Benutzer
Benutzername: 
La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 56 Bewertungen
Bewertung vom 31.07.2025
Tunnicliffe, Hannah

Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum


ausgezeichnet

Ein Diebstahl im Museum, bei dem nichts gestohlen wurde? Seltsam! Ein guter Grund für Stanley, das köstliche Pfannkuchenfrühstück zu unterbrechen, die Detektiv-Kappe aufzusetzen und der Sache nachzugehen.

«Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum» liest sich wie eine Hommage an die Detektivgeschichten von Agatha Christie. Wie Hercule Poirot analysiert der charmante Hunde-Detektiv Stanley den Schauplatz des Verbrechens und präsentiert mit detaillierten Erklärungen seine spannende Lösung des Falls, die beinahe die Hälfte des Buches in Anspruch nimmt.

Das gelungene an dieser Detektivgeschichte ist die kinderechte Darstellungsform und die spannende Erzählweise. Der Comic ist für Kinder ab 6 Jahren empfohlen und angepasst: Tiere leben wie Menschen in der Menschenwelt, dazu großflächig bunte Cartoon-Illustrationen und große Sprechblasen. Die Bildabfolge ist eindeutig erkennbar und der Fall ist nicht zu knifflig, enthält einen spannenden Plotttwist und gibt ganz nebenbei Hintergrundwissen über den Künstler Piet Mondrian und sein Werk, was die Aspekte Literatur und bildende Kunst in dieser Bildgeschichte vereint. Am Ende gibt es nämlich eine Fallakte zum Künstler und die letze Seite hält eine Überraschung bereit.

Wer einen witzigen Tier-Krimi mit einem charmanten Pfannkuchen-Liebhaber-Hunde-Detektiv zum Miträtseln sucht, findet hier eine tolle Beschäftigung mit Liebe zum künstlerischen Detail, bei der es viel zu entdecken gibt.
Absolut empfehlenswert, auch wenn sonst selten zum Buch gegriffen wird: Hier ist für jeden was dabei.

Bewertung vom 31.07.2025
Gaida, Dominik

Gestern waren wir unendlich / Death Duet Bd.1


sehr gut

Die Liebesgeschichte von Louis und Henry ist eine queere New-Adult-Romance mit großer emotionaler Wucht und tiefgreifenden Existenzfragen.

Louis und Henry sind seit über drei Jahren ein glückliches Paar, das gerade einen Streit hat. Trotzdem begleitet Louis seinen Freund auf dessen Familienfeier. Doch es gibt keine Versöhnung, denn auf dem Heimweg kommt es zu einem Autounfall, bei dem Henry vor Louis Augen stirbt. Louis erwacht und erlebt diesen schicksalshaften Tag immer wieder, während Henry sich an nichts erinnert.

Jedes dramatische Sterben ist aufwühlend beschrieben - man leidet mit und wünscht sich ein gutes Ende für die beiden. Denn Louis kann nicht akzeptieren, dass es so enden soll und ergreift jede Chance, seinen Freund zu retten. Er ist zutiefst erleichtert, ihn wiederzusehen, nachdem er vor seinen Augen gestorben ist, später enttäuscht, frustriert, traurig und verzweifelt - es ist eine wilde Achterbahn der Gefühle, der man sich beim Lesen nicht entziehen kann. Zudem ist es sehr nachvollziehbar, was Louis durchlebt und wie er sich verhält. Die Rückblicke in die Anfänge der Beziehung geben der Romance noch mehr Tiefe und man verliert sein Herz an Louis und Henry, die aus verschiedenen Sichtweisen erzählen.
Sehr bedeutsam ist das Gespräch zwischen Louis und Henrys Großmutter Grandma Leanne. Meine liebste Stelle, denn sie greift alles auf, wofür die Geschichte steht und regt zum Nachdenken an.
Dem Genre ist es wohlmöglich geschuldet, dass einige Wiederholungen und Klischees vertreten sind, obwohl die Botschaft bereits klar ist. Das war ermüdend, aber verzeihbar, weil das Gesamtkonzept mich so mitgerissen und berührt hat.

Ich würde „Gestern waren wir unendlich“ allen empfehlen, die schreckliche Angst davor haben, Menschen zu verlieren, die sie lieben. In meinen Augen ist es eine tröstliche Geschichte, die nicht zwingend Taschentücher braucht, und ich gehöre zu denen, die das Ende mögen.

