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Wie das Kamel zu seinem Höcker kam, wie der Elefant seinen Rüssel kriegte, das Nashorn seine faltige Haut und der Leopard seine Flecken all das und noch viel mehr erfahren wir in Rudyard Kiplings witzigen Vorlese-Geschichten, die zur Pflichtlektüre auf jeden kleinen und großen Nachttisch gehören.

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Produktbeschreibung
Wie das Kamel zu seinem Höcker kam, wie der Elefant seinen Rüssel kriegte, das Nashorn seine faltige Haut und der Leopard seine Flecken all das und noch viel mehr erfahren wir in Rudyard Kiplings witzigen Vorlese-Geschichten, die zur Pflichtlektüre auf jeden kleinen und großen Nachttisch gehören.
Autorenporträt
Rudyard Kipling (1865-1936), wurde in Bombay geboren, wuchs aber - wie es damals üblich war - in Großbritannien auf. Im Alter von 17 Jahren kehrte er nach Indien zurück und begann als Journalist für anglo-indische Zeitungen zu arbeiten. Seine literarische Karriere begann 1886 mit Kurzgeschichten. Zu der Zeit, als die Dschungelbücher veröffentlicht wurden (1894/95) war er bereits einer der berühmtesten lebenden Schriftsteller Großbritanniens. Er erhielt 1907 im Alter von nur 42 Jahren den Nobelpreis für Literatur.

Gisbert Haefs, geb. 1950 in Wachtendonk am Niederrhein, lebt und schreibt in Bonn. Als Übersetzer und Herausgeber ist er unter anderem für die neuen Werkausgaben von Ambrose Bierce, Rudyard Kipling und Jorge Luis Borges zuständig. Zu eigenem schriftstellerischen Erfolg gelangte er nicht nur durch seine Kriminalromane, sondern auch durch seine farbenprächtigen historischen Werke 'Hannibal', 'Alexander' und 'Troja'. Mit 'Raja' hat Gisbert Haefs ein grandioses Werk vorgeleg

t, das einmal mehr seinen Ruf als Meister des historischen Romans bestätigt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2011

Wie ein Dichter dem lieben Gott zu Hilfe eilte

Schon vor hundert Jahren hat die Welt Rudyard Kipling als bloßen Kinderbuchautor und verachtenswerten Imperialisten zu Grabe getragen. Insgeheim aber lebte er in anderen Autoren fort: Denn was wüssten wir ohne ihn von Osten, Westen und davon, was Literatur eigentlich ist?

Von Markus Gasser

Ihr entkommt keiner: Soni ist die Königin des Gateway of India im Süden Bombays, der Bom Bahia, "Schönen Bucht", an der Küste des Arabischen Meeres. Mit der Energie eines Pandit Nehru regiert sie die Bettler rund um das Taj Mahal Palace Hotel und bringt im Jahr ungefähr so viel Geld zusammen, wie drei Nächte in diesem Hotelpalast kosten, das in einer anderen Zeit zu stehen scheint. Kaum dass der Reisende aus Europa das Hotel verlässt, wird er zu einem Rupienbündel auf zwei Beinen und zum Weißen, der seine Hautfarbe derart lästig in den unbeirrt starrenden Augen der Passanten spürt, dass er sich wünscht, zur Unsichtbarkeit verdammt zu sein.

Auf Dauer aber flüchtet unser Reisender vergebens vor diesem Bombay, dessen Geschichte auch die seine ist. Denn ob er sich im Gewirr des viktorianischen Crawford Market verliert, für dessen hindumythologischen Zierate Rudyard Kiplings Vater Lockword verantwortlich war, oder ob er gleich einem britischen Kolonialbeamten den schmalen, zweistöckigen Baracken der finsteren Slumfluchten entlangstolpert und in die Nähstuben glotzt, wo Männer im Halbdunkel dichtgedrängt an ihren Maschinen hocken und ihm freundlich zulächeln - der Reisende schleppt ein Vermächtnis mit sich, die demütigend hässliche Erbsünde des Imperialismus, für den seit je in Ost wie West der Name Rudyard Kipling steht. Kipling ist der einzige Schriftsteller, dem die zweifelhafte Ehre zuteil wurde, mit Hitler verglichen zu werden. Zu Recht?

