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carmen

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Insgesamt 86 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

Gaea Schoeters wagt mit Das Geschenk ein ebenso originelles wie pointiertes Gedankenexperiment: Was geschieht, wenn Deutschland plötzlich 20.000 Elefanten aufnehmen muss – nicht freiwillig, sondern als politisches „Geschenk“ des botswanischen Präsidenten? Die Tiere, die bald über Straßen trampeln, Parks verwüsten und Ernten vernichten, werden zum Sinnbild für eine ungelöste politische Krise und für die Machtspiele zwischen Nord und Süd.

Die Handlung ist zugespitzt und zugleich erschreckend realistisch. Innerhalb weniger Seiten gelingt es der Autorin, die Hilflosigkeit einer Regierung zu schildern, die angesichts einer völlig neuen Situation vor allem auf kurzfristige Machterhaltung bedacht ist. Während die Elefanten das öffentliche Leben lahmlegen, schieben sich Ministerien die Verantwortung zu – und populistische Parteien nutzen das Szenario, um Stimmung zu machen. Schoeters hält uns dabei einen Spiegel vor: Koloniale Denkmuster, moralische Überheblichkeit und politische Kurzsichtigkeit sind keine fernen Relikte, sondern Teil unserer Gegenwart.

Besonders stark ist der bildhafte, präzise Stil. Szenen wie eine Massenkarambolage auf der Autobahn oder Elefantenherden vor der Siegessäule wirken so plastisch beschrieben, dass man sie fast selbst miterlebt. Humorvolle Spitzen durchziehen den Roman und machen die Lektüre trotz der ernsten Themen zu einem Vergnügen.

Auch die Charaktere sind fein gezeichnet. Im Zentrum steht der Bundeskanzler, der stellvertretend für eine überforderte Politik agiert. Er ist weniger als Held, sondern als Spiegel unserer Institutionen angelegt: schwankend, abwägend, und letztlich getrieben von der Angst um seine Position. Die Elefanten selbst sind mehr als Tiere – sie werden zu Akteuren, zu Symbolen für globale Ungleichheit und für die Folgen westlicher Entscheidungen, die ohne Rücksicht auf andere getroffen werden.

Mit nur 144 Seiten entfaltet der Roman eine enorme Dichte. Kein Wort wirkt überflüssig, jede Szene bringt die Handlung voran oder verstärkt die Kritik an Politik und Gesellschaft. Gleichzeitig gelingt es Schoeters, auch Hoffnung und Nachdenklichkeit zu wecken: Wie wollen wir in einer globalisierten Welt miteinander umgehen? Welche Verantwortung tragen wir gegenüber anderen Kulturen – und der Natur?

Das Geschenk ist ein kluges, witziges und zugleich tiefgründiges Buch. Wer gesellschaftskritische Romane schätzt, wird hier ebenso fündig wie Leserinnen und Leser, die einfach eine außergewöhnliche Geschichte erleben wollen. Ein Werk, das unterhält, aber auch lange nachhallt – und das mit Recht seinen Platz neben Klassikern wie Orwells Animal Farm beanspruchen darf.

Bewertung vom 25.06.2025
Gerstberger, Beatrix

Die Hummerfrauen


ausgezeichnet

Die Hummerfrauen von Beatrix Gerstberger ist ein wunderbar atmosphärischer Roman, der drei Frauen in unterschiedlichen Lebensphasen miteinander verbindet – durch das Meer, durch Schmerz, durch Hoffnung. Der Schauplatz an der rauen Küste von Maine ist nicht nur Kulisse, sondern wird beinahe selbst zur Figur: wild, kraftvoll, heilend.

Ann, Julie und Mina könnten unterschiedlicher kaum sein – und doch spinnt sich zwischen ihnen eine starke Verbindung. Da ist Ann, die 72-jährige Hummerfischerin, kantig, sarkastisch, mit einem Herzen, das sich erst nach und nach öffnet – besonders für ihren treuen blauen Hummer Mr. Darcy, der in ihrer Küche wohnt. Julie, 54, hat nach einem schweren Unfall ihren Lebensmut auf dem Meer wiedergefunden. Und Mina, gerade einmal 28 Jahre alt, kehrt nach einem tragischen Verlust an den Ort ihrer Kindheit zurück und beginnt, langsam wieder Vertrauen ins Leben zu fassen.

Beatrix Gerstberger erzählt die Geschichten dieser drei Frauen mit viel Feingefühl, leiser Tiefe und einer großen Portion Herzenswärme. Der Schreibstil ist angenehm flüssig, dabei niemals oberflächlich – ein Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte.

Zwischen Hummerkörben, alten Verletzungen und der Weite des Meeres entfaltet sich ein berührender Roman über den Mut, neue Wege zu gehen – und alte zu heilen. Freundschaft, Liebe und das Meer – eine Kombination, die hier auf beeindruckend ehrliche und gleichzeitig wunderschöne Weise zusammenfindet.

Fazit: Ein gefühlvoller Wohlfühlroman, der bewegt, Mut macht und nach Salzluft duftet. Die Hummerfrauen sind Frauen, die man gerne begleitet – und nicht so schnell vergisst.

