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Lenasbuecherlounge
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 519 Bewertungen
Bewertung vom 04.10.2023
Apfelherbst
Bramley, Cathy

Apfelherbst


ausgezeichnet

Gina hat sich nach ihrer Scheidung in einem Cottage auf dem Anwesen von Evergreen Manor niedergelassen, wo sie als Tagesmutter arbeitet. Sie liebt ihren Beruf und die Kinder, die sie betreut und hat sich auch mit den drei älteren Herrschaften in dem Herrenhaus angefreundet. Diese mögen das Leben, das durch die Kinder auf dem Anwesen herrscht und zusammen ist man inzwischen wie eine große Familie.
Als die Besitzerin von Evergreen Manor stirbt und die Erben das gesamte Anwesen veräußern möchten, sollen Gina und ihre älteren Freunde, ihren Lebensraum räumen. Gina, die ohnehin darüber nachgedacht hat, sich zu vergrößern, gibt sich kämpferisch und möchte das Anwesen kaufen und zu einem Mehrgenerationenhaus mit Kinderbetreuung und Aktivitäten für Jung und Alt umbauen. Während sie ihre weiteren Schritte plant und auch zu unkonventionellen Mitteln greift, um den Plan der Erben zu torpedieren, kommt dem "Feind", der ein Herz für Kinder hat, näher und entwickelt Gefühle für ihn.

"Apfelherbst" ist eine warmherzige Geschichte über Neuanfänge, über Freundschaft und Liebe sowie über Selbstwert, den Mut, Risiken einzugehen, an sich selbst zu glauben und seine Träume umzusetzen. Das Buch handelt auch von Trauer und dem Älterwerden, ohne jedoch zu bedrückend zu werden.
Neben Gina ist es eine Vielzahl der Charaktere, die liebenswert und glaubwürdig sind und zu einer großen Gemeinschaft voller Fürsorge für einander und Solidarität um den Kampf um ein gemeinsames Ziel zusammenwachsen. Die Stimmung, wenn die Blätter fallen, Äpfel aufgesammelt und Brombeeren geerntet werden, Laternen gebastelt und Halloween gefeiert wird, ist passend zur Jahreszeit herbstlich. Es herrscht zudem eine Stimmung von Aufbruch und Geschäftigkeit.
Der Roman ist ungeahnt vielseitig und abwechslungsreich und schildert authentisch all die großen und kleinen Hürden, die Gina überwinden muss, um an ihr Ziel zu gelangen. Dabei kann sie sich auf die Unterstützung einer ganzen Dorfgemeinschaft verlassen und selbst ein jahrelanges Missverständnis mit ihren Eltern klären, das ihr zusätzlichen Aufwind gibt. So verfolgt man gebannt nicht ob, sondern wie Evergreen Manor gerettet wird und spürt am Ende den Weihnachtszauber, der die ohnehin schon von so viel Gutherzigkeit geprägte Geschichte fast ein wenig zu kitschig werden lässt.

Es ist eine Wohlfühlgeschichte über Zusammenhalt und eine generationenübergreifende Freundschaft, die zeigt, dass man gemeinsam Großes schaffen kann. Die sich schon zu Beginn abzeichnende Liebesgeschichte fügt sich in den Hauptstrang der Erzählung ein und sorgt vor allem am Ende für Romantik. Es ist eine Geschichte, die sich in Grundzügen nicht überraschend entwickelt, aber voller Hoffnung und Empathie steckt und damit das Herz erwärmt.

Bewertung vom 03.10.2023
Between Us - Die große Liebe kennt viele Geheimnisse
McFarlane, Mhairi

Between Us - Die große Liebe kennt viele Geheimnisse


gut

Roisin und ihre Clique treffen sich anlässlich der Verlobung von Dev und Anita sowie Ginas Geburtstag zu einem gemeinsamen Wochenende in einem luxuriösen Herrenhaus. An dem Samstag wird auch die erste Folge der neuen Serie "Hunter" ausgestrahlt, deren Drehbuchautor Roisins langjähriger Lebensgefährte Joe ist. Das Wochenende entwickelt sich zu einem einzigen Desaster voller Streitigkeiten, die Roisin an der Zukunft ihrer Freundschaft zweifeln lassen. Zudem hinterfragt sie schon seit längerem ihre Beziehung, da Joe seine Karriere offenbar wichtiger ist und taumelt zwischen Wut und Enttäuschung, als ihr bewusst wird, dass Joe für seine Serie intime Details aus Roisins Leben verwendet hat, die sie ihm anvertraut hatte.
Zusammen mit Matt, der sich aus der Clique zurückgezogen hat, versucht Roisin herauszufinden, wie viel aus Joes Leben tatsächlich in der Serie und insbesondere der untreuen Hauptfigur steckt.