Nur im Taxi kommt der Reisende ungehindert an Sonis Hofstaat vorbei zur Bombay School of Art, auf deren Campus inmitten struppiger Palmen in einem verwilderten Garten Rudyard Kiplings Geburtshaus zur Abbruchreife verfällt. In Bombay bekümmert das keinen: Einst ein lebendiges Kultobjekt und der noch heute jüngste Nobelpreisträger der Literaturgeschichte (er war 41 Jahre alt, als er 1907 geehrt wurde), gehört Kipling spätestens seit seinem Tod 1936 zu den großen Verlierern auf dem Börsenmarkt literarischer Reputation, und dem Schwinden seiner Bedeutung sehen wir noch immer wie einer Exekution in Zeitlupe zu. Schuld daran sind namentlich seine Zeilen von der "Bürde des weißen Mannes", die das amerikanische Imperium auffordert, seine besten Söhne ins Kolonialexil zu verbannen, um den eigenen Gefangenen dort zu Diensten zu sein, die halb noch Kinder seien und halb Dämonen, bis sie dem Westen ebenbürtig sind.

Ein starkes Stück, so man nicht weiß, dass Kipling fürchtete, die Vereinigten Staaten würden die Philippinen nur besetzen, um sie auszubeuten, und auf den ersten Blick so unverzeihlich in seiner trunkenen Überheblichkeit, dass Kipling heute gerade auf die postkolonial geläuterte Intellektuellenwelt wie die verschlagen dreinblickende Ausgeburt eines Sumpfkobolds wirkt, der am liebsten ganze Legionen möglichst frischer Rekruten gegen Gandhi in den Krieg gepredigt hätte. Und tatsächlich war Kipling, glaubt man Christopher Hitchens, Gandhis Gegenstück - gerade darin, dass er nie auf den Gedanken verfallen wäre, Hitler mit passivem Widerstand zu begegnen, wie Gandhi es sich für Europa wünschte, und Indien in einen spirituell weltabgewandten Agrarstaat zurückzuverwandeln: "Wer würde sich denn auch einen Impfstoff injizieren lassen, den ein Mönch - Christ oder Hindu - entwickelt hat?"

Die Swastika, die neben dem elefantenköpfigen Ganesha, Gott des glückhaften Beginnens, Kiplings Schriftstelleremblem war, gab ihm noch zusätzlich ein willkommenes faschistisches Flair - da mögen noch so viele Gläubige auf dem indischen Kontinent in Hindu- und Jaina-Tempeln aus Reiskörnern geduldig ihre Swastikas formen, die nichts weiter besagen als "Glück". Und längst ist vergessen, dass Kipling bei der berüchtigten Formel "halb Dämon und halb Kind" auch auf sich selber zielte: Sein daimon war die Intuition, von der er sich während des Schreibens wie von Geisterhand leiten ließ, und dieses himmlische Teufelchen nannte er, ein delikates Detail, auch "Allah", so wie sich selber "halb zivilisiert" und ein "ewiges Kind" - wo auch immer sich nur eine Gelegenheit bot, mit Kindern zusammenzusein, lief er wortlos vor jeder Erwachsenenrunde davon. Nicht umsonst ging die Fotografie um die Welt, auf der er an Bord eines Ozeandampfers im Liegen knienden Kindern Geschichten erzählt. Die gebannten Mienen sprechen Bände.

So sind zu viele Irrtümer über Kipling im Umlauf, und sie entstellen die Geschichte der westlichen wie östlichen Kultur. Ohne ihn wäre weder Bertolt Brecht, William Faulkner noch Gabriel García Márquez, weder V. S. Naipaul noch R.K. Narayan, weder Arundhati Roy noch Kiran Desai denkbar, und Jorge Luis Borges und Salman Rushdie schon gar nicht: Wenn Rushdie den Titel seines kiplingnahen Bandes "Osten, Westen" mit dem Satz erläuterte, der Beistrich dazwischen sei er selbst, dann war Kipling Osten und Westen in Personalunion und Inbegriff von Goethes "Weltliteratur": Er glich zeitlebens jener südlichsten Spitze Indiens, Cape Comorin, Kanyakumari, wo drei Ozeane ineinanderfließen, um sich bis an die Antarktis zu erstrecken.

1865 in Bombay geboren, sprach er bis zu seinem sechsten Lebensjahr besser Hindi als Englisch und galt bei den Einheimischen sogar dem Äußeren nach als Inder, der er auch als Brite lebenslang blieb, so wie der singhalesische Schriftsteller Michael Ondaatje zugleich ja auch Kanadier sein kann. Nicht aus Zufall klingt in Ondaatjes "Englischem Patienten" der Name des minenentschärfenden indischen Soldaten der britischen Armee wie ein Spitzname von Kipling, "Kip", dessen Geliebte Hana mit Hilfe ihres Patienten Graf de Almásy "Kim" zu lesen lernt, in dem sich Kipling selbst als kleinwüchsiger "Freund der ganzen Welt" porträtiert.