Bewertung vom 31.07.2025
George, Nina

Die geheime Sehnsucht der Bücher


ausgezeichnet

Monsieur Perdu verkauft auf dem Bücherschiff in seiner „Literarischen Apotheke“ nur die Bücher, die man braucht, nicht die, nach denen man verlangt. Die Siebzehnjährige Pauline hält seinen Metapherstreubomben
stand und hilft Perdu auf dem Bücherschiff, wobei ihre ereignisreichen Mittwochsrunden besonders unterhaltsam und für sie lehrreich sind. „Bücher können viel, Pauline. Aber sie können nicht dein Leben ersetzen.

Françoise ist zwar erst zwölf Jahre alt, aber belesen, klug, benutzt gern schwierige Wörter und mag es nicht geduzt zu werden. Allzu gern wäre sie einfach Kind, aber es lastet zu viel Verantwortung auf ihren Schultern. Um den Zustand ihrer Mutter zu verschleiern lügt sie, oder wachträumt wie sie es nennt, damit niemand merkt, wie ihr Leben wirklich ist. Françoise wünscht sich literaturmedizinische Beratung - allerdings für ihre Mutter, die dringend Rettung braucht - und so lernen sich Françoise, Monsieur Perdu und Pauline kennen.

Auf Françoise Kapitel begann ich mich besonders zu freuen, denn sie ist so schlagfertig und ironisch, gleichzeitig ist sie verzweifelt und verletzlich, findet Zuflucht in Büchern. Für sie wünschte ich mir ein glückliches Ende. Die wilden Büchermädchen haben mein Herz gewärmt und bescheren der Geschichte entzückende Momente über die Macht der Freundschaft, die unvergesslich bleiben.

Wenn man «Die geheime Sehnsucht der Bücher » liest, dann hat man ein Buch, welches selbst in der Buchapotheke stehen könnte. Für die Menschen, die den Glauben an die Menschlichkeit und Freundschaft verloren haben. Bibliophile fühlen sich verstanden, saugen die zahlreichen Buchempfehlungen auf und schätzen Perdus feinere Gespür für Menschen.

Inhaltlich geht es um Freundschaft, darum, neue Gedanken in die Köpfe zu lassen und besorgte Eltern, die das nicht wollen. Es geht natürlich um Liebe, um Vergebung und ein Online-Missgeschick, das Folgen hat. Der Schreibstil ist poetisch, geschickt, ausdrucksstark und hat einen authentischen französischen Flair.

Ein sommerlicher Schmöker mit Herz für alle, die gedanklich nach Paris reisen möchten und bibliophile Weisheiten schätzen, die inspirieren.

Bewertung vom 31.07.2025
Rossell, Judith

Midwatch - Schule der unerwünschten Mädchen


ausgezeichnet

Maggie wird zukünftig das Midwatch-Institut besuchen, eine Schule für Waisen, Ausreißerinnen und unerwünschte Mädchen. Deren Ruf ist berüchtigt, denn dort soll es sehr streng und trostlos zugehen. Gemeinsam mit der schweigsamen Sofie, die vom Zirkus kommt und sich an der Hand verletzt hat, und der klugen Nell und ihrem kleinen Begleiter Spike, wird Maggie von der Leiterin Miss Mandelay aufgenommen, die sich - zur Überraschung aller - als warmherzige Frau entpuppt, die das Bild eines strengen Instituts zum Schutz aufrechterhalten muss. Hier werden die Mädchen in die Anfangsklasse aufgenommen und erhalten ein Bett, Kleidung, genussvolle Mahlzeiten und vielseitigen Unterricht, um nützliche Dinge zu lernen.

Diese Geschichte ist ein Reise in die Vergangenheit des 19. Jahrhunderts, die von einer geheimen Organisation erzählt, die ihre Fälle auf altmodische Art löst. Eine verschwundene Person, unerklärliche nächtliche Angriffe und eine Stadt in Angst, rufen die Mädchen der „Midwatch“ auf den Plan. Die Themen sind breit gefächert und das Aufbrechen der Gesellschaftsschicht macht es klugen Mädchen, die nicht angepasst, brav und gehorsam sind, möglich, ihr Potenzial zu entfalten und anspruchsvolle Rätsel zu lösen. Sie erfahren zum ersten Mal in ihrem Leben Zuversicht und Unterstützung. Dabei lernen sie „nützliche Dinge, die jedes Mädchen wissen sollte“, die darauf vorbereiten, knifflige Rätsel zu lösen, Gutes zu tun und Bösewichte zu bekämpfen.

