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mimi

Bewertungen

Insgesamt 10 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

In seinem neuen Roman "Die spürst du nicht" widmet sich Daniel Glattauer auf zugleich witzig ironische und ernste Art mehreren aktuellen Themen, die den Leser aufrütteln und zum Nachdenken bringen.

Zwei gebildete, gut situierte österreichische Familien wollen einen unbeschwerten Urlaub in einer toskanischen Villa verbringen und nehmen auf Drängen der Tochter deren Schulfreundin, ein Flüchtlingskind, mit. Schon am ersten Tag kommt es zur Tragödie, die das Leben aller Beteiligten in den Abgrund stürzt.

Im Verlauf des Romans beleuchtet Glattauer wie die einzelnen Protagonisten versuchen mit dem Schicksalsschlag umzugehen und sich dadurch verändern.
Dabei stellt er die Frage nach juristischer und moralischer Schuld.

Wie so oft bei Glattauer, erschließt sich der Titel des Buches erst im Laufe der Geschichte und erklärt dann plötzlich die ganze schockierende Botschaft.

Glattauer bedient sich vielen Perspektivwechsel. Manche Abschnitte erzählt er über Pressetexte und den dazugehörigen Kommentaren. Diese Stilmittel lassen den Roman sehr lebendig wirken, sodass man immer wieder das Gefühl bekommt, es handle sich um ein reales Geschehen, über das man in den Medien liest. Dabei wird dem Leser auf erschreckende Weise vor Augen geführt, wie oberflächlich und abgestumpft unsere Welt inzwischen geworden ist.

Ein Buch, das man so schnell nicht vergisst! Klare Leseempfehlung!!!

Bewertung vom 03.04.2022
Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2
Mohlin, Peter; Nyström, Peter

Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2


gut

Nach "Der andere Sohn" ermittelt John Adderley nun in seinem zweiten Fall in Karlstad. Eine junge, erfolgreiche Frau wird ermordet aufgefunden.
Außerdem wird John mit seiner Vergangenheit konfrontiert und hat die nigerianische Mafia an seinen Fersen.

Die Geschichte wird aus zwei Erzählperspektiven erzählt, die sich abwechseln. Zum einen aus Johns Perspektive, zum anderen aus Alicias, der Schwester des Mordopfers. Dadurch bekommt der Leser einen guten Einblick in die beiden Charaktere.

Da mir "Der andere Sohn" sehr gut gefallen hat, habe ich mich wirklich auf die Fortsetzung gefreut. Leider bin ich etwas enttäuscht worden, da der Geschichte meiner Meinung nach etwas die Tiefe fehlt und viele Ereignisse stark konstruiert wirken. Die Ansätze finde ich sehr gut, aber das Buch hätte gut 100 Seiten mehr vertragen können, um die angerissenen Themen angemessen auszuarbeiten.

Trotzdem freue ich mich auf Teil 3 und hoffe, dass er wieder etwas mehr in die Tiefe gehen wird.

Bewertung vom 30.11.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


ausgezeichnet

Endlich ist er da: der neue Taunuskrimi von Nele Neuhaus!

Nachdem Pias Ex, Dr. Henning Kirchhoff, bereits im letzten Band unter die Krimiautoren gegangen ist, bringt dies dem K11 jetzt einen neuen Fall ein.
Maria Hauschild, Dr. Kirchhoffs Agentin, macht sich große Sorgen um ihre verschwundene Freundin. Auf Hennings Bitten, nimmt sich Pia der Sache an und entdeckt, dass da tatsächlich etwas gar nicht stimmt...

Dieser Fall gibt uns einen spannenden Einblick in die Verlagswelt und beleuchtet auf interessante Art und Weise was und wer (außer dem Autor) alles hinter einem Roman steckt.

Wie immer gliedert Nele Neuhaus ihre Kapitel in einzelne Tage und erzählt innerhalb eines Kapitels aus unterschiedlichen Perspektiven. Da es in diesem Fall sehr viele Protagonisten gibt und die Handlung dadurch immer verworrener wird, hilft dies dem Leser sich in die einzelnen Charaktere hineinzuversetzen und den Überblick nicht zu verlieren.

