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Am 2. April 1968 gibt es nächtliche Brandstiftungen in zwei Frankfurter Kaufhäusern. Auf die Anklagebank kommen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein "die phantastischen Vier der Studentenbewegung" Thorwald Proll berichtet von der Stimmung der Zeit, den Aktionen der Kommune I, den Happenings, der "Wir wollen alles"-Emphase, dem Widerstand gegen den Vietnamkrieg, dem praktizierten "Naturrecht auf Widerstand". Seine Freundschaft zu Andreas Baader bestand in der Gründungszeit der RAF, noch herrschten nicht die bleiernen Jahre, sondern eine leicht schwebende,…mehr

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Produktbeschreibung
Am 2. April 1968 gibt es nächtliche Brandstiftungen in zwei Frankfurter Kaufhäusern. Auf die Anklagebank kommen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein "die phantastischen Vier der Studentenbewegung"
Thorwald Proll berichtet von der Stimmung der Zeit, den Aktionen der Kommune I, den Happenings, der "Wir wollen alles"-Emphase, dem Widerstand gegen den Vietnamkrieg, dem praktizierten "Naturrecht auf Widerstand".
Seine Freundschaft zu Andreas Baader bestand in der Gründungszeit der RAF, noch herrschten nicht die bleiernen Jahre, sondern eine leicht schwebende, euphorische Stimmung des Aufruhrs. Es gab ein weltweites "environnement" von Unruheherden, die Rebellen fühlten sich wie die Marx Brothers in der Deutschen Oper, als sie dort an einer Störaktion teilnahmen.
Thorwald Proll zeichnet ein sehr persönliches Bild von Andreas Baader, es ist das Porträt eines Freundes, mit dem er eine kurze, aber intensive Zeit zusammen verbracht hat.
Autorenporträt
Thorwald Proll, geb. 1941 in Kassel, Studium in Marburg, ging 1965 nach Berlin (West). Kam mit der Kommune I in Berührung und nahm an APO-Aktionen teil. 1968/69 und 1970/71 in Haft. Danach Lyriker, Hilfsarbeiter, Kellner, Verkäufer, Lektor und Vater. Lebt seit 1978 als Buchhändler in Hamburg, seitdem viele Veröffentlichungen, zuletzt: Bringt Opi Um (1993) und Mein 68 (1999).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2003

Ho-ho-Hoch
1968 durch die rosa Brille
Das Projekt klingt spannend, und weil die Mythen des Jahres 1968 gerade mal wieder eine Renaissance erfahren, auch aktuell: Einer, der dabei war, der es wissen muss, erzählt aus alten Zeiten. Von Aktionen der Kommune I, von den Happenings, von der Begeisterung, dem Widerstand gegen den Vietnamkrieg, der neuen Leichtigkeit des Seins. Was also könnte einem alternden Revolutionär Besseres widerfahren, als von einem beeindruckten Journalisten zu seiner glorreichen Vergangenheit interviewt zu werden? All jene, die dieses Glück bisher nicht hatten, werden Thorwald Proll glühend um die Chance beneiden, die ihm der Nautilus-Verlag gewährte. Gänzlich verschont von eindringlichen oder gar kritischen Fragen, durfte das ehemalige RAF-Mitglied dem Journalisten Daniel Dubbe von den großartigen Zeiten als Mitglied der „phantastischen Vier der Studentenbewegung” berichten und von den tollen Tagen schwärmen, als er gemeinsam mit dem großen Zampano Andreas Baader durch lustige Slapstick-Einlagen vor Gericht „Marx-Brothers-Effekte” erzielen konnte.
Bereits die erste Frage und ihre Antwort geben die Linie des Bandes vor: „Um sofort in medias res zu gehen: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Kaufhaus anzuzünden?” Kryptische Antwort: „Die Frage meines Lebens. Die Antwort findest du vergebens.” Und so bleibt es denn auch die Aufgabe des Interviewers, beflissen Fakten und Hintergründe – genauestens und besser in Stefan Austs „Baader-Meinhof-Komplex” recherchiert – zu liefern, um Thorwald Prolls Gedächtnislücken zu schließen.
