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rapunzel xxl

Bewertungen

Insgesamt 273 Bewertungen
Bewertung vom 20.05.2025
Diskriminierung geht uns alle an
Apraku, Josephine;Antmann, Debora;Bordo Benavides, Olenka

Diskriminierung geht uns alle an


ausgezeichnet

Ein Buch, das uns alle aufwecken kann

Als Mutter von zwei Kindern, die gerade beginnen, ihre Welt und ihre Rolle darin bewusster wahrzunehmen, war ich auf der Suche nach einem Buch, das auf kindgerechte Weise gesellschaftliche Themen wie Ungleichheit, Vorurteile und Diskriminierung anspricht – ohne dabei zu vereinfachen oder belehrend zu wirken. „Diskriminierung geht uns alle an“, herausgegeben von Josephine Apraku, ist genau dieses Buch. Und ehrlich gesagt: Auch für mich als Erwachsene war es ein echter Augenöffner.

Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Haltung, mit der dieses Buch an seine jungen Leser:innen herantritt: auf Augenhöhe, respektvoll, mutmachend. Es wird nichts beschönigt – aber auch nicht dramatisiert. Stattdessen wird erklärt, gefragt und eingeladen, selbst zu denken. Die Kapitel sind farbenfroh und klar strukturiert, voller lebendiger Illustrationen und mit Reflexionsfragen, die zum Weiterdenken anregen. Besonders gelungen finde ich, dass immer wieder Menschen zu Wort kommen, die selbst betroffen sind – das schafft eine Nähe und Authentizität, die in vielen Büchern dieser Art fehlt.

Die Themenpalette ist beeindruckend breit: Von Ableismus bis Intersektionalität wird nichts ausgelassen. Natürlich ist das viel – vielleicht fast zu viel für manche Leser:innen auf einmal. Aber genau darin liegt auch die Stärke: Es zeigt, wie komplex Diskriminierung ist – und dass sie eben viele Gesichter hat.

Was mich persönlich bewegt hat: Ich habe beim Lesen gemerkt, wie oft ich selbst noch unbewusste Denkmuster in mir trage. Das Buch hat mir geholfen, genauer hinzusehen – auch auf mich selbst. Und das ganz ohne Schuldgefühle, sondern mit dem Gefühl: „Ich kann etwas verändern.“

Meine Kinder blättern inzwischen immer wieder von allein darin – mal still, mal mit vielen Fragen. Und jedes dieser Gespräche, das daraus entsteht, ist wertvoller als jeder Vortrag über „richtig“ und „falsch“.

Fazit:
Dieses Buch gehört in jedes Klassenzimmer, jede Schulbibliothek – und in jeden Haushalt, in dem Kinder groß werden. Aber auch wir Erwachsenen sollten es lesen. Weil Diskriminierung nicht irgendwann „ein Thema für die Schule“ ist, sondern etwas, das uns alle betrifft. Und weil Aufklärung nie zu früh – und eigentlich auch nie zu spät – beginnen kann.

Bewertung vom 19.05.2025
Peace, Moms
Weigert, Evelyn

Peace, Moms


sehr gut

Ich bin nicht allein

Ich bin 35, habe zwei kleine Kinder und frage mich gefühlt jeden Tag mindestens dreimal, wie andere Mütter das eigentlich alles schaffen. Das Buch Peace, Moms von Evelyn Weigert war für mich wie ein warmer, ehrlicher Schlag ins Gesicht – und ich meine das im besten Sinne.

Was Evelyn schreibt, ist sehr direkt, deftig, oft derb, aber immer mit Herz. Ihr Humor ist laut, ihre Sprache jung, aber sie trifft damit etwas ganz Entscheidendes: Ehrlichkeit ohne Selbstmitleid. Statt „Mutterglück aus dem Bilderbuch“ erzählt sie von Flecken auf dem T-Shirt, Chaos im Leben und der ewigen Frage: Bin ich eigentlich genug?

Ich habe gelacht, manchmal laut – und manchmal auch kurz innegehalten, weil sich zwischen den Pointen echte Erschöpfung und ein zärtlicher Blick auf die verrückte Achterbahnfahrt namens Mutterschaft verstecken.