Auch das Privatleben der Kommissare spielt wieder eine große Rolle. Dabei wird aber darauf geachtet, dass die Hintergründe immer wieder erklärt werden. So ist es auch für Leser, die die anderen Bände nicht gelesen haben, kein Problem der Handlung zu folgen.

Wie immer ein sehr spannender, vielschichtiger Krimi von Nele Neuhaus, den man nur ungern aus den Händen legen möchte.

Bewertung vom 17.10.2021
Morgen, Klufti, wird's was geben
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Morgen, Klufti, wird's was geben


ausgezeichnet

Weihnachten steht vor der Tür und Kluftinger freut sich auf ein traditionelles Weihnachtsfest im Kreise seiner Liebsten. Doch leider fällt Erika im vorweihnachtlichen Trubel von der Leiter und muss ins Krankenhaus.
Nun ist Kluftinger mit den Vorbereitungen auf sich allein gestellt. Und wer Kluftinger bereits kennt, weiß, dass das nur in einer (oder mehreren) Katastrophen enden kann...
So haben die Autoren die Kapitel richtigerweise auch gleich "1. - 24. Katastrophe" genannt...
Von der ersten bis letzen Seite fügt sich ein Lacher an den anderen, da Kluftinger auf die für ihn typische Art kein Fettnäpfchen auslässt.
Im Gegensatz zu den anderen Klufingerbüchern handelt es sich hier aber nicht um einen Kriminalfall, sondern lediglich um Kluftinger "ganz privat". Dadurch ist das Buch (leider) sehr viel kürzer als die anderen Kluftinger.
Für Kluftingerfans aber eine superlustige Weihnachtsgeschichte und auch für die, die ihn nicht kennen problemlos lesbar, da es so geschrieben ist, dass man kein Vorwissen braucht.
Habe mich bei einem Buch schon lange nicht mehr so amüsiert!

Bewertung vom 03.08.2021
Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


ausgezeichnet

Mit seinem neuen Buch "Die Verlorenen" startet Simon Beckett in eine neue Thrillerserie. Im Gegensatz zur David Hunter Reihe steht hier nicht die Gerichtsmedizin, sondern die polizeiliche Ermittlung im Vordergrund. Trotzdem ist die Beschreibung von Verletzungen, etc., wie auch in der David Hunter Reihe sehr bildlich und detailliert.

Diese Reihe handelt von den Polizisten Jonah Colley, dessen vierjähriger Sohn vor zehn Jahren spurlos verschwand. Dieser Schicksalsschlag hat ihn und sein Leben stark verändert. So ging nicht nur seine Ehe, sondern auch die Freundschaft zu seinem besten Freund Gavin in die Brüche.
Als Gavin ihn zehn Jahre später um Hilfe bittet, gerät Jonah mitten in einen Mordfall und wird schnell auch selbst zum Verdächtigen.

Simon Beckett gelingt es, dem Leser seine Hauptfigur Jonah mit allen Ecken und Kanten näherzubringen. Dabei wird ein Spannungsbogen aufgebaut, der sich durch das ganze Buch zieht. Seine bildliche Erzählweise trägt dazu bei, dass man sich selbst mitten im Geschehen wiederfindet und mit Jonah mitfühlt. Trotzdem sind manche Entscheidungen, die Jonah trifft und die das Buch spannend machen, nicht ganz nachvollziehbar. Dies tut dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch.

Alles in allem ein super Buch, das ich regelrecht verschlungen habe! Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 07.11.2020
Die Farbe von Glück
Bagus, Clara Maria

Die Farbe von Glück


sehr gut

Clara Maria Bagus hat mit ihrem Roman "Die Farbe von Glück" ein modernes Märchen geschrieben, das Antworten auf die großen Fragen des Lebens gibt.