"Gebt mir die ersten sechs Jahre eines Kinderlebens und behaltet den Rest": Kipling liebte die Besuche in allen Tempeln der Stadt an der Seite seiner ayah, seiner Kinderfrau, mit ihren Abermillionen von Göttern, deren verdächtige Überzahl ihm anriet, nur aus Höflichkeit offiziell kein Agnostiker zu sein. Bombay war seine Mutter und sein Paradies am Ende der Welt, und in Paradiesen lebt man bekanntlich nur, um daraus vertrieben zu werden.

Noch kurz vor seinem Tod würde er sich an jene Nacht erinnern, da seine Mutter, aus Bombay bei ihm in England auf Besuch, wo er eine wahre britische Erziehung genießen sollte, an sein Bett trat, er aufschrak und seine Hände schützend vors Gesicht hielt: Er war allmorgendlich mit Prügeln geweckt worden und erblindete fast daran. Da ihm im "Haus der Verzweiflung" in Southsea das Spielen verboten war, hatte er nach seinem Kurzstudium beschlossen, auf dem Papier weiterzuspielen. Ganesha ließ sich das "Mahabharata" nur unter der Bedingung diktieren, dass der Autor Vyasa keinen Moment stocke - und Vyasa sprach so schnell, dass Ganesha einen seiner elfenbeinernen Stoßzähne abbrechen musste, um ihn als Griffel zu benutzen: Selbst die beeindruckenden Mengen Opium, die Kipling in Lahore zu sich nahm, hinderten ihn nicht daran, bis zu fünfzehn Stunden am Tag zu arbeiten, und wenn er sich von seinem Schreibtisch erhob - wieder war eine Feder zerbrochen und seine Kurta über und über mit Tinte wie von Blut bespritzt -, beschlich ihn das Gefühl, eine Mordstat begangen zu haben.

Was oft stimmte: In seinen besten, den phantastischen Erzählungen wie der "Geisterrikscha" ließ er seine Geschöpfe erbarmungslos zu Tode leiden, und im "Zeichen der Bestie" ("The Mark of the Beast") frisst und säuft sich der berserkerhaft dauerbetrunkene Kolonialist Fleete, eine "Hol-mich-der-Teufel-Existenz", mit seinen Freunden durch die Nacht und entweiht dabei den Tempel des Gottes Hanuman, indem er auf dessen Steinbild mit der Asche seines Zigarrenstummels ein paar Striche zeichnet. Von nun an entwickelt Fleete einen unersättlichen Appetit nach rohem Fleisch, knurrt und heult wie ein Wolf, was vom Geheul wirklicher Wölfe weit über die Felder her erwidert wird. Erst als der Hüter des Tempels den Fluch von ihm nimmt, ist Fleete so weit geheilt, dass er - so Kiplings drastische Pointe - lebenslänglich in eine Irrenanstalt eingewiesen werden kann: Der Kolonialist, der dem indischen Tempel das Stigma seiner eigenen Bestialität aufdrückte, bleibt selbst auf immer davon gezeichnet.

Nein, das ist nicht das Werk eines Imperialisten, der lediglich die Heimatlosigkeit der nach Indien rekrutierten Kolonialbeamten schilderte, angestarrt von den Indern wie ein Geschöpf aus einem anderen Planetensystem, ungeliebt und verehrt zugleich noch zu jener Zeit, als sich das Netz, das England über den Kontinent geworfen hatte, aufzulösen begann. Es sei ein fataler Irrtum, warnte Borges, "jenen genialen Schriftsteller, den die Sterblichen Kipling nennen", an seinen politischen Eintagsansichten zu messen, und Kipling war nicht einer, sondern viele - von einer Bewunderin um ein Autogramm gebeten, fragte er ratlos zurück: "Welches?" Und schickte ihr fünf.

