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Die unglaubliche, aber wahre Geschichte über einen mittellosen Jungen aus dem Trailerpark, der eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, und sich auf die Suche nach ihm macht das Abenteuer seines Lebens.

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Produktbeschreibung
Die unglaubliche, aber wahre Geschichte über einen mittellosen Jungen aus dem Trailerpark, der eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, und sich auf die Suche nach ihm macht das Abenteuer seines Lebens.
Autorenporträt
Benedict Wells wurde 1984 in München geboren, zog nach dem Abitur nach Berlin und entschied sich gegen ein Studium, um zu schreiben. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit diversen Nebenjobs. Sein vierter Roman, ¿Vom Ende der Einsamkeit¿, stand mehr als anderthalb Jahre auf der Bestsellerliste, er wurde u.a. mit dem European Union Prize for Literature (EUPL) 2016 ausgezeichnet und ist bislang in 38 Sprachen erschienen. Nach Jahren in Barcelona lebt Benedict Wells in Zürich.
Rezensionen
»Ein Ausnahmetalent in der jungen deutschen Literatur.« Claudio Armbruster / ZDF ZDF

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2011

Du bist verantwortlich für dein Leben

Der junge Autor Benedict Wells debütierte vor zwei Jahren mit "Becks letzter Sommer". In seinem neuen Roman erzählt er von den Folgen einer "Samenbank der Genies", die es in den achtziger Jahren tatsächlich gab.

Als Oprah Winfrey in diesem Frühjahr in einem großen Finale Abschied von ihrer Show nahm, hatte ihre flammende Rede eine Botschaft: "You are responsible for your life." Nun, da im Sommer ganze Häuserzeilen in London brennen, Jugendliche plündernd durch die Straßen von Tottenham ziehen, mit großer Wut und ohne jede Perspektive, stellen Kommentatoren fest, dass hier eine Generation herangewachsen ist, die nicht gelernt hat, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Debatten über die soziale Frage schlagen wieder hoch: der ideale Zeitpunkt für das Erscheinen eines Romans, dessen junger Autor wissen will, ob und wie weit das Leben eigentlich in den eigenen Händen liegt.

Der junge Autor ist Benedict Wells, siebenundzwanzig Jahre alt, einer, der sich gut als Originalgenie verkauft: Nach dem Abitur machte er keine Ausbildung, nahm kein Studium auf, sondern lebte in Berlin von Jobs und für das nächtliche Schreiben. Vor zwei Jahren debütierte er erfolgreich mit "Becks letzter Sommer" im Diogenes Verlag. Den unbedingten Willen ein Schriftsteller zu sein, durfte der verträumt blickende Autor jüngst in einem Beitrag des "heute journals" zum Ausdruck bringen. Für seinen neuen Roman wählt Wells einen sozial deklassierten Protagonisten, einen jungen Amerikaner, der mit einer depressiven Mutter in einem Trailerpark wohnt, ungern lernt und sich auf der Loser-Spur sieht. Ihn umgibt die soziale Determination. Der trinkende Nachbar vergreift sich lärmend an den Töchtern. Mit einem Dealer sitzt der Held nachts vor der Tür und sinniert, dass die Menschen ihrer Wohnwagensiedlung in Ketten liegen.

Doch dann passiert etwas Erstaunliches und man merkt dem Buch förmlich an, wie begeistert der Autor darüber war, auf eine literarisch so gut verwertbare Geschichte gestoßen zu sein. Der junge Francis erfährt, dass er als Retortenkind auf die Welt kam und nicht nur das: Er ist Teil eines Projekts zur Züchtung einer neuen genetischen Elite. Benedict Wells greift auf die reale Gründung einer "Samenbank der Genies" in den frühen achtziger Jahren zurück. Der amerikanische Multimillionär Robert Graham hatte Spermien von Nobelpreisträgern, hochkarätigen Wissenschaftlern und Olympiasiegern zu sammeln versucht, um sie an weibliche Versuchspersonen weiterzugeben und den Niedergang der Menschheit durch "intelligente Selektion" aufzuhalten. 215 Retortenkinder entstanden, bevor die Samenbank 1999 geschlossen wurde. Das Projekt galt aus unterschiedlichen Gründen als gescheitert und ideologisch als überaus dubios.

