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Dajobama

Bewertungen

Insgesamt 158 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2025
Hello Baby
Eui-kyung, Kim

Hello Baby


gut

Hello Baby – Kim Eui-Kyung
„Hello Baby“ – das ist der Gruppenchat, in dem sich die sechs Frauen, die wir hier kennenlernen, austauschen. Sie alle sind nicht mehr ganz jung und haben einen unerfüllten Kinderwunsch. Für diesen sind sie bereits, so einiges auf sich zu nehmen. Kennengelernt haben sich die Frauen in der Baby-Angel-Fruchtbarkeitsklinik in Seoul. Ein Jahr nachdem sie den Chat verlassen hat, taucht die 46-jährige Jeonghyo plötzlich wieder auf – mit einem Neugeborenen.
Dieser Roman erinnert manchmal eher an einen Sachtext denn an einen Roman. Denn die Informationen gehen durchaus in die Tiefe und werden gerne auch etwas hölzern und unbeholfen an die Leser gebracht. Generell ist es eine große Schwäche dieses Werkes, dass die Emotionen, die bei einem solchen Thema ja dahinterstecken müssen, nicht wirklich spürbar werden. Viele Behandlungen werden erklärt, beschrieben und auch mit teilweise schwer aushaltbaren Schmerzen bezeichnet. Dennoch bleibt alles distanziert. Die einzelnen Frauen werden nicht zugänglich. Ehrlich gesagt hatte ich sogar Probleme, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten. Das mag auch an den koreanischen Namen liegen – und sechs Protagonistinnen sind einfach ein wenig viel. Dazu kommen dann ja auch noch die dazugehörigen Ehemänner und Schwiegermütter.
Dabei ist dies so ein spannendes und wichtiges Thema. Südkorea als extrem patriarchalisch geprägte Gesellschaft, die jedoch medizinisch sehr weit entwickelt ist. Gerade der Druck der Gesellschaft, insbesondere der Ehemänner und Schwiegermütter, auf die Frauen, Kinder zu bekommen, ist immens. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, der eigene Kinderwunsch wäre gar nicht so ausschlaggebend. Besonders die Männer kommen hier aber sehr schlecht weg. Denn natürlich bleiben all die Schmerzen und Unannehmlichkeiten der Behandlungen und falls es denn soweit kommen würde, der Geburt, bei den Frauen – die Männer beschäftigen sich kaum mit der Materie. Hier wird dieses Buch sehr feministisch. Generell mag ich solche Werke gerne und habe auch schon einiges in der Richtung gelesen, hier wirkte es für mich aber eher wie generalisiertes Jammern. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich zu den Frauen schon gar keinen Zugang bekam.
Auch sprachlich war ich wenig angetan von diesem Roman. Kaum greifbare Emotionen, dafür sehr spröde und sachliche Abarbeitung von Fakten. Trotzdem ist das Buch sehr leicht und schnell lesbar. Dabei hilft, dass es immer wieder von Chat-Gesprächen der Frauen unterbrochen wird.
Schade, denn eigentlich interessiert mich das Thema sehr. Nur hier fand ich so gar keinen Zugang zu den Personen. Auch über Südkorea hätte ich gerne noch mehr erfahren.
Gerade noch so 3 Sterne.