"Between Us - Die große Liebe kennt viele Geheimnisse" ist eine Geschichte über Liebe und Freundschaft, die jedoch über weite Teile die negativen, schmerzhaften Seiten der zwischenmenschlichen Beziehungen in den Fokus rückt.

Roisin ist die Hauptfigur, die sich einerseits mit der Brüchigkeit von Freundschaft und andererseits mit der Enttäuschung über ihren Freund, mit dem sie seit neun Jahren zusammen ist, auseinandersetzen muss. Die Clique, die sich seit ihrer Studienzeit kennt, hat sich nicht mehr viel zu sagen, Missverständnisse, Streits und Eifersüchteleien stehen an der Tagesordnung. Von ihrem Freund fühlt sich Roisin gedemütigt, verraten und ungeliebt. Seit seinem Erfolg in der TV-Welt zeigt er nur noch wenig Interesse an Roisin. Seine Serie, in der er Erlebnisse aus Roisins Vergangenheit verwendet, ruft zudem unschöne Erinnerungen bei Roisin hervor. Das Sexualleben ihrer Eltern hat sie als Jugendliche verstört und beschämt.
Joes Verrat hat jegliches Vertrauen zerstört, weshalb Roisin ihre Beziehung hinterfragt und für sich klären möchte, inwieweit Joe sie belogen und betrogen hat.

Die Themen des Romans sind bedrückend, was jedoch durch den gewohnt spritzigen Schreibstil und die humorvollen Dialoge ausgeglichen wird und für ein wenig Leichtigkeit sorgt. Durch die Vielzahl an ernsten Themen wie Gaslighting, Lügen, Verrat, Vertrauensbruch, Suche nach Anerkennung, Ende von Freundschaften und Beziehungen sowie problematischen Eltern-Kind-Beziehungen kann keines in der nötigen Tiefe dargestellt werden und lässt den Roman, der zudem als RomCom tituliert wird, etwas überladen negativ erscheinen.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich langsam, was nach all den Enttäuschungen nur natürlich ist. Allerdings mag der Funke zwischen den beiden Hauptfiguren nicht wirklich überspringen, so dass die Friends-to-Lovers-Geschichte nicht wirklich zündet und berührt.
Insgesamt empfand ich die Geschichte, in der Joe schon von Anbeginn als Lügner entlarvt wird und Roisin sich lange nur halbherzig um Aufklärung bemüht, zu langatmig.

Bewertung vom 02.10.2023
Bournville
Coe, Jonathan

Bournville


gut

Beginnend mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden sieben historische Ereignisse aus der Perspektive der fiktiven britischen Familie Lamb dargestellt. Dabei kommen verschiedene Personen aller Generationen zu Wort. Ein großer Stammbaum zu Beginn des Buches ist deshalb sehr hilfreich, um den Überblick über die handelnden Charaktere zu behalten.

Nach einem Prolog im März 2020, als die Corona-Pandemie das Leben bestimmte, erfolgt ein Rückblick und erzählt die Geschichte der Lambs vor dem Hintergrund historischer Ereignisse wie der Krönung der Queen, der Fußball-WM im Mutterland des Fußballs oder dem Tod von Prinzessin Diana fort.
Dabei fällt es schwer, einen Zugang zu den Figuren zu erhalten, denn die Perspektiven wechseln häufig. In den 75 Jahren Geschichte, die anhand von vier Generationen von Familienmitgliedern erzählt werden, liegt der Fokus mehr auf gesellschaftlichen Ereignissen und was die Figuren von außen erleben, als auf der Familiengeschichte der Lambs, die aufgrund der unterschiedlichen Charaktere, ihrer Ansichten und Verbindungen interessanter und tief gehender hätte gestaltet werden können. Statt einer fortlaufenden Geschichte ist der Roman durch die großen Zeitsprünge und Perspektivwechsel episodenartig geprägt, aber dabei ohne wesentliche Hoch- und Tiefpunkte.

