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Bleicke Bleicken (1898-1973) verbrachte fast sein ganzes Leben auf Sylt, der Nordseeinsel, die heute für ihre schönen Strände genauso bekannt ist wie für ihre prominenten Urlauber. Bleicken eigentlich Lehrer und später Bürgermeister von Kampen / Sylt begann in den 1920er Jahren, seine Heimatinsel und ihre Bewohner in Bildern festzuhalten. Hier werden erstmals Aufnahmen aus seinem rund 3.600 Fotografien umfassenden Nachlass einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hauptthemen seiner Arbeit sind die weite Landschaft, die Dünen, das Meer und der Himmel über Sylt. Wasser und Sand, Wind und Licht…mehr

Produktbeschreibung
Bleicke Bleicken (1898-1973) verbrachte fast sein ganzes Leben auf Sylt, der Nordseeinsel, die heute für ihre schönen Strände genauso bekannt ist wie für ihre prominenten Urlauber. Bleicken eigentlich Lehrer und später Bürgermeister von Kampen / Sylt begann in den 1920er Jahren, seine Heimatinsel und ihre Bewohner in Bildern festzuhalten. Hier werden erstmals Aufnahmen aus seinem rund 3.600 Fotografien umfassenden Nachlass einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hauptthemen seiner Arbeit sind die weite Landschaft, die Dünen, das Meer und der Himmel über Sylt. Wasser und Sand, Wind und Licht sind seine Gestaltungsmittel. Familienabbildungen wechseln sich ab mit experimentellen Lichtstudien, soziale Dokumentarfotografie steht neben kontemplativen Landschaftsszenen. Bleickens Bilder zeigen Deutschlands beliebteste Insel, wie man sie heute nicht mehr kennt. Durch ihre künstlerische Komposition und als Zeugnisse längst vergangener Zeiten werden sie nicht nur Sylt-Fans in ihren Bann ziehen.
Autorenporträt
Christoph Stölzl, Historiker und Politiker, war Direktor des Münchner Stadtmuseums, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums in Berlin, Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin und Stellvertretender Chefredakteur und Feuilletonchef bei der Tageszeitung "Die Welt".

Fritz J. Raddatz, geb. 1931 in Berlin, gestorben 2015. 1960-69 stellvertretender Leiter des Rowohlt Verlags, 1977-85 Feuilletonchef der Zeit, von 1969- 2011 Vorsitzender der Kurt-Tucholsky- Stiftung. 2010 wurde er mit dem Hildegard-von-Bingen-Preis für Publizistik geehrt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2015

Mit einem Hauch von Wehmut

Als Bleicke Bleicken Sylt fotografierte, lebten die Bewohner noch von der Landwirtschaft, und die Kinder durften in den Dünen toben: Bilder eines Insel-Idylls.

Von Britta Nagel

Gern wäre er Fotograf geworden, aber um die Familie mit fünf Kindern satt zu bekommen, erschien Bleicke Bleicken der Beruf des Lehrers geeigneter und sicherer allemal. So verstand er sich zeitlebens als Amateur und keineswegs als Künstler. Erst wir wissen es besser, zweiundvierzig Jahre nach seinem Tod. Ein aufwendig gestalteter Bildband samt angehängter Ausstellung präsentiert ihn als einen Meister der Schwarzweißfotografie.

Das natürliche Wechselspiel von Licht und Schatten, von gleißender Sonne und dunklen Wolken ermöglichte ihm Naturaufnahmen von großer Eindringlichkeit. Seine besten Strandaufnahmen wirken seltsam entrückt und abstrakt und muten, besonders wenn sie menschenleer sind, fast surreal an. Das Schwarz der Buhnen hebt sich dramatisch ab vom Weiß des Sandes und von den Schaumkronen der an den Strand schlagenden Wellen, die Schlagschatten der Buhnen zerschneiden die Bilder in der Diagonalen entzwei. Die Szenerie wirkt wie von einer höheren Macht inszeniert. Das ist der eine Teil des Werks - fast abstrakt.

Es gibt aber auch ein Gefühl von Wehmut, das sich angesichts seiner Bilder einstellt. Denn viele seiner Aufnahmen zeigen eine Welt von gestern, ein Sylt, das es nicht mehr gibt. Es ist ein Blick in eine Zeit, als es Tourismus zwar längst gab, die Insel aber noch vor allem von der Landwirtschaft lebte. Wir schauen Fischern beim Schollenfang zu, begleiten Bauern zur Schafschur und sehen eine Bäuerin, die ihre frisch geschorene Wolle in einem zusammengeknoteten Tuch auf dem Rücken davonträgt. Jungen in Matrosenanzügen und Mädchen mit langen Zöpfen und Schleifen im Haar halten einander beim Ringelreihen unter einer blühenden Kastanie an den Händen. Die Straßen sind noch nicht geteert, in den Dünen dürfen die Kinder toben, und es ist auch noch nicht verboten, Strandburgen zu bauen. Sogar das mondäne Kampen wirkt bei Bleicke Bleicken in der sich endlos ausdehnenden Heidelandschaft wie eine Ansammlung von Faller-Häuschen unter Reet.

Bleicke Bleicken freilich war sich der Gefährdung dieses Idylls durchaus bewusst. Er verstand sich als eine Art visueller Chronist, als Bewahrer, getrieben von geradezu missionarischem Eifer. Wo und wann immer möglich, dokumentierte er friesisches Brauchtum, historisch gewachsene Bauten und die Natur in ihrer Unversehrtheit. Einmal auf Film gebannt, so war wohl seine irrationale Hoffnung, konnte diese zerbrechliche Welt vielleicht ja doch vor dem Zugriff einer als bedrohlich empfundenen Moderne geschützt werden.

Die Fotografie diente Bleicke Bleicken auch zur Flucht aus der Wirklichkeit. Einer Wirklichkeit, die er nach dem frühen Tod des Vaters im Ersten Weltkrieg und dem wirtschaftlichen Niedergang der Hoteliersfamilie in der Weltwirtschaftskrise als "raubarbarisch" empfunden hatte. Ausgerechnet seine nüchternen, im Stil der Neuen Sachlichkeit aufgenommenen Bilder machen das deutlich - Ausschnittvergrößerungen von Dünenhalmen und abstrakte geometrische Naturkompositionen im Sand, geschaffen von Wind und Wellen. Denn diese Bilder, obwohl stilistisch gelungen, lassen den Betrachter seltsam kalt. Man spürt: Die strenge Dokumentation war Bleicke Bleickens Sache nicht. Dem Fotografen, den man bis ins hohe Alter tagaus, tagein mit Kamera und Belichtungsmesser um den Hals durch die Dünen stapfen sehen konnte, fehlte die nüchterne Distanz. Was sein Sylt betraf, war er vielmehr immer nur ein großer Liebender.

"Bleicke Bleicken - Sylt, meine Insel", herausgegeben von Anke Bleicken. Kehrer Verlag, Heidelberg 2014. 144 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Gebunden, 39,90 Euro. Eine Ausstellung mit Arbeiten von Bleicke Bleicken ist bis zum 12. Juli im Museum Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr zu sehen.

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