Klarer wird seine Erinnerung erst da, wo es um seinen legendär gewordenen Text „Vor einer solchen Justiz verteidigen wir uns nicht” geht: „Das habe ich allein geschrieben in meiner Zelle. Ich habe das völlig selbstständig von vorne bis hinten verfasst.” Auch an die Zeit, als Ensslin, Baader und Proll sich um Frankfurter Heimkinder kümmerten, kann Proll sich gut erinnern. Doch wer hatte die Idee des bewaffneten Kampfes aufgebracht? Wer hatte die Flucht in den Untergrund organisiert, wer geholfen? An den Punkten, die Aufschluss darüber geben könnten, wie und warum die RAF wurde, was sie später war, und wie es Ensslin und Baader gelungen ist, so viele andere von ihrem Weg zu überzeugen, setzt Prolls Erinnerung aus. An das, was am Lack der schönen Welt der Stadtguerilleros kratzt, mag sich der selbst ernannte Baader-Vertraute nicht erinnern. Besonders deutlich wird das bei seinem Ausschluss aus der Gruppe: Proll wurde ohne Diskussion in Paris zurückgelassen und durch seine Schwester ersetzt. Nur so viel ist darüber zu erfahren: Es sei ein trauriger Moment gewesen. „Wir sind immer zu dritt aufgetreten und haben uns immer zu dritt zusammen bewegt” – und auf einmal war alles anders. Warum die große Freundschaft mit dem „Verführer” Andreas Baader und dessen Lebensgefährtin Gudrun Ensslin auf einmal zu Ende war, bleibt im Dunkeln. Daniel Dubbe fragt nicht nach, sondern will lieber wissen, ob Baader tatsächlich im Palästinenser-Camp in hautengen Samthosen durch den Sand gerobbt sei. Und so plätschert das Buch seinem Ende entgegen und man ist fast geneigt, die RAF wirklich für so unspannend wie die Geschichte von Thorwald Proll zu halten.
Dass sie das nicht war, stellt allein die Chronik der Ereignisse zwischen 1963 und 1977 klar, die sich im Anhang findet. Dort wird die Geschichte der RAF auf sechs Seiten genauer erzählt als in dem 96-seitigen Interview. Aber man kann sich ja schließlich nicht an alle Einzelheiten erinnern.
SUSANNE KAILITZ
THORWALD PROLL, DANIEL DUBBE: Wir kamen vom anderen Stern. Über 1968, Andreas Baader und ein Kaufhaus. Edition Nautilus, Hamburg 2003. 125 Seiten, 9,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Klingt spannend", meint Susanne Kailitz frohgemut zum dem Projekt, ein RAF-Gründungsmitglied von alten Zeiten plaudern zu lassen. Aber ach, die Umsetzung enttäuscht auf ganzer Linie. Das liegt nach Kailitz' Einschätzung sowohl an dem mit reichlich selektiven Erinnerungslücken ausgestatteten Thorwald Proll als auch dem zahn- und einfallslosen Journalisten Daniel Dubbe. An alles, was "am Lack der schönen Stadtguerilleros kratzt, mag sich der selbst ernannte Baader-Vertraute nicht erinnern". Nur gut, dass Dubbe auch nicht nachfragt, spottet die Rezensentin. Das Gespräch "plätschert" so dahin, und gegen Ende hat Kailitz den Eindruck, die Geschichte der RAF sei wirklich so langweilig gewesen wie Prolls Erinnerungen es vermuten lassen. Die sechsseitige Übersicht über die Entwicklung der RAF im Anhang sei genauer als das gut 90-seitige Interview, wer sich ernsthaft für Fakten und Hintergründe interessiere, solle doch lieber Stefan Austs Buch zum Thema lesen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ja, Geschwister wollten wir sein. Wir wollten immer zusammen sein. Wir waren ja in einer speziellen Lage: Unter Aufsicht, gefangen, vier von achtzig Millionen, solidarisch und was Besonderes, aber wir wollten nicht elitär sein." (Thorwald Proll)