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Der Geliebte der Mutter handelt von der unerwiderten lebenslangen Liebe Claras zu dem berühmten Dirigenten Edwin, aufgezeichnet von ihrem Sohn. Es ist zugleich ein Roman über das Geld und die Macht, über die Umkehr der Verhältnisse und über das 20. Jahrhundert.

Produktbeschreibung
Der Geliebte der Mutter handelt von der unerwiderten lebenslangen Liebe Claras zu dem berühmten Dirigenten Edwin, aufgezeichnet von ihrem Sohn. Es ist zugleich ein Roman über das Geld und die Macht, über die Umkehr der Verhältnisse und über das 20. Jahrhundert.
Autorenporträt
Urs Widmer, geboren 1938 in Basel, studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte in Basel, Montpellier und Paris. Danach arbeitete er als Verlagslektor im Walter Verlag, Olten, und im Suhrkamp Verlag, Frankfurt. 1968 wurde er mit seinem Erstling, der Erzählung 'Alois', selbst zum Autor. In Frankfurt rief er 1969 zusammen mit anderen Lektoren den 'Verlag der Autoren' ins Leben. Für sein umfangreiches Werk wurde er u.a. mit dem Heimito-von-Doderer-Literaturpreis< (1998) sowie dem Friedrich-Hölderlin-Preis< der Stadt Bad Homburg (2007) ausgezeichnet. Urs Widmer starb 2014 in Zürich.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.06.2007

Spiel mit dem Boulevard
Urs Widmer: „Der Geliebte der Mutter”
Die Mutter eines Schriftstellers war jahrzehntelang in den Dirigenten Edwin verliebt, der wegen der Regenbogenhaftigkeit seines Lebens der Boulevardpresse gut bekannt ist. Der Autor möchte die Geschichte mit tragischem Ende – die Mutter brachte sich um – nicht vergessen, er will sie erzählen. Eine heikle Sache. Versucht man zu verbergen, in Andeutungen zu sprechen? Oder macht man es weniger literarisch, bleibt man auf der Herzensbrecher-Ebene, auf der sich diese Liebesgeschichte wohl abgespielt hat?
Urs Widmer lässt sich auf die Boulevard-Konstellation, den Kitsch der dauerhaft ganz großen Gefühle und Situationen ein. Die naive junge Mutter trifft auf einen eiskalten Ehrgeizling, der sie als Aufstiegshilfe benutzt, zu einer Abtreibung drängt und sie sitzen lässt für die damals reichste Frau der Schweiz, wovon sie sich lebenslang nicht erholt. Dazu passt der harte Vater der Mutter, wie Edwin ein Aufsteiger aus einfachen, diesmal italienischen Verhältnissen, der sich eine Dulderin herangezogen hat. Das weiß Edwin zu schätzen.
Unbarmherzig verschweigt Widmer den Namen des offensichtlich gemeinten Dirigenten Paul Sacher. Das Geschehen spielt auch nicht in Basel, sondern in Zürich, und die Frau, die Edwin heiratet, ist nicht die Hoffmann La Roche-Erbin, sondern die einer Maschinenfabrik. Nur wer sich blind stellt, sieht die dicken Parallelen zwischen Realität und Roman nicht.
Hier geht es ums Ganze, um Gut und Böse. Auch der Grund für so deutliche Wertungen liegt auf der Hand. Nicht nur die Mutter hat gelitten. Wer sich hier durch Angriff verteidigt, ist der Ich-Erzähler, der sich von der Mutter nicht geliebt fühlte. Sie konnte es nicht. Der Ich-Erzähler versucht, noch immer wütend, zu zeigen, warum.
Wut macht nicht subtil. Aber die Geschichte ist temporeich erzählt und spannend. Dabei lässt Widmer im Zeitraffer die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts Revue passieren. Auch hier spielt er mit dem Boulevard. Als die Mutter in den dreißiger Jahren nach Italien fährt, trifft sie auf operettenhafte Verwandte, die Faschisten geworden sind. Mussolini ist zu Besuch. Ist das nicht übertrieben? Möglich. Aber vielleicht war es so, genau so?! Das ist der Thrill, von dem jeder gute Schlüsselroman lebt. So auch dieser. Und wie selten trägt die Frage hier oft existentielle Züge.
Vier Jahre später schrieb Urs Widmer „Das Buch des Vaters”, einen leiseren Roman mit einem unauffälligeren Helden. Beinahe dieselbe Geschichte, aus anderer Perspektive. Um alles zu wissen, sollte man beide Bücher lesen. HANS-PETER KUNISCH
Urs Widmer Foto: Ullstein/Vario-Press
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.09.2000

Pech gehabt, junger Mann
Schicksalsselig: Urs Widmers Roman "Der Geliebte der Mutter"

Klein ist der neue Roman von Urs Widmer, ein schmaler Band von gerade hundertdreißig Seiten. Und doch soll Platz darin sein für eine ganze Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, betrachtet vom Ufer eines Schweizer Sees: von der Morgenröte der neuen Zeit, so wie sie über Villen und einem frühen, roten Fiat Cabriolet aufging, über die große Depression von 1929, über den europäischen Faschismus und das "Dritte Reich" bis hin zur Abenddämmerung des Jahrhunderts, als eine alte Dame sich aus dem Fenster stürzt und auf dem Dach eines Autos aufschlägt. Und wieder ist es ein Fiat, aber dieses Mal ist es ein kleines, altes, ärmliches Modell, ein 127, und der Besitzer streitet sich noch lange mit der Versicherung um die Höhe des Schadens.

"Der Geliebte der Mutter" heißt dieses kleine Buch, und es handelt von drei Menschen. Da ist zunächst der Geliebte, der als mittelloser, aber musikalischer junger Mann beginnt und ein außerordentliches Talent zum Dirigieren an den Tag legt. Edwin, so heißt der Mann, gründet ein Orchester, das mit den Werken der klassischen Moderne zu Weltruhm kommt, und wird, als er die Erbin einer großen Maschinenfabrik heiratet, zum reichsten Mann der Schweiz. Ihm gegenüber steht die "kleine Mutter", die verlorene Tochter eines allzu gewaltigen Vaters. Sie entdeckt Edwin, sie begleitet ihