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23 Kundenbewertungen

Der Horror hat eine neue Dimension
Das Grauen kommt nicht aus Gräbern oder aus dem Weltraum. Es ist mitten unter uns und steckt in jeder Handtasche. Das Handy ist ein moderner Heilsbringer, doch in Stephen Kings „Puls“ kommen mit dem Klingelton Wahnsinn und Tod. Der neue große Roman von Stephen King, dem »brillanten Geschichtenerzähler aus Maine« (Der Spiegel).
Clayton Riddell ist geschäftlich in Boston, hat schon Geschenke für seine Familie besorgt und möchte sich vor der Heimfahrt gerade bei einem Straßenhändler ein Eis kaufen, als die Welt untergeht. Geschäftsleute, Schüler,
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Produktbeschreibung
Der Horror hat eine neue Dimension

Das Grauen kommt nicht aus Gräbern oder aus dem Weltraum. Es ist mitten unter uns und steckt in jeder Handtasche. Das Handy ist ein moderner Heilsbringer, doch in Stephen Kings „Puls“ kommen mit dem Klingelton Wahnsinn und Tod. Der neue große Roman von Stephen King, dem »brillanten Geschichtenerzähler aus Maine« (Der Spiegel).

Clayton Riddell ist geschäftlich in Boston, hat schon Geschenke für seine Familie besorgt und möchte sich vor der Heimfahrt gerade bei einem Straßenhändler ein Eis kaufen, als die Welt untergeht. Geschäftsleute, Schüler, Busfahrer, alle Menschen, die in diesem Moment ein Handy am Ohr haben, laufen wie auf einen geheimen Befehl hin Amok, fallen übereinander her, schlachten sich gegenseitig ab, stürzen sich ins Verderben. Irgendwie können Clay, ein kleiner Mann mit Schnurrbart und ein junges Mädchen, das beinahe von ihrer Mutter umgebracht worden wäre, sich in ein Hotel retten. Sie sind völlig abgeschnitten von der Außenwelt. Clay will unbedingt herausfinden, wie es um seine Frau und vor allem um seinen Sohn Johnny steht, der gerade in der Schule war, als der mörderische Irrsinn losging. Zu ihm muss Clay Kontakt aufnehmen, bevor ein anderer es per Handy tut. Die Suche nach Johnny wird zur Schreckensmission durch eine apokalyptische Welt.
Autorenporträt
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zunächst als Englischlehrer tätig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und über 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit. Im November 2003 erhielt er den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk.
Stephen King lebt mit seiner Frau Tabitha in Bangor, Maine.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.04.2006

Kein ehrlicher Rock’n’Roll
Sondern ein harmloser Schocker: Stephen Kings Roman über Zombies und Terroristen / Von Daniel Kehlmann
Ist Stephen King eigentlich ein Trivialautor? Die tiefe Unheimlichkeit von Büchern wie „Es” und „Shining” könnten ihn zum legitimen Nachfolger von Poe, Lovecraft und M.R. James, zu einem der wenigen Vertreter wirklich literarischen Horrors machen, - wären da nicht so viele andere Romane, blutig, bizarr und trivial, deren Schrecken sich nie von den oberflächlich und routiniert aneinander gereihten Brutalitäten löst. Kaum ein Buch hat besser das Phänomen des Spuks nachvollzogen und durchdacht als „Shining”, wo die Figuren den Gespenstern ja nicht einfach begegnen, sondern diese vielmehr selbst, nach Maßgabe der eigenen Rezeptivität für die im alten Gebäude nachklingende Vergangenheit, ins Leben rufen. Als Stanley Kubrick jedoch eben diesen Aspekt in einer der besten Literaturverfilmungen des Jahrhunderts betonte und dafür all den Hokuspokus um Gangstermorde, tödliche Bienen und bissige Feuerwehrschläuche wegließ, war King beleidigt, fühlte sich verraten und unterstützte eine Neuverfilmung, die in ihrer Plattheit und Effekthascherei allenfalls einen zartfühlenden Neunjährigen erschrecken könnte.
