Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
In der Kunst-, Musik- und Literaturszene der DDR als schillernder, rastloser Dichter, Rockmusiker, Büchermacher, Kunstorganisator etabliert, war Anderson seit 1973 auch als Stasi-Informant unterwegs, der den DDR-Geheimdienst die verlangten Informationen über Freunde und Bekannte zusteckte. Nach seiner Enttarnung leugnete er zunächst hartnäckig, bis die Beweislast erdrückend wurde. Beatrix Langner zeichnet in ihrer Rezension die Stationen von Andersons Karriere nach, einer Karriere die "von Anfang an nicht den Unterschied kannte, kennen wollte zwischen Kunstwelt und Wirklichkeit, Lüge und ästhetischer Illusion", wie die Rezensentin festhält. Andersons Autobiografie ist für Langer im Kern nichts anderes als die "Fortsetzung des Verrats mit anderen Mitteln, der Selbstverrat". Aber nicht das stört die Rezensentin am meisten, sondern Andersons Sprache. Diese erscheint der Rezensentin zuweilen "kryptisch bis zur Unverständlichkeit", zumeist aber paraphrasiere sie nur wortsüchtig, "was in einfacheren Worten unerträglich verlogen wäre". Darin erblickt die Rezensentin das eigentliche Manko des Buches. Anderson habe sich vielleicht als Spitzel erklärt, urteilt Langer, "als Dichter hat er sich überflüssig geschrieben."
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