Für Francis ergibt sich durch seine Herkunft und die Hoffnung auf "geniale Gene" eine völlig neue Perspektive. Er glaubt plötzlich, sein Leben herumreißen zu können und will seinen Vater ausfindig machen. Also überredet er seinen hässlich scheuen Schulfreund und ein etwas verrücktes Mädchen zu einer Reise quer durchs Land - ein Roadmovie beginnt. Die Eckdaten des literarischen Lebensweges halten sich dabei eng an die Biographie eines wirklichen Retortenkindes. Der amerikanische Autor und Journalist David Plotz hatte 2005 in "The Genius Factory" seine Recherchen zu dreißig "Kindern aus dem Eis" der Samenbank publik gemacht, ihre Karrieren, ihre inneren und äußeren Konflikte dargestellt. Mehr als eine dieser Lebensgeschichten findet sich fiktionalisiert in Benedict Wells' Buch und auch er verhandelt die oft gestellte Frage nach dem Einfluss von Genen, von Erziehung und Prägung. Aber so reizvoll die Konstellation auch ist: Der Autor ist seinem Thema nicht gewachsen. Gedanken zur Eugenik und den Grenzen der Wissenschaft bleiben auf einem intellektuell höchst unbefriedigenden Niveau: "Die Leute vergessen nur, dass jede Tür, die einmal geöffnet wurde, nie mehr geschlossen werden kann. Was machbar ist, wird auch getan, egal, wie gefährlich es ist. Siehe die Atombombe."

Natürlich möchte Benedict Wells nicht nur die literarische Illustration eines verrückten Experiments und eines typischen Themas unserer Zeit liefern. Deshalb kleidet er die Geschichte von Francis in eine klassische Coming-of-age-story. Der Protagonist befindet sich mit seinen siebzehn Jahren an einem kippeligen Punkt des Erwachsenwerdens, an dem er nicht nur über sich und seine merkwürdige Familie nachdenkt, sondern auch über seine Freundschaft zu Grover, den Fahrer des Chevy, neben dem er auf der Reise durch die Staaten sitzt und in die vorbeiziehende Landschaft sieht. Der Freund hat eine mathematische Zukunft in Yale vor sich und ist wie er verliebt in die schöne Anne-May auf dem Rücksitz, die, leicht suizidal, vor der Vergangenheit und den Zumutungen einer erfolgreichen Familie flieht: "Weißt du, von wem der Bau hier ist?", fragt Francis. "Mein Vater ist mit dem Architekten befreundet, er ist von Gehry." Die kontrastierenden Figuren sind nicht gerade subtil angeordnet. Viel schlimmer aber ist, dass die jungen Leute ihre Gefühlsturbulenzen und Auseinandersetzungen mit der Welt der Erwachsenen mehr aufsagen als empfinden.

Es gelingt Benedict Wells nicht, eine junge Perspektive zu etablieren. Was insofern verwundert, als es ihm in seinem Debüt durchaus möglich war, die Lebenskrise eines Enddreißigers überzeugend und amüsant zu gestalten. Aber sie ist ja auch speziell diese Mischung aus ganz offener Wahrnehmung, erregter Erwartung von - ja so genau weiß man das eigentlich gar nicht -, unendlichen Möglichkeiten, dem Gefühl, der Welt zu gehören, sie zu verachten, nicht dazuzugehören. Zuletzt hat Wolfgang Herrndorf mit seinem wunderbaren Roman "Tschick" die Tradition fortgeführt, in die sich auch Wells stellt, wenn er "Huckleberry Finn" zitiert und auf Salinger anspielt. Anders als Herrndorf findet Wells aber keine Sprache, die der Jugend der Protagonisten entspricht. Seine Sprache bleibt blass und unspektakulär mit gelegentlichen Einsprengseln von Jargon, "Das Leben ist scheiße, weil das Leben scheiße ist", und folgt dem unangenehmen Trend der Umgangssprache zur inflationären Verwendung des Plusquamperfekts.