Der Autor macht Geschichte lebendig und stellt den gesellschaftlichen Wandel dar. Der Roman handelt von Patriotismus, Nationalismus, Rassismus, Europapolitik und enthält damit viele politische Themen. Durch Ironie und einen britische-trockenen Humor ist die Geschichte gerade am Anfang unterhaltsam und entwickelt eine Leidenschaft im Kampf um die britische "minderwertige" Schokolade, um Konflikte zwischen Deutschland und Britannien, England und Wales und die Ablehnung von Premierminister Boris Johnson. Globale Themen spielen in der Familienchronik eine wesentliche Rolle, das Schicksal der einzelnen Familienmitglieder ist dabei kaum relevant, weshalb es der Geschichte, die letztlich mehr Gesellschaftsroman als Familienepos ist, an Spannung und Emotionen mangelt.

Bewertung vom 01.10.2023
Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1
Claire, Anna

Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1


sehr gut

Nachdem Luise als Widerstandskämpferin in Berlin 1936 die Verhaftung durch die Nationalsozialisten droht, flieht sie nach New York, wo bereits ihr Verlobter Richard auf sie warten. Zuvor gibt sie sich mit ihren beiden besten Freundinnen Anni und Maria, die in Deutschland ebenfalls nicht mehr sicher sind, das Versprechen, das in ihren gemeinsamen Träumen geplante Restaurant in New York zu eröffnen. Als Emigrantin ist es nicht leicht, in Amerika Fuß zu fassen und auch die Sorgen um ihre Freundinnen nehmen zu, als sich die Lage in Deutschland über die Jahre weiter zuspitzt und der Krieg ausbricht.
Jahrzehnte später tritt June das Erbe ihrer Großmutter Luise in New York an. Erstaunt erfährt sie, dass Luise Inhaberin eines Restaurants war, dass sie jedoch nur zu einem Drittel erbt. Als Auflage soll sie zudem die beiden anderen rechtmäßigen Eigentümerinnen bzw. deren Nachkommen ausfindig machen. June taucht mittels Briefe und Notizen in die Lebensgeschichte ihrer Großmutter ein, die mutig und leidenschaftlich für ihre Träume gekämpft und fern der Heimat ein neues Leben angefangen hat.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und erzählt in der Vergangenheit von 1936 bis 1946 die Auswanderung und Heimatfindung von Luise, und in der Gegenwart im Jahr 2023, wie ihre Enkelin June sich auf die Suche nach den ehemaligen Freundinnen ihrer Großmutter macht, um ihr Erbe anzutreten.

Die Geschichte ist lebendig geschildert, man kann sich in beide Hauptfiguren gut hineinversetzen und mitfühlen. Die historischen Inhalte bilden den Rahmen der Handlung, sind dabei jedoch nicht tiefgehend. Im Vordergrund stehen die persönlichen Schicksale, die Liebes- und Lebensgeschichten der fiktiven Hauptfiguren.

Die beiden Handlungsstränge sind eng miteinander verflochten. Es gibt viele Parallelen zwischen den Zeitebenen, den Biografien und den Entwicklungen der Hauptfiguren, so dass es zu keinen Brüchen, sondern geschmeidigen Übergängen beim Wechsel kommt. Beide Frauen stehen zwischen zwei Männern, erleben ein Gefühlschaos und schreiten mutig voran, um ihre Ziele zu erreichen, ohne auch bei Rückschlägen an Aufgeben oder Scheitern zu denken.

Der Roman mag etwas oberflächlich sein und die Kriegsereignisse, Widerstandskampf, den Holocaust und Folgen des Krieges nur am Rande nacherzählen, ist aber aufgrund des einnehmenden, empathischen Schreibstils und der sympathischen und kämpferischen Frauen dennoch kurzweilig und lesenswert.

Die sich entwickelnden Liebesgeschichten und positiven Aspekte, wie die ersten Wurzeln in Amerika und die Freundschaften zu anderen zupackenden Emigrantinnen überwiegen dabei das Leid, die Heimat verlassen zu haben, die Trauer und die Sorge um geliebte Menschen. So ist der Roman zwar dramatisch, aber nicht betrüblich. Das ungewisse Schicksal von Anni und Marie und die Wunde, die June als Nachlass ihrer Großmutter heilen soll, hält die Spannung zudem auf beiden Erzählebenen aufrecht.

Mut, Zuversicht, Hoffnung, Loyalität und die Kraft, Dinge anzupacken und im Augenblick zu leben, sind sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart die antreibenden Motive der Frauen und verbreiten eine lebensbejahende Botschaft. Der Roman stellt die Rolle der Frauen im Exil sehr anschaulich und einfühlsam dar und zeigt auf lebendige Art und Weise, dass die Frauen damals häufig mehr Stärke und Initiative bewiesen haben, als die (Ehe-)männer, die sich mit einem Neuanfang in einem fremden Land oftmals schwerer taten.