Bewertung vom 11.05.2025
Perlen
Hughes, Siân

Perlen


sehr gut

Perlen Sian Hughes
Als Marianne acht Jahre alt ist, verschwindet ihre Mutter spurlos. Marianne bleibt mit ihrem Vater Edward und ihrem kleinen Bruder Joe zurück.
Aus Erinnerungsfragmenten und Erklärungsversuchen, auch beeinflusst von den Ermittlungen der Polizei, zimmert sie sich eine Wahrheit zusammen. Die Abwesenheit der Mutter und die Fragen nach dem Warum beschäftigen sie ein Leben lang. Marianne ist später ein schwieriger Teenager, verweigert den Schulbesuch, rebelliert. Erst als ihre eigene Tochter fast erwachsen ist, öffnet sich ein neuer Weg für sie, mit ihrer Geschichte umzugehen.
Es ist ein sehr sanfter Roman, der sich in erster Linie mit Trauer befasst und mit den Folgen, den ein solcher Schicksalsschlag in einer Familie und in deren Mitgliedern auslöst. In vielen Rückblenden erinnert sich Marianne an ein glückliches Familienleben und eine liebevolle Mutter-Tochter-Beziehung. Im krassen Gegensatz dazu stehen dann ihre Teenagerjahre mit diversen Eskapaden und Rebellionen.
Eine traurige Geschichte mit einer zarten Atmosphäre, die sehr in die Tiefe geht. Es geht hier mehr um psychologische Aspekte denn um tatsächliches Voranschreiten der Handlung. Manches bleibt rätselhaft, genau wie die Märchen aus Mariannes Kindheit.
Berührend und in literarisch wunderbarer Sprache. Hat mir gut gefallen. 4 Sterne.

Bewertung vom 27.04.2025
Schauplätze der Weltliteratur

Schauplätze der Weltliteratur


ausgezeichnet

Schauplätze der Weltliteratur
Eine spannende, höchst informative literarische Weltreise, bei der man alte Bekannte wieder trifft und neue Schätze entdeckt.
Die Vorstellung der Werke erfolgt chronologisch, beginnend mit dem Thema „Romantische Aussichten“. Es folgen die „Kartierung der Moderne“ und „Nachkriegspanoramen“ um am Ende bei den „Zeitgenössischen Schauplätzen“ zu landen. Allen gemeinsam ist, dass die Handlungsorte eine große Rollen, wenn nicht gar eine Hauptrolle im jeweiligen Werk übernehmen.
Viele der aufgeführten Bücher waren mir bereits als Werke der Weltliteratur bekannt. Bei einigen handelt es sich um unbekanntere Werke bekannter Autoren. Manches war mir bisher allerdings gar kein Begriff. Dabei ist auch meine Wunschliste wieder gewachsen.
Es gibt jeweils einen kurzen Abriss über das jeweilige Werk, seinen Autor und die Bedeutung etc. Abgerundet wird das Ganze mit wunderschönen, jeweils passenden, Illustrationen. Toll zum Blättern und Schmökern. Eventuell sollte dem Leser bewusst sein, dass es sich bei wbg Theiss um einen wissenschaftlichen Verlag handelt – das merkt man diesem Buch auch an.
Mir hat es ganz hervorragend gefallen – eine wunderbare literarische Schmökerreise!
5 Sterne

Bewertung vom 24.04.2025
Der Junge aus dem Meer
Carr, Garrett

Der Junge aus dem Meer


ausgezeichnet

Der Junge aus dem Meer – Garrett Carr
1973 wird in einem Örtchen an der irischen Westküste ein Baby am Strand gefunden. Das Fischerpaar Ambrose und Christine nimmt es auf und zieht den Jungen wie einen eigenen Sohn groß. Brendan wächst fortan mitten in der eingeschworenen Gemeinde auf – nur sein „Bruder“ Declan, wird den Eindringling nie wirklich akzeptieren.
Es ist eine besondere Erzählweise aus der Wir-Perspektive, womit die Bewohner der irischen Küstengemeinde gemeint sind, die hier so einiges mitbekommen, manches aber auch nur vermuten, auf jeden Fall aber zu allem eine Meinung haben. Diese schrulligen Fischer und ihre Gattinnen erzählen nun diese Geschichte….
„… wir erzogen unsere Kinder dazu, allein zurechtzukommen.“
„Für Eunan gab es keine Mahlzeit, die er nicht in weniger als drei Minuten vertilgen konnte, was er so schnell und lautstark tat, dass man hätte meinen können, auf seinem Stuhl säße eine Ziege.“
…mit dem trockenen Humor der einfachen Leute.
Es ist ein extrem stimmungsvoller und authentischer Roman, der dabei entsteht. Klug und tieftraurig. Die Handlung schreitet eher gemächlich voran, es sind vielmehr die zwischenmenschlichen Beziehungen auf die der Fokus gelegt wird. Ganz ohne Erziehungsratgeber und völlig unbedarft werden Fehler gemacht – insbesondere die Beziehung zwischen Brendan und Declan ist und bleibt schwierig.
Wenn man sich erstmal eingelesen hat, ist dies ein wunderbarer Schmöker um eine eigensinnige irische Dorfgemeinschaft und um einen Jungen auf der Suche nach seinem Platz in der Welt. Berührend und schön.
5 Sterne.

