Autor im Porträt
Michel Houellebecq
zur AutorenweltToptitel von Michel Houellebecq
Karte und Gebiet
Gebundenes Buch
Michel Houellebecqs großer Gesellschaftsroman über die Kunst, das Geld, die Arbeit, die Liebe zu den Frauen, über die Väter und den Tod - dieser in Frankreich als Sensation gefeierte Roman findet hier die fantastische Übertragung in das Genre Graphic Novel. Louis Paillard verdeutlicht mit seinen Zeichnungen die Komplexität und den autofiktionalen Charakter des Romans. Gleichzeitig bekommt der Text durch die detailreichen Illustrationen etwas Spielerisches, das die Leser_innen fasziniert und bestens unterhält.…mehr
32,00 €
Einige Monate in meinem Leben
Gebundenes Buch
»Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie der Gegenstand einer Tierdokumentation; es fällt mir schwer, diesen Augenblick zu vergessen.«
20,00 €
© Philippe Matsas/Flammarion
Michel Houellebecq
Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq (eigentlich Michel Thomas; * 26. Februar 1956 oder 1958 auf Réunion) lebt heute in Irland und auf Lanzarote. Houellebecq lehrt an der European Graduate School in Saas-Fee und gilt in Frankreich zurzeit als der meistgelesene, aber auch umstrittenste Autor seiner Generation.Er begann in den 1980er-Jahren mit Gedichten, die 1991 und 1992 gesammelt in den Bänden Rester vivant und La Poursuite du bonheur erschienen (Suche nach Glück, 2000). In seinem frühen Essay H. P. Lovecraft, contre le monde, contre la vie, 1991 (Gegen die Welt, gegen das Leben, 2002), setzte er sich mit Leben und Werk des amerikanischen Kultautors der fantastischen Literatur, H.P. Lovecraft, auseinander.
Aber erst mit seinen Romanen Extension du domaine de la lutte 1994 (Ausweitung der Kampfzone, 2000) und vor allem Les Particules élémentaires, 1998 (Elementarteilchen, 2001), die beide verfilmt wurden, erreichte er nationale und internationale Bekanntheit. Der dritte Roman, Plateforme, 2001 (Plattform) und der vierte, La Possibilité d'une île, 2005 (Die Möglichkeit einer Insel) waren gleich bei ihrem Erscheinen Erfolge. Sie wurden mit den Literaturpreisen Prix Novembre bzw. Prix interallié ausgezeichnet und noch im Erscheinungsjahr in mehrere Sprachen, darunter auch ins Deutsche, übersetzt.
Medien
Kundenbewertungen
Serotonin
In “Serotonin” erzählt Michel Houellebecq in seiner leicht ironíschen, aber sehr treffenden Art von der Vereinsamung und inneren Perspektivlosigkeit seines Helden, aber auch vom generellen Frust einer Gesellschaft, deren Lebensgrundlage immer mehr ins Wanken zu geraten scheint. Er beschreibt die kulturelle wie wirtschaftliche Verarmung der Provinz und schildert eine Demonstration von Landwirten, die an die Proteste der “Gelbwesten” im Herbst 2018 erinnert. Sein 46-jähriger, beruflich durchaus erfolgreicher Protagonist streift ziellos durch sein Leben, zieht Resümee, lässt seine Ex-Freundinnen Revue passieren und kann sich am Vergangenen ebensowenig wie am Jetzigen oder vielleicht noch Kommenden wirklich erfreuen. Und wie der Ich-Erzähler scheint auch die Gesellschaft als Ganzes mit den Zuständen zu hadern. Ja, wir sollen und wollen besser regional und saisonal statt global konsumieren, aber die übervollen Supermarktregale mit all den günstigen Produkten aus aller Welt haben auch Einiges für sich. Die Widersprüche zwischen Bewusstsein und Bedürfnis, Wunsch und komplexer Wirklichkeit lassen wenig klare Linie, aber viel Orientierungslosigkeit und auch Frust zurück. Michel Houellebecq ist ein guter Beobachter der Umstände, und das zeigt er auch wieder in “Serotonin”.