Als Band 1 einer Buchreihe lässt der Roman so manchen Handlungsstrang offen, so dass ungeduldig auf den Folgeband gewartet werden muss, der die Lebensgeschichten fortschreibt und voraussichtlich (erst) im Sommer 2024 erscheinen wird.

Bewertung vom 29.09.2023
Große Liebe im kleinen Trödelladen
Hepburn, Holly

Große Liebe im kleinen Trödelladen


gut

Nach dem Tod ihres Ehemannes Rob hält Hope nichts mehr in London, weshalb sie zurück in ihre Heimatstadt York zieht. Sie findet eine Anstellung in dem Antiquitätengeschäft, dessen Schaufenster sie als Kind schon neugierig bewundert hat. Nun trifft sie dort nicht nur auf zwei Männer, die ihr noch immer trauerndes Herz höher schlagen lassen, sondern entdeckt in einem Holzkästchen einen wertvollen Verlobungsring und einen Brief, der auf eine tragische Liebesgeschichte der frühen 1920er-Jahre hinweist. Hope möchte das Geheimnis um das Liebespaar lüften, das sich vermutlich während der Ausgrabungen alter Grabstätten von Pharaonen kennengelernt hat. Bei ihren Recherchen steht ihr sowohl der sensible Will, der sich rührend um die kleine Tochter seines verstorbenen Bruders kümmert, als auch der charmante Ägyptologe Ciaran zur Seite.

Das Cover mit dem verschneiten Blick in die Fußgängerzone erweckt den Eindruck eines Winterromans. Tatsächlich handelt der Großteil der Geschichte jedoch im Sommer, beginnend im Mai und verbreitet nur ganz am Ende etwas winterlich-weihnachtliche Stimmung. Auch die schrullige Familie, die im Klappentext erwähnt wird, habe ich vermisst. Es gibt zwar einige wenige Gespräche Hopes mit ihrer Schwester Charlotte und ihrem Vater, aber im Großen und Ganzen spielt die Familie keine Rolle und ist auch nicht eigentümlich.

Hope ist eine junge Frau, die um ihren Mann trauert, aber allmählich bereit für einen Neuanfang ist und dabei Unterstützung von Familie und Freunden in York erhält. Sie findet in ihrem Heimatort schnell Anschluss und lernt neue Leute kennen und entdeckt in dem Geheimnis um das Liebespaar, das auf so viel Widerstand traf, eine Herausforderung, die sie beschäftigt und ablenkt.

Hope blüht auf und kann ihr Herz wieder für einen Mann öffnen. Für die/ den LeserIn ist die Wahl offensichtlich, Hope hingegen muss erst wieder eine Enttäuschung erleben, bis sie den Richtigen erkennt. Ihr Gefühlschaos und Gegenwehr sind dabei nicht immer ganz nachvollziehbar oder erscheinen gekünstelt, um für ein wenig Dramatik zu sorgen.

"Große Liebe im kleinen Trödelladen" ist eine Geschichte über einen Neuanfang, über Trauer, Freundschaft und Liebe, die jedoch weder spannend noch emotional ist und ein wenig belanglos vor sich hinplätschert. Die Charaktere sind farblos und austauschbar und auch die Geschichte wird mir nicht lange im Gedächtnis bleiben.

Bewertung vom 27.09.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Jennifer Quinn denkt mit 77 Jahren über ihr Leben nach und stellt fest, dass sie der Welt nach ihrem Ableben nichts hinterlassen wird, nachdem die Ehe mit ihrem Mann Bernard kinderlos geblieben ist. Sie ist eine leidenschaftliche Bäckerin und versorgt ihren Mann, Freunde und Nachbarn schon immer mit den Backkünsten ihrer überlieferten Familienrezepte. Als sie die Ausschreibung für die Fernsehsendung "Backduell" sieht, bewirbt sie sich als Kandidatin, um sich einer finalen Herausforderung zu stellen. Ihrem Mann verschweigt sie ihre Kandidatur und das Casting, da sie nicht damit rechnet, tatsächlich weiterzukommen.
Während Bernard sich Sorgen um ihren Gesundheitszustand macht, fühlt Jenny sich daran erinnert, dass sie ihrem Mann ein noch viel größeres Geheimnis verschweigt, was ihr Gewissen seit Jahrzehnten schwer belastet.