Bewertung vom 17.04.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


gut

Die Summe unserer Teile – Paola Lopez
Über drei Generationen und drei Länder erstreckt sich diese Geschichte eigensinniger Frauen. Im Zweiten Weltkrieg flieht Großmutter Ljudmila von Polen in den Libanon um dort in der Chemie zu forschen. Mutter Daria geht nach München und arbeitet als Ärztin. Informatikstudentin Lucy schließt endlich den Kreis und fährt nach Polen um nach ihren Wurzeln zu suchen.
Drei Frauen mit völlig zerrütteten Mütter-Töchter-Beziehungen. Fehlende Kommunikation scheint ein Grundproblem zu sein. Mehr erfährt man jedoch lange nicht. Überhaupt bleiben die Beziehungen sehr vage. Alltag bekommt man kaum beschrieben, vielmehr sind es Schlaglichter aus den Leben der drei Frauen – die jedoch kein vollständiges Bild liefern.
Grundsätzlich hätten diesem Roman durchaus ein paar Seiten mehr gut getan. So bleiben die Personen leider alle etwas oberflächlich. Gerade die Beziehungen untereinander werden jeweils nur kurz skizziert. Auch wenn dieser Erzählstil die mangelnde Kommunikation zwischen den Frauen widerspiegelt, hätte ich mir doch mehr Informationen gewünscht. Daria hat eine eher kalte Mutter erlebt und ist mit einer Nanny aufgewachsen. Bei ihrer Tochter möchte sie alles anders machen und erdrückt sie fast vor Liebe und Erwartungen.
Die beiden Ehemänner und Väter, die im Großen und Ganzen einen vernünftigen und bemühten Eindruck machen, bleiben sowohl in der Geschichte als auch in der Erziehung der Töchter weitgehend außen vor. Auch hier werden hochinteressante Themen angeschnitten (Emanzipation, Mental-Load) und dann leider nicht weiter ausgeführt. Prinzipiell kann man sagen, dass auch hier die fehlende Kommunikation ein Thema ist.
Sprachlich fand ich diesen Roman eher unauffällig, aber extrem flüssig lesbar.
Insgesamt spannende Themen, eine interessante Ausgangssituation – nur hätte ich gerne alles ein wenig ausführlicher gehabt. Insbesondere die Figuren blieben mir so etwas zu vage und fremd.
Trotzdem lesenswert – 3 Sterne

Bewertung vom 17.04.2025
Beeren pflücken
Peters, Amanda

Beeren pflücken


ausgezeichnet

Beeren pflücken – Amanda Peters
Was für ein toller Roman – ein wahrer Pageturner!
Die 4-jährige Ruthie, jüngstes Kind einer indigenen Mi'kmaq-Familie aus Nova Scotia verschwindet am Rande eines Beerenfeldes in Maine, wo die Familie als Erntehelfer arbeitet, spurlos. Auch nach Jahrzehnten hat die Familie die Hoffnung, Ruthie wiederzusehen, nicht aufgegeben. Die Tragödie hat vielerlei tiefe Wunden gerissen und Schatten auf die Leben der Zurückgebliebenen geworfen.
Parallel dazu wächst in Maine das Mädchen Norma auf, in einer überbehütenden Familie, der sie sich dennoch nie so ganz zugehörig fühlt. Außerdem plagen sie immer wieder seltsame Träume.
Abwechselnd werden die Handlungsstränge der Mi'kmaq-Familie sowie des Mädchens Norma verfolgt. Auch schwierige Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung, welche nicht selten in Gewalt und Alkoholmissbrauch enden, werden thematisiert.
Eine sehr berührende Geschichte über die Kraft der Hoffnung und starke Familienbande mit dem Hintergrund einer indigenen Kultur in Kanada. Die Autorin entstammt selbst ebendieser Kultur und lebt selbst in Nova Scotia.
Besonders möchte ich noch den Erzählstil hervorheben. Geradezu soghaft treibt die Autorin die Handlung voran. Einfühlsam trifft sie immer den richtigen Ton, wenn sie von den großen Dramen der Familien erzählt. Detailreich und atmosphärisch führt sie ihre Leser direkt hinein in die Wälder Kanadas.
Eine besondere Leseerfahrung. Toll! 5 Sterne