Ich habe dieses Buch von der ersten Seite an geliebt. Die Atmosphäre war so eindringlich geschildert, dass ich sehr mit Maggie mitfiebern konnte. Als sich zeigt, welche Chance wirklich vor ihr liegt, ist man ebenso aufgeregt und neugierig. Eine wichtige Rolle spielt, neben der Aufklärung des Falles, auch der Zusammenhalt der neun Mädchen, die sich als Anfängerinnen beweisen wollen und über sich hinauswachsen. Judith Rossel schreibt geistreich, mit anschaulicher Vorstellungskraft und einem guten Händchen für Charaktere. Bettina Obrecht hat mit viel Wärme und Leidenschaft ihre Worte zugänglich gemacht. Das machte den Schreibstil flüssig und wunderbar lesbar. Darüber hinaus ist es spannend, wendungsreich, humorvoll und sehr unterhaltsam geschrieben. Das Finale setzt nochmal einen obendrauf.
Ich freute mich begierig auf jedes Umblättern und das Entdecken dieser spektakulären Illustrationen, oder der Seiten mit den nützlichen Dingen. Es macht einfach Spaß, Praktisches mit kindlicher Neugier zu entdecken, weil sie sich perfekt in die Geschichte einfügen und zum Ausprobieren inspirieren. Davon abgesehen besticht das Buch mit vielen besonderen Details - in der Ausgabe und in der Handlung. Durchgehend blaue Textfarbe, jede zweite Seite ist illustriert, teilweise aufwendige Doppelseiten, die Stimmung und Atmosphäre erzeugen, und Einblicke in die Handlung und geschichtliche Einordnung bieten. Bilder und Text fügen sich nahtlos zusammen und helfen dabei, sich alles vorzustellen (Personen, Orte, Gegenstände). Dazu finden sich auch Hinweise in den Illustrationen und so fügt sich alles zusammen. Ein großartiges Lesevergnügen für Groß und Klein, das mich total begeistern konnte. Es wirkt, als wäre die Geschichte abgeschlossen, aber ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen.

Bewertung vom 22.07.2025
Wildner, Maxine

Jane Austen - Stolz und Leidenschaft


sehr gut

«Jane Austen - Stolz und Leidenschaft», geschrieben von Maxine Wildner, erzählt in fiktionaler Form das Leben der britischen Schriftstellerin Jane Austen, die 1775 bis 1817 lebte und deren Werke zu den Klassikern der englischen Literatur gehören, obwohl sie zu Lebzeiten weder reich noch besonders berühmt war. Der Roman erinnert an die Filmbiografie «Becoming Jane» aus dem Jahr 2007.

Zu Beginn des Romans, lebt die 20-jährige Pfarrerstochter mit ihren Geschwistern und Eltern im ländlichen Steventon in der Region Hampshire, als sie, als junge ledige Frau im heiratsfähigen Alter, unter die Haube gebracht werden soll. Zwei Anträge lehnt sie ab, denn Jane hat ihr Herz bereits an den irischstämmigen Tom Lefroy verloren. Doch das Schicksal ist ihr nicht gewogen und so gilt ihre Leidenschaft fortan dem Schreiben.

„Das Mädchen, dass so gern Geschichten von Liebesschmerz und Liebesglück zu Papier bringt, gibt es nicht mehr. Du bist eine junge Frau und spürst all das im eigenen Herzen, was bisher nur deine Romanfiguren fühlten.“

Es gibt authentische Einblicke in das Familienleben der Austens, bei denen die wertschätzende Vater-Tochter-Beziehung deutlich wird und die Unterstützung, die Jane von ihrer Familie erhielt, um ihren Traum zu erfüllen. Ich konnte mir eine anschauliche Vorstellung davon machen, wie Jane Austen wohlmöglich Inspiration für ihre Romane fand und wie eng ihr Leben mit ihren Romanfiguren verknüpft war, in dessen Gesellschaft sie sich weniger einsam fühlte. Der Roman zeigt, wie beschwerlich der Weg als Schriftstellerin für sie war, an welchen Orten sie lebte und welche Bekanntschaften sie inspirierten, wer ihr ein Vorbild war und warum Jane Austen die fortschrittliche Haltung einnahm, nur aus wahrer Liebe zu heiraten, die damals unüblich war.

