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Benutzername: 
Christopher Gohl
Wohnort: 
Tübingen

Bewertungen

Bewertung vom 09.06.2016
Qualitative Freiheit
Dierksmeier, Claus

Qualitative Freiheit


ausgezeichnet

Welche Freiheit? Mit dieser Grundfrage lädt der Philosoph Claus Dierksmeier dazu ein, die Idee der Freiheit zur Grundlage der vielfältigen und im Entstehen begriffenen Weltgesellschaft zu machen. In einer Zeit, in der Fundamentalisten, Nationalisten und Autokraten das Projekt der Freiheit derart unter Beschuss nehmen, dass auch bei Freunden der Freiheit die Befürchtung wächst, die Freiheit habe ihre besten Tage wohl schon hinter sich, könnte sein Buch „Qualitative Freiheit. Selbstbestimmung in weltbürgerlicher Verantwortung“ aktueller, wichtiger und zentraler nicht sein.

Denn Dierksmeiers Buch ist eine so bescheidene wie kraftvolle Intervention: Bescheiden, weil Dierksmeier keine finale Theorie der Freiheit verkünden, sondern eine systematische Lesart der liberalen Projekte von Kant über Hayek bis Sen zum Mitdenken und Selbstdenken anbietet. Und kraftvoll, weil diese Lesart das Projekt der Freiheit gegen alle Kritiker klug, selbstbewusst und systematisch verteidigt und dessen soziale wie wirtschaftliche, moralische wie politische Kraft freilegt — als anspruchsvolle, aber historisch bewährte Agenda für ein friedliches, fortschrittliches und weltbürgerliches Miteinander.

Mit diesem Werk legt der Direktor des Weltethos-Instituts nicht nur die Ergebnisse von mehr als zwanzig Jahren freiheitsphilosophischer Forschungstätigkeit vor, sondern begründet das Projekt Weltethos neu und mit säkularen Argumenten. Das ist klug gedacht, klar strukturiert, gut geschrieben und verständlich formuliert: Eine Lust zu Lesen!

Ein Disclaimer: Als Freund und Kollege von Claus Dierksmeier am Tübinger Weltethos-Institut habe ich die Entstehung dieses Buches in den vergangenen Jahren verfolgen können. Aber deshalb kenne ich eben auch die Wirkungsgeschichte, die Dierksmeiers Argument schon seit Jahren entfaltet. Beispielsweise prägt es das aktuelle Grundsatzprogramm der FDP, die Karlsruher Freiheitsthesen von 2012, aber auch die Arbeit des Humanistic Management Network, einen weltweiter Verbund von Forschern und Praktikern.

Dieter Schnaas von der Wirtschaftswoche fasst zusammen: "Zum Bonmot verkürzt: Claus Dierksmeier befreit die Freiheit. Die drei Grundfragen seiner Untersuchung lauten: Was heißt ‚Freiheit’ in weltbürgerlicher Absicht? Wie lässt sich ‚Freiheit’ zu einem Leitbegriff universalisieren, der ‚Gleichheit’ und ‚Gerechtigkeit’ einschließt? Welche Entgrenzungen und Bindungen braucht die ‚freie Marktwirtschaft’, um als Ethos der Mitmenschlichkeit weltweit Anerkennung und Vertrauen zu genießen? Das erhellende Ergebnis: Mit dem Begriff der ‚qualitativen Freiheit’ teilt Dierksmeier nicht etwa das Unteilbare. Sondern er öffnet der Freiheit eine Perspektive, die von vernunftbegabten Menschen weltweit geteilt werden kann: von den Börsenmaklern an der Wall Street in New York so gut wie von den Arbeitern in den Sweat Shops von Dhaka.“

Prof. Hans Küng würdigt Dierksmeiers Entwurf: "Claus Dierksmeier legt mit diesem Buch eine Studie vor, welche die moderne wie gegenwärtige Freiheitstheorie kritisch sichtet und zur säkularen Begründung des Weltethos nutzt. So wird das Weltethos als eben jene kosmopolitisch einheitsstiftende Konzeption sichtbar, die es ist: als Grundlage und Anfang eines menschheitlichen Gesprächs über diejenigen Werte und Normen, die wir im Interesse heutiger und im Namen zukünftiger Generationen pflegen sollten. Es hat mich sehr überzeugt, wie Dierksmeier den Diskurs über Freiheit auf ein neues, integratives Begriffspaar umstellt: quantitative und qualitative Freiheit. Er hebt damit die Debatte auf ein neues Niveau.“

Wer Freude am Selbst-Denken hat, wer Wirtschaft, Politik und Ethik noch einmal gründlich selbst durchdenken will, wird Freude an diesem faszinierenden Buch zur Freiheit als Leitwert der Globalisierung, als Fundament einer Weltgesellschaft, als Währung einer neuen Weltordnung und als Nordstern der eigenen Moral haben!

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