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La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 100 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2025
Gelfuso, Hayley

Das Buch der verlorenen Stunden


sehr gut

Die folgenschwere Reichsprogromnacht lenkt das zukünftige Schicksal der noch 11-jährigen Lisavet aus Nürnberg in einen mystischen Zeitraum und ermöglicht eine elf Jahre spätere Begegnung mit dem CIA-Agenten und Zeithüter Ernest. Ein hochaktueller Roman, indem Erinnerungen Macht bedeuten und ihre Kontrolle die Wahrheit beeinflusst.

Es ist die Magie einer riesengroßen Bibliothek, die als Bewahrer menschlicher Erinnerung dient, mit der mich Hayley Gelfuso am meisten begeistern konnte. Lisavets Flucht und Bestehen in diesem mystischen Zeitraum hat eine ganz besondere Faszination und Beklemmung gehabt, die mich selbst Zeit und Raum vergessen ließ, während ich eintauchte. Diese eindrucksvolle Einstieg fesselte und berührte mich. Dazu ein poetischer Schreibstil, der mit sanfter Niedergeschlagenheit eine philosophische Tiefe bewirkt.

Die Entwicklung von Lisavet wird mit einer emotionalen Distanz geschrieben, die ich authentisch fand. Ein Kind, das so aufwächst und erst später die Welt sieht, die sie verlassen hat, ist von dieser Entfremdung geprägt. Hayley Gelfuso mischt die Genre und erschafft zunehmend etwas, was den anfänglichen Zauber vermissen lässt. Bezüglich Lisavet hat mich die Geschichte schließlich verloren, als ihre Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar waren und diese Unstimmigkeit in ihrer Charakterdarstellung zu Widersprüchen führte. Das fand ich schade, aber das ist ein der wenigen Dinge, die mir nicht gefallen haben.
Die Erzählweise ist komplex gestaltet und erstreckt sich über verschiedenen Zeitebenen und Handlungsstränge. Das macht es zu einem anspruchsvollen Leseerlebnis, bei dem sich besonders das Ende lohnt.

Es ist ein Fantasyroman und historischer Agententhriller, der durchaus verstrickt und melancholisch ist, indem sich allerdings auch eine Liebesgeschichte entfaltet und politische Akzente gesetzt werden. Eine faszinierende Mischung mit aktuellen Bezügen, die mahnend nachwirken. Lesenswert, aber nichts für zwischendurch.

Bewertung vom 13.11.2025
Schnalke, Christian

Ich bin der beste Freund des Menschen


ausgezeichnet

„Ein Notfall! Ist zufällig ein Lyrikband anwesend?!“

Ich glaube, jeder der Bücher liest, versteht die humoristischen Cartoons, die Christian Schalke in diesem Buch vereint. Hundert Witzbildchen erzählen ganze Geschichten über Bücher die Zufluchtsorte bieten, in denen Welten auf einen warten und Bücher, die zum Leben erwachen und sich in der Komik des Genrealltags wiederfinden. Der Humor und Einfallsreichtum ist klasse, weil es als kurzweilige Unterhaltung mit popkulturellen Referenzen funktioniert und man sich dabei in den Buchclub begibt, wo es warm und behaglich zugeht, oder auch weil die Cartoons sagen: „Denk mal drüber nach!“. Bei manchen fühlte ich mich ertappt, beispielsweise musste ich beim „Kritiker" oder „Casanova“ sehr lachen, und manche hätte ich mir am liebsten als „Dreamteam“ an die Wand gehängt. Viele sind zum Schmunzeln, manche ganz besonders schön, weil sie den Zauber von Büchern einfangen und auf mehreren Ebenen zünden.
Die farbigen Cartoons sind dabei auf das Nötigste reduziert, ja beinahe einfach scheinen sie und sind deswegen so treffsicher und genial. Könnten sie doch auch zu spannenden Interpretations-Gesprächen einladen oder stilvoll die Buchläden schmücken.