Ausgerechnet in den letzten Jahren, nachdem King in seinem Buch „Vom Schreiben” die Regeln des Handwerks auf kluge Art erforscht hat und nun auch in literarischen Kreisen die seinen besten Romanen gebührende Anerkennung findet, kehrt King nun aber wieder zu den Versatzstücken zurück, zum Wohlbekannten und zum fremdproduzierten Klischee. Vielleicht liegt das an einer nach so vielen Büchern ja nicht unverständlichen Erschöpfung, vielleicht gibt es da auch ein grundsätzliches Missverständnis über die Natur intertextuellen Schreibens. Dieses besteht nämlich nicht darin, Szenen aus Filmen abzuschreiben und dann die Charaktere diese Filme wiedererkennen zu lassen. Außerirdische Embryos, die sich in „Dreamcatcher” in den Leib der Menschen fressen und dann plötzlich daraus hervorbrechen, bleiben auch dann aus „Alien” gestohlen, wenn man die befallenen Leute „Ripleys” nennt; und ein ins Chaos versinkendes Amerika, durch das sich in Kings neuem Roman „Puls” eine kleine Gruppe ihren Weg in die Sicherheit bahnt, ist auch dann eine massive Anleihe bei Stephen Spielbergs Neuverfilmung von H. G. Wells’ „Krieg der Welten”, wenn die Charaktere immer wieder ausrufen, das sei ja alles wie in Spielbergs letztem Film.
Das Blut fließt
Die Handlung von „Puls” lässt sich schnell erzählen. Etwas an den Handys ist schuld, man weiß nicht was, und es ist auch nicht wichtig: Jeder, der eines benützt, wird plötzlich wahnsinnig und regrediert zum blutrünstigen Monster. Menschen fallen übereinander her, Chaos entsteht, binnen Stunden ist die Zivilisation ein Ding der Vergangenheit. Die wenigen Normalgebliebenen, die entweder kein Handy besaßen oder schlau genug waren, es nicht zu verwenden, verstecken sich zunächst, sammeln sich dann in kleinen Gruppen und ziehen durch ein von Zombies bevölkertes Niemandsland. Kings Roman folgt einer dieser Gruppen, die zunächst passiv die Dunkelheit und das Versteck sucht, dann zum Angriff übergeht und eine Kolonie der Zombies in die Luft sprengt. Da aber die Zombies - ach, selbst beim Nacherzählen wird man müde - ungeheure Fähigkeiten der telepathischen Selbstorganisation entwickelt haben und mittlerweile auch noch fliegen können, sind unsere Helden von nun an Verfolgte. Einiges passiert noch, viel Blut fließt, irgendwann ist der Spuk auch wieder vorbei, und Clay, der Protagonist, findet schließlich seinen kleinen Sohn wieder, der allerdings selbst als Handybenutzer den Verstand verloren hat. Kurz bevor sich entscheidet, ob das Kind zu Vernunft und Menschlichkeit zurückgebracht werden kann, endet der Roman.
Ein harmloser Schocker, allerdings, und dagegen ist auch nichts zu sagen. „Puls” will nichts anderes sein, unternimmt keine literarischen Bemühungen, maskiert sich nicht als Kunst. Und doch empfindet man immer wieder Bedauern über so viele versäumte Möglichkeiten. King könnte es weitaus besser. Aber er schreibt schnell, und er will es sich leicht machen. Wann immer namenlose Nebenfiguren auftreten, nimmt der Autor ein Detail ihrer Kleidung in den Blick und benennt sie fortan, indem er dieses aufruft: „Er drehte sich gerade rechtzeitig nach dem Eiswagen um, um zu sehen, wie Power Suit Woman ins Ausgabefenster hechtete, um den Mister-Softee-Kerl zu fassen zu bekommen.” Einmal, zweimal oder auch fünfmal kann man das machen in einem langen Buch - aber nicht Hunderte Male. Mühsam ist auch der Zwang zum schnoddrigen Dialog, mit dem King offenbar den nicht zu zerstörenden Witz und Kampfgeist seiner Figuren dokumentieren will. Aber möchte man wirklich von Leuten lesen, die einander in höchster Lebensgefahr Dinge sagen wie: „Der Kandidat kriegt hundert Punkte”, die dauernd „gottverdammt” rufen und von sich als den „Normies” und den anderen als „Phonies” sprechen? Es mag ja an der Übersetzung liegen, aber bald schon wünscht man sich, diese zwanghaften Witzbolde würden endlich von den Zombies gemordet, damit wieder Ruhe einkehrt.