Es entsteht eine wunderbare Geschichte, die mich in die Vergangenheit entführt und berührt hat, in der Jane Austen für ihre Werke gewürdigt wird und die Anerkennung erhält, die sie zu Lebzeiten verdient gehabt hätte. Sie ist in diesem Werk keine tragische Figur ihrer eigenen Liebesgeschichte, sondern eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die geschätzt und geliebt wurde.

Leider trübt gleich auf der ersten Seite ein Jahreszeiten-Fehler in der Überschrift (nicht bei allen Ausgaben) und auch das, durch eine künstliche Intelligenz geschaffene, Cover den ersten Eindruck. Was ich im Roman außerdem vermisst habe, waren Hinweise auf die regen Briefwechsel, die Jane unterhielt - mit ihrer Schwester Cassandra beispielsweise, ihrer großen Liebe zu Büchern oder das sie 1802 einen Heiratsantrag annahm und dann doch ablehnte. Es gibt noch weitere Unterschiede zu der realen Lebensgeschichte von Jane Austen, weshalb für mich trotzdem ein unvollständiges Bild von ihr entstand. Ihr Porträt zeigt jedoch ihre gute Beobachtungsgabe, ihren scharfen Verstand und ihre Sprachbegabung.

Anrührend erzählt, ist es weniger eine Biografie von Jane Austen, vielmehr eine fiktive literarische Kompositionen ihrer Romane, die auf ihre Person übertragen wurde und sowohl einfühlsames Gesellschaftsporträt als auch mitreißendes Melodrama ist. Der Schreibstil verschmilzt gekonnt mit den Klassikern von Jane Austen und lässt einen völlig eintauchen. Besonders gelungen fand ich die Schreibprozesse, bei denen man Jane über die Schulter sieht und in kurze Szenen ihrer Romane schlüpft. Eine Empfehlung für alle, die Fans von den Dialogen in «Stolz und Vorurteil» sind.

Bewertung vom 22.07.2025
Shattuck, Ben

Die Geschichte des Klangs


ausgezeichnet

«Die Geschichte des Klangs» erzählt in zwei Teilen von Lionel und Annie. Annie sieht den 84-jährigen Lionel im Fernsehen und ist von ihm und seinen Worten beeindruckt. Er gibt zu seiner neusten Buchveröffentlichung über amerikanische Balladen ein Interview. Anni hat aus Liebe zu ihrem Mann Henry ihre Träume aufgegeben. Als sie in ihrem neuen Haus eine versteckte Kiste mit Phonographenwalzen findet, die für Lionel vorgesehen sind, bringt es sie dazu, über ihr Leben und ihre Entscheidungen nachzudenken.
Der Ich-Erzähler Lionel hat auf Anraten seines Arztes den Teil seines Lebens aufgeschrieben, über den er lieber schweigt, bis die Vergangenheit in Form eines Pakets ihn eingeholt hat. Es war der Beginn einer geheimen Liebe, als er 1916 in einer Bar David kennenlernte. „Wir blieben bis zum Morgengrauen. Er spielte Klavier, ich sang.“ Beide verbindet das musikalische Talent. Der damals 17- jährige Lionel begleitet David schließlich auf seinen Sammeltouren durch Maine. Sie sprechen Bewohner an und nehmen alte Volkslieder mithilfe einer Phonographenwalze auf. Ein unvergesslicher Sommer für Lionel, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt, wie bedeutend diese Erinnerungen einmal für ihn sein werden. „Mein Großvater hat mir gesagt, dass Glück keine Geschichte ist. Darum gibt es über diese ersten Wochen nicht viel zu sagen (…), aber ich glaube, ich bin nie glücklicher gewesen…“

Es ist eine leise Geschichte über die erste große Liebe in jungen Jahren, wenn man das ganze Leben noch vor sich hat, die empfundene Reue, verpasste Chancen, erlittene Verluste, die Magie von Musik und das Aufbewahren kostbarer Erinnerungen. Es geht um all den Zauber, der drumherum passiert. Über die Beziehung, Gespräche oder David selbst, erfährt man wenig. Ben Shattuck findet den richtigen Ton und erzählt berührend und sanft von zwei Menschen, die über ihr Leben nachsinnen und dabei ein Stück verbunden sind, ohne sich kennengelernt zu haben. Die poetische Schreibweise macht die knapp hundert Seiten zu einem literarischen Genuss voller Gefühl und Nostalgie. Eine große Empfehlung für alle, die es sich zwei Stunden mit einem guten Buch gemütlich machen wollen, welches nachklingt.