Serotonin
Der Humor ist das Neue im Vergleich zu den früheren Bücher: Beispiel: "Es waren die Fehler der Verhandlungsberater gewesen...deren Arroganz durch ihre ständige Misserfolge nicht im Geringsten gebremst wird." Auch die Idee, dass der berühmte französische Mathematiker und Physiker Blaise Pascal seine Werke nicht geschrieben hätte, wenn er bloß einen Zugang zu einem SKY-Channel mit Fußballspielen aus französischen, deutschen, englischen und spanischen Ligen gehabt hätte, ist wirklich amüsant. Houellebeq beschreibt, daß die Digitalisierung und Globalisierung die gute alte bürgerliche Ordnung in den Europa-Staaten sprengen. Das Einbringen der übertriebenen sexuellen Obsessionen erinnert an das Internet und könnte auch als ein Zeichen des Verfalls der Moral gedeutet werden (?). Diese Teile habe ich aber übersprungen und das sollten die anderen Leser auch tun.
Insgesamt ein gut geschriebenes, humorvolles und hochpolitisches Buch.
Vernichten
Handelt es sich bei diesem Roman um einen Politthriller oder um ein Familiendrama? Spannende politische Ereignisse lassen ersteres vermuten. Jedoch erfolgt im Laufe der Geschichte ein Perspektivwechsel von der großen Politik in Richtung Familie, von terroristischen Anschlägen in Richtung persönlicher Katastrophen. Hier liegt, so mein Eindruck, auch die Quintessenz aus dieser recht langatmigen Story. Wie wichtig ist die große Politik, wenn es um das persönliche Schicksal geht? Konkret geht es insbesondere um den Spitzenbeamten des Wirtschaftsministeriums Paul Raison.
So destruktiv die Entwicklung auch ist, zeigt sich Michel Houellebecq hier einfühlsamer und weniger zynisch als gewohnt. So etwas wie Liebe ist erkennbar und auch die Akzeptanz des Unvermeidlichen. Trotzdem verursacht der Roman Irritationen, die nicht hinreichend aufgelöst werden. Die Geschichte ist zäh und ja, Liebe ist mehr als die Darstellung von Sexszenen. Bei Houellebecq dominiert die männliche Perspektive. Die Verbindung zur Politik tritt immer mehr in den Hintergrund. Die Handlungsstränge divergieren, Fragen bleiben offen. Es ist kein Roman, der in Erinnerung bleibt.
VERNICHTEN
Gewohntes vom Skandalautor
Michel Houellebecq ist wohl schon eine Marke. Kein anderer beschreibt den Sex so freizügig. Doch wer ihn nicht zum ersten Mal liest, wird sich fragen, was er Neues zu bieten hat.
Natürlich geht es auch um Politik und das Frankreich immer mehr im europäischen Abendland verkommt. Doch bleibt dies ein Nebenschauplatz, auch wenn Hauptfigur Paul 2027 französischer Präsident werden will.
Das eigentliche Thema ist die Familie, der kranke Vater, der im Krankenhaus nicht von der Schwester gepflegt werden darf, weil sich die Gewerkschaft darüber beschwert. Das führt zu Lösungen, die ich nicht spoilern, will mit Folgen, die ich nicht verraten will. Am Ende landet selbst Paul im Krankenhaus, aber auch nicht verraten.
In den letzten Jahren habe ich alle Houellebecq-Bücher gelesen, im Sommer ist es auch ganz nett, doch diesmal fehlte es sehr an Handlung. Mehr als 3 Sterne wäre übertrieben.
Karte und Gebiet
Mit ministerieller Leseempfehlung
Auch in seinem 2010 mit dem Prix Goncourt prämierten Roman «Karte und Gebiet» greift Michel Houellebecq auf für ihn typische Motive zurück, er kritisiert den wuchernden Kapitalismus ebenso wie die bindungsarme, selbstverliebte Konsum-Gesellschaft zu Beginn des 21ten Jahrhunderts. Deren Dekadenz wird hier aber etwas weniger bissig angeprangert, der Ton des Enfant Terrible der französischen Literatur ist milder geworden. Nach wie vor jedoch spaltet er das Feuilleton in zwei Lager, was auch bei diesem Roman deutlich wird. Einer der Protagonisten ist nämlich ein gewisser Michel Houellebecq, der natürlich auch im Roman ein umstrittener Schriftsteller ist. In dieser Figur nimmt er sich als auktorialer Erzähler ironisch selbst aufs Korn, ein kreativ erdachter narrativer Coup mit einer wahrlich nicht alltäglichen Wirkung auf den verblüfften Leser.
