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leseleucht
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Alfter

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Insgesamt 213 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2025
Hörner, Franziska

Und mir bleibt der hässliche Hund


sehr gut

Ernstes Thema
Hinter dem lustigen Cover und Titel verbirgt sich eine sehr ernste, bedrückende Geschichte. Der 17jährige Ich-Erzähler hat bei einem Unfall seine gesamte Familie verloren. Der einzig Überlebende ist der hässliche Hund seiner kleinen Schwester. Sein völlig aus den Fugen geratenes Leben macht ihm Angst. Mit Panik-Attacken sucht er eine Therapeutin auf, in deren Wartezimmer er Mo kennenlernt. Gemeinsam mit ihrer Zufallsbekanntschaft aus einem Drogeriemarkt, Marie, versuchen die beiden, sich ihren Ängsten zu stellen. Dabei werden sie immer mutiger oder eher übermütig. Denn eine Konfrontationstherapie ist nichts für Anfänger. Und so landen beide in einer Situation, die zu eskalieren droht.
Teils komisch, teils sehr ernst erzählt die Autorin die Geschichte eines Jungens, der an einer Krankheit leidet, Angst, die am häufigsten verbreitete seelische Erkrankung unter Kinder und Jugendlichen. Sie findet Worte für ein Gefühl, die vielleicht vielen Betroffenen fehlen. Sie macht Mut, sie zeigt Probleme auf, sie wirbt dafür, mit sich selbst großzügig, vergebend und liebevoll umzugehen, sie reißt auch Lösungswege an. Dafür hat seine einen sehr treffenden Charakter geschaffen, mit dem sich viele, nicht nur Jugendliche identifizieren können, die sich in diesem Buch mit ihren Sorgen und Ängsten sehr ernst genommen fühlen können. Die Problematik ist eingebettet in eine Sommer-Liebes-Freundschaftsgeschichte. Erzählt wird sehr unpathetisch, dafür umso empathischer. Zum Ende hin wird die Geschichte für mich etwas langatmig, bevor sie ein fulminantes, wenn auch schließlich etwas zu verkürztes Ende nimmt. Hier nehmen die Reflexionen einen zu breiten Raum ein, sie werden kreisend und sind sehr dramatisierend.
Aber abgesehen davon ist das Buch sicherlich eine sehr empfehlenswerte Lektüre, sei es für Betroffene, aber auch für Menschen, die eine gute Geschichte und hässliche kleine Hunde mögenn.

Bewertung vom 29.11.2025
Kaiser, Vea

Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels


gut

Mühselig
Angelika ist eine lebenslustige junge Frau und keine Kostverächterin. Gleichzeitig ist sie aber bemühtim Job als Buchhalterin, eine solide Beziehung zu führen und irgendwie mit ihrer Mutter, die unter einer beginnenden Demenz leidet und zu der das Verhältnis immer schon schwierig war, klar zu kommen. Da bekommt sie vom Hoteldirektor, für den sie arbeitet, aus seiner Not heraus den Auftrag, die Bilanzen des Hotels zu frisieren. Und als sie selbst in eine Notlage gerät, bietet sich an, dies auch für sich selbst zu tun.
Das Buch basiert auf einem wahren Fall von Betrug. Und die Entstehungsgeschichte, die leider viel zu knapp in den Roman einfließt, ist etwas, das ich mit am spannendsten an dem Roman finde.
Auch das typisch Wienerische fließt in die Erzählung bis in die Sprache hinein sehr anschaulich mit hinein.
Nur die Hauptfigur kann mich so gar nicht packen, im Gegensatz zur historischen Person. Ich kann mich wenig in sie hineindenken und fühlen, ihr Leben bleibt mir fremd. Die Erzählung spring von einem Ereignis zum anderen. Mal Angelikas Liebesbeziehungen, mal die Mutter-Tochter-Problematik, mal ihr Job. Ja, es liegt bisweilen ein komisch-witziger Unterton in dem Erzählten, das mir allerdings bisweilen zu skurril ist. Von daher gestaltete sich für mich das Lesen eher als zäh und widerständig. Ich hatte aufgrund der Beschreibung anderes (vielleicht auch mehr erwartet). Von dem Glamour des Grand Hotel bleibt wenig und das Turbulente wird für mich von der verqueren Existenz der Protagonistin zu sehr verschluckt. Leider nichts für mich.