Das handliche Format als Hardcover wirkt sehr hochwertig und mit dem roten Lesebändchen hat es etwas Liebreizendes an sich, weshalb ich es jemandem schenken würde, für den ein Leben ohne Bücher auch sinnlos wäre. Mich konnte dieses humorvolle Buchgeschenk sehr erfreuen.
Ich würde es allen empfehlen, die Bücher lieben und gerne über die Eigenheiten schmunzeln, die diese Leidenschaft mit sich bringt.

Bewertung vom 13.11.2025
McKenna, Skye

Der goldene Schlüssel / Cassandra Morgan Bd.1


ausgezeichnet

Es geht um die 12- jährige Cassandra Morgan, genannt Cassie, für die Bücher ein Zufluchtsort sind. Vor sieben Jahren versprach ihre Mutter, wiederzukommen und sie aus Fowell House abzuholen. Seit dem wartet Cassie an diesem für sie einsamen Ort, ahnungslos, dass sie eine Tante und einen Onkel hat, die Magie beherrschen. Bisher hat sie davon nur in ihren Büchern gelesen. Das letzte Andenken an ihre Mutter ist ein goldener Schlüssel, der Cassie hilft, ihrer Bestimmung als Hexe zu folgen und der Mission, ihre Mutter zu finden.

«Cassandra Morgan - Der goldene Schlüssel» hat alles, was ein guter Fantasy-Auftakt für Kinder braucht: eine einsame und mutige Heldin, die ohne Vorwissen in eine magische Welt eintaucht und dort Familie und Freunde findet. Erst durch das Bestehen von Prüfungen kann sie zu einer Hexe werden, die einen magischen Begleiter erhält. Allerdings bedrohen finstere Mächte den Frieden. Das verspricht Spannung, Geheimnisse, magische Abenteuer, Freundschaft und Hexenpower. Auch wenn die Charakterverteilung und die Fantasyelemente ganz klassisch sind, war es einfach wunderbar, in diese Geschichte einzutauchen. Und es wird besonders für Kinder toll sein, die diese Muster noch nicht gewöhnt sind.

Ich wollte wissen, was mit den verschwundenen Kindern passiert und warum Rose Morgan ihre Tochter nicht aus Fowell House abgeholt hat und niemand in der Familie von Cassie wusste. Dann verschwinden in ganz London Kinder und das Rätsel betrifft schließlich auch Cassie. Außerdem umgibt den geheimen Schlüssel von Cassies Mutter ein Mysterium, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Was ich aber besonders mochte, waren die stimmigen Details, weshalb man sich beim Lesen wohlfühlt. Mrs Briggs ist die Haushälterin von Cassies Tante Miranda. Tüchtig und liebenswert ist sie stets um das leibliche Wohl ihrer Gäste besorgt. Ihre liebenswerte Art birgt cozy Momente, genau wie Rue Whitby, die zu Cassies besten Freundin wird. Ihre Dynamik mochte ich sehr, weil sie sich gegenseitig helfen und Cassie richtig darin aufblüht, sich zugehörig zu fühlen. Der Kater Montague ist die Stimme der Vernunft und hat immer ein waches Auge auf Cassie. Auch wenn Tante Miranda als Haghexe drei wichtige Regeln für Cassis aufgellt hat, liebe ich es, dass sie sich nicht daran hält und in den Hag geht, denn der übt eine gefährliche Faszination aus und ich mochte diese Abenteuer ganz besonders. Die Hag-Begegnung zwischen Cassie und Ambrose war mein Highlight.

Die Autorin Skye McKenna lässt sich immer etwas Neues einfallen. Es wird nie langweilig. Ihre Kreativität ist großartig, weil sie eine Sogkraft und Detailliebe entwickelt, die viel Spaß macht. Ihr Schreibstil ist bildhaft und erzeugt eine Atmosphäre, die zum Träumen nach Hagley einlädt. Dadurch hat es mich auch nicht gestört, dass Cassies Gedanken- und Gefühlswelt nur oberflächlich bleibt. Das letzte Kapitel war für mich der perfekte Abschluss und ich freue mich auf den zweiten Band, der im März 2026 erscheint.