«Die Welt ist meiner überdrüssig, und ich bin es ihr gleichermaßen» lautet ein vorangestelltes Zitat von Karl, dem Herzog von Orleans. Ein solcher Überdruss kennzeichnet auch Jed Martin, Sohn eines erfolgreichen Architekten, dessen Frau sich das Leben nahm. Als Halbwaise im Internat erzogen, hat der eigenbrötlerische 25Jährige nach dem Kunst-Studium erste Erfolge als Fotograf. Er stellt seine am Computer künstlerisch nachbearbeiteten Fotografien von Michelin Straßenkarten den entsprechenden Satellitenbildern gegenüber. Mit dem überraschenden Ergebnis: «Die Karte ist interessanter als das Gebiet». Später wendet er sich der Malerei zu und findet schließlich auch einen Galeristen für seinen Bilder-Zyklus «Serie einfacher Berufe». Bei den Vorbereitungen für seine erste Ausstellung hat Jed die Idee, Michel Houellebecq für das Vorwort zum Katalog zu gewinnen. Und tatsächlich gelingt es ihm, den berühmten Schriftsteller zu überzeugen. Jed verspricht ihm, neben dem Honorar von zehntausend Euro ein Portrait von ihm zu malen und es ihm dann nach der Vernissage zu schenken. Prompt wird Jed zum gefeierten Star der französischen Malerei, er erzielt Höchstpreise, alle Bilder werden verkauft, schlagartig ist er ein reicher Mann - und hört endgültig auf mit dem Malen.
Während in dem dreiteiligen Roman, auch durch diverse Rückblenden, zunächst die Geschichte von Jed Martin erzählt wird, ist der dritte Teil ganz dem Schriftsteller Michel Houellebecq gewidmet, der Opfer eines bestialischen Mordes wird. In zwei Handlungssträngen wird so ein durchaus spannender Krimi mit dem Künstler-Roman verknüpft. Im Jahre 2035 erleben wir Jed dann am Ende als 60jährigen in seinem festungsartig abgesicherten, riesigen Landsitz. Dort hat er sich filmisch zunächst der lebenden Vegetation gewidmet, die er mit extremem Zeitraffer in kurze Sequenzen verdichtet. Später beschäftigt er sich künstlerisch mit dem allmählichen Zerfall von Gegenständen, die er auf gleiche Weise erfasst und dann mit den Pflanzenvideos zusammenmischt. «Die Vegetation trägt den endgültigen Sieg davon» lautet sein resignatives Motto.
Seine zwei sozial verkümmerten Protagonisten schildert Houellebecq als harmlose Egozentriker. Mit einer Fülle von Motiven und durch allerlei zeitkritische Reflexionen angereichert, beschreibt er nüchtern und beiläufig so unterschiedliche Gegenstände wie den von der Geldschwemme befeuerten Kunstmarkt, die Technik von professionellen Fotoapparaten oder die Tücken einer akustisch virilen Heizung. Er beschäftigt sich aber auch mit Hunden, Insektensammlern, Silikonbrüsten, dem Schweizer Sterbetourismus und anderem mehr. Sprachlich souverän und anspielungsreich vereint der Autor diese disparaten Motive in einem wagemutig konstruierten Plot, stellt die Persiflage auf seine Person neben den Horror-Thriller, fügt Beziehungs-Geschichten und Vater-Sohn-Probleme ein. Am Ende ist Frankreich dann zum reinen Tourismusland geworden, eine postkapitalistische Dystopie. Genau deshalb hat Wirtschafts-Minister Montebourg diesen Roman zum Lesen empfohlen, - dem schließe ich mich rein literarisch gerne an!
Serotonin
Gähn
Langweilige und absehbare Provokationen. Herr H. ergeht sich in Selbstzitaten. Offenbar fällt ihm nix mehr Neues ein... Das könnte ein Verkaufsrenner werden. So ist die Massenunterhaltungsindustrie mit ihren immer gleichen Mechanismen.
Zwei Sterne gibt es für technisches Können - mehr ist da nicht drin.
Mehr anzeigen »