Bewertung vom 23.11.2025
MacBride, Freda

Mayfair Ladys - Drei Junggesellen für Lady Beatrice (eBook, ePUB)


sehr gut

Jane Austen meets Bridgerton

Im London der Lords and Ladys bricht eine neue Ballsaison an. Wieder mit Beatrice, allerdings wieder ohne Aussichten auf einen Heiratskandidaten, da ihr Aussehen durch einen schrecklichen Unfall entstellt ist. Da wird sie selbst zur Heiratsvermittlerin. Drei unverheiratete Brüder sollen unter die Haube gebracht werden. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen, zumindest wenn man für einen von ihnen schwärmt. Wird Beatrice auch für ihn die richtige Frau finden?
Ein kurzweiliges Büchlein, das man auch am Ende stressiger Tage gern in die Hand nimmt. Die Story ist nicht unbedingt neu, aber deswegen auch nicht unbedingt schlecht. Die ein oder andere Verwicklung garantieren Spannung und Freude am Weiterlesen. Die Dialoge zwischen Beatrice und Francis sind durchaus witzig. Auch wenn bisweilen ein wenig Rührseligkeit hinzukommt und manch Wendung nicht unbedingt so ganz plausibel erscheint, so ist auf jeden Fall der historische Hintergrund gut recherchiert, und die Autorin vermag es, ein lebendiges Bild der englischen Gesellschaft à la Jane Austen zu zeichnen.
Auf jeden Fall gute Ablenkung von Alltag, Hektik und Stress.

Bewertung vom 09.11.2025
Bachmann, Clara

Ein gutes Ende


sehr gut

Das Ende steht noch aus, aber es sieht gut aus
Der Lebensweg der Hedwig Courths-Mahler ist in der Tat ein steiniger, und ein gutes Ende nicht immer in Aussicht. Sie ist die uneheliche Tochter einer Frau, die ihren Lebensunterhalt durch diverse Liebhaber finanzieren lässt. Dabei ist häufig kein Platz und keine Zeit für Hedwig und ihre beiden Brüder. Früh ist sie auf sich gestellt und will auf keinen Fall den gleichen Weg einschlagen wie ihre Mutter. Sie sucht um Anstellung in Haushalten oder als Verkäuferin. Doch die Zeiten sind hart, und immer wieder muss sie fürchten, dass der Ruf ihrer Mutter ihre Anstellung gefährdet. Nebenbei – oft nachts - schreibt sie an Geschichten über das Glück der kleinen Leute. In ihnen verwirklicht sie ihre eigenen Träume nach einem besseren Leben. Daneben spielen die schönen Künste und auch die Künstler eine nicht unbedeutende Rolle in ihrem Leben. Sie liebt die Bühne und heiratet einen Kunstmaler, pflegt Kontakte in die Künstlerwelt und in die höheren Gesellschaftsschichten. Im alltäglichen Leben muss sie pragmatisch sein, Geld herbeischaffen und zusammenhalten, ihre Kinder versorgen, den Haushalt führen. In ihren Geschichten darf sie träumen, doch nutzt sie auch hier jede sich bietende Chance, ihrem Traum, eine Schriftstellerin zu werden, näher zu kommen. Kein Schicksalsschlag wie Krankheit, Verlust und Geldnot kann sie davon abhalten. Immer wieder fängt sie mit ihrer Familie neu an, geht dahin, wo sich ihre Aufstiegschancen bieten.
Clara Bachmann hat ein sehr lebendiges und gut lesbares Buch über das spannende, bewegte Leben der Hedwig Courths-Mahler geschrieben, das man gerne liest und deren Lebensweg man gerne verfolgt. Es gelingt ihr gut, sich den Leser in die Gedanken- und Gefühlswelt von Hedwig einfühlen zu lassen, und schildert auch ihre Lebensumstände sehr anschaulich und lebendig. Wir begegnen einer Vielzahl interessanter Figuren, die den Lebensweg der Protagonistin kreuzen.
Wovon ich mir mehr erwünscht hätte, wäre ein tieferer Einblick in die Lebenswelt der Schriftstellerin gewesen. Diese kommt ein wenig kurz. Häufig wird nur erwähnt, wie schwierig die Umstände und wie wenig die Zeit zum Schreiben sind, nur selten ist die Rede von den Inhalten ihrer Geschichten oder der Publikationswege und der Reaktion des Publikums. Und bevor es so richtig losgeht mit der Schriftstellerkarriere endet das Buch mit dem bevorstehenden Umzug der Familie nach Berlin. Hier ist mir nicht ganz klar, ob es eine Fortsetzung geben soll. Anders lässt sich eigentlich das abrupte Ende nicht verstehen. Zwar steht hier ein gutes Ende in Aussicht, aber der Lebensweg der Courths-Mahler ist hier noch nicht zu Ende.