Bewertung vom 22.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

In Berlin tauchen plötzlich Elefanten auf und es werden immer mehr. Ingesamt 20. 000 Elefanten schenkt der Präsidenten von Botswana Deutschland - und Geschenke kann man nicht einfach zurückgeben. Das bringt Bundeskanzler Hans Christian Winkler in eine schwierige Situation, denn seine politische Einmischung hat dramatische Folgen für Botswana. Nun muss er diese bittere Pille schlucken und um seine Wiederwahl fürchten. Die neu ernannte Ministerin für Elefantenangelegenheiten Hannelore Hartmann soll es richten und präsentiert eine Lösung für das Klimaproblem gleich mit. Doch es müssen Opfer gebracht werden, um mit den Elefanten zusammenzuleben und nicht jeder Wähler ist bereit, diese Opfer zu bringen.

„Elefanten in Berlin, das will ich nicht verpassen.“ Dieses verlockenden Bild von Elefanten, die in der Spree baden, noch bevor der Bundeskanzler seine Zeitung aufgeschlagen hat, fand ich extrem amüsant. Was für ein tolles literarisches Setting-Geschenk an Deutschland, wo doch jedes andere europäische Land dafür hätte herhalten können. Gaea Schoeters spielt ein hypothetisches Szenario durch, bei dem sogar ein Hauch Magie zum Einsatz kommt. Ihr Roman dient als Probebühne für einen politischen Diskurs und eine irre Idee, die viel realistischer ist, als man annehmen könnte.

Dabei rückt sie diese wunderbaren Kolosse in den Fokus, die als faszinierende Nebendarsteller die Hauptrolle verdient hätten, aber neben Propaganda und Rechtsextremismus, ebenso zur Nebensache werden, wie die einzelne Bevölkerung.
Beim Lesen kann man sich über vieles, was da schief läuft, amüsieren. Ob Elefantenhaufen, die zum Staatseigentum werden oder die kreativen touristischen Einfälle, um Geld in die Kassen zu spülen. Neben anrührenden Interaktionen gibt es auch unangenehme Zwischenfälle, in die nur so tief eingetaucht wird, wie nötig (und auf so kurzer Seitenzahl möglich). Stattdessen wird die Geschichte vorangetrieben, die Probleme steigern sich und enden in einem grandiosen Finale, das leider nicht realistischer hätte sein können. Es ist eine Politsatire, zum Weinen und Lachen - machmal gleichzeitig. Eine sommerliche Gefühlsachterbahn voller aktueller Debatten, mit Fakten über Elefanten, Einblicken in die Politik und interessanten Überlegungen, während Doppelmoral, Misogynie oder Emanzipation Einzug halten.

„Elefanten sind keine Flüchtlinge“, schreibt Gaea Schoeters in ihrem Roman, aber eine Metapher für so einiges, was hier im Raum steht. Letztlich war ich überrascht, dass viel weniger in der Geschichte erfunden wurde, als gedacht. Eine wunderbar leichte Satire, absolut pointiert und prägnant. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 22.07.2025
Lincoln, Christopher

Nachts in der Bibliothek (Band 1)


ausgezeichnet

Die zehnjährigen Zwillinge Page und Turner Reed sind mit einer seltenen Erstausgabe ihres Vaters auf dem Weg in die Bibliothek. Als das wertvolle Buch plötzlich verschwindet, tauchen sie in die nächtlichen Geheimnisse der Bibliothek ein, um es zu finden.

Erzählt wird die Geschichte von dem schüchternen Turner. Seine Schwester Page ist das Gegenteil von ihm: laut, impulsiv und spontan. Dadurch wird besonders deutlich, wie mutig Turner eigentlich ist und wie sich die Beziehung zwischen den Zwillingen vertieft. Zurückhaltende Kinder werden sich gut mit Turners Gedanken identifizieren können. Auch die Nichtbeachtung ihrer verreisten Eltern wird thematisiert. Beide beweisen, dass sie leidenschaftliche Bücherwürmer sind, ein Detektiven Gespür haben und man ihnen so leicht nichts vormachen kann.

