Hintergrund gerückt. Schauplatz ist vielmehr eine postapokalyptische Erde, auf der nur noch das vormalige Großbritannien und Ex-Australien bewohnbar sind. Praktischerweise befinden sich diese beiden Landmassen in einer Position zueinander, die eine Passage durch das Erdinnere erlaubt, einen Pendlerverkehr durch den Glutkern, bei dem man aufpassen muss, dass einem die Reiselektüre nicht entgleitet - denn auf halber Strecke wechselt die Schwerkraft die Richtung.
Da ein entsprechender Aufzug (genannt "The Fall") ein wenig mehr Infrastruktur benötigt als etwa ein Kanaltunnel, können die Setdesigner von "Total Recall" drum herum eine ganz brauchbare zukünftige Welt entwerfen, halb Raumstation, halb asiatisches Gassengewirr (also stark in Richtung "Blade Runner" schielend). In dieser Welt lebt Douglas Quaid (Colin Farrell) mit seiner attraktiven Frau Lori (Kate Beckinsale). Quaid wird von Träumen heimgesucht, in denen er wilde Actionstunts zu bestehen hat. Das deutet darauf voraus, dass er bald tatsächlich wilde Actionstunts zu bestehen haben wird. Er lässt sich nämlich zu einer Behandlung bei der Firma "Rekall" hinreißen, die (in einem der finstersten Winkel des Gassengewirrs) Erinnerungen en detail anbietet. Quaid entscheidet sich für die eines Geheimagenten, während der Prozedur geht aber etwas schief. Fortan ist für ihn wie für das Publikum schwer zu entscheiden, ob er nun ein ehemaliger Freiheitskämpfer ist, dem die Identität eines einfachen Werktätigen übergestülpt wurde, oder umgekehrt.
Die subjektivitätstheoretisch dümmliche Botschaft des Films ist, dass es darauf nicht ankommt, weil sich alles "in der Gegenwart" entscheidet. Gegenwart bedeutet bei Len Wiseman aber vor allem, dass Quaid zusammen mit der Rebellin Melina (Jessica Biel) zu der schwer erträglichen Musik von Harry Gregson-Williams durch wilde Feuergefechte hetzt, dabei wundersamerweise nicht einmal einen Streifschuss abbekommt und Heere von Robotern kaltstellt. Am Ende taucht auch noch der menschliche Despot auf, woraus sich die nicht unkomische Szene eines Armdrückens zwischen Bryan Cranston (bekannt aus der Serie "Breaking Bad") und Colin Farrell ergibt. Die Einfalt des Drehbuchs schlägt in "Total Recall" auch auf die Actionszenen durch, die so monoton wirken, als hätte eines der Rekall-Implantate einen Sprung wie eine defekte Schallplatte. In diesem Fall gibt es also wirklich nur eine Empfehlung: den Film vergessen (oder besser gleich gar nicht anschauen) und die Vorlage lesen. Die hat nämlich eine enorm nachhaltige Pointe.
BERT REBHANDL
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