Bewertung vom 09.11.2025
Larrea, Maria

Die Kinder von Bilbao


weniger gut

Kinder - gewollt, ungewollt
Der Roman trägt wohl deutliche autobiografische Autorin: eine Tochter, die entdeckt, dass ihre Eltern nicht ihre leiblichen Eltern sind. Wer sind diese? Wer ist sie selbst? Wo kommt sie her?
Dabei sind auch ihre Eltern einmal Kinder gewesen, die ihre Eltern weggegeben haben. Sie waren ungewollt, wollten aber selber Kinder, die sie nicht bekommen konnten. Tragischer Weise können sie – vielleicht auch aufgrund ihrer Erfahrungen in ihrer Kindheit – ihrer angenommenen Tochter keine wirklich guten Eltern sein. Man könnte von vererbten Leid oder Trauma sprechen, nur mit der Ironie des Schicksals ohne wirkliche Vererbung.
Mir ist das Buch fremd geblieben. Für mich wird sehr häufig die Darstellung von Ekeligem, Abstoßendem, Rohen zelebriert, ohne dass sich mir erschlösse, warum. So z. B. das Schlachten und Ausnehmen eines Tintenfisches gleich zu Beginn, während sich dabei ein Geburtsprozess in Gang setzt. Auch die Protagonistin bleibt mir fremd: Ich kann mir schon vorstellen, dass es eine Erschütterung ist, zu erfahren, dass man adoptiert wurde, besonders wenn man die Umstände der Adoption hier mitbedenkt. Ich kann mir auch vorstellen, dass es das eigenen Leben aus den Fugen reißt und das Verhältnis zu den Eltern infrage stellen kann. Allerdings ist das Leben der Protagonistin schon vorher aus den Fugen und ihr Verhältnis zu den Eltern sehr fragwürdig. Von daher kommt an Ende das Bekenntnis zu den Adoptiveltern als Eltern für mich sehr unvermittelt und wenig nachvollziehbar.
Das Thema von Adoption, insbesondere illegaler, und die Auswirkungen auf die Opfer finde ich sehr wichtig. Aber vor allem durch die Art der Darstellung ist mir kein Zugang zu dem Schicksal der Protagonistin gelungen, und ich habe das Buch nicht wirklich gern gelesen.

