten


sehr gut

In zwölf Erzählungen begleiten wir die Protagonisten in einem jeweils wichtigen Abschnitt ihres Lebens. In teils nur ‚ein paar Minuten‘ werden hierbei wichtige Entscheidungen getroffen oder kaum zu beeinflussende Ereignisse geschehen. Die Erzählungen haben mir alle gut gefallen, einige noch besser als andere. Ich mag das Spektrum an Geschehnissen; so sind es teils nur Gespräche, Überlegungen oder unscheinbare Handlungen, teils gravierende Einschnitte in das Leben eines anderen die hier dargestellt werden. Um ‚menschliche Abgründe‘, wie es der Klappentext verlautbaren lässt, handelt es sich hierbei nur in seltenen Fällen. Teilweise fand ich die Geschichten gut abgeschlossen, teils hätte ich mir noch eine Fortsetzung gewünscht. Dass die Erzählungen in geringem, fast zufälligem Maße miteinander verknüpft sind, gefällt mir.
Letztlich ist dies eine schöne Sammlung von Erzählungen.

Bewertung vom 29.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


sehr gut

Auf den zweiten Roman von Alena Schröder habe ich mich sehr gefreut. Auch wenn die Protagonisten an den Debütroman anknüpfen, kann man die Geschichten unabhängig voneinander lesen und verstehen.

Die persönliche Lebensgeschichte von Evelyn Borowski in den 1950ern und ihrer Tochter Silvia - als Kind und später als erwachsene Mutter - wird gut in die politischen und historischen Ereignisse eingebaut. Es hat mir gut gefallen, wie die Autorin den Zeitgeist im Kleinen und Großen aufgreift. Da ich selbst ein Kind der 90er bin, kenne ich den Stil nur aus Erzählungen meiner Familie, anderen Büchern sowie Film und Fernsehen.

Wenngleich ich Evelyn nicht als Sympathieträgerin empfunden habe, fand ich ihre Ansichten und Handlung häufig nachvollziehbar. Die strengen, wenig emanzipierten Ansichten der damaligen Zeit haben ihr viele Steine in den Weg gelegt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft war seinerzeit als Frau kaum möglich.
Auch das Leben von Silvia als junge Erwachsene im wilden Berlin 1989 ist etwas, was sich von der heutigen Zeit stark unterscheidet.

Ich hatte mit 'Bei euch ist es immer so unheimilich still' einige Stunden generationenübergreifendes Lesevergnügen. Zum 'grandiosen Roman' hat mir letztlich aber das gewisse Etwas gefehlt.

Bewertung vom 20.06.2023
Die Affäre Alaska Sanders
Dicker, Joël

Die Affäre Alaska Sanders


sehr gut

Auf das neue Buch von Joël Dicker habe ich mich riesig gefreut. Das Cover ließ mich bereits zurückdenken an die vorangehenden tollen Bücher des Autors, welche ich allesamt verschlungen habe. Auch für diesen recht dicken Wälzer habe ich nicht lange gebraucht; die Sogwirkung setzte rasch ein.

Nach elf Jahren rollt der mir aus anderen Büchern bereits bekannte Marcus Goldmann mehr oder minder zufällig mit seinem Freund Sergeant Perry Gahalowood einen alten Mordfall wieder auf. Ich mag, dass die Protagonisten ihre eigene Geschichte haben, die interessant ist, ohne, dass die Ermittler wie in so vielen anderen Romanen unsympathisch sind oder eine zwielichtige Vergangenheit oder Lebenskrise haben (müssen).

Die Geschehnisse um den Tod der Alaska Sanders sind spannend und wie erwartet, führen neue Spuren und viele Gespräche mit Beteiligten immer wieder in eine andere Richtung. Ich mag diese Art des Autors, Geschichten zu erzählen.

Insgesamt habe ich viele Stunden mit einem tollen Roman verbracht, den ich – wie auch die anderen Bücher des Autors – sehr weiterempfehlen kann. Es sollte dem (zukünftigen) Leser aber bewusst sein, dass es kein Buch für ‚zwischendurch‘ ist, sondern man auch wegen der vielen beteiligten Charaktere nicht zu viele Lesepausen einlegen sollte. Das Buch bereitet bestimmt auch Freude, wenn man ‚Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert‘ nicht gelesen hat. Ich empfehle aber, zunächst dieses ebenfalls gute Buch in die Hand zu nehmen.

Bewertung vom 07.06.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


schlecht

Das erste Kapitel hat mich neugierig gemacht. Das Mädchen auf dem Schoß der Großmutter, spannenden Geschichten lauschend. Auch finde ich es interessant, in ferne Länder und Kulturen Einblick zu erhalten. Einen Friedhof als Schauplatz einer Liebesgeschichte zu wählen, ist kreativ.

Doch letztlich verlief die Geschichte nicht so wie erhofft. Im Prinzip gibt es kaum eine Handlung. Das stört mich dann nicht, wenn der Roman interessante und gut ausgestaltete Protagonisten in den Fokus stellt. Doch auch diese blieben farblos. Über mehr als 200 Seiten habe ich versucht, den beiden bei ihren Gedanken zu folgen. Erst jetzt begegnen sich die beiden überhaupt zum ersten Mal. Mir gefielen die spirituellen/übernatürlichen Ansätze nicht und gleichzeitig war das Lesen von einer Langatmigkeit gelähmt.