Nein, das Buch ist kein Ratgeber. Und ja, vielleicht nervt der eine oder andere „Whatever“-Spruch. Aber genau das macht es so echt. Es fühlt sich an, als würde eine Freundin endlich mal all das aussprechen, was wir alle denken, aber selten laut sagen: Dass wir nicht perfekt sind – und das auch gar nicht sein müssen.

Fazit: Wer Kinder hat und sich manchmal verloren fühlt im Alltagschaos – lest dieses Buch. Es gibt kein Patentrezept, aber ein bisschen Trost, viel Humor und das wunderbare Gefühl: Ich bin nicht allein.

Bewertung vom 12.05.2025
Als ich dich traf
Serle, Rebecca

Als ich dich traf


gut

Liebesgeschichte mit Twist
Manchmal stolpert man über eine Geschichte, die einem sofort ins Auge fällt – in diesem Fall war es das knallige pinke Cover, das laut „Liebesgeschichte mit Twist“ schreit. Und ja, genau das bekommt man. „Als ich dich traf“ ist ein Roman über Liebe, Vorherbestimmung und die große Frage: Würden wir uns anders verhalten, wenn wir wüssten, wie lange eine Beziehung dauern wird?

Daphne, Anfang 30, lebt in Los Angeles und arbeitet in der Filmbranche – ein eher vertrautes Setting, das jedoch durch eine ungewöhnliche Wendung spannend wird: Sie erhält vor jeder neuen Beziehung einen geheimnisvollen Zettel mit dem Namen ihres zukünftigen Partners und der exakten Dauer, wie lange sie zusammenbleiben werden. Bis eines Tages ein Zettel ohne Ablaufdatum auftaucht – und mit ihm Jake.

Die Idee ist faszinierend. Sie wirft existenzielle Fragen auf über das Schicksal, Entscheidungen und darüber, wie viel Kontrolle wir über unser Liebesleben wirklich haben. Leider bleibt die Umsetzung manchmal hinter dem Potenzial der Prämisse zurück. Einige Figuren, insbesondere Daphne selbst, wirken gelegentlich zu glatt, zu sehr in gängige Romanklischees gepresst. Auch die Liebesgeschichte mit Jake hat mich emotional nicht völlig abgeholt – da war für mich mehr Tiefe und Chemie in den Rückblenden mit ihrem besten Freund Hugo zu spüren.

Was mir gefallen hat: Der Aufbau mit Rückblicken, die über die Jahre hinweg verschiedene Beziehungen beleuchten, war ein kluger Kniff, um Daphnes Entwicklung nachzuzeichnen. Auch der Moment, in dem das Geheimnis um ihre Krankheit und Hugos Rolle dabei ans Licht kommt, hatte emotionale Wucht. Es sind diese persönlichen, ruhigeren Passagen, die dem Roman seine Seele geben.

Sprachlich bleibt Rebecca Serle angenehm lesbar, ihr Stil ist nüchtern, manchmal fast kühl, aber nie unzugänglich. Ich musste mich daran gewöhnen, aber rückblickend passt es zum emotionalen Dilemma, in dem sich Daphne befindet. Leider wirkt die Handlung im letzten Drittel etwas überfrachtet mit Wendungen, die teils zu gewollt erscheinen.

Also, „Als ich dich traf“ ist ein Roman mit einer brillanten Grundidee, der auf kluge Weise über Timing, Liebe und Entscheidungen reflektiert. Er hätte noch stärker sein können, wenn er sich emotional mehr getraut hätte. Trotzdem ist es ein lesenswertes, stellenweise berührendes Buch, das auch Tage nach dem Lesen noch nachklingt – besonders mit der Frage: Würde ich den Zettel überhaupt lesen wollen?

Bewertung vom 09.05.2025
The One I Left Behind / Plain Daisy Ranch Bd.1
Rayne, Piper

The One I Left Behind / Plain Daisy Ranch Bd.1


sehr gut

Eine Geschichte mit emotionalem Herzschlag

Als jemand, der eine gute Second-Chance-Romance mit Tiefe, Humor und einem Hauch Kleinstadtgefühl schätzt, hat mich The One I Left Behind emotional berührt, auch wenn es kleine Schwächen gibt. Piper Rayne gelingt es erneut, eine Geschichte zu erzählen, die sich leicht liest und gleichzeitig unter die Haut geht. Der Auftakt zur neuen „Plain Daisy Ranch“-Reihe bringt genau die Mischung aus Herzklopfen, Konflikt und Wohlfühlmomenten, die ich an ihren Büchern so mag.

