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"Der Fuchs weiß viele Dinge, aber der Igel weiß ein großes Ding." Dieses Versfragment des griechischen Dichters Archilochos beschreibt die zentrale These von Isaiah Berlins (1909-1997) meisterhaftem Essay über Tolstoj, in dem er eine fundamentale Unterscheidung trifft - zwischen Leuten (Füchsen), die sich von einer unendlichen Vielfalt von Dingen angezogen fühlen, und solchen (Igeln), die alles auf ein einziges, umfassendes System beziehen.Tolstoj sehnte sich nach einer einheitlichen Sicht der Dinge, aber seine Wahrnehmung von Menschen, Sachen und historischen Augenblicken war so genau, daß er…mehr

Produktbeschreibung
"Der Fuchs weiß viele Dinge, aber der Igel weiß ein großes Ding." Dieses Versfragment des griechischen Dichters Archilochos beschreibt die zentrale These von Isaiah Berlins (1909-1997) meisterhaftem Essay über Tolstoj, in dem er eine fundamentale Unterscheidung trifft - zwischen Leuten (Füchsen), die sich von einer unendlichen Vielfalt von Dingen angezogen fühlen, und solchen (Igeln), die alles auf ein einziges, umfassendes System beziehen.Tolstoj sehnte sich nach einer einheitlichen Sicht der Dinge, aber seine Wahrnehmung von Menschen, Sachen und historischen Augenblicken war so genau, daß er nicht anders konnte, als zu schreiben, wie er sah, fühlte und verstand. Er war von Natur ein Fuchs, der ein Igel sein wollte.
Autorenporträt
Isaiah Berlin, geboren 1909 in Riga, war von 1957 bis 1967 Professor für Sozialphilosophie und Politische Theorie in Oxford, von 1974 bis 1978 Präsident der Britischen Akademie der Wissenschaften. Er starb 1997.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2009

Im Fuchsbau

Als Tolstoi sich gegen Ende seiner Karriere geschichtsphilosophischen Fragen zuwandte, wünschten Turgenjew und Flaubert, er möge zu seinem Kerngeschäft zurückkehren. Doch der Schriftsteller hatte schon Fahrt aufgenommen: Er wollte den Roman überwinden zugunsten eines Gedankens, der sich über den vitalen Kräften des Lebens, der Geschichte und der Literatur würde aufspannen lassen. Wie notwendig er daran scheiterte, beschrieb Isaiah Berlin schon 1953. In seinem brillanten Essay "Der Igel und der Fuchs" befreite er seinen Gegenstand - die Verteidigung des Propheten gegen den Poeten Tolstoi - vom Gestrüpp historischer Vorurteile: "Alles, was Tolstoi über die Geschichte schreibt, trägt den Stempel seines eigenwilligen Charakters und besitzt dadurch die Frische, die den meisten versagt ist, die über abstrakte Probleme schreiben." Die Sottise traf keine Geisteszwerge. Wie Tolstoi hatte auch Henri Bergson es auf die Versöhnung der individuellen Lebenserfahrung mit dem Strom des Daseins abgesehen. Weil Isaiah Berlin Tolstoi in dieser Hinsicht ernster nahm als jeder andere Denker, konnte er auch sein Scheitern ins Auge fassen. Mit Archilochos' Parabel von Vielwisser Fuchs und Systemdenker Igel schuf Berlin eine unvergessene Typologie der Intellektuellen des neunzehnten Jahrhunderts: "Die Hypothese, die ich aufstellen möchte, ist, dass Tolstoi seiner Natur nach ein Fuchs war, selbst aber glaubte, ein Igel zu sein." In der Bibliothek Suhrkamp lässt sich dieser Behauptung im hundertsten Geburtsjahr Isaiah Berlins jetzt erneut nachgehen. (Isaiah Berlin: "Der Igel und der Fuchs". Essay über Tolstojs Geschichtsverständnis. Aus dem Englischen von Harry Maor. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 101 S., geb., 12,80 [Euro].) teut

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Nicht mehr aus der Hand legen mochte Rezensent Alexander Cammann diesen Essay über Tolstojs Geschichtsdenken von 1953, den er zu den schönsten zählt, die der politische Philosoph geschrieben hat. Nicht nur die darin aufblitzende Brillanz, auch die elliptischen Umkreisungen, mit denen sich Isaiah Berlin seinem Thema annähert, beeindrucken ihn sehr, da er auf diese Weise den Gegenstand wesentlich genauer konturiert findet, als auf dem Weg des Thesenschnellschusses. Auch sei dieser Essay die Quelle von Berlins berühmter Unterscheidung der beiden Denkertypen Igel und Fuchs: der Fuchs wisse viele Dinge, der Igel eine große Sache, wobei er Hegel, Platon oder Proust zu den Igeln, Joyce, Goethe, Aristoteles oder Montaigne zu den Füchsen zähle. Und auch Tolstoj, dessen Roman "Krieg und Frieden" davon handele, dass das Individuum aus eigener Kraft den Gang der Dinge weder verstehen noch beherrschen könne.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Zu den schönsten Essays des politischen Philosophen gehört seine Annäherung an das Geschichtsdenken von Leo Tolstoj.« Alexander Cammann DIE ZEIT 20090604