Bewertung vom 21.05.2025
Suter, Martin

Wut und Liebe


ausgezeichnet

Martin Suters Wut und Liebe hat mich von der ersten Seite an begeistert. Besonders fasziniert hat mich der feinsinnige und manchmal schalkhafte Wortwitz, mit dem Suter seine Figuren und Situationen lebendig und authentisch gestaltet. Sein Sprachstil ist elegant, dabei aber nie steif – im Gegenteil: Er bringt eine Leichtigkeit ins Buch, die das Lesen zu einem echten Vergnügen macht.

Neben dem sprachlichen Können überzeugt der Roman auch durch eine gekonnte Spannungskurve. Die Handlung entwickelt sich mit einem angenehmen Tempo, das immer wieder überraschende Wendungen bereithält und mich als Leser bis zum Schluss gefesselt hat. Es gelingt Suter, die emotionale Tiefe seiner Charaktere mit einer mitreißenden Story zu verbinden, sodass man sowohl mitfiebert als auch schmunzelt.

Das Ende des Buches war für mich besonders gelungen – überraschend, aber stimmig, und es hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Es ist genau diese Mischung aus Humor, Spannung und unerwarteten Entwicklungen, die Wut und Liebe für mich zu einem echten Highlight macht.

Insgesamt ist Martin Suters Roman ein lesenswertes Werk, das mich tief berührt hat und mich gleichzeitig bestens unterhalten konnte. Eine perfekte Lektüre für alle, die intelligenten Humor und spannende Geschichten gleichermaßen schätzen.

Bewertung vom 31.03.2025
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


sehr gut

Der achtzehnte Stock steht im Roman von Sara Gmuer für den sozialen Brennpunkt, der wirklich realistisch dargestellt wird. Die Sprache, an manchen Stellen sehr rau und vulgär, passt in diesem Fall sehr gut. Es werden Dinge beschrieben, die im Stiegenhaus abgestellt werden und wie es riecht, die Angst der Eltern um das Wohlbefinden ihrer Kinder und dass ihnen was zustoßen könnte, wenn sie alleine im Hof des Hauses spielen.
Wanda, die Hauptprotagonistin, lebt eben in diesem Stock mit ihrer Tochter Karlie. Sie ist alleinerziehend und hofft, mit der Schauspielere, Geld verdienen zu können.
Ein bisschen störend finde ich jedoch, dass man nicht erfährt, wie sie nun ihren und den Lebensunterhalt ihrer Tochter bestreiten kann, wenn sie doch eigentlich gar nichts verdient.
Die Hauptprotagonistin schnuppert in die Welt der Reichen und Schönen hinein, will sich nicht für sie verbiegen, aber ist doch irgendwie angewiesen auf sie.
Alles in allem ist das Buch sehr unterhaltsam, nur gab es meiner Meinung nach ein paar Lücken in der Erzählung.

Bewertung vom 31.03.2025
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


sehr gut

Eintauchen in die Welt Thomas Manns in Kalifornien - das habe ich mir von diesem Buch erwartet und ich habe es auch bekommen. Der Literaturnobelpreisträger musste, so wie viele andere jüdische Bürgerinnen und Bürger Deutschlands auch, vor den Nazis fliehen. Viele von ihnen verschlug es in die USA. In Amerika war der deutsche Autor weiterhin sehr gefragt, sei es bei seinen neuen, oder auch seinen alten Landsleuten. Er reiste in den USA umher, hielt Vorträge und Lesungen und sprach auch aus dem Exil über den Rundfunk zu seinen Landsleuten in der fernen Heimat. Nur leider fehlte dem ansonsten fleißigen Schriftsteller, wegen der vielen Verpflichtungen, die Zeit zum Schreiben.
Auch finanziell stand die Familie Mann gut da. Sie mussten sich nicht einschränken oder um was fürchten. Im Gegensatz zu anderen, die sich mühen mussten, sich mit dem Notwendigsten versorgen zu können.
Das Heimweh von Mann zeichnet sich in dem Roman vor allem durch die Sehnsucht nach seiner Muttersprache aus.

Ich fand die Romanbiographie sehr spannend. Man konnte sich ein Bild der damaligen Situation vieler Exilanten machen.

Bewertung vom 31.03.2025
Frank, Rebekka

Stromlinien


sehr gut

Rebekka Frank entführt uns in ihrem neuen Roman in eine Geschichte, die eine Mischung aus Krimi und Familienroman ist. Die auf mehreren Zeitebenen spielende Geschichte hat mich von Beginn an in den Bann gezogen. Eben diese Sprünge in der Zeit machen die Geschichte sehr spannend. Einerseits sind wir in der Gegenwart, in der sehnsüchtig auf die Entlassung aus dem Gefängnis einer Mutter gewartet wird. In den Rückblicken erfährt man dann nach und nach, warum die Mutter von Zwillingen ins Gefängnis gekommen ist. Die Zwillinge, Enna und Jale, kennen ihre Mutter nicht wirklich und ihren Vater erst recht nicht. Die zwei Mädchen sind von ihrer Großmutter, Ehmi, großgezogen worden. Schauplatz ist das Alte Land, die Elbauen und die wundervollen Landschaften rundherum. Die Autorin beschreibt diese gekonnt und es scheint einem, als würde man selbst dort sein.
Das Buch fand ich richtig gut, sehr spannend und man fragt sich von Beginn an, wie alles zusammenhängt.

