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Der geachtete US-Senator Stoddard (James Stewart) reist eigens aus der Hauptstadt an, um in einem kleinen Nest im Westen an der Beisetzung des ehemaligen Revolverhelden Tom Doniphon (John Wayne) teilzunehmen ... Was die beiden Männer verband, ist das nie gelüftete Geheimnis hinter einer großen Legende: Wer hat damals wirklich die kleine Pionierstadt Shinbone vom Terror des schießwütigen Desperados Liberty Valance (Lee Marvin) befreit?
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Produktbeschreibung
Der geachtete US-Senator Stoddard (James Stewart) reist eigens aus der Hauptstadt an, um in einem kleinen Nest im Westen an der Beisetzung des ehemaligen Revolverhelden Tom Doniphon (John Wayne) teilzunehmen ... Was die beiden Männer verband, ist das nie gelüftete Geheimnis hinter einer großen Legende: Wer hat damals wirklich die kleine Pionierstadt Shinbone vom Terror des schießwütigen Desperados Liberty Valance (Lee Marvin) befreit?

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.07.2023

Auf Lügen gebaut

John Fords später Western mit John Wayne und James Stewart hinterfragt den Gründungsmythos Amerikas.

Nordamerika hat in seiner Vorgeschichte kein Griechenland, kein Mittelalter und keine Renaissance. Deshalb hat es nur wenige Geschichten darüber, was alles angeblich traditionsbildend war, überwunden oder wiederentdeckt wurde. Die Vereinigten Staaten haben tatsächlich auch gar nicht viel überwunden, es ist so gut wie alles, was zur Zeit ihrer Gründung da war, immer noch da: die Skepsis gegenüber dem Staat, die krasse Ungleichheit zwischen Schwarz und Weiß, der Waffenbesitz, die Todesstrafe. Es ist alles nur sehr viel mehr geordnet. Deshalb erzählt es sich seine Geschichte anders. Zwei Filmgattungen sind dabei wichtig: der Mafiafilm ("Once Upon a Time in America") und der Western. Erzählt wird beides Mal, wie mühsam sich der Rechtsstaat durchsetzte, wie Selbstjustiz und bloße Gewalt überwunden werden. Am Anfang, so erzählt es vor allem der Western, herrschte nicht das Gesetz, sondern es gab Land(weg)nahme, Sklaverei und Faustrecht. Und dann kommt ein Held, und die neue Ordnung ist da.

John Fords später Film "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" (1962) bezichtigt diese Geschichte der Lüge. Der Held, Ransom Stoddard, gespielt von James Stewart, bringt als junger Mann einen Haufen Gesetzbücher mit ins Städtchen Shinbone. Dort will er sich niederlassen. Die Bücher werden dem Anwalt schnell abgenommen, von Liberty Valance, einem von Lee Marvin irre gespielten Räuber und Auftragsmörder, der Stoddard drangsaliert, die Gemeinde gewalttätig in Angst hält und die Interessen der Großgrundbesitzer mit dem Revolver vertritt. Die bestehen darin, eine föderale Staatengründung samt zentraler Gesetzgebung aus Washington zu verhindern. Denn Freiheit ist für die einen die Freiheit, zu tun, was sie wollen, für die anderen aber heißt sie, geschützt vor Willkür zu sein. Dazwischen befindet sich der zielsichere Tom Doniphon, der sich als kleiner Farmer nur auf sich selbst verlässt, auch keinen Staat braucht, aber dem Ideal des "Fair Play" anhängt.

Der Film berichtet, wie aus dem hilflosen Anwalt, der sich zunächst als Tellerwäscher verdingt, eine Respektsperson wird, die im Duell den Pistolero erschießt, um danach als Abgeordneter in Washington, Senator und Botschafter zu reüssieren. Tatsächlich war er aber gar nicht der Mann, der in Notwehr Liberty Valance erschoss. Denn das war aus dem Hinterhalt Tom Doniphon, den naturgemäß John Wayne spielt.

Am Anfang waren also kein Recht und kein Held, sondern ein Mord, begangen von einem Mann der alten Verhältnisse. Es genügt, mit anderen Worten, nicht, Recht zu haben. Der wahre Held aber bleibt notwendig im Dunkeln und wird vergessen. Der Eindruck, es sei beim Übergang zum Rechtsstaat mit rechten Dingen zugegangen, verdankt sich dem Verschweigen. Auch der Zeitungsmann, dem der alte Stoddard die Geschichte seiner Lebenslüge erzählt, behält sie für sich, denn Mythen soll man nicht zerstören: Die neue Ordnung muss von einem Mann der neuen Ordnung hergestellt worden sein.

So kann man sich täuschen, sagt John Ford dem Kinopublikum. Doniphon ist der tragische Held der Ordnungsstiftung. Das Mädchen Hallie Ericson, das er liebt, gespielt von Vera Miles (die zwei Jahre zuvor in "Psycho" unter der Dusche gestanden hatte), bleibt beim vermeintlichen Helden, nicht zuletzt weil er ihr das Lesen beibringt und insofern für eine Zukunft steht, die sich nicht in Revolverduellen und Landwirtschaft erschöpft. Will sagen: Die bloße Stärke überwindet die Logik, wonach der Stärkere immer recht hat, um daraufhin abdanken zu müssen, weil eben auch der gewaltsame Sieg über den Stärkeren kein Recht begründet. So dialektisch ist der Mythos der politischen Gründungsaktionen im Wilden Westen.

Es sind bleibende, aber von Traurigkeit begleitete Erfolge der Zivilisation, von denen John Fords Film berichtet. Die wilden Jahre Shinbones sind vorbei, es gibt dort keine Mexikaner mehr, die Stoddards blieben kinderlos, und Hallie trauert ersichtlich Tom Doniphon, ihrer Jugend und den Kaktusrosen nach. Ford hat aber noch einen Vorbehalt in den Film eingebaut. Denn Doniphon selbst überlebt die Gesetzlosigkeit nur, weil er stets Pompey, einen Schwarzen, zur Seite hat. Gespielt wird Pompey von Woody Strode, dessen Mutter aus dem Stamm der Blackfoot stammte, und Ford gab ihm die beste Zeile des Drehbuchs. Im Leseunterricht bei Stoddard soll er die Unabhängigkeitserklärung wiedergeben, es fällt ihm die Zeile "all men are created equal" nicht mehr ein, und er sagt: "Ich wusste das, Mr. Ranse, aber ich habe es einfach vergessen."

Der Chicagoer Philosoph Robert B. Pippin hat in seiner Deutung des Films - in "Hollywood Westerns and American Myth" -, der wir hier gefolgt sind, darauf hingewiesen, dass die großen Western allesamt düstere, überschattete Handlungen haben. In ihnen geht es nicht um Gut gegen Böse, sondern um das Zweifelhafte. Sie lehren uns nicht Eindeutigkeit, sondern dass wir mit der Lüge leben müssen. Und sie lehren uns, dass John Wayne interessanter ist als James Stewart. JÜRGEN KAUBE

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