"Der späte Ruhm der Mrs. Quinn" ist eine warmherzige Geschichte über eine liebenswürdige ältere Dame, die mit ihrem Ehemann seit fast 60 Jahren verheiratet ist und diesen innig liebt. Daneben hat sie eine ungebrochene Leidenschaft fürs Backen, wobei Kuchen und süßes Gebäck ihre Spezialitäten sind und sie mit dem Brot auf Kriegsfuß steht. Für das Backduell möchte sie sich der Herausforderung stellen, vor laufender Kamera zu backen und gegen Konkurrenten in verschiedenen Challenges antreten, um zu beweisen, dass Mut und Backkunst keine Frage des Alters ist.
Während Jenny immer weiter voranschreitet, ihre liebsten Familienrezepte präsentiert oder kreativ abwandelt, fühlt sie sich mit jedem Kuchen, jeder Quiche und jedem Gebäck immer wieder in die Vergangenheit zurückversetzt und erinnert sich daran, was sie getan hat. Die Erinnerungen schmerzen und sie möchte ihr Geheimnis endlich mit Bernard teilen, um ihr Gewissen zu erleichtern, hat jedoch Angst davor, dass es ihre gute Ehe zerstören könnte. Zudem sorgt sie sich um Bernard, der merklich gealtert und gesundheitliche Probleme hat.

"Der späte Ruhm der Mrs. Quinn" ist ein empathisch geschriebener Roman über das Älterwerden, über eine lebenslange Liebe und eine große Leidenschaft fürs Backen. Jedes Kapitel steht unter einer anderen Backkreation. Vom Englischen Teekuchen, über Schwarzwälder Kirschtorte und Sandwichbrot bis zur Kaffeetorte sind zahlreiche große und kleine Köstlichkeiten genannt, die zubereitet werden, Appetit machen und/ oder die Neugier wecken, selbst in der Küche aktiv zu werden. Für Jenny haben die Rezepte eine tiefere Bedeutung, erinnern sie an den Alltag mit ihrem Mann, Feierlichkeiten mit Freunden, aber auch an eine Zeit vor der Ehe mit Bernard, die sie erfolglos versucht hat zu verdrängen. Jennys Schuldgefühle sind verständlich, gleichzeitig fühlt man, dass sie zum damaligen Zeitpunkt keine andere Wahl hatte, so zu handeln und hat Verständnis, dass sie den leichtesten Weg gegangen ist, vergessen zu wollen.

Neben einer Ode ans Backen ist es eine Mut machende Geschichte über Herausforderungen und über die Tatsache, dass es nie zu spät ist, Risiken einzugehen und etwas Neues zu wagen. Es ist jedoch auch ein anrührender, bittersüßer Roman über Fehler der Vergangenheit, über Reue und ein jahrzehntealtes Geheimnis, das mit der Zeit und dem Schweigen darüber immer größer geworden ist. Am Ende muss Jenny entscheiden, ob sie sich durch ein spätes Geständnis Erleichterung verschaffen möchte und darauf hoffen, dass Verzeihen durch Liebe möglich ist.

Bewertung vom 25.09.2023
Ein Geheimnis im Schnee
Shipman, Viola

Ein Geheimnis im Schnee


sehr gut

Sonny Dunes wohnt in Palm Springs und ist Meteorologin bei einem lokalen Nachrichtensender in Kalifornien. Sie liebt ihren Job, liebt es, vor der Kamera zu stehen und ist sich der Verantwortung bewusst, Menschen vor Wetterkapriolen und Naturkatastrophen zu warnen. Als sie unerwartet von Künstlicher Intelligenz ersetzt wird und ihre Anstellung verliert, trifft es die 50-Jährige bis ins Mark. Vor laufender Kamera leistet sie sich anschließend einen Fauxpas und besiegelt damit ihr Karriereende in Kalifornien.
Der einzige Sender, der Sonny, die immer nur Sonnenschein-Wetter präsentierte, eine zweite Chance bietet, ist der Nachrichtensender in ihrer Heimatstadt im Norden Michigans, der Ort, an den Sonny selbst zu Weihnachten immer nur widerwillig zurückkehrte. Ihre rüstige und lebensfrohe Mutter nimmt die verlorene Tochter fürsorglich auf und steht ihr mit gut gemeinten Ratschlägen zur Seite. Sonny beißt in den sauren Apfel, erniedrigt sich und macht sämtliche Winteraktivitäten mit, die ihr der Sender und die Chefredakteurin Lisa, die sie am College nicht gut behandelte, im Rahmen ihrer Berichterstattungen aufs Auge drückt.
Allmählich beginnt Sonny bei Dauerfrost und Schneetreiben, bei Eislaufen und Schneeschuhwandern, Frost-Marathon, Eisfischen und Schneemannbauen aufzutauen und sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen, um sich selbst zu verzeihen und ihr Herz für ihre Heimat und die Menschen dort zu öffnen.

