der neueste Roman aus einer Serie von etwa zwanzig Fallgeschichten, in denen Roland Hassel die Hauptrolle spielt. Seine gewalttätigen Gegenspieler bringt er gern mit ruppigen Methoden zur Strecke. Er ist eine Art schwedischer Schimanski, dem seine Impulsivität gelegentlich Ärger einträgt.
Olov Svedelid ist in seinem Heimatland seit dreißig Jahren als äußerst produktiver Autor von Spannungsliteratur, Biographien und historischen Romanen, aber auch als Kinderbuchautor beliebt. Hierzulande besticht an schwedischen Kriminalromanen oftmals die Exotik des Naheliegenden: Allein die Straßennamen der Stadt am Mälarsee versetzen deutsche Leser in ein unerforschtes Terrain innerhalb der Grenzen der Europäischen Union. Hassel schleift uns in die Drogenszene trister Vororte, genießt die Heimeligkeit der Kneipen im ehemaligen Arbeiterviertel Södermalm und spaziert durch bürgerliche Stadtteile, in denen Menschen wohnen, "die noch nie von Krisen, Fehlbeträgen und Dönerkebab gehört hatten".
Svedelids penibel recherchierter Kriminalroman liest sich dann am besten, wenn die Fakten in der Erlebniswelt des Erzählers aufgehen, wenn der Polizist Hassel die Beklemmung in der Zelle schildert oder die Landratte Hassel über das Leben auf See staunt. Fast erscheint der Roman wie ein spätes Kind der Liaison von Literatur und Journalismus, die in den siebziger Jahren in Schweden Erfolge als "Rapport-Literatur" feierte. Schwach wird die Geschichte, wenn Svedelid glaubt, empörende Nachrichten über moderne Sklaverei, Wirtschaftskriminalität und den bürokratischen Dschungel in modernen Industriestaaten abladen zu müssen. Sein Versuch, aus dem Euro-Cop Hassel nach amerikanischem Vorbild einen einsamen Gerechten im Kampf gegen das Böse zu machen, scheitert am Polizeiapparat westeuropäischer Wohlstandsdemokratien. Wo die Exekutive ebenso straff organisiert ist wie das internationale Verbrechen und der Große Lauschangriff zur legalen Fahndungspraxis erhoben wird, ist für den romantischen Alleingang kein Platz. VERA ABLEITINGER
Olov Svedelid: "Piraten". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Erik Gloßmann. Klein & Blechinger Verlag, Elsdorf 1997. 379 S., geb., 39,80 DM.
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