Diese Zombies wiederum sind für King niemals etwas anderes als die elektronischen Gegner für den Benützer eines Computerspiels: detailliert ausgemalte Hindernisse, erfunden, um aus dem Weg geschossen zu werden. Keine Sekunde forscht er dem Wesen einer untoten Seele nach, ihrem seltsamen Zustand zwischen Diesseits und Jenseits und dessen metaphysischen Implikationen. Selbst in dem Moment, da Clay seiner zum „Phonie” gewordenen Ehefrau gegenübersteht, geschieht nichts, kein Zögern, kein Moment der Schwäche, der Angst oder Verwirrung; nein, Clay nennt sie „Miststück” und schiebt sie kurzerhand zur Seite. Natürlich interessiert diese erst gegen Ende auftauchende Exfrau uns Leser ebenso wenig, wie sie den Autor interessiert. Aber Clay, der fünfzehn Jahre mit ihr verheiratet war, den müsste sie interessieren, und wäre er ein auch nur halbwegs plastisch imaginierter Charakter, er könnte sich nicht so verhalten. Da er aber bloß eine Spielfigur ist und der Erfüllungsgehilfe des Autors, vergisst er seine Frau so schnell und spurlos wie es eben nötig ist, damit die Handlung weiterrasen kann.
Die „Phonies”, so eine von Kings interessanteren Ideen, versammeln sich nachts auf Sportfeldern, die sie über Lautsprecheranlagen mit Musik beschallen. Tagsüber also gnadenlose Monster, nachts jedoch versunken in musikalische Trance. Hier deutet sich ein Bruch an, eine Widersprüchlichkeit, wie sie dem Buch sonst fremd ist, aber King ist ebenso taub für deren Reiz wie seine Figuren, die sich bloß vor dem Musikgeschmack der Untoten ekeln. Zunächst hören diese Lee Ann Womacks „I Hope You Dance”, Dean Martins „Everybody Loves Somebody Sometimes” oder Balladen von Debby Boone. Und dann folgendes: „Aus den riesigen Konzertlautsprechern dröhnte Schuberts ,Ave Maria‘. Ich würde meine Seele für etwas ehrlichen Rock’n’Roll verkaufen, dachte Clay. Chuck Berry mit ‚Carol‘, U2 mit ‚When Love Comes to Town‘. . .”
Ja, das würde er wohl. Stephen King ist so durch und durch Geschöpf der Populärkultur, dass ihm Schuberts „Ave Maria” eben auch nichts anderes ist als fades Zeug, dem ausgesetzt man seine Seele verkaufen würde für ein wenig „ehrlichen Rock’n’Roll”. Bedauerlich ist das nicht seines anfechtbaren Musikgeschmacks wegen, sondern weil seine Welt dadurch so platt wird, so flach und kulissenhaft öde. King weiß wirklich nicht, ebenso wenig wie Clay, dass es da einen Unterschied gibt zwischen Schubert und den Liedern von Debby Boone: alles eins, Softie-Zeug eben, Gedudel, Musik, die gute Typen nie hören würden.
Schnell durchlesen also, zuschlagen und vergessen, ein Buch für eine lange Bahnfahrt oder jenen sprichwörtlichen Urlaub, in dem man das Recht zu haben glaubt, guten Gewissens dumme Bücher zu lesen? Ja und nein. Denn bei genauer Lektüre zeigt sich noch eine andere, sehr merkwürdige Ebene, von der vielleicht King selbst wenig bemerkt hat. Den meisten Rezensenten, den deutschen zumal, schien „Puls” etwas mit Terrorismus zu tun haben. Die Zombies, schlossen sie, könnten eine Chiffre für al-Qaida sein, für die Gefahr, die Amerika vermeintlich oder wirklich bedroht, der von King imaginierte Ausnahmezustand das Bild der USA nach dem von allen Seiten befürchteten Anschlag, der die Zivilisation beendet und alles in den Zustand urtümlichen Schreckens zurückwirft. Eine nahe liegende Lesart gewiss, aber eine oberflächliche.