Bewertung vom 09.11.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


ausgezeichnet

Ein Buch zum Innehalten
Nach dem Tod ihres Mannes enthüllt er seiner Frau Hannah in Briefen, die er ihr hinterlassen hat, ein Geheimnis das ihr Leben im Nachhinein in den Grundfesten erschüttert. Dabei war ihr Leben wie das ihrer Schwester Sadie und auch das von Megan, die alle drei im alten Obstgarten der Familie, wo Hannah noch immer lebt, aufeinander treffen, alles andere als einfach. Das Jahr, in dem der Leser die drei begleitet, bringt in ihrem Leben viel in Bewegung. Und die Bienen und die Äpfelbäume tragen ihren Teil dazu bei, dass sich das Beziehungsgefüge der drei neu ausrichten kann, indem es sich an der Natur und ihrem steten Wandel orientiert.
Die Naturbeschreibungen in diesem Roman sind großartig und sehr intensiv. Man wäre als Leser selbst gern in diesem alten Garten. Bei der Betrachtung der Verlaufes der Natur innerhalb eines Jahres enthüllt sich dem Leser zum einen die Härte allen Lebens, das durch Werden und Vergehen gekennzeichnet ist. Zugleich bietet es ihm eine Reichhaltigkeit und Fülle, die kein menschengemachtes Leben je ersetzen könnte. In den Betrachtungen findet sich eine Tiefe und eine Ruhe, die nicht nur die Figuren des Buches zum Innehalten und Bedenken des eigenen Lebens veranlasst. Das Wunder, das sich täglich vor unseren Augen um uns herum in der Natur vollzieht, im Großen wie den Jahreszeiten wie im Kleinen, z. B. in einem Bienenstock oder im Wachsen eines Apfelbaumes macht die Autorin für uns erlebbar und erfahrbar, die wir im Alltag des Geschehens den Bezug zur Natur häufig vernachlässigen oder gar ganz verdrängt haben. Die Figuren des Romans nutzen die Herausforderungen, aber auch das Angebot der Natur, des Zurückgeworfenseins auf das Elementare und auf sich, um ihren Lebensweg zu überdenken. Und dass es dazu nie zu spät ist, zeigt sich daran, dass die Protagonistinnen ganz unterschiedlichen Alters sind und ganz unterschiedliche Lebensentwürfe haben.
Für mich ein besonders intensives Leseerlebnis waren die Briefe von John an seine Frau Hannah: Sie thematisieren neben der individuellen Lebensthematik sehr viele allgemeine Themen, wie die Unzulänglichkeit von Sprache, die Frage von Schuld und Vergeben, die Vergeblichkeit, etwas Geschehenes oder Gesagtes im Nachhinein ändern zu können. Und sie verraten sehr viel Interessantes und Wissenswertes über die Bienen, die oftmals Spiegel sind für das menschliche Leben, denn auch in ihrem Leben geht es um Sprache, um die Erwartungshaltung anderer an das Leben, um Vergeblich- und Vergänglichkeit und um das Überleben.
Ein sehr bedächtig geschriebenes Buch über die Frage, wie man leben will und kann, wobei der Rhythmus der Natur einen sehr gelungenen Rahmen dafür gibt, innezuhalten und nachzudenken.