Die Geschichte von Ben, einem gescheiterten NFL-Spieler, der nach über einem Jahrzehnt in seine Heimat zurückkehrt, und Gillian, seiner ersten großen Liebe, bietet viele vertraute Tropes: Highschool Sweethearts, alleinerziehende Mutter, Football, kleine Stadt. Dass zwischen den beiden die alte Anziehungskraft sofort wieder aufflammt, ist vorhersehbar – aber nicht weniger schön mitzuerleben. Die Chemie stimmt, ihre Annäherung fühlt sich realistisch und gefühlvoll an. Vor allem Gillian konnte mich als Charakter überzeugen – stark, reflektiert, verletzlich und gleichzeitig tough in ihrer Mutterrolle.

Dennoch: So ganz konnte mich Ben nicht immer für sich gewinnen. Sein plötzlicher Sinneswandel nach 14 Jahren Abwesenheit – in denen er sich offenbar kaum für Gillians Leben interessiert hat – wirkte stellenweise etwas selbstgerecht. Zwar wird erklärt, warum er damals gegangen ist, aber die Emotionalität dieser verpassten Jahre blieb mir manchmal zu oberflächlich. Auch hätte ich mir mehr Rückblenden gewünscht, um ihr früheres Miteinander besser greifen zu können.

Das Kleinstadt-Setting hat mir gefallen – es war charmant und atmosphärisch, auch wenn mir die Ranch selbst ein wenig zu kurz kam. Manche Szenenwechsel wirkten etwas abrupt, und einige Nebencharaktere blieben mir zu flüchtig gezeichnet oder etwas aufdringlich. Dafür war der Schreibstil wie gewohnt leicht, lebendig und mit genau der richtigen Prise Humor und „Spice“. Die wechselnden Perspektiven von Ben und Gillian haben mir besonders gut gefallen, da sie beiden Figuren Tiefe verliehen haben.

Fazit:
Eine gefühlvolle, leicht zu lesende Second-Chance-Romance mit Kleinstadtflair und liebenswerten Charakteren. Nicht perfekt, aber definitiv ein Wohlfühlbuch für zwischendurch – mit emotionalem Herzschlag, wenn auch nicht mit Cowboyhut.

Bewertung vom 09.05.2025
Wie ein Foto unser Leben rettete
Klinger, Maya C.

Wie ein Foto unser Leben rettete


ausgezeichnet

Ein stilles Meisterwerk

Ich habe dieses Buch in einem Rutsch gelesen – und dann gleich noch einmal, diesmal gemeinsam mit meiner Tochter. "Wie ein Foto unser Leben rettete" ist eines jener Bücher, die im besten Sinne „leise“ sind – und gerade deshalb so tief berühren. Die Geschichte basiert auf der wahren Flucht der jüdischen Familie Mandil aus dem ehemaligen Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs. Erzählt wird sie aus der Perspektive des kleinen Gavra, der mit fünf Jahren zu jung ist, um alles zu verstehen – und doch alt genug, um Angst, Verlust, Hoffnung und Mut zu spüren.

Was mich besonders bewegt hat, ist die kindgerechte, klare Sprache, die nichts beschönigt, aber auch nicht überfordert. Man spürt die Unsicherheit der Eltern, die Bedrohung durch die Nazis – und doch bleibt immer ein Funke Hoffnung. Diese Hoffnung ist auch in den Illustrationen von Isabel Kreitz zu sehen: zart, schwarz-weiß, fast nostalgisch und doch sehr ausdrucksstark. Besonders die Originalfotos der Familie geben der Geschichte zusätzliche Tiefe. Man blickt echten Menschen ins Gesicht. Menschen, die das alles wirklich erlebt haben.

Ein zentrales Motiv des Buches – wie der Titel schon sagt – ist ein Foto, das der Vater als Fotograf aufgenommen hat. Es wird zum Schlüssel für das Überleben, zur Erinnerung, zur Brücke zwischen den Kulturen. Gerade dieser Aspekt hat mich als Erwachsene sehr nachdenklich gemacht: wie Bilder Erinnerungen konservieren und Menschen verbinden können, auch in dunklen Zeiten.