Fazit: Fantasyauftakt für Kinder ab 10 Jahren über Hexen, fantastische Wesen und einen magischen Ort namens Hagley. Dazu eine außergewöhnlich schöne Buchgestaltung inkl. Blickfang-Cover mit passendem Farbschnitt und Verzierungen auf jeder Buchseite. Ein besonderes Lesehighlight für alle, die Lust haben in eine fantastische Hexenreihe zu starten.

Bewertung vom 09.11.2025
Johnson, Maureen

Death at Morning House


gut

Es geht um eine Riesenvilla, die den Tod anzuziehen scheint und diese zwei mörderischen Geschichten von Morning House werden hier erzählt.

Das Ehepaar Ralston verbrachte mit ihren sieben Kindern jeden Sommer auf der Insel im Morning House. Morgens strahlt die Villa, aber abends wirkt sie beunruhigend unheilvoll. Bis 1932 zwei Todesfälle diesem Glück ein Ende setzten. Viele Jahre später ist Morning House ein Ort, der frei zugänglich ist. Marlowe verbringt den Sommer damit, Touristen durch die Villa zu führen und erfährt, dass sie den Platz eines toten Jungen eingenommen hat.

Erzählt wird die Geschichte von Marlowe, die sich in Akilah verliebt. Das erste Date endet im Chaos und ist der Grund, warum Marlowe den Ferienjob annimmt. Als zynische Ich-Erzählerin richtet sich Marlowe direkt an die Lesenden und erzählt, wie zwei Gegenstände ihr Schicksal besiegelten: eine Duftkerze und ein Lippenstift. Das tut sie humorvoll und authentisch, sodass es sich sehr gut lesen lässt. Durch die Rückblenden erfährt man, was sich 1932 in Morning House zugetragen hat. Davon hätte ich gern mehr gelesen, denn die Geschehnisse um Marlowe sind nicht so interessant, während der Vater mit seiner Visionen der Welt und der zwanghaften Tagesstruktur der Kinder mehr Potenzial aufweist. Auch wenn ich mit Marlowe nicht so richtig warm geworden bin, mochte ich die kleine Liebesgeschichte und die, vom Pech verfolgte, Hauptfigur. Die Auflösung, um die Todesfälle sind spannend inzidiert, haben mich überrascht und trösten etwas über den „langen Anlauf“ hinweg.

Bewertung vom 09.11.2025
Chipman, Jennifer

Spookily Yours


schlecht

Bei der Bezeichnung Pumpkin-Lovestory und diesem unschuldigen Cover stelle ich mir eine verhexte romantische Komödie mit Herbststimmung rund um das Halloweenfest vor. Gerade am Anfang fühlte ich mich an »Sabrina - Total verhext« erinnert.
Willow arbeitet mit ihrer Schwester Luna im Hexenbräu, der Café-Bäckerei des Dorfes Pleasant Grove. Willow ist total Kürbisverrückt und liebt Halloween. Ein Wohlfühleinstieg, der sogar Spannung aufkommen lässt, als Willow den Kater Damien adoptiert und versucht, ihn von dem Fluch zu befreien. Danach ist leider jegliches Fünkchen von Potential verpufft. Eigentlich will der besitzergreifende Damien sich nicht auf eine Hexe einlassen, verliert aber schnell jeden Anschein von Selbstkontrolle und erhebt Anspruch auf seine kleine Hexe, wie es sie nennt. Während es immer wieder zu erotischen Tête-à-têtes kommt, bei dem nichts mehr der Fantasie überlassen wird und der Eindruck erweckt wird, ein Teenager hätte technische Anweisungen verfasst, gerät Damiens Mission oder das feierlichen Kürbis- und Halloweenfest in den Hintergrund. Alles wird schnell abgehandelt. Damit dürfte klar sein, worum es in dem Buch wirklich geht, wenn auf Atmosphäre und Spannung weniger Wert mehr gelegt wird und sogar Willow vermutet, Damien hätte sie in eine Sex-Dämonin verwandelt. Dazu passt auch die vulgäre Sprache und der flache Schreibstil, der zudem inhaltliche Fehler aufweist. „Schei***, ich liebte es, sie zu küssen. Ich glaube nicht, je müde zu werden, ihren Mund in meinen zu nehmen.“ What?