Bewertung vom 16.10.2025
Erdmann, Kaleb

Die Ausweichschule


ausgezeichnet

Was kann und was darf Kunst?
Kaleb Erdmann, einst Schüler des Gutenberg Gymnasium in Erfurt und gerade in der 5. Klasse, als der Amoklauf des ehemaligen Schülers Robert Steinhäuser ganz Erfurt erschütterte, schreibt in diesem Roman über sich selbst, wie er versucht, einen Roman über den Amoklauf in Erfurt zu schreiben. Dabei geht es weniger um den Amoklauf selber, als um den Romanautoren und sein Ringen mit seinen Erinnerungen und der Fragen, wie und ob er sie überhaupt in Kunst fassen kann und darf. Welche Aufgabe hat Kunst? Was kann Kunst leisten? Was darf Kunst, was nicht? Darf sie „in fremden Töpfen rühren“ und alte Wunden wieder aufreißen oder soll sie sogar Geschehenes vor dem Vergessen bewahren? Kann sie bei der Bewältigung helfen und wenn ja, wie?
Sehr differenziert und ohne jeglichen Betroffenheitskult schreibt der junge Autor über einen jungen Autor, seinen Schreib- und Verwerfungsprozess. Er hat keine fertigen Antworten, dafür stellt er aber umso klügere Fragen. Er misstraut sich und seiner Erinnerung, worauf er aber voll vertrauen darf, ist seine Sensibilität im Umgang mit den schrecklichen Ereignissen, seine schonungslose Ehrlichkeit auch in Bezug auf sich selbst und seine Bereitschaft, auf fertige Antworten und auch einen fertigen Roman über das Thema zu verzichten. In Auseinandersetzung mit anderen Versuchen zu diesem und Themen ähnlicher Art führt er dabei ein spannendes Zwigespräch mit der Kunst. Dabei schreibt er in einem sehr angenehmen Schreibstil, der den Leser gut durch den schwierigen Stoff trägt und ihm diesen teils etwas hilflos wirkenden jungen Mann sehr sympathisch werden lässt. Ein wenig irritierend ist die Vorliebe des Ich-Erzählers dafür alles, was er isst, auch genauestens zum Gegenstand seines Schreibens zu machen. Genauso wirken die oft unangenehmen Eindrücke und Bilder, z. B. von einer Kunstinszenierung mit rohen Fleisch oder die Szene, in der sich der Erzähler in der Klokabine eines ICE umziehen muss, weil er seine Unterkunft auf seinen Recherchereisen fluchtartig verlassen hat. Auch seine Attitiüde, während der Übernachtung in fremden Zimmern in eine Wasserflasche zu urinieren, ist nicht gerade das Appetitlichste. Aber diese Details werden immer entweder im Roman selbst reflektiert oder gehören irgendwie zum Gesamtbild.
Auf jeden Fall ein spannend zu lesenden, nachdenklich stimmendes Buch weniger über das Thema Amoklauf als über das Thema des adäquaten Umgangs mit einem Ereignis, auf das keiner vorbereitet war, insbesondere in der künstlerischen Darstellung. Lohnenswert zu lesen.

Bewertung vom 14.10.2025
Ohlsson, Kristina

Flammenrad / Gänsehaut in Hovenäset Bd.1


gut

Zu grausam und erschreckend
Dass die Autorin normaler Thriller für Erwachsene schreibt und das auch recht erfolgreich, merkt man sofort. Als Heidi mit ihrem Vater und dessen Freundin aus dem Urlaub zurückkommt, ist ihr Zimmer eine Baustelle. Die Bauarbeiten fördern merkwürdige Dinge zutage: eine Babyrassel und eine Plane. Und die Folie, die über der unfertigen Wand hängt, beginnt in der Serie von Gewitternächten, die nun folgt, ein Eigenleben zu führen. Hinzu kommen der undurchsichtige Untermieter Bill, der ein Riesenrad mit in die Stadt gebracht hat, und die verworrenen Aussagen von Heidis Großmutter, dass das Riesenrad Gefahr bringe für kleine Kinder. Immer merkwürdigere Dinge geschehen, und allmählich kommt Heide dem dunklen, tragischen Geheimnis auf die Spur, das die Geschichte des Hauses ausmacht und das auch etwas mit einem Riesenrad zu tun hat. Zu allem Überfluss ist ihre Stiefmutter schwanger und das Baby eventuell in Gefahr?
Spannung und Schaudern kann Ohlsson unzweifelhaftes erzeugen, auch wenn sie sich dazu ein paar gängiger Klischees bedient: Gewitternächten, Schatten, die Blitze an die Wand werfen, Gegenstände, die mal da und dann wieder weg sind, eine Wiege, die sich wie von Geisterhand bewegt. Allerdings finde ich die Geschichte um das Riesenrad und die damit verbundene Familientragödie, die sich lange vor Heidis Zeit in ihrem Zuhause abgespielt zu haben scheint, zu grausam und erschreckend für ein Jugendbuch. Die Atmosphäre ist so unheimelich und nervenaufreibend, aber letztlich auch realitätsfremd. Es liest sich wie ein Mysteriethriller ohne Atempause. Heides Leben wird immer mehr der Wirklichkeit entrückt. Es gibt keine Normalität mehr. Auch auf realer Ebene ist ihr Leben unwirtlich: die leibliche Mutter kümmert sich nicht, die Stiefmutter erwartet ein eigenes Kind, das Geld ist knapp. Heidis Leben ist nicht nur in Bezug auf ihr Zimmer eine Baustelle.
Für ein Jugendbuch ist mir hier die Spannung zu grausam und brutal besetzt. Ich fand es selbst stellenweise schwierig zu lesen, und ich kann mir vorstellen, dass manch einen das Buch sehr mitnimmt und um den Schlaf bringt.