Bewertung vom 27.03.2025
Pearly Everlasting
Armstrong, Tammy

Pearly Everlasting


sehr gut

Pearly Everlasting – Tammy Armstrong
Ganz besonders ist diese Geschichte über eine berührende Freundschaft zwischen einem Mädchen und einem Bär in Kanada um 1934.
Pearly bezeichnet Bruno als ihren Bruder und tatsächlich kamen die beiden im selben Winter zur Welt und wurden von Pearlys Eltern mitten im Wald in einem Holzfällercamp aufgezogen. Als die beiden fünfzehn sind, geschieht ein Mord im Camp und Bruno wird beschuldigt und weggebracht. Das Mädchen macht sich auf den Weg durch die winterlichen kanadischen Wälder um Bruno zu suchen.
Man erfährt viel über das einfache, kärgliche Leben in den Wäldern Kanadas – viel über Entbehrungen und harte Arbeit, aber eben auch über die Schönheit der Natur und die Segen des Aufwachsens in ebendieser.
Neben der tiefen Freundschaft zwischen Mädchen und Bär ist dies in erster Linie eine fesselnde Abenteuergeschichte. Beide müssen gefährliche Situationen bewältigen, in einer Zeit völlig frei von moderner Technik.
Es ist eine komplexe Geschichte, toll erzählt, sehr literarisch teilweise, aber auch eingängig und fesselnd. Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen, dennoch hat mir noch irgendetwas gefehlt, das ich nicht zu fassen bekomme.
4 Sterne

Bewertung vom 21.03.2025
Schweben
Ben Saoud, Amira

Schweben


ausgezeichnet

Schweben – Amira Ben Saoud
Eine wirklich spannende Dystopie in einer postapokalyptischen Gesellschaft. Der Klimawandel ist Geschichte, Gewalt wurde verboten, überhaupt existiert nur noch ein Bruchteil der Menschheit in voneinander isolierten Siedlungen. Nur so ist ein miteinander auskommen scheinbar möglich.
Protagonistin dieses Romans ist eine Frau, die sich an ihren ursprünglichen Namen nicht mehr erinnern kann. Dafür verdient sie ihr Geld damit, die Identität anderer Frauen anzunehmen. Bezahlt wird sie dafür von den Müttern, Ehemännern, etc. die nicht mit dem Verlassen werden durch ihre Angehörigen zurecht kommen. Unsere Figur nimmt die Sache sehr ernst – sie passt Frisur und Make-Up an, auch das Gewicht, sie studiert das Verhalten der Frauen und schlüpft so völlig in ihre Rolle. Spannend. Etwas in der Richtung habe ich noch nie gelesen. Es ist erfrischend und innovativ. Und obwohl die Protagonistin ihre Identitäten wechselt, ist sie dadurch nicht unnahbar. Im Gegenteil konnte ich mich überraschend gut in sie hineinversetzen.
Dabei hilft es enorm, dass Sprache und Worldbuilding sehr gut zugänglich sind. Eigentlich ein Kunststück bei diesen doch fremd und neuartig anmutenden Gegebenheiten.
Noch spannender finde ich die existentiellen Fragen, die hinter der Geschichte um die unterschiedlichen Identitäten der Figur stecken. Es geht um Beziehungen und Wahrhaftigkeit. Dabei sind die Charaktere sehr authentisch und vielschichtig dargestellt. Es sind einfach ganz normale Menschen mit Fehlern und Kanten – auch in dieser postapokalytischen, neuen Welt.
Dieser Roman hat mich sehr beeindruckt. Mit nicht einmal 200 Seiten ist er unheimlich komplex. 5 Sterne.