Wirkliche gute Unterhaltung, echte Gefühle, nur ein bisschen Charaktertiefe oder gar Einfallsreichtum, sucht man hier vergebens - Quantität vor Qualität. Vielleicht sollte man das auch so bewerben, denn ich fühle mich getäuscht.
Jennifer Chipman hat versucht ein idyllisches Dörfchen wie bei Gilmore Girl zu erschaffen. „Für Fans von »Gilmore Girls« und »Vampire Diaries«“ heißt es, aber das, was die Serien ausmacht, findet sich in dieser Story nicht ansatzweise wieder. Das ist irreführend, weil es völlig falsche Erwartungen schürt. Ich war maßlos enttäuscht und kann, aufgrund der genannten Punkte, keine Empfehlung aussprechen. Es sei denn, mann möchte genau das: cringe spice Inhalte, besitzergreifende Männerfantasien und unstimmige Klischees, gepaart mit einem Hauch von Hexe, Dämon und obsessiver Herbstsaison. Scheint ja manchen zu gefallen, aber definitiv kein „verdienter“ Bestseller, sondern nur irreführendes Marketing.

Bewertung vom 09.11.2025
Jacob, Gitta

In der Komfortzone wächst nichts. Die schönsten Gärten blühen außerhalb.


ausgezeichnet

Therapeutin und Autorin Gitta Jacob hat 52 wirkungsvolle Sätze aus der Praxis zusammengestellt, die nicht spurlos an mir vorbeigezogen sind. In kompakten Texten gibt sie psychologisches Wissen und Erfahrungswerte weiter, die nicht nur farblich zum Buch passen und sich von den Übungen abheben, sondern auch einfühlsam geschrieben und leicht verständlich sind. Die Übungen, durch die orange Schriftfarbe leicht zu erkennen, sind aus der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) oder Achtsamkeitsübungen. Die schriftliche Ausarbeitung ist zwar im Buch möglich, aber der Platz dafür ist begrenzt.

Die hochwertige Gestaltung finde ich zudem gelungen. Die übersichtliche Struktur ist praktisch und durch das gleichbleibend farbliche Konzept, bleiben die Gedanken fokussiert. Wenn man Zuversicht und Inspiration sucht, lohnt es sich, das Buch immer wieder in die Hand zu nehmen. Mir gefällt die Idee, die kommenden 52 Wochen des neuen Kalenderjahres, jeder Woche einen Satz auszuwählen. Dadurch habe ich genügend Zeit für die Übungen, sofern es welche für den jeweiligen Satz gibt und kann den Impuls für die Woche nutzen.

Das Konzept spricht mich sehr an, denn manche Sätze bleiben hängen, werden zu Glaubenssätzen, können das eigenen Denken in eine positive Richtung lenken und auch anderen im richtigen Moment helfen.

Was mir besonders gefallen hat, ist die sanfte Art von Gitta Jacob verständnisvoll zur Selbstreflexion anzuregen. Sie ermuntert zwanglos, sich mit Achtsamkeit und Verständnis zu begegnen und die tiefere Bedeutung hinter den Sätzen zu verstehen und zu verinnerlichen. Außerdem vermittelt sie neue Perspektiven: Gefühle allein sind kein guter Ratgeber, Therapie ist kein Allheilmittel, Sexualität verdient mehr Beachtung und Abgrenzung aus Selbstführsorge kann auch eine egoistische Fehleinschätzung sein.

Beim Lesen ist es wirklich spannend zu beobachten, was die Sätze mit einem machen. Manche Sätze, und die dahinter stehenden Prinzipien, sind bekannt oder hat man schon mal gehört. Die Sätze wirken unvermittelt und zeigen, was man schon verinnerlicht hat und wo man noch ansetzten könnte. Was bewegt mich? Was fordert mich heraus? Wo besteht noch Handlungsbedarf?

Es ist also eine psychologisch spannende Lektüre mit verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten, kompetentem Wissen und brauchbaren Ansätzen, die sich lohnt. Aufgrund der schönen Aufmachung und dem mehrmaligen Nutzen gebe ich eine Kaufempfehlung und hoffe, auf eine Fortsetzung. Ein Kalender wäre auch ein tolles Geschenk.

