Das letzte Jahrhundert der Pferde

ausgezeichnet

Das Buch gehört zu den besten, die ich je gelesen habe. Ich würde es am liebsten vielen meiner Bekannten schenken: Pferdeliebhabern, -besitzern und denen, die sich fragen, wie Biologie und Kultur unser Leben prägt. Das Pferd als Metapher und lebendiges Wesen - diese Verbindung stellen wohl nur wenige her! Wer von den Kulturwissenschaftlern traut sich, das betrachtete Phänomen aus Literatur und Malerei herauszuholen und es in reale Zusammenhänge zu stellen? Und welches aktuelle Buch aus dem Regal in den Reiterbedarfsläden traut sich an den großen geschichtlichen Hintergrund heran?
Doch diese doppelte Sicht erklärt, warum die Pferdeliebe heute so weit verbreitet ist - so weit man Dinge des Herzens überhaupt mit dem Verstand erklären kann (Blaise Pascal). Denn die lange internationale Geschichte von Pferd und Mensch hat ein allgemeines Deutungsmuster vom Pferd geschaffen, eines von Energie, Bewegung, Schönheit etc. Auch wenn Pferde heute nicht mehr wirtschaftlich und militärisch erforderlich sind, bringen doch viele Menschen einen "unvernünftig" hohen finanziellen, emotionalen und zeitlichen Aufwand für das Pferd auf. Hoffen wir, dass Frieden und Wohlstand weiterhin anhalten (und sich im besten Falle verbreiten), die das ermöglichen.
Für Pferdeliebhaber ist dieses Buch eine harte Erfahrung. Auch wenn man prinzipiell vom Leiden der Pferde z.B. in den Kriegen und während des Frühkapitalismus weiß, sind die ausführlich beschriebenen Details, auch die Bilder, erschütternd. Ich hatte selbst bei der eigenen Lektüre die Sorge, diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf zu bekommen. Aber nachdem ich das Buch zugeklappt hatte, kam es zu einem Dreh: Jetzt sehe ich unsere eigenen Pferde mit noch mehr Respekt und Zuneigung als zuvor.
Ein Dank an den Autor für diese so umfassende Recherche und auch die Zeit, die er sich für die klugen Formulierungen genommen hat!