Letztlich habe ich das Buch vorzeitig abgebrochen, möchte ich das Lesen doch als etwas bereicherndes empfinden. Dieser Roman war das leider nicht.

Bewertung vom 10.05.2023
Going Zero
Mccarten, Anthony

Going Zero


sehr gut

Der Roman ´Going Zero´ von Anthony McCarten sticht mit seinem Cover bereits aus dem üblichen Design des Diogenes Verlags heraus. Angesiedelt in einer realistischen Welt der ständigen Überwachung und dem Sammeln von persönlichen Daten ist dieser Roman eher ein Genre Mix. In einer Mischung aus Thriller und Dystopie begleiten wir die Protagonisten auf einer immer persönlicher werdenden Jagd. Die Herausforderung, 30 Tage unentdeckt zu bleiben, die CIA und das Fusion-Team dicht auf den Fersen, haben fünf Laien und fünf Profis auf sich genommen. Gut gefallen hat mir, dass auch die Ideen der gescheiterten Teilnehmer angerissen wurden, da man sich als Leser automatisch auch Gedanken dazu macht, welche Strategie man selbst in einer solchen Situation verfolgen würde. Letztlich bietet lediglich die unscheinbare Bibliothekarin Kaitlyn den Großen und Mächtigen die Stirn. Die Verfolgungsjagd erschien mir zumeist als mehr oder minder realistisch, über kleine Ausnahmen kann man bei einem fiktiven Werk ja auch mal hinwegsehen.
Das Ausmaß, in dem der Autor den Zeigefinger erhebt, um über die Missstände der heutigen Zeit hinzuweisen, finde ich angemessen. Auch ich habe während des Lesens noch einmal reflektiert, welche Daten ich ständig und großzügig von mir preisgebe und ob ich dieses Verhalten und meine Gewohnheiten ändern sollte.
Insgesamt ist der Roman lesenswert, fasst bekannte und neue Ideen auf und hat mich gut unterhalten.

Bewertung vom 09.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


sehr gut

Auch wenn der Titel vielleicht einen Ratgeber vermuten lässt, handelt es sich bei diesem Buch um einen dystopischen, gesellschaftskritischen Roman. Die Protagonistin Frida muss, nachdem sie ihr Kleinkind für eine kurze Zeit unbeobachtet zuhause gelassen hat, als Sanktions- und Lehrmaßnahme für ein Jahr in das Institut für gute Mütter ziehen. Die Gründe, weswegen die in diesem Pilotprojekt aufgenommenen Elternteile als schlechte Mütter oder Väter gelten, sind vielfältig. Im Verlauf des Romans begleiten wir Frida während ihrer Zeit im Institut, lernen ihre persönliche Geschichte und in Ansätzen die ihrer Leidensgenossinnen kennen. Wenngleich die initiale Absicht, welche wohl hinter dem Projekt stehen mag, eine gute sein soll, merken wir schnell, dass die Umsetzung teils abstrus und nicht selten auch emotional grausam ist. Der Roman bringt uns in eine Welt, die ich als Leserin so niemals erleben möchte, die aber vielleicht gar nicht so fern ist.

Die Autorin greift in diesem Roman gleich mehrere spannende Themen auf und lässt genug Freiraum für eine eigene Meinungsbildung. Meine Stimmung während des Lesens war zumeist eine etwas bedrückte, zuletzt sind sogar ein, zwei Tränchen geflossen.

Insgesamt ist dies meiner Meinung nach ein Roman, der sicherlich nicht zur Pflichtlektüre wird, aber für diejenigen, die sich grundsätzlich für die behandelte Thematik interessieren, durchaus lesenswert ist.

Bewertung vom 21.03.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Zugegeben, meine Erwartungen waren hoch, zählt Daniel Glattauer doch zu meinen absoluten Lieblingsautoren. Gleich vorab: Ich wurde nicht enttäuscht!
Bereits im ersten Kapitel lernen wir einen etwas eigenwilligen Erzählstil kennen, welcher fast schon drehbuchartig imponiert. Die Protagonisten werden rasch eingeführt. Von diesen lebt meiner Meinung nach der Roman. Sie sind sehr gut ausgearbeitet, wenn auch – vermutlich gewollt – klischeehaft überspitzt gezeichnet. Selbst die Namen sind perfekt gewählt.
Nach einem tragischen Ereignis im Toskana-Urlaub geraten sie alle an ihre Grenzen.
Der weitere Verlauf der Ereignisse wird unter anderem durch redaktionelle Artikel und die Kommentare aus der breiten Bevölkerung hierzu erzählt. Besonders diese brachten mich das ein oder andere Mal zum Schmunzeln.
Einzig den Erzählstil um die Teenager-Tochter So-Lu herum empfand ich als etwas nervig – aber was will man von Chatnachrichten Pubertierender auch mehr erwarten.
Vor allem das letzte Drittel des Buches hat mich sehr gefesselt, auch musste ich mit dem einen oder anderen Tränchen kämpfen.
Insgesamt ist ‚Die spürst du nicht‘ ein sehr gelungener Roman, welcher ohne erhobenen Zeigefinger Missstände in unserer heutigen europäischen Gesellschaft aufzeigt, dabei aber auch seinen ganz eigenen Charme und Witz versprüht.

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