Bewertung vom 09.11.2025
Schreiber, Jasmin

Da, wo ich dich sehen kann


sehr gut

Anmerkung:

Ich möchte in dieser Rezension nicht zu viel verraten, weil es ein Erlebnis war, dieses Buch ohne viel Vorwissen zu entdecken. Daher ohne Spoiler und zu viele Details, aber für alle, die sich einen Eindruck machen wollen, bevor sie sich ein Buch kaufen:



Inhalt & Meinung:

Eine schwangere Frau namens Emma wird von ihrem Ehemann getötet. Häusliche Gewalt, die in einem Femizid endet. Für die Hinterbliebenen von Emma ist nichts mehr wie es war. Zurück bleibt Liv, die vom Ersticken träumt, weil ihre beste Freundin erdrosselt wurde. Zurück bleiben Emmas verwaiste Eltern, die vorläufig das Sorgerecht für das traumatisierte Enkelkind haben. Und zurück bleibt die 9-jährige Maja, die nun ohne Mutter und Vater aufwachsen muss. Eine Tragödie, die unbegreiflich bleibt und von den traumatisierten Menschen erzählt, die von dem Verlust betroffen sind.

Liv ist Astrophysikerin und schafft es, ihr Patenkind für die Sterne und das Universum zu begeistern, nachdem die traumatisierte Maja an nichts mehr Interesse gezeigt hat - außer an Chloé, Livs Hündin. Diese aufblühende Beziehung spendet auch beim Lesen Trost und schaffte es, mit meinen Erwartungen zu brechen.

Durch die mehreren Perspektivenwechsel taucht man eindrücklich in die Gedanken- und Gefühlswelt der Hinterbliebenen ein, erlebt die Auswirkungen roh, authentisch und emotional. Dabei geht es auch um Schuldgefühle und die Frage, wie man über die Trauer nach einem gewaltsamen und plötzlichem Tod spricht.

Lediglich die rückblickenden Kapitel aus Emmas Perspektive zeigen, in welcher Form die häusliche Gewalt stattgefunden hat. Trotzdem lässt sich nur erahnen, wie verloren sich Emma gefühlt haben muss und warum sie sich niemandem anvertraut hat. Das ging mir sehr nahe, vor allem in Verbindung mit den alternativen Realitäten. Das sind verpasste Momente, von denen Jasmin Schreiber schreibt. Dabei geht sie der Frage nach, was gewesen wäre, wenn… Es sind schwarzen Seiten mit weißer Schrift, die Gänsehaut erzeugen und quälend auf die Figuren einwirken. Gutachten und Dokumente verleihen dem Roman eine emotionslose Authentizität. Ein Kontrast, der die schonungslose Realität abbildet, mit der sich die Familie des Opfers auseinandersetzt muss. Die Zeichnungen von Maja hingegen lassen in ihre kindliche Seele blicken und wirken wie ein Bindeglied zwischen ihren zerrissen Gefühlen und der bedrückenden Echtheit dieser traurigen Lebensrealität für die zurückbleibenden Kinder.

Diese Sichtweise mitzuerleben und Maja zu begleiten, war für mich, neben einer weiteren tränenreichen Situation, sehr hart. Die emphatische Erzählweise ist von kurzen Kapiteln geprägt, szenenhaft, was die Sogkraft entschärft und dafür sorgt, dass man sich von den Geschehnissen distanzieren kann.

Trotz der heftigen Thematik und dem intensiven Schreibstil, liest sich das Buch sehr gut weg und es gibt hoffnungsvolle Momente und auflockernde Situationen, die zu Herzen gehen. Wer Jasmin Schreiber vor allem für ihren Humor schätzt, wird ahnen, dass es hier wortwörtlich nichts zu lachen gibt. Der Autorin war es aus aktuellem Anlass ein Anliegen, den Schmerz der Hinterbliebenen ein Stück sichtbar zu machen. Dabei gibt sie dem Mörder keine Bühne, verzichtet bewusst auf eine verstärkende Wirkung, die bei True-Crime und Thrillern gern zum Einsatz kommt und im Roman zurecht moralisch hinterfragt wird.