Durchmessen wird im Roman von Benedict Wells nicht nur eine Lebensphase, sondern auch ein großes Land. Von Claymont nach New York, durch den Mittleren Westen nach Las Vegas, San Francisco, Los Angeles und schließlich bis ins mexikanische Tijuana führen die Kapitel, dorthin, wo Francis die Wahrheit über seinen Vater erfährt. All die Städte und Landschaften, die auf der Suche nach Fakten über die Herkunft von Francis, nach Liebe und nach Abenteuern durchmessen werden, sind mit ihren typischen Attributen versehen: "Unzählige Taxis fuhren an ihnen vorbei, Ströme gelber Wagen in den Häuserschluchten" (New York). "Überall blinkte und flirrte es ihnen entgegen, jedes einzelne Licht schien um ihre Aufmerksamkeit zu buhlen" (Las Vegas). Auch tauchen in regelmäßigen Abständen Namen gängiger Restaurants und Motelketten auf, und doch bleibt das Land merkwürdig unamerikanisch und ohne Atmosphäre.

Keine so lohnende Lektüre, wie es die hochschnellenden Verkaufszahlen verheißen - aber doch ein Romanschluss mit einiger Rasanz und der Frage nach der menschlichen Freiheit: Francis, in großen erzählerischen Sprüngen erwachsen geworden, versucht, dem genetischen und sozialen Einfluss ein bisschen Selbstbestimmung abzutrotzen. Aber er zweifelt, er zweifelt so sehr an der Möglichkeit, sein Leben selbst zu führen, dass er beschließt, sich in die Hände des Zufalls zu begeben. Im Kasino spielt er um Kopf und Kragen. Die rollende Roulettekugel zieht den Leser doch noch in ihren Bann. Und in seinem Kopf dreht sich schwindelnd der Satz: "Du bist verantwortlich für dein Leben!"

SANDRA KERSCHBAUMER

Benedict Wells: "Fast genial".

Roman.

Diogenes Verlag. Zürich 2011. 322 S., geb., 19,90 [Euro]

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2013

NEUE TASCHENBÜCHER
Auf dem Trip
ins wirkliche Leben
„Du warst ein Retortenbaby, Francis“, dieser Satz im Abschiedsbrief seiner Mutter nach ihrem Selbstmordversuch ist das Hoffnungssignal, auf das der Achtzehnjährige verzweifelt gewartet hat. Sein Vater, angeblich ein genialer Wissenschaftler, wird ihn aus seinem sozialen Elend und von den quälenden Selbstzweifeln befreien. Die Suche nach ihm, inzwischen eine existenzielle Frage, treibt Francis auf einen Trip quer durch die USA, auch, um sich den Traum von einem Leben in der Upperclass mit einem Gewinn in Las Vegas zu erfüllen. Der Beginn einer klassischen Roadnovel, mit der üblichen Selbstfindung? Immer mehr entwickelt sich „Fast genial“ von Benedict Wells zu einer typischen Dreiecksgeschichte, denn der Freund Grover, ein echter Nerd, und die wunderschöne, labile Ann-May begleiten ihn. Das Spiel mit den Erwartungen des Helden bleibt spannend, aber trotz ungewöhnlicher Erlebnisse und manchmal hoffnungsvoller Wendungen zutiefst pessimistisch. Selbsterkenntnis und Liebe bleiben ambivalent, ihnen ist nicht zu trauen. Genauso wenig wie dem Happy End. Wenn es dieses denn überhaupt gibt.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
    
    
    
Benedict Wells:
Fast genial. Diogenes Verlag Zürich, 2013.
336 Seiten, 10,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Enttäuscht legt Sandra Kerschbaumer den neuen Roman von Benedict Wells beiseite. Die Erwartungen waren aber auch groß nach Wells' Debüterfolg "Becks letzter Sommer". Nun muss sich Kerschbaumer mit einem wenig plastischen Coming-of-age-Roadmovie durch die USA abgeben, das zwar auf einer guten Idee basiert (Loser entdeckt seine Herkunft und seine genialen Gene), das der Autor jedoch nicht in den Griff bekommt, wie sie feststellen muss. Woran das junge Personal so leidet, erreicht Kerschbaumers Sinne eher als Abzählreim, denn als Empfindung, und von New York bis Las Vegas bietet die Kulisse nur erwartbar Kulissenhaftes, nichts Atmosphärisches. Schade, findet Kerschbaumer.

© Perlentaucher Medien GmbH