Sonny - ehemals Amberrose Murphy - hat sich nach einem tragischen Verlust als junge Frau buchstäblich auf die Sonnenseite des Lebens geschlagen und in Südkalifornien ein neues Leben angefangen und ein neues Image als "Sonny Dunes" aufgebaut. Sie hat allen Schmerz der Vergangenheit verdrängt, genießt ihre Unabhängigkeit und die Beliebtheit bei ihren Fans. Mit dem Jobverlust bricht ihr gesamter Lebensinhalt weg und die Schatten der Vergangenheit machen ihr die Rückkehr in ihre Heimat noch schwerer.

Allmählich offenbart sich, welchen Verlust Sonny verwinden musste, weshalb sie sich die Schuld dafür gibt und warum sie andere Menschen in ihrer Heimat vor den Kopf gestoßen und verletzt hat. Ihre Geschichte und ihr Weglaufen und die zurückhaltenden Wiedersehensfreude in Michigan ist nachvollziehbar.

Durch die vielfältigen Winteraktivitäten, zu denen Sonny statt in Pumps in Boots, statt in schmeichelhaften Kostümen im Polyester-Jogginganzug, gezwungen wird, wird dem Roman, der sich mit Tod, Trauer, Schuldgefühlen und Fehlern der Vergangenheit beschäftigt, die Schwere genommen. Zudem wird die Winteratmosphäre des Romans sehr anschaulich dargestellt, das Buch stimmt auf die kalte Jahreszeit ein und vermittelt dennoch ein heimeliges Gefühl von Angekommensein und Herzenswärme.
Der Schreibstil ist sehr gefühlig, symbolträchtig und bedeutungsschwanger. Die Aneinderreihung von Lebensweisheiten und metaphorischen Plattitüden verdeutlicht die Botschaft, die der Autor vermitteln möchte, mutet dabei ein wenig abgedroschen und kitschig an, wird jedoch durch die persönlichen Worte des Autors im Nachwort erklärbar.

Die Entwicklung, die Sonny durchmacht, ist vorhersehbar. Der Roman hat keine wendungsreichen Momente oder bietet Überraschungen. Die Charaktere sind sympathisch, aber meinen es in Teilen auch etwas zu gut mit der eingangs überheblichen und schroffen Sonny. So wirkt ihre Neufindung und überfällige Vergangenheitsbewältigung ein wenig künstlich und aufgesetzt und vollzieht sich mit nur wenigen Wochen zu schnell. Auch die sich frühzeitig abzeichnende Liebesgeschichte kommt ohne eigentliche Entwicklung aus, ist nach drei Treffen bereits besiegelt.

Nachdem Sonny jahrzehntelang ihren Herzschmerz verdrängt hat, ist ihre Entwicklung, die sich auf nur wenige Wochen von Silvester bis in die Frühlingsmonate erstreckt, überhastet und nicht ganz glaubwürdig.
Nichtsdestotrotz ist die Geschichte abwechslungsreich und unterhaltsam, stimmungsvoll winterlich und berührt mit den Emotionen zu Heimatverbundenheit, Familie, Schwesternschaft und Liebe das Herz - der ideale Roman um sich in der kalten Jahreszeit einzukuscheln.