Es ist ein geradlinig erzähltes Buch mit hoher Intensität, für das man kaum bereit sein kann. Man fühlt mit den Angehörigen mit. Es treibt einem die Tränen in die Augen, erschüttert und beschreibt ehrlich und lebensnah von Trauernden, die echt und greifbar sind. Mich haben die eindrücklichen Einblicke beeindruckt, weil sie auch Tabus beschreiben, nichts beschönigen und eine breite Sicht darstellen, welche weitreichenden Auswirkungen ein Femizid hat. Nichtsdestotrotz hätte ich mir einen gleichbleibend emotionalen Schreibstil gewünscht, weil dieser manchmal in Oberflächlichkeit abdriftet und zu viel auf einmal unterzubringen versucht. Ich hoffe, dass das Buch viele lesen werden und kann es nur empfehlen. Es ist nicht perfekt, aber ein Erlebnis.

Bewertung vom 02.11.2025
Ohlsson, Kristina

Flammenrad / Gänsehaut in Hovenäset Bd.1


sehr gut

In diesem schwedischen Gänsehaut-Trilogie-Auftakt geht um ein 12-jähriges Mädchen, das ein schauriges Familiengeheimnis aufdecken muss, um ein schreckliches Unglück abzuwenden.

„Keiner von ihnen glaubte an Gespenster. Da waren sie sich vollkommen einig. Aber irgendwas stimmte nicht…“

Heidi, ihr Vater und dessen schwangere Freundin Jennifer brauchen aus finanziellen Nöten einen Untermieter. Daraufhin zieht Bill bei ihnen ein, der ein Riesenrad auf dem Campingplatz betreibt. Anfangs sind Heidi und ihre Freunde Alva und Harry hellauf begeistert, doch Bill benimmt sich verdächtig und unheimliche Ereignisse häufen sich. Bildet Heidi sich das nur ein? Auch ihre Großmutter benimmt sich komisch. Was hat das zu bedeuten?

Kristina Ohlsson hat einen sehr unheimlichen Krimi für Kinder ab 11 Jahren geschrieben, der durch einen gruselige Atmosphäre und mysteriöse Familiengeheimnisse besticht. Eigentlich ist Hovenäset der „schönste Ort der Welt. Und der kleinste.“ Das stürmische Unwetter peitscht über die Halbinsel und sorgt für Gänsehaut-Stimmung, wenn Heidi in ihrem Bett liegt und plötzlich Geräusche hört. Der übernatürliche Faktor hat mir besonders gefallen und Autorin Kristina Ohlsson lässt einem keine Verschnaufpause. Man weiß nie so genau, ob Heidi sich das nur einbildet oder da wirklich etwas ist. Dann scheint Heidis Oma den Verstand zu verlieren, weil sie davon überzeugt ist, Ben und das Riesenrad seien gefährlich. Damit ängstigt sie nicht nur ihre Enkelin. Wer es sehr gruselig mag ist in Hovenäset genau richtig. Leicht lesbar, kindgerecht und packend bis zur letzen Seite.

Bewertung vom 02.11.2025
Bond, Michael

Paddington feiert Halloween


ausgezeichnet

Wie erlebt wohl der kleine Bär Paddington aus Peru das Fest am 31. Oktober bei Familie Brown in London? Indem er seine erste Halloween-Party feiert!

Die Geschichte mit den wunderschönen Illustrationen fängt stimmungsvoll das schaurige Vergnügen und die Vorfreude und Aufregung über das Gruselfest ein. Kostüme werden gebastelt, das Haus dekoriert, Kürbisse geschnitzt und es wird ganz traditionell von Tür zu Tür gezogen, um Süßigkeiten zu sammeln. Der Höhepunkt ist die Halloween-Party mit vielen Spielen und ganz viel Spaß. Ein großes Vergnügen und unvergessliches Fest für Paddington, das nebenbei noch viele tolle Ideen für das eigenen Halloweenfest liefert. Die Nebenhandlung um den unhöflichen Nachbarn fand ich amüsant und es bringt auch ein wenig Spannung rein, die die Geschichte abrundet. Großflächige Illustrationen, kindgerechte Texte und ein harmonisches Text-Bild-Verhältnis. Perfekt zu Vorlesen geeignet. Genau das richtige Bilderbuch, um in Halloween-Stimmung zu kommen. Dafür muss man Paddington auch gar nicht unbedingt vorher kennen.