Eine Wüste der Verblödung
Denn eine kleine Gruppe, die sich durch eine Wüste der Verblödung kämpft, herbeigeführt durch massenmediale Elektronik, im Bewusstsein, dass jeder, der nicht zu ihr gehört, ein Feind ist, ein Wesen außerhalb der Humanität, das getötet werden muss, - wem käme das nicht bekannt vor? Eine Untergrundzelle, die sich bemüht, auf möglichst wirkungsvolle Weise möglichst viele Verdorbene, die man nicht mehr aus ihrem Zustand befreien kann, zu vernichten, mit soviel Sprengstoff wie nötig, ohne Rücksicht auf das eigene Leben? Wenn es in diesem Roman um al-Qaida geht, dann steht die kleine Zelle von Helden (der englische Originaltitel „Cell” bezieht sich wohl zunächst auf die mobilen Telefone, könnte aber auch die im Verborgenen agierenden Zombie-Mörder meinen) für den Terror, und wenn dieser Roman überhaupt etwas mit Terrorismus zu tun hat, dann ist er allerdings die kompromissloseste Nachempfindung der fundamentalistischen Weltanschauung in ihrer wirren Mischung von Isolation, Erwählungsgefühl und Feindschaft gegen die gefallene Außenwelt, die seit Joseph Conrads „Geheimagent” geschrieben wurde.
Liest man „Puls” so, dann wird das Buch mit einem Schlag vieldeutig, komplex und irritierend. Ein Terrorroman, allerdings. Aber die Terroristen sind die Helden und wir alle, seine Leser, die durch dröhnenden Blödsinn, Propaganda und triviale Kunst eingeschläferten „Phonies”. Aus dieser Perspektive ist „Puls” allerdings ein Horrorroman, erschreckend und ambivalent, ganz wie die Bücher aus Kings großer Zeit.
Würde Stephen King diese Lesart gefallen? Wahrscheinlich wäre er ebenso entsetzt über sie wie über Kubricks Interpretation von „Shining” als einer Meditation über Ehehölle, Alkoholismus und die Schrecken entleerter Häuser. King ist nach eigener Aussage ein Autor, der intuitiv arbeitet, der sich selbst kaum analysiert; ein Autor, dessen beste Stoffe weit mehr hergeben, als er selbst weiß, und dessen Horror aus Quellen stammt, tiefer, als ihm bewusst ist. Vom literarischen Standpunkt aus wird diese Eigenschaft wohl seine Rettung sein. Sie ist es, die King bei aller Plattheit seiner Prosa dann doch immer wieder zum Verwandten von Poe und Lovecraft macht und deretwegen er einmal doch da ankommen könnte, wohin alle Schriftsteller wollen: in der Literaturgeschichte.
Daniel Kehlmann, geboren 1976, ist Schriftsteller. Sein jüngster Roman, „Die Vermessung der Welt”, führt seit 15 Wochen die „Spiegel”-Bestsellerliste an.
Röntgenaufnahme eines menschlichen Schädels mit Handy
Foto: Avenue Images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der neue King hat Daniel Kehlmann enttäuscht: Nach seinem "klugen" Essay "Vom Schreiben" kehre King nunmehr zum "Wohlbekannten und zum fremdproduzierten Klischee" zurück. Und das mag an einer durchaus nachvollziehbaren Erschöpfung des Vielschreibers liegen, vermutet der Rezensent. Für ihn jedenfalls handelt es sich hierbei um nichts anderes als einen "harmlosen Schocker". Dagegen wäre an sich nichts einzuwenden, wenn man nicht stetig "so viele versäumte Möglichkeiten" bedauern müsste: Angefangen von "schnoddrigen Dialogen" über eine eindimensionale und unglaubwürdige Figurenführung bis hin zu diversen intertextuellen Motivanleihen, die man durchaus auch als tumbe Plagiate bezeichnen könnte. "King könnte es weitaus besser", glaubt der Rezensent zu wissen, lässt sich jedoch eine Rettungstür offen: Man kann die Geschichte auch als "Terrorroman" lesen - dann wäre dies eine kompromisslose Verarbeitung fundamentalistischer Weltsicht "mit ihrer wirren Mischung von Isolation, Erwählungsgefühl und Feindschaft gegen die gefallene Außenwelt". So - und mit viel gutem Willen - könnte dies dann doch noch ein hochbrisanter Horrorroman sein, "erschreckend und ambivalent, ganz wie die Bücher aus Kings großer Zeit".

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"Stephen King ist zurück. Grandios vom ersten bis zum letzten Wort. Ein fesselnder Horrorthriller mit dem psychologischen Feinsinn, der King schon immer ausgezeichnet hat." Bild am Sonntag