Schon 1898 hatte er eine Popularität erreicht, die die eines jeden seiner schreibenden Zeitgenossen weit hinter sich ließ: Als er neben seiner Tochter Josephine an einer Lungenentzündung erkrankte und man um sein Leben bangen musste, versammelten sich Menschenmassen vor seinem New Yorker Hotel, um Neuigkeiten über seinen Zustand zu erfragen, als wäre er der Sohn Königin Viktorias. Josephine starb, und aus Schuldigkeit schrieb er jene "Just So Stories" nieder, die "Genau-so-Geschichten", die er seiner "Taffy" abends immer "genau so wie sonst immer" erzählen musste, da jede Abänderung dem Einschlafen hinderlich war. In den Geschichten erfindet Taffy die Schrift und damit auch den Beruf ihres Vaters, und alles daran scheint einer heiter leuchtenden Welt zu entstammen, da die Zeit selbst noch in ihrer Wiege lag: Die Geschichten muten an, als hätte Gott seine Schöpfung nicht vollenden können, und Kipling wäre ihm rasch zu Hilfe geeilt, um dem Kamel seinen Höcker zu verpassen und dem Leoparden sein geflecktes Fell. Wie seine beiden "Dschungelbücher" wirken sie tröstlich selbst auf jene, die gar nicht traurig sind.

So soll, folgt man George Orwell, Rudyard Kipling der einzige Schriftsteller seiner Epoche gewesen sein, der die englische Sprache um Wendungen und Wortschöpfungen bereichert hat, die unwissentlich selbst seine besten Feinde benutzen - die Bezeichnung "Hunnen" für die Deutschen etwa kam von ihm, als der Erste Weltkrieg begann. Diesem fiel in Flandern sein Sohn Jack zum Opfer, dem er das schönste unter den traurigsten Gedichten der Welt gewidmet hat: Kipling erfuhr, sein Sohn sei von einer Kugel getroffen worden, während er über einen Witz gelacht habe, und würde nun zu gerne wissen, wie dieser Witz ging, für Zeiten, in denen es wenig zu lachen gibt - "My son was killed while laughing at some jest. I would I knew / What it was, and it might serve me in a time when jests are few."

Einst träumte der indische Großschriftsteller Narayan, er lebe in einem fremden Land, dessen Obrigkeit von einem Tag auf den andern ein Ministerium einrichtet mit Revisoren von Geschichten, "controllers of stories" - ein Schreibfehler zwar, denn es sollten "controllers of stores" sein, also solche, die Lagerhäuser überprüfen, aber zu spät: Von nun an werden nurmehr staatsgenehme Geschichten toleriert. Ähnlich launisch hat man sich an Kipling vergangen: Einmal als Imperialist verflucht, ging von allen seinen dreißig Bänden, die er schrieb, selbst von dem unschuldigen Mowgli, der Geruch des Faschistoiden aus.

Doch war an Europa, sagen wir uns im Westen in weniger selbstkritischen Stunden vor, nicht alles schlecht. Am Rest der Welt auch nicht. Denken wir also an Rudyard Kipling, der beide in sich vereinte: Er wäre nicht mit einem Taschentuch vor der Nase durch Crawford Market gelaufen; er hätte Soni, der Königin des "Gateway of India", fünfhundert Rupien gegeben und sie nach ihrem Leben befragt und erfahren, dass sie sterbenskrank war, und eine Geschichte für sie ersonnen von der luxuriösen Pracht eines Gedichts.

Rudyard Kipling: "Genau-so-Geschichten oder Wie das Kamel seinen Höcker kriegte".

Mit Rudyard Kiplings Illustrationen. Herausgegeben und aus dem Englischen übersetzt von Gisbert Haefs. Unionsverlag, Zürich 2011. 252 S., geb., 12,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Markus Gasser holt weit aus, um Rudyard Kipling, nachdem man ihn zum jüngsten Literatur-Nobelpreisträger bis heute gemacht und später als faschistoiden Imperialisten gebrandmarkt hat, eine umfassende Ehrenrettung angedeihen zu lassen. Der Rezensent taucht in die bewegte Biografie des Schriftstellers ein, diskutiert umstrittene Äußerungen, die sich unter Gassers kritischem Auge doch als gänzlich aus dem Zusammenhang gerissen und gar nicht so böse lesen und wendet sich schließlich kurz seinen "Genau-so-Geschichten" zu. Kipling hatte seiner Tochter Josephine vor dem Schlafengehen diese Geschichten erzählt, die originelle Erklärungen für den Höcker des Kamels, die Flecken des Leoparden oder die Erfindung der Schrift bieten, lässt Gasser wissen. Mit diesen Erzählungen vom Weltenanfang wird Kipling selbst zum Schöpfer, der Gott "zu Hilfe eilt" bei der Schaffung der Welt, meint der hingerissene Rezensent.

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