Das Buch ist voller Lebensweisheiten, die in folgender Geschichte verpackt sind:

Nach mehreren Fehl- und Totgeburten hoffen die schwangere Louise und ihr Ehemann Jules auf die Geburt eines gesunden Kindes. Da Louise eine weitere Schwangerschaft sowohl körperlich als auch psychisch nicht überleben würde, ruht die ganze Hoffnung auf diesem einen Kind. Leider ist auch dieses Mädchen nach der Geburt sehr schwach, sodass es unklar ist, ob es die ersten Tage überhaupt überleben wird. In seiner großen Verzweiflung beschließt Jules sein krankes, gegen ein zur gleichen Zeit geborenes gesundes Mädchen einzutauschen. Um diesen Plan in die Tat umsetzen zu können, droht er der diensthabenden Krankenschwester Charlotte, ihr das inoffiziell bei ihr lebende Waisenkind Antoine wegzunehmen. Charlotte willigt aus Angst um Antoine ein.
Doch sowohl Jules als auch Charlotte werden über die Jahre hinweg von ihrer Tat verfolgt und finden keine Ruhe im Leben bis sie sich auf den Weg machen, um zu ihren Fehlern zu stehen und sich selbst wiederzufinden.

Der Roman ist eine Art modernes Märchen ohne Raum und Zeit. Der nüchterne Leser neigt dazu, sich zu fragen in welchen Ländern und zu welchem Jahr die Geschichte eigentlich spielt. Obwohl man das Gefühl hat sich in der Gegenwart zu befinden, werden auf die modernen Errungenschaften wie Flugzeuge, Emails oder Handys komplett verzichtet. Wer vorhat, dieses Buch als realistischen Roman über einen Kindestausch zu lesen, wird deshalb etwas enttäuscht sein. Außerdem gibt es einige Begebenheiten, die sich in der Realität so nie zutragen könnten.

Da es meiner Meinung nach aber nicht Ziel der Autorin war einen realistischen Roman zu schreiben, muss man diese Details beim Lesen ausblenden. Vielmehr ging es Clara Maria Bagus darum, Menschen in der Sinnkrise ihres Lebens Mut zuzusprechen und ihnen zu zeigen, dass das Glück oft in den kleinen Dingen des Lebens liegt und es sich uns immer, wenn auch oft nicht in der erhofften Art und Weise, offenbart. Dabei ist die große Botschaft des Romans: nach jedem Winter kommt ein Frühling.

Alles in allem eine sehr schöne Geschichte, die hilft, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren.

Bewertung vom 11.10.2020
Die zitternde Welt
Paar, Tanja

Die zitternde Welt


gut

Das Buch "Die zitternde Welt" von Tanja Paar beschreibt das Leben einer Familie zu Zeiten großer Umbrüche in der Weltgeschichte.
Die aus einen österreichischen Dorf stammende Maria reist 1896 hochschwanger nach Anatolien um sich dort dem nichts ahnenden werdenden Vater Wilhelm anzuschließen. Dort baut sie sich mit ihm ein neues Leben, fernab von österreichischen Konventionen auf. Durch Wilhelms Tätigkeit beim Bau der Bagdadbahn gilt die Familie in Anatolien als wohlhabend und genießt einen gewissen Luxus. Trotz kleinerer Probleme leben die beiden mit den drei Kindern Hans, Erich und Irmgard dort sehr glücklich und unbeschwert.
Diese unbeschwerte Zeit endet mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges abrupt. Die Familie muss Anatolien verlassen und zurück nach Österreich gehen. Um der Gefahr zu entgehen, dass die beiden Söhne Hans und Erich eingezogen werden, bekommen sie neue Identitäten und versuchen ihr Glück auf sich allein gestellt.
Während Hans den Krieg nicht überlebt, kehrt Erich schwer traumatisiert und drogenabhängig zurück. Aus der einst lebensfrohen Maria ist eine stark verbitterte Frau geworden, der alles was ihr im Leben wichtig war genommen wurde.

Insgesamt hat mir die Handlung des Buches ganz gut gefallen. Da die Autorin allerdings die Geschehnisse von 46 Jahren auf nicht einmal 300 Seiten unterbringt, fehlt der Geschichte meiner Meinung nach die Tiefe. Sobald man sich in eine Handlung eingelesen hat und mit den Charakteren fühlen kann, kommt es meist zu einem Zeitsprung. Völlig aus dem Konzept gebracht, muss sich der Leser dann erst wieder einlesen und sich in die neue Situation hineindenken. Dies hat zumindest bei mir dazu geführt, dass ich das Buch mehrfach aus der Hand gelegt habe.
Schade, denn zwischendrin zeigt die Autorin immer wieder sehr gut, dass sie es versteht den Charakteren Tiefe zu verleihen und den Leser damit zu fesseln.