Die New York Public Library als Setting ist einfach genial. Diese riesige ehrwürdige Bibliothek birgt eine bibliophile Atmosphäre, die nachts, wenn keine Besucher mehr da sind, an Magie gewinnt, die unbedingt entdeckt werden will. Sehr verlockend! Hier geschehen wilde Abenteuer, während die meisten Menschen schlafen, weil sich die Magie in den alten Büchern anstaut und die Figuren einfach mal Abwechslung brauchen. Das spektakuläre Cover fängt dieses Gefühl ein und macht auch Lust das Buch zu lesen, wenn man sonst keine Graphic Novels bevorzugt. Es lohnt sich! Christopher Lincoln wird nicht nur seiner Zielgruppe gerecht, sondern auch erwachsene Leseratten werden dieser abenteuerlichen Hommage, an die größten Klassiker der Weltliteratur und ihren bekanntesten Figuren, restlos verfallen.

Für Kinder ist es ein idealer Einstieg, weil es eine spannend erzählte Fantasygeschichte ist und sie die magische Welt der Bücher kennenlernen. Der Humor ist kindgerecht und superlustig. Die Seiten punkten mit einer übersichtlichen Anordnung, einem ausgewogenem Bild-Text-Verhältnis, kleinen Lesehilfen und gut lesbaren Texten. Dazu ist die Story abwechslungsreich und vielschichtig. Erwachsene können sich zudem an den Zitatenschildern, witzigen Anspielungen und aufkommenden Kindheitserinnerungen erfreuen. Ob man Alice im Wunderland oder Peter Pan schon kennt oder nicht - es macht einfach Stimmung, wenn die eigensinnigen Figuren aus den Büchern kommen und Chaos anrichten - wobei sie sich auch als sehr hilfreich erweisen.

Der Hintergrund ist farblich an die Umgebung anpasst. Das finde ich gerade für Kinder gelungen, weil es mit wenigen Details den Blick auf die Figuren lenkt. Von denen gibt es einige, aber nicht überfrachtend und man kann sie gut auseinander halten. Trotzdem gibt es viel zu entdecken und zu staunen. Immer wieder kamen gut gemachte Wendungen und Momente, die mein Herz schneller schlagen ließen. Mit Magie ist einfach alles möglich! Absolute Leseempfehlung für alle Kinder und Erwachsene, die fantastische Abenteuer lieben. Ein unverzichtbares Vergnügen für Fans von «Tintenherz» oder «Die magische Bibliothek der Buks».

Bewertung vom 22.07.2025
Flix

Immerland - Die Stadt der Ewigkeit


sehr gut

„Die Zukunft gehört denen, die an die Schönheit ihrer Träume glauben.“

Ein originelles, tiefgründiges und fantasievolles Debüt, bei dem man nie genau weiß, was als nächstes passiert und wohin die Reise führt. Was ist real? Was ist Fantasie? Werden die schlimmsten Befürchtungen wahr?

Der fast 13-jährige Beinahe-Teenager Mika erlebt ein ungewöhnliches Abenteuer, das bildgewaltig erzählt wird. Dabei lernt er ganz viel über sich selbst, seine Fähigkeiten, Freundschaft und die Freude, am Leben zu sein. Mika hat es nicht leicht: er ist klein für sein Alter und wird in der Schule gemobbt. Doch er fühlt sich nicht nur körperlich klein: kritische Trommeln schlagen in seinem Kopf, die ihn runterputzen und nie schweigen, egal wohin er geht. Nun stehen ihm langweilige Sommerferien bei seiner Oma bevor. Zocken kann er in der abgeschiedenen Gegend vergessen, aber er kann wenigstens in sein Notizbuch zeichnen und hat seine Ruhe. „Als Mika aus dem Zug steigt, ahnte er nicht, dass er heute sterben würde.“ Mit diesem krassen Satz beginnt die Geschichte und die Ankunft bei seiner Oma. Dabei fragt man sich unweigerlich, was schreckliches passieren wird… Und das ist erst der Anfang der Fragen, der Dramatik, der Absurdität und des Glücks. Als dann das spektakuläre Luftschiff in Form eines Wales auftaucht, war ich von der Unwirklichkeit fasziniert, die in bunten Ideen und verrückten Gestalten daherkommt. Es gibt einige affenstarke Schwarz-Weiß-Skizzen von Mika Thorwarth in dem Buch, die eine schöne Ergänzung waren, um sich alles besser vorzustellen. Denn atmosphärische Details gibt es nicht und auch ein Blick in Mikas Gedanken gibt es nur, wenn es relevant wird. Dabei gab es Situation, in denen ich sein gefasstes Handeln nicht gleich nachvollziehen konnte. Es steht die Handlung im Vordergrund, die Irritation mit der Wirklichkeit, das Spielerische und die neuen Möglichkeiten, die sich auftun. Ich mochte ganz viel daran. Besonders die Botschaften, die Entwicklung von Mika und die Pfannkuchen-Variationen.