Bewertung vom 19.03.2025
Mickey und Arlo
Dick, Morgan

Mickey und Arlo


gut

Mickey und Arlo – Morgan Dick
Die Geschichte zweier Halbschwestern, die sich bisher nie begegnet waren. Als der gemeinsame Vater stirbt, wartet eine Überraschung auf die beiden, die sie wider Willen zusammenbringt. In sieben Therapiesitzungen kommt so einiges ans Tageslicht.
Natürlich spielt die jeweilige Beziehung zum alkoholkranken Vater eine große Rolle. Ebenso wie die psychischen Nachwirkungen, die diese toxische Verbindung für beide hatte. Nicht nur der Vater war viele Jahrzehnte lang abhängig, auch Mickey hat ein gravierendes Alkoholproblem. Die verschiedenen Stadien der Sucht nehmen somit sehr viel Raum in diesem Roman ein. Dessen sollte man sich vielleicht bewusst sein.
Es sind sehr schwere Themen, die auch durch etliche tragik-komische Szenen kaum aufgelockert werden. Dennoch liest sich das Buch gut. Abwechselnd begleitet man Mickey und Arlo auf ihrem jeweiligen Weg der Trauer und Traumaverarbeitung – teils einzeln, teils gemeinsam.
Es ist ein eher lockerer Ton, der manchmal auch ein wenig ins Oberflächliche abdriftet. Gerade im Mittelteil gibt es auch ein paar Längen. Mich persönlich hat ein wenig gestört, dass dem Leser scheinbar nicht zugetraut wird, selbst mitzudenken. Es wird sehr viel erklärt, was man auch eleganter zwischen den Zeilen ausdrücken hätte können, oft auch redundant.
Insgesamt fand ich das Thema interessant und fühlte mich gut unterhalten.
3 Sterne

Bewertung vom 16.03.2025
Halbinsel
Bilkau, Kristine

Halbinsel


gut

Halbinsel – Kristine Bilkau
Dies war mein erster Roman der hochgelobten Autorin Kristine Bilkau – ehrlicherweise muss ich sagen, so ganz konnte sie mich leider nicht abholen.
Die Ich-Erzählerin Annett musste nach dem frühen Tod ihres Mannes die gemeinsame Tochter Linn alleine großziehen. Ihr Wohlergehen stellte sie all die Jahre über alles, auch finanziell tat sie alles, um ihrer Tochter unter anderem das Studium zu ermöglichen. Nun, mit Mitte zwanzig bricht Linn bei einem Vortrag ohnmächtig zusammen. Aus einer Woche werden Monate der Auszeit, die sie bei Annett verbringt, wo sie wieder einzieht. Anstatt die Zeit mit der Tochter zu genießen, wird Annett nervös. Warum funktioniert Linn denn nicht mehr? Hat sie selbst denn nicht alles dafür getan, damit ihre Tochter glücklich und erfolgreich wird? Sollte denn alles umsonst gewesen sein? Es sind die Erwartungen, die Annett lähmen und auch das eigene Leben, das sie vor vielen Jahren fast völlig auf Eis gelegt hat, um für Linn da zu sein.
Das ist ein extrem ruhiger Roman, bei dem vieles zwischen den eher schlichten Worten versteckt liegt. Es geht um ganz existentielle Themen, mit denen die meisten von uns im Laufe des Lebens, aus verschiedenen Perspektiven, in Berührung kommen. Für die Kürze des Romans waren es dann aber doch schon wieder zu viele. Mutter-Tochter-Beziehung, Trauer über Jahrzehnte, Schweigen über Gefühle, Erwartungen. Gerade die Themen Klima(aktivismus) und Kunst, wie auch Annettes Liebesleben, fand ich zuviel und unnötig.
Sicherlich sind dies ganz wichtige, auch spannende Problematiken, denen sich die Autorin hier widmet. Mein großes Problem mit diesem Roman ist die Unzugänglichkeit der Figuren. Leider konnte ich mich in keine der Frauen wirklich einfühlen. Sie bleiben sehr distanziert und damit auch der Roman an sich. Es werden Alltäglichkeiten geschildert, die an Banalität grenzen. Irgendwie hat mich die ganze Geschichte nicht berührt, was schade ist, da mich das Thema grundsätzlich sehr interessiert. Ich fand es fast ein wenig blass.
3 Sterne.