Bewertung vom 31.03.2025
Krems, David

Haus Waldesruh


ausgezeichnet

Der österreichische Autor, David Krems, bringt uns in seinem neuesten Roman in eine abgelegene Jagdhütte, in der sich einige Freunde nach sehr langer Zeit wieder treffen. Die Freunde verbringe nach jahrelanger Funkstille ein Wochenende zusammen alleine im Wald. Die vier Freunde sprechen über Vorfälle in ihrer gemeinsamen Schulzeit, bei denen damals einer ihrer besten Freunde ums Leben gekommen ist. Der Selbstmord beschäftigt auch heute noch und jeder der Freunde hat Geheimnisse, die nach uns nah ans Licht kommen. Und dann ist da noch ein Fremder, der sich unter die Freunde mischt und an dem irgendwas komisch zu sein scheint. Und auch die Jagdhütte selbst scheint grausame Geheimnisse zu tragen.

Der Roman hat mich bis zum Ende in seinen Bann gezogen und immer wieder überrascht. Sprache, Cover und Inhalt passen perfekt zusammen- es war ein wahrer Lesegenuss.

Bewertung vom 17.02.2025
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Als großer Fan der Autorin musste ich dieses Buch natürlich unbedingt haben und habe mich umso mehr gefreut, als ich es hier gewonnen habe!!!

Katharina Hagena entführt uns in ihrem neuen Buch auf eine zwölf-tägige Reise, auf der wir drei Hauptprotagonistinnen begleiten. Die drei Frauen, die wir begleiten, sind an unterschiedlichen Stationen ihres Lebens und haben dementsprechend auch andere Ziele, andere Erfahrungen und auch andere Einstellungen zum Leben selbst.
In einer sehr ruhigen, unaufgeregten und trotzdem doch poetischen Sprache erzählt Hagena aus den Leben der drei Frauen und nimmt und auf eine sehr einfühlsame Reise mit.
Die Protagonistinnen, besonders Margit, sind wirklich toll gezeichnet- sehr vielschichtig und auch sympathisch- was es einen eicht macht, sich in die Geschichte hineinzufühlen.
Ein wirklich tolles Leseerlebnis- ich kann das Buch nur herzlich weiterempfehlen!

Bewertung vom 17.02.2025
Kiss, Nikoletta

Rückkehr nach Budapest


sehr gut

In diesem Buch begleiten wir die Hauptprotagonistin, Marta, in ihrer Heimat Ungarn und ihrem Leben dort. Die Geschichte handelt von Familie, Freundschaft, Heimat und auch der eigenen Identität. Vergangenheit und Gegenwart liegen in dieser Geschichte nah beieinander und ergänzen sich toll!
Der Schreibstil ist sehr einfühlsam und bildreich, ohne zu blumig zu wirken. Man kann sich die Orte toll vorstellen und bekommt das Gefühl, selbst dort zu sein. Man wird in die Geschichte hineingezogen- auch, weil die Autorin es schafft, dass einem die Protagnisten sehr nah erscheinen und man sich wundervoll in sie hineinfühlen kann. Mir gefällt auch, wie vielschichtig die Protagonisten sind und dass sie sehr plastisch wirken.
Die etwas trübe Grundstimmung hat mich auch nicht gestört, nur manchmal hatte ich das Gefühl, dass sich die Geschichte etwas zieht. Ansonsten war es ein schönes und empfehlenswertes Leseerlebnis!

Bewertung vom 10.01.2025
Glattauer, Daniel

In einem Zug


ausgezeichnet

In seinem neuesten Roman entführt und Glattauer auf eine Reise im Zug von Wien nach München. Der Hauptprotagonist, der ebenso in der Ich-Perspektive erzählt und uns an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben lässt, begegnet auf dieser Reise einer jungen Dame, die ihn wegen einer verwechslung anspricht und dann in ein Gespräch verwickelt. Die junge Frau erzählt dem Hauptprotagonisten sehr persönliche Dinge und stellt auch sehr persönliche Fragen- wobei der Hauptprotagonist, ebenso wie Glattauer selbst Autor, anfangs darauf hofft, dass sich gar keine Konversation entwickelt.

Das Thema- das Schreiben und die Liebe- über das die beiden sprechen, fand ich sehr interessant. Catrin ist zunächst sehr zögend mit Aussagen über sich selbst und im laufe der Geschichte erfährt man auch warum und vor allem gibt es auch noch spannende Wendungen, mit denen ich so nicht gerechnet hätte.

Als großer Glattauer Fan musste ich das Buch einfach lesen! Ich fand bisher alle seine Romane, Kurzgeschichten und auch die Kolumnen sehr gelungen. Den Witz, der alle seine Texte begleitet finde ich ausgesprochen gelungen und auch dieses Buch hat mich nicht enttäuscht! Ich kann hier nru eine große Leseempfehlung aussprechen!!