Bewertung vom 13.10.2025
Handorf, Anne

Es könnte so einfach sein


ausgezeichnet

Die schönste Zeitverschwendung der Welt
Während der Literaturkritiker und Nachbar der Bestseller-Autorin Vera Albach ihre Romane mit dem Stempel „Zeitverschwendung“ brandmarkt, ist die Lektüre von „Es könnte so einfach sein“ die schönste Zeitverschwendung der Welt sowie die Lektüre all der Bücher, die ihre Leser unterhalten, berühren, sie mit Figuren zusammenführen, die sie gerne in ihr Leben lassen, die ihnen für ein paar Stunden die Möglichkeit bieten, in ein anderes Leben zu schlüpfen. Das alles kann man von „Es könnte so einfach sein“ behaupten. Es ist ein warmherzig, aber bisweilen auch mit beißendem Witz geschriebenes Buch über eine Frau, die man für ihr Leben bewundern, aber nicht immer beneiden kann. Vera Albach beginnt als Sekretärin in einem Verlag unter anderem für Groschenromane. Als sie für den Autor einer Doktor-Reihe einspringen muss, ist dies der erste Schritt auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen Autorin oder korrekterweise zu einem erfolgreichen Autor. Denn in der jungen BRD der 60er und 70er Jahre kann eine Frau keine Karriere machen, weder in der Politik noch in der sonstigen Berufswelt und eben auch nicht als Autorin. Also ist sie oder wird vielmehr gezwungen unter männlichem Pseudonym zu veröffentlichen. Für ihre Karriere opfert sie viel, z. B. eigene Kinder. Dafür hat sie einen wundervollen Mann, der ihr den Rücken freihält und akzeptiert, dass sie diejenige ist, die in der Beziehung den Erfolg verbucht und das Geld verdient. Als Ersatzkinder dienen ihr die Töchter ihrer Geschwister, junge Frauen, die in einer Zeit, in der die Möglichkeit besteht, dass eine Frau Bundeskanzlerin werden kann, ihren Mann bzw. ihr Frau zu stehen versuchen.
Mit großartigem Humor, aber auch mit dem nötigen Ernst und mit melancholisch-nachdenklichen Zwischentönen zeichnet der Roman von Anne Handorf ein lebendiges Bild der Mentalitätsgeschichte der jungen Bundesrepublik, die Rückständigkeit der von Männern dominierten Welt, die sich diese nach dem Krieg von den Frauen wieder zurückerobert haben und sie mit eisernem Griff und einer Menge Vorurteile zu verteidigen versuchen. Dabei ist das Buch keineswegs ein feministisches Manifest. Mit leisen und nachdenklichen Worten thematisiert es die Frage nach der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, nach dem Recht der Frau auf Selbstverwirklichung, zu dem auch der Wunsch oder eben Nicht-Wunsch nach Kindern gehört. Vera Albach zeigt uns eine Frau, die ihr ganzes Leben versucht hat, ihren Weg zu gehen, auch wenn er oft im Schatten von Männern lag, nur bezeichnender Weise nicht im Schatten ihres eigenen Mannes. Leo ist ein ganz wundervoller Charakter, bei dem sich nicht nur die Tochter ihrer Nichte fragt, wo man wohl so einen herbekommt. Mit viel Verständnis und noch mehr Fortschrittlichkeit steht er seinen Mann, indem er den starken Mann hinter einer starken Frau darstellt, mit den liebenswerten Schwächen, die er hat.
Der Roman ist ein Buch, in dem man sich gleich zu Hause fühlt. Das Leben mit Vera und Leo Albach lädt den Leser zum Verweilen, Mitfiebern, Mitlachen, Mittrauern und Mitfeiern ein. Für alle Münsteraner bietet es darüber hinaus viel charmantes Lokalkolorit, allerdings mit wesentlich mehr Humor und Witz, als den Münsterländern gewöhnlich zugeschrieben wird.