Besonders beeindruckend fand ich, dass hier ein kaum bekanntes Kapitel erzählt wird: die Rolle Albaniens, eines muslimisch geprägten Landes, in dem jüdische Familien Schutz fanden. Der albanische Ehrenkodex, der bedingungslose Gastfreundschaft fordert, hat mich tief beeindruckt. Wie viel könnten wir heute noch davon lernen.

Dieses Buch eignet sich meiner Meinung nach hervorragend zum gemeinsamen Lesen mit Kindern ab etwa sieben Jahren – nicht nur, um historische Zusammenhänge kindgerecht zu vermitteln, sondern um über Menschlichkeit, Zivilcourage und Mitgefühl zu sprechen. Es ist ein starkes, ehrliches und sehr einfühlsames Werk, das lange nachwirkt. Für mich persönlich ist es eine Erinnerung daran, dass Geschichten aus der Vergangenheit das Potenzial haben, unsere Gegenwart zu verändern – wenn wir bereit sind hinzuschauen.

Ein stilles Meisterwerk. Und ein Buch, das ich jeder Familie ans Herz legen möchte.

Bewertung vom 05.05.2025
Gestern waren wir unendlich / Death Duet Bd.1
Gaida, Dominik

Gestern waren wir unendlich / Death Duet Bd.1


ausgezeichnet

Eine leise Vorfreude auf Band 2

Es gibt Geschichten, die berühren still – und solche, die laut in einem nachhallen. Gestern waren wir unendlich gehört für mich eindeutig zur zweiten Sorte. Dominik Gaida erzählt mit viel Feingefühl und psychologischem Tiefgang die Geschichte von Louis und Henry – zwei jungen Männern, deren Liebe auf eine tragische Probe gestellt wird, als ein Autounfall alles verändert. Louis erwacht am Tag danach – nur ist es wieder der Tag davor.

Die Zeitschleifen-Thematik mag nicht neu sein, doch Gaida verleiht ihr eine besondere emotionale Schwere. Ja, einige Wiederholungen ziehen sich ein wenig, aber genau das macht Louis’ Ohnmacht so greifbar. Man spürt, wie zermürbend Hoffnung sein kann, wenn sie immer wieder enttäuscht wird. Besonders gelungen fand ich den Aufbau zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie die wechselnden Perspektiven – sie erlauben einen tiefen Einblick in beide Charaktere. Während ich mit Louis stark mitfühlte, blieb mir Henry emotional etwas ferner – was aber vielleicht genau das Dilemma der Geschichte ausmacht.

Was bleibt, ist ein Roman, der nachwirkt. Kein seichter Liebesroman, sondern eine dichte, melancholische Reflexion über Verlust, Schuld und das große "Was wäre wenn". Wer bereit ist, sich auf schwere Themen einzulassen – inklusive einer Prise Übernatürlichkeit – findet hier ein stilles Highlight.

4,5/5 Sterne – und eine leise Vorfreude auf Band 2.

Bewertung vom 28.04.2025
Schauplätze der Weltliteratur

Schauplätze der Weltliteratur


sehr gut

Das habe ich mir anders vorgestellt

Als leidenschaftliche Leserin mit einer großen Schwäche für schöne Bücher hat mich Schauplätze der Weltliteratur sofort neugierig gemacht. Das Konzept – literarische Meisterwerke über ihre geografischen Schauplätze neu zu entdecken – klang für mich wie eine Einladung zum Träumen. Und tatsächlich: Visuell ist das Buch eine kleine Schatzkiste. Die liebevoll gestalteten Karten, Originalcover und Illustrationen machen es zu einem echten Hingucker auf dem Bücherregal.

Inhaltlich hatte ich allerdings gemischte Gefühle. Einerseits fand ich es spannend, wie Sutherland und sein Team die Bedeutung von Orten wie dem Pariser Notre-Dame oder dem Mississippi für die literarischen Werke herausarbeiten. Andererseits hatte ich mir persönlich etwas mehr geografische Tiefe erhofft – mehr über die wirklichen Orte und weniger über literaturwissenschaftliche Interpretationen. Gerade für Leserinnen wie mich, die auch Lust auf reales Reisen haben, blieb da ein kleiner Wunsch offen.

Sehr gut gefallen hat mir die klare Gliederung nach Epochen und die Auswahl einiger Werke, die ich noch nicht kannte – meine Leseliste ist dadurch auf jeden Fall gewachsen! Gleichzeitig habe ich mir manchmal eine breitere Vielfalt gewünscht, sowohl geografisch als auch bei den Autor:innen.