Ganz besonders gefällt mir die Kombination aus dem charmanten Bären, der mit seiner Höflichkeit auch in das ein oder andere Fettnäpfchen tritt und alles Schöne rund um Halloween, was Kindern großen Spaß bereitet.

Das schönste Bilderbuch, welches ich bisher zum Thema Halloween gefunden habe. Große Empfehlung für alle, die stimmungsvolle Bilderbuchgeschichten, Halloween und Paddington Bär mögen.

Bewertung vom 02.11.2025
Dabos, Christelle

Die Spur der Vertrauten


gut

Was passiert, wenn das «Wir» über allem steht? «Die Spur der Vertrauten» ist eine komplexe Dystopie in zwei Teilen, die eine emotionslose Welt ohne Individualität präsentiert. Ist der Instinkt stärker, als der eigene Wille? Ist es dann Zwang, wenn man nur zum Wohle aller handeln kann?

Der Roman startet mysteriös. Ich war von der Idee des Allgemeinwohls und der Vielzahl der Instinkte fasziniert, aber mir lief es auch manchmal kalt den Rücken runter. Zufriedenheit und Mitgefühl gibt es nicht. Das Ausmaß der Selbstaufgabe und des totalitären «Wir»-Gefühls wirft ein ganz anderes Licht auf die beschriebene Wirklichkeit und ich brauchte etwas, um mich auf diese Heftigkeit einzustellen. Die neue Betrachtung von Kollektiv und Individuum wirft moralische Fragen auf und es kommen einige Unklarheiten auf, auf deren Lösung ich gespannt war. Vieles ist verstrickt und noch unklar, was zum spekulieren einlädt. Armut und Gewalt gibt es nach wie vor. Auch Verbrechen geschehen und das Konfliktpotential scheint hoch. Weshalb Claire, die angehende Absolventin der Schule der Vertrauten, wegen einem verschwundenem Schüler ermittelt.

Es ist manchmal anstrengend gewesen, der Handlung zu folgen und alle Verstrickungen zu durchhauen, aber auch faszinierend. Die Geschichte ist komplex, es kommen immer wieder neue Handlungsstränge und auch Charaktere dazu, die meine Lesegewohnheiten herausgefordert haben. Zudem ist die Welt überraschend düster, weshalb ich es nicht unbedingt als Jugendbuch eingeordnet hätte. Heftige Szenen, geprägt von Gewalt, Zwang und Psychospielchen festigen diesen Eindruck. Christelle Dabos setzt auf Atmosphäre, was ihr gut gelungen ist, und hebt zwei Charaktere hervor, die sich deutlich von der Masse unterscheiden. Passend zur Welt agieren die Charaktere sehr emotionslos, was es mir schwer gemacht hat, mit ihnen warm zu werden.
Ich hätte mir gewünscht, dass die gesellschaftlichen, moralischen und auch ethischen Aspekte, die hier aufgegriffen werden, vertieft worden wären. Es gibt einige Längen und ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich mich an den Schreibstil gewöhnt hatte. Insgesamt war es unterhaltsam, wenn auch nicht leicht zu lesen und zu verstehen. Ich konnte nicht alle Entscheidungen der Protagonisten nachvollziehen und finde die dystopische Welt nicht nur beklemmend, sondern immer noch undurchsichtig. Der zweite Teil des Buches ist spannender geschrieben und zieht merklich das Tempo an. Hier war ich zeitweise wirklich gefesselt. Das Ende fand ich ehrlicherweise unbefriedigend.

Fazit: Lesenswert, allerdings keine leichte Lektüre für Zwischendurch.
Besonders für Erwachsene, die keine Jugendliteratur lesen, wäre «Die Spur der Vertrauten» einen Blick wert, wenn sie Dystopien mögen, die mit neuen Ideen spielen und Komplexität, Denkanstöße und einen ungewöhnlichen Schreibstil bieten.