Bewertung vom 24.09.2023
NEBEL / HULDA Trilogie Bd.3
Jonasson, Ragnar

NEBEL / HULDA Trilogie Bd.3


gut

In einem entlegenen Bauernhaus im Landesinneren Islands klopft ein Tag vor Weihnachten ein junger Mann an, der sich verirrt hat. Einar und Erla nehmen den Fremden aufgrund des Schneesturms bei sich auf. Doch Erla hat bald ein schlechtes Gefühl und traut dem Mann nicht, der ihre Fragen nur unbefriedigend beantworten kann.
Zur gleichen Zeit erlebt Kommissarin Hulda Hermannsdóttir zu Weihnachten eine private Tragödie, die ihr Leben für immer verändern wird.
Wenige Wochen später ist sie froh, dass die Arbeit sie ablenkt, denn sie ist gleich mit zwei Fällen betraut. Eine junge Frau wird seit Herbst vermisst, die vermutlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist und zwei Leichen wurden in einem Bauernhaus entdeckt, die nicht auf natürliche Weise ums Leben gekommen sein können. Durch den Fund eines verlassenen Fahrzeugs glaubt Hulda eine Verbindung zwischen den beiden Fällen zu erkennen.
"NEBEL" ist Band 3 der ursprünglich als Trilogie angelegten Buchreihe um die Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, Hulda Hermannsdóttir. Der Roman handelt im Winter 1987/ 1988 und damit einige Jahre vor den beiden anderen Teilen "INSEL" und "DUNKEL", was das Besondere an der rückwärts erzählten Buchreihe ist. Im Vergleich zu den ersten beiden Bänden, in denen die polizeilichen Ermittlungen bei der Aufklärung der Kriminalfälle im Vordergrund standen, ist "NEBEL" wie ein Thriller aufgebaut und erzeugt durchgehend eine klaustrophobische, beklemmende Atmosphäre.
Hulda erlebt die Tragödie ihres Lebens, deren Ende durch die beiden Vorgängerbände bereits bekannt ist. Einige wenige Details, die Band 3 offenbart, zeigen das gesamte Ausmaß des Dramas.
Der Kriminalfall mit den Toten in dem Bauernhaus wird spannend geschildert, denn man erlebt zunächst, was sich dort zu Weihnachten ereignet hat, ohne dass die Hintergründe klar ersichtlich werden. Aus Sicht der Bauersfrau spürt man die andauernde Gefahr und die Angst vor den kommenden Ereignissen.
Sowohl der Erzählstrang um Huldas Privatleben als auch die Situation in dem Bauernhaus zeugen von einer Hilflosigkeit, einem Ausgeliefertsein der Protagonisten und der tiefen Einsamkeit in dem kalten, wenig besiedelten Land.
Während der erste Teil des Buches gruselig ist, gilt es im zweiten Teil herauszufinden, warum die Bauersleute sterben mussten und was es mit dem Fremden auf sich hat.
Die beiden Katastrophen bahnen sich lange an, bis die Ermittlungen beginnen, mit denen sich Hulda, die zwischen Trauer und Wut schwankt, von ihrem persönlichen Unglück ablenken möchte. Dunkelheit, Sturm und Schneemassen bilden den passenden Rahmen für Mord und Selbstmord.
Band 3 vervollständigt Huldas Familiengeschichte, die in den ersten beiden Bänden angedeutet wurde. Darüber hinaus fesseln die Fälle um das verschwundene Mädchen und das getötete Ehepaar, auch wenn der Zusammenhang durch Rückblenden und wechselnde Perspektiven im zweiten Teil des Buches bald deutlich wird. Obgleich die Darstellung der persönlichen Motivation von Opfern und Tätern nicht ganz überzeugen mag und psychologisch sehr oberflächlich bleibt, laufen alle Fäden am Ende sinnvoll zusammen und liefern eine schlüssige Erklärung für die Todesfälle. "NEBEL" bietet düstere Familiendramen mit Thriller- und wenigen Krimielementen. Warum die Reihe jedoch chronologisch rückwärts verlegt wurde, erschließt sich nicht.

Bewertung vom 22.09.2023
All die verdammt perfekten Tage
Niven, Jennifer

All die verdammt perfekten Tage


sehr gut

Theodore Finch und Violet Markley gehen auf dieselbe High School in Indianapolis und begegnen sich auf dem Glockenturm der Schule - beide bereit zu springen. Sie halten sich gegenseitig davon ab und schließen sich im Rahmen eines Schulprojekts zusammen, um zwei Highlights ihres Bundesstaats zu erwandern und vorzustellen.
Auf ihrer Reise kommen sie sich näher und stecken sich weitere Ziele. Während Finch Violet, die unter dem Verlust ihrer Schwester leidet, die vor knapp einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben kam, aus ihrem Schneckenhaus locken kann und ihr zeigt, wie schön und aufregend die Welt sein kann, verbirgt Finch seine eigene Pein hinter einer lebhaften und rebellischen Fassade. Violet beginnt zu heilen, kann Finch aber immer weniger erreichen, bis er eines Tages verschwunden ist.

"All die verdammt perfekten Tage" ist ein melancholischer Young Adult-Roman, der aus den Perspektiven von Finch und Violet geschildert ist. In kurzen Kapiteln taucht man in ihre Gedankenwelt ein und kann nach einem anfänglichen Unverständnis über die Situation auf dem Glockenturm, die so schnell geklärt war, Verständnis für ihre Schwermut und daraus resultierenden Handlungen aufbringen. Gerade Finch macht es einem mit seinen Gemütsschwankungen nicht leicht, bis klar wird, welche Krankheit dahinter steckt. Bei Violet ist dies eindeutiger, denn es ist offensichtlich, dass der unerwartete Tod einer großen Schwester nicht leicht zu verarbeiten ist.