Bewertung vom 10.09.2020
Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1
Leonard, Susanna

Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1


sehr gut

In dem Buch "Madame Curie und die Kraft zu träumen" schildert Susanna Leonard sehr lebendig den Werdegang Marie Curies von Beginn der Schulzeit an bis hin zum Nobelpreis.
Marie, Mania genannt, wächst in dem damals von Russland besetzten Polen auf. Bereits zu Schulzeiten fällt sie durch ihre außergewöhnliche Auffassungsgabe und ihren Ehrgeiz auf.
Genau wie ihre ältere Schwester Bronia würde auch Mania gerne eine Universität besuchen. Dies ist Frauen in Polen zur damaligen Zeit aber untersagt. Durch einen ausgeklügelten Plan, in dem sie sich gegenseitig finanziell unterstützen, schaffen es die beiden Schwestern jedoch in Paris zu studieren und ihre Bestimmung zu finden.

Der Titel des Buches ist meiner Meinung nach sehr gut gewählt, da er zeigt, dass zur Erfüllung der eigenen Träume nicht nur Talent von Nöten ist, sondern auch eine ordentliche Menge Kraft um auch bei Rückschlägen weiterhin sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Und genau diese Kraft ist es die Marie Curies Werdegang so besonders macht.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, da es dem Leser die Nobelpreisträgerin Marie Curie auf menschliche Art näher bringt und ihren enormen Ehrgeiz und ihr Durchhaltevermögen trotz allem Gegenwind sehr gut beschreibt.
Der Schreibstil war mir persönlich etwas zu blumig, um das Leben einer Naturwissenschaftlerin zu beschreiben.
Schade fand ich außerdem, dass im Text Fehler sind, die eigentlich vermeidbar gewesen wären (z.B. werden unterschiedliche Krankheiten als Todesursache von Sofia genannt oder es wurden falsche Summenformeln verwendet). Auch wenn das eigentlich Kleinigkeiten sind, störe ich mich daran, weil es mir das Gefühl gibt, dass das Augenmerk mehr auf einen banalen Frauenroman als auf fundiertes Beschreiben von Marie Curies Leben gelegt wurde. Die Idee, beides miteinander zu verbinden, hat mich dazu veranlasst, das Buch zu kaufen, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass etwas sorgfältiger Korrektur gelesen worden wäre.

Bewertung vom 30.08.2020
Das Haus in der Claremont Street
Carolsfeld, Wiebke von

Das Haus in der Claremont Street


ausgezeichnet

In zutiefst berührender Weise erzählt Wiebke von Carolsfelds die Geschichte des kleinen Toms, dessen Welt aufgrund des gewaltsamen Todes seiner Eltern von einem Tag auf den anderen auseinanderbricht.
Schwer traumatisiert wird er in die Obhut seiner Tante Sonya, der ältesten Schwester seiner Mutter, und deren Mann gegeben. Obwohl sich Sonya nichts sehnlicher als ein eigenes Kind wünscht und nach außen hin die Perfektion in Person ist, gelangt sie mit dem nicht mehr sprechenden Tom schnell an ihre Grenzen und kapituliert.
Tom zieht daraufhin zu den anderen beiden Geschwistern seiner Mutter, Rose und Will, in deren Elternhaus. Aber auch die chaotische alleinerziehende Mutter Rose und der mit 30 Jahren immer noch nicht wirklich erwachsene Will, stellen nicht die Idealfamilie für ein traumatisiertes Kind dar.

Dieser Buch beleuchtet in sehr eindrücklicher Weise die Spannungen zwischen den Geschwistern, die sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Lebensweisen und Charakteren unweigerlich ergeben. Von Schuldgefühlen gegenüber ihrer ermordeten Schwester zerfressen, geraten sie alle in einen Sumpf aus Selbstmitleid, aus dem sie sich selbst nicht befreien können. Doch im Laufe des Buches schafft es Tom mit seiner unendlichen Traurigkeit seine Familie wachzurütteln und ihnen zu zeigen was im Leben wirklich wichtig ist.

Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven (Sonya, Rose, Will und Tom) ist die Geschichte lebendig erzählt und man kann sich sehr gut in die einzelnen Charaktere und ihre Handlungsweisen hineinversetzen. Wiebke von Carolsfeld versteht es perfekt die Stärken und Schwächen der einzelnen Personen zu skizzieren und den Leser an dem Prozess der inneren Entwicklung der Protagonisten teilhaben zu lassen.

Mich hat ein Buch selten so berührt und zum Nachdenken gebracht wie dieses! Ein wahrer Juwel und damit eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 22.08.2020
Die Sommer
Othmann, Ronya

Die Sommer


sehr gut

Das Buch "Die Sommer" von Ronya Othmann gibt Einblicke in das Leben von jesidischen Kurden in Syrien in diesem und letzem Jahrhundert.

Die Geschichte wird aus der Sicht von "Leyla" erzählt.
Leyla lebt mit ihrer deutschen Mutter und ihrem Vater, der als jesidischer Kurde aus seiner Heimat geflohen ist, in Süddeutschland. Sie besucht dort ein Gymnasium und führt ein Leben wie ihre anderen deutschen Freundinnen auch.
Seit sie vier Jahre alt ist verbringt sie ihre Sommer jedoch im Heimatdorf ihres Vaters in Nordsyrien bei ihren Großeltern, Onkeln und Tanten. Das Leben, das sie dort führt, hat mit ihrem Leben in Deutschland nichts gemein. Im Laufe der Jahre lernt sie, sich den Gegebenheiten ihres jeweiligen Umfeldes anzupassen und auf die Frage: "bist du mehr Deutsche oder mehr Kurdin?" die je nach Umfeld entsprechende Antwort zu geben. Trotz allem fühlt "Leyla" eine Zerissenheit zwischen den beiden Welten und bleibt für ihr Umfeld, sei es in Deutschland oder im Dorf ihrer Großeltern, immer ein bisschen fremd.

Das Buch gliedert sich in zwei Abschnitte, wobei der erste Teil fast zweidrittel des Buches ausmacht.

Der erste Teil besteht hauptsächlich aus willkürlich aneinander gereihten Anekdoten aus ihren Sommern im Dorf und den Geschichten, die ihr Vater und ihre Großmutter über ihr Leben als jesidische Kurden in Syrien erzählen.
Wie "Leyla" einmal im Buch sagt, bestehen ihre Erinnerungen an die Sommer aus einzelnen, bruchstückhaften Szenen, die sie in keine Reihenfolge bringen kann. Und genau diese Aussage beschreibt perfekt, wie der erste Teil des Buches geschrieben ist.
Diese Erzählweise spiegelt das Bruchstückhafte ihrer Erinnerungen zwar toll wider, macht es dem Leser allerdings sehr schwer einen roten Faden zu finden und sich an der Geschichte festzubeißen. Der "wie geht´s weiter" Effekt fehlt leider vollständing, da nach einer Anekdote eine davon meist völlig losgelöste andere folgt. Auch "Leyla" bleibt in diesem Teil sehr blass und für den Leser unscheinbar.

Warum ich dem Buch trotzdem vier Sterne gebe, liegt an Teil 2.
Teil 2 startet am 15. Februar 2011 mit dem Beginn der Revolution, die in den jetzt herrschenden furchtbaren Bürgerkrieg ausartete.
"Leyla" schildet in diesem Teil sehr emotional die Geschehnisse in Syrien und die jetzt kaum noch erträgliche Zerissenheit in ihrem eigenen Leben. Da "Leyla" jetzt viel aus ihrem alltäglichen Leben und ihren Gefühlen erzählt, wird sie für den Leser greifbar. Man kann sich jetzt gut in sie hineinversetzen und fühlt mit ihr.
Die Ereignisse werden in diesem Teil chronologisch erzählt, rütteln den Leser wach, machen betroffen und fesseln ihn an das Buch.

Nach den anfänglichen Längen, ist man dann doch erstaunt, als das Buch plötzlich zu Ende ist. Zu diesem Zeitpunkt ist der Leser voll in der Geschichte angekommen und wüsste gern wie alles weitergeht.

Insgesamt ein sehr schöner Roman, der viel Wissen über die jesidischen Kurden vermittelt, betroffen macht und aufrüttelt. Für meinen Geschmack hätte der erste Teil jedoch kürzer und der zweite Teil dafür länger sein können.