Insgesamt ist Schauplätze der Weltliteratur ein wunderschön gestaltetes Buch, das Lust macht, die Verbindung zwischen Ort und Geschichte neu zu entdecken. Es ist ideal für gemütliche Stunden mit einem Tee auf dem Sofa, weniger für tiefgreifende literarische Analysen oder echte geografische Entdeckungsreisen. Wer sich darauf einlässt, findet hier eine inspirierende, liebevoll kuratierte Reise durch die Welt der Bücher.

Bewertung vom 28.04.2025
Was am Ufer lauert / Ermittlungen am Gardasee Bd.2
Koppelstätter, Lenz

Was am Ufer lauert / Ermittlungen am Gardasee Bd.2


gut

Sommerkrimi mit Licht und Schatten

Als jemand, der Krimis liebt und sich bei der Wahl meiner Lektüre gern vom Setting verführen lässt, war "Was am Ufer lauert" von Lenz Koppelstätter auf den ersten Blick genau das Richtige: Sonne, Gardasee, ein Hauch von italienischem Lebensgefühl und ein mysteriöser Fall – klingt nach perfekter Sommerlektüre, oder?

Das Buch entführt uns tatsächlich sofort an die malerischen Ufer des Sees und bietet reichlich Atmosphäre: kleine Gassen, prächtige Villen, schimmerndes Wasser – man spürt fast die Hitze auf der Haut. Doch sobald die Geschichte Fahrt aufnehmen sollte, verheddert sich der Krimi ein wenig in seinen eigenen Netzen. Statt klarer Ermittlungen wird viel Wert auf die komplizierten Familienbande der Hauptfigur Gianna Pitti gelegt. Zwar kann das manchmal charmant sein, aber hier überlagern emotionale Spannungen leider oft die eigentliche Handlung.

Auch der Erzählstil ist speziell: häufige Perspektivwechsel, lange Beschreibungen und viele Nebenschauplätze – das ist Geschmackssache. Ich persönlich hätte mir einen stringenteren Plot und mehr Spannung gewünscht. Gerade bei einem Krimi will ich miträtseln und mitfiebern – das blieb hier eher aus.

Trotzdem: Es gibt auch Lichtblicke. Der schrullige Onkel Marchese bringt eine gute Portion Witz ins Geschehen, und die kleinen Details – wie das Rezept der „San Vigilini“-Kekse – sorgen für ein sympathisches Lokalkolorit, auch wenn sie manchmal etwas zusammenhanglos wirken.

Ein kleines Manko für mich persönlich war der übermäßige Gebrauch geschlechtergerechter Sprache. Prinzipiell habe ich damit kein Problem, aber wenn es den Lesefluss so sehr stört, dass man immer wieder ins Stocken gerät, dann verliert selbst der schönste Gardasee-Glanz ein bisschen an Farbe.

Fazit:
"Was am Ufer lauert" ist ein gemütlicher, stellenweise atmosphärischer Cosy-Krimi, der sich gut für entspannte Urlaubstage eignet – aber nichts für Leserinnen und Leser, die echte Hochspannung oder knallharte Ermittlungsarbeit suchen. Wer sich auf die Familiengeschichten einlassen kann und die italienische Sommerstimmung genießen möchte, wird hier nette Lesestunden verbringen.

Bewertung vom 14.04.2025
Nur du weißt, wer du bist
Wiebusch, Michaela

Nur du weißt, wer du bist


ausgezeichnet

Ein sanftes Buch

Manchmal braucht es einen kleinen Schubs von außen, um sich wieder daran zu erinnern, wer man eigentlich ist. „Nur du weißt, wer du bist“ von Michaela Wiebusch kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt – wie ein Gespräch mit einer klugen Freundin, die einen liebevoll, aber bestimmt auf die eigene innere Stärke hinweist.

Die Geschichte rund um Lena hat mich von Anfang an angesprochen. Vielleicht, weil ich mich in ihr wiedererkenne – in diesem Gefühl, sich selbst irgendwie verloren zu haben zwischen Alltag, Beziehungen und Erwartungen. Die Idee einer „Akademie für Selbstwert“ fand ich herrlich kreativ und wohltuend unkonventionell. Es ist keine steife Therapie-Anleitung, sondern eine Einladung zum Reflektieren, zum Ausprobieren, zum Loslassen.