Die Geschichte ist bedrückend und wehmütig, schenkt aber durch die sich entwickelnde Freundschaft Hoffnung und die gemeinsamen Entdeckungen Lichtblicke in den düsteren Zeiten.
Der Roman ist nicht mit erhobenem Zeigefinger geschrieben, sendet jedoch eine klare Botschaft gegen Mobbing und Gewalt und für die Notwendigkeit, sich Hilfe zu suchen und die Augen vor der Not anderer nicht zu verschließen.
Durch den Klappentext ist man bereits gewarnt, dass die Geschichte von Suizid handelt, enthält jedoch noch weitere sehr ernste Themen wie häusliche Gewalt, toxische Familien, Trauer, Schuldgefühle und psychische Krankheiten.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich abrupt und zu gewollt. Die Gefühle für einander überzeugen nicht und sind auch aufgrund der Entwicklung, die der Roman nimmt, nicht leicht nachzuvollziehen.
Die Todessehnsucht ist hingegen nachdrücklich dargelegt und macht das Buch zu keiner einfach zu lesenden Lektüre- insbesondere wenn man selbst als Angehöriger oder Betroffener Erfahrungen in der Art gesammelt hat.
Die Geschichte ist trotz der jungen Hauptfiguren und des High School-Feelings auch für Erwachsene gut lesbar und als All-Age-Roman geeignet und kann dazu beitragen, mehr Verständnis für psychische Probleme von Jugendlichen zu entwickeln und Warnsignale ernst zu nehmen.

Bewertung vom 20.09.2023
Aschenputtel / Fredrika Bergman Bd.1
Ohlsson, Kristina

Aschenputtel / Fredrika Bergman Bd.1


sehr gut

Auf der Zugfahrt nach Stockholm wird Sara Sebastiansson bei einem unplanmäßigen Zwischenstopp abgelenkt und ihre Tochter aus dem Zug entführt. Alex Recht und sein Team um die noch unerfahrene Ermittlerin Fredrika Bergman, die als Zivilistin im Polizeiapparat argwöhnisch betrachtet wird, nehmen die Ermittlungen auf. Während die Polizei zunächst davon ausgeht, dass der als gewalttätig bekannte Vater das Kind entführt hat, gehen die Spuren bald in die Richtung eines unbekannte, grausamen Täters, der Unterstützung von einer jungen Frau hat.

"Aschenputtel" ist er erste Band der Thrillerreihe um die Ermittlerin Fredrika Bergman, die bei der Bearbeitung ihres ersten Kriminalfalls als Akademikerin noch einen schweren Stand innerhalb des Teams hat, aber schnell beweist, dass sie auf ihre Intuition vertrauen und analytisch die richtigen Schlüsse ziehen kann.
Zunächst gibt es nur wenige Spuren, weshalb die Ermittlungen zäh sind. Je mehr Hinweise sich ergeben, desto undurchsichtiger wird der Fallkomplex um Entführung, Kindeswohl, häusliche Gewalt, toxische Beziehungen und Vergeltung.

Die Perspektiven wechseln häufig, so dass man jedem der Hauptfiguren näher kommt, die es in dem Auftaktband der Buchreihe einzuführen gilt. Dabei spielt auch das Privatleben der Ermittler eine Rolle, was nicht bei jedem von ihnen sympathisch anmutet und die Stärken und Schwächen jeweils aufzeigt.
Als Leser hat man gegenüber den Ermittlern einen Wissensvorsprung, da einzelne Kapitel auch die Sicht der Täter darlegen. Dabei offenbart sich auch das Motiv jedem geneigten Krimileser, auch wenn die Identität des oder der Täter im Verborgenen bleibt.

Die Ermittlungen wirken authentisch, der Fall ist aufgrund der Brutalität gegenüber Kindern dramatisch und bewegend. Auch wenn das frühe Schicksal des Mädchens dafür sorgt, dass sich die Dynamik bei der Fallaufklärung zwischenzeitlich verliert, nimmt die Handlung wieder an Fahrt auf, als deutlich wird, dass die Ermittler es mit einem Serienmörder zu tun haben.
"Aschenputtel" ist ein solider und detailreich geschilderter Thriller, der neugierig auf weitere Teile der Buchreihe macht, von der ich bereits Band 4 "Himmelschlüssel" gelesen habe.