Meinung
Wirklich hilfreich war es für mich persönlich nicht mehr, dafür kam das Buch einfach zu spät in mein Leben - denn ich gehöre zu den wenigen Glücklichen, die den Narzissmus in ihrem Leben überwunden haben. So konnte ich dem Buch und seinen Geschichten mit großer Distanz begegnen. Ganz
allgemein habe ich das Thema auch nicht als bedrohlich empfunden. Ergo will ich das Buch subjektiv…mehrMeinung
Wirklich hilfreich war es für mich persönlich nicht mehr, dafür kam das Buch einfach zu spät in mein Leben - denn ich gehöre zu den wenigen Glücklichen, die den Narzissmus in ihrem Leben überwunden haben. So konnte ich dem Buch und seinen Geschichten mit großer Distanz begegnen. Ganz allgemein habe ich das Thema auch nicht als bedrohlich empfunden. Ergo will ich das Buch subjektiv bewerten. Zum einen ist die Lektüre zwar informativ, unterhaltsam und sympathisch geschrieben, auch wenn ich zugeben muss, dass ich den einen oder anderen eingestreuten Kommentar seiner Frau Carlotta nervig, überflüssig und als störend empfand. Dabei schoss mir gelegentlich sogar der Gedanke durch den Kopf, ob nicht vielmehr sie die Narzisstin und er - der Autor, Herr Dr. Hagemeyer, das Opfer ist. Oder will der gute Mann den Narzissmus salonfähig machen? Zielorientierte, nach Erfolg strebende Menschen müssen ja nicht unbedingt Arschlöcher sein. Oder doch? Jedenfalls verfolgen und erreichen narzisstisch veranlagte Indivíduen ihre Ziele wahrscheinlicher als Menschen, die nur lieb und immer fleißig bemüht sind. Wie dem auch sei, anhand eines fiktiven Ehepaars, Tina und Tom, werden diverse Fallbeispiele von harmlos über absurd bis nicht nachvollziehbar erörtert. Viele Schaubilder und ein Selbsttest runden die Lektüre ab.
Lange Rede, kurzer Sinn: die beiden ersten Teile habe ich mit großem Interesse und Aufmerksamkeit gelesen, die beiden letzten Teile konnte ich nicht wirklich in mich aufnehmen. Alarmierend fand ich jedoch, dass Narzissmus als Krankheitsbild im ICD-10-WHO unter Andere spezifische Persönlichkeitsstörungen (F 60.8) aufgelistet wird. Das ist vielleicht gar nicht so falsch, weil wie uns bereits die Geschichte lehrt, sind alle Diktatoren Narzissten. Das Thema zeigt aber auch mal wieder, dass fast jede psychischen Störungen ihren Ursprung in der Kindheit hat. Weniger gefestigte oder noch unreife Menschen können schneller Opfer von Narzissten werden als jene selbst reflektierte Personen, die bereit sind, an sich selbst zu arbeiten. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Narzissmus lebensnotwendig ist, Narzissten keine Dummköpfe sind und dass der Titel des Buches provozieren soll, denn ich glaube kaum, dass ein Narzisst so offen und anschaulich über seine spezifische Persönlichkeitsstörung schreiben kann. Somit hat der Autor, ich will nicht behaupten, er habe mich an der Nase herum geführt, aber doch auf sehr charmante Art und Weise manipuliert. Und ich bin davon überzeugt, der eine oder andere Leser wird nicht bemerkt haben, dass der Autor mit ihnen und ihrem Ego gespielt hat. Ein Buch, bei dem man aufpassen muss und auch mal zwischen den Zeilen lesen sollte.
Fazit
Ich empfehle dieses Buch leider nur bedingt weiter - und zwar jenen Lesern, die sich im Allgemeinen für Psychologie interessieren oder denen, die unmittelbar von dem schwierigen Thema betroffen sind. Für diese Menschen mag dieses Buch durchaus eine Bereicherung darstellen. Ich vergebe 4 Sterne, nicht weil der Mann auf dem Cover so attraktiv aussieht und ich seine braunen Augen mag, sondern weil das Buch sehr individuell ausgearbeitet wurde. Darüber hinaus rechne ich es dem Autor haushoch an, dass er sich überwunden und geoutet hat. Ich freue mich für ihn, dass er den Gordischen Knoten in seinem Kopf auflösen konnte!