Bewertung vom 12.10.2025
Page, Libby

Das Jahr voller Bücher und Wunder


ausgezeichnet

Cecilia Ahern trifft Hallmark Channel

Der Anlass ist ein trauriger: Tillys Mann ist vor einem halben Jahr gestorben, als ein Anruf des Buchhändlers Alfie Lane sie in ängstliches Erstaunen versetzt. Ihr Mann hat ihr ein „Jahr voller
Bücher“ hinterlassen, die sie aus ihrer Trauer reißen und ihr dabei helfen sollen, das zu finden, was ihr Leben ausmacht. Dabei helfen der Lesemaus Tilly aber nicht nur die verschiedensten Bücher über Wildcampen, Kreativität, Romane, die in Paris oder der Toskana spielen, sondern auch der zurückhaltende Buchhändler Alfie, der nicht nur mit den Verlusten in seiner Vergangenheit zu kämpfen hat, sondern auch um die Zukunft seiner Buchhandlung.
Ein wenig erinnert sie schon, die Botschaften aus dem Jenseits, hier die Briefe von Tillys Ehemann, die in den Büchern liegen, die er ihr zugedacht hat, an „P.S. – Ich liebe Dich“. Und von der Stimmung fühlt man sich gerade zum Ende hin versetzt in einen Hallmark Weihnachtsfilm. Auch aus den vielen anderen Büchern, die an unterschiedlichsten Stellen des Romans genannt werden oder in der Romanhandlung eine Rolle spielen, fließt viel Inspiration in die stimmungsvollen zwölf Monate, die der Leser an der Seite von Tilly verbringt.
Wer Bücher und Buchhandlungen liebt, wird auch diese Geschichte lieben, denn es ist eine zaubervolle Idee, dieses Jahr voller Bücher. Was die Autorin auf jeden Fall beherrscht, ist das Entwickeln liebenswürdiger, vielseitiger Charaktere und das Inszenieren verschiedener Stimmungen. Das Buch liest sich leicht und flüssig und ist, auch wenn es viele Tränen und melancholische Momente gibt, doch immer von einem heiter-optimistischen Grundton getragen. Es ist inspririerend im Hinblick auf die vielen genannten Titel und macht auf jeden Fall Lust aufs Lesen und Stöbern in Buchhandlung und darauf, sich von den Büchern vielleicht auch einmal dazu anregen zu lassen, dem eigenen Leben etwas mehr Abenteuerlust und Farbenfreude angedeihen zu lassen. Auch wenn es manchmal ein gewissen Hang zum Kitsch und zur Sentimentalität verspürt, bietet das Buch doch für ein paar Stunden Lesefreude und Herzenswärme in verschiedenem, je für sich stimmungsvollen Ambiente. Der Roman bedient gekonnt die Hebel, die Leser:Innen für Augenblicke die Welt um sich herum vergessen lassen und gute Laune machen. Ein Erfolgsrezept, wie es die Cecilia Aherns oder Hallmarks dieser Welt bereits zu vor für sich und die Leser:Innen ihrer Bücher bzw. Zuschauerinnen ihrer Filme zu nutzen wussten.