Besonders gefallen hat mir der Aufbau nach sieben Tagen – jeder Tag widmet sich einem Thema, das wir alle kennen, aber oft vernachlässigen: Selbstbewusstsein, Selbstliebe, Selbstvertrauen … Die Mischung aus Roman und Ratgeber macht das Buch zu einem echten Begleiter, bei dem man selbst entscheiden kann, wie tief man eintauchen möchte. Ja, es ist bildhaft, manchmal fast märchenhaft – und das muss man mögen. Für mich war es genau richtig: nicht zu esoterisch, aber auch nicht trocken. Es gab Kapitel, bei denen ich innehalten musste, weil mich ein Gedanke wirklich berührt hat. Andere habe ich einfach genossen wie einen leichten Sommerwind: angenehm, inspirierend, belebend.

Fazit: Kein Buch, das alles löst. Aber eins, das etwas in Bewegung bringt – sanft, warm und mit einem Augenzwinkern. Und manchmal ist genau das der Anfang von etwas Großem.

Bewertung vom 08.04.2025
Vorsehung
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

Death Lady

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen nichtsahnend in einem Flugzeug – vielleicht mit einem Kaffee in der Hand, vielleicht in Gedanken bei der Ankunft. Und dann steht plötzlich eine ältere Dame auf, geht durch den Gang und sagt jedem einzelnen Passagier, wie und wann er sterben wird. Klingt nach einem absurden Albtraum? Genau das ist der Ausgangspunkt von Vorsehung – und was danach folgt, ist ein tiefgründiges, lebensnahes und überraschend humorvolles Puzzle aus Schicksal, Entscheidung und Menschlichkeit.

Liane Moriarty erzählt die Geschichte einer Handvoll Menschen, deren Leben sich durch die unerwünschten Prophezeiungen der mysteriösen „Death Lady“ Cherry radikal verändert. Vom frisch verheirateten Ehepaar über eine alleinerziehende Mutter bis hin zum trauernden jungen Mann – jede Figur ist so fein ausgearbeitet, dass man meint, sie persönlich zu kennen. Manche Kapitel sind gerade mal ein paar Absätze lang, andere tiefergehend – aber nie verliert man den roten Faden. Und auch wenn die Perspektiven wechseln, weiß man ziemlich schnell, wessen Gedanken man gerade folgt. Ein bisschen Geduld braucht man anfangs, ja – aber die wird reich belohnt.

Was mich besonders berührt hat, war die Art, wie Moriarty mit dem Thema Tod umgeht: Ohne Pathos, aber mit Tiefgang. Ohne billige Schockeffekte, dafür mit echtem Mitgefühl. Es geht nicht nur um die Frage „Was wäre, wenn?“, sondern viel mehr um „Was machst du mit dem, was du weißt?“ – und das auf eine Weise, die zum Nachdenken anregt, ohne schwer im Magen zu liegen.

Cherry, die rätselhafte Frau mit den tödlichen Vorhersagen, war mir anfangs ehrlich gesagt ziemlich unsympathisch. Schrullig, übergriffig, fast schon unangenehm. Aber je mehr man über sie erfährt, desto mehr weicht die Skepsis einer fast zärtlichen Faszination. Und genau das liebe ich an Moriartys Büchern: Diese Fähigkeit, Figuren nicht nur darzustellen, sondern sie wachsen zu lassen – und damit auch den Blick des Lesers.

War alles perfekt? Nein, natürlich nicht. Manche Charaktere bekommen deutlich mehr Raum als andere, und es gab Kapitel, bei denen ich mir dachte: Jetzt aber weiter! Aber am Ende war es ein Gesamtbild, das mich vollkommen überzeugt hat. Ein Ende, das vielleicht nicht jedem gefallen wird – aber für mich war es genau richtig.

Fazit:
Vorsehung ist kein Buch, das man mal eben nebenbei liest. Es ist ein Buch, das mit einem bleibt. Das Fragen stellt, ohne einfache Antworten zu geben. Und das – trotz allem – immer wieder zum Lächeln bringt. Für alle, die Geschichten lieben, die das Leben spiegeln, in all seiner Schönheit, Absurdität und Zerbrechlichkeit: Unbedingt lesen.