«Immerland - Stadt der Ewigkeit» ist alles andere, als vorhersehbar und eine kreative und witzige aber auch tiefgreifende Coming-of-Age-Geschichte, die es in sich hat. „Alles passiert aus einem Grund. Und meistens ist es Physik!“ Es gibt keinen Cliffhanger, aber wir dürfen uns auf eine Fortsetzung im Herbst 2026 freuen.

Bewertung vom 13.07.2025
Maier, Verena

Gwin und das Herz des Drachen (Band 1) (eBook, ePUB)


sehr gut

«Gwin und das Herz des Drachen» ist ein fantasievoller Reihenauftakt für Kinder ab 9 Jahren, der von Magie, Freundschaft und Abenteuern erzählt, während man wie in die «Unendliche Geschichte» auf einem flauschig aussehenden Drachen fliegt oder wie in den Studio Ghibli-Animes in neue magische Welten eintaucht, die in der realen Welt existieren.

Gwin büxt von zu Hause aus und begegnet dem sprechenden Kater Nerowitz, der sich als Zauberlehrling einer Hexe entpuppt. Gwins Herzenswunsch führt dazu, dass Nerowitz sie in Madame Manous Zauberladen einlädt, indem sich auch ein Café befindet. Schließlich wird sie Aushilfe, bedient die Zauberwesen-Gäste und fühlt sich dort wohl.
Es ist ein Anfang voller Wärme und Glück. Gwin findet Zuflucht an diesem besonderen Ort, voller kreativer und magischer Wunder, an den jedes Kind gern reisen würde - ganz besonders, wenn es kein liebesvolles Zuhause hat. Gwin reagiert authentisch und altersgerecht auf diese Veränderung, denn sie is voller Dankbarkeit und Freude. Überall gibt es für sie etwas Neues zu entdecken und zu lernen. Schließlich eröffnen sich für Gwin ganz neue Möglichkeiten - sie lernt die kleine Flamme Ignatius und den gefräßigen Drachen Jun kennen und kann mithilfe einer Karte an Orte reisen, die sie sich selbst ausmalt. Ab diesem Punkt verändert sich die Stimmung der Geschichte und es wird etwas düsterer. Die Freunde brechen zu einem gefährlichen Abenteuer auf, um Jun zu helfen.
Die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Indiana Acosta weisen eine Kombination aus realistischen Elementen und übertriebenen Formen auf. Sie sind sehr atmosphärisch, beeindruckend und dicht dargestellt, wie das Cover beweist, das eine berührende Szene aus dem Buch zeigt.

Verena Maier setzt auf humorvolle Neckereien, ein dialogreiches, feixendes Miteinander und träumerische Beschreibungen: „Der Mond ließ sein schneeweißes Auge über Gwins Welt wandern. Millionen Sterne funkelten wie silberne Nadelköpfe im Kleid der Nacht.“ Ihre kreativen Einfälle sind fantastisch und laden zum Träumen ein, bevor man sich in der altbekannten Heldengeschichte wiederfindet. Es liest sich leicht und kommt ohne komplizierte Wortkreationen aus. Die anfängliche Atmosphäre hat mir besonders gefallen, während die zweite Hälfte des Buches deutlich spannender und wendungsreicher war. Altersgerecht ist zudem die Begrenzung der fantastischen Wesen und handelnden Figuren und das herzerwärmende Ende, welches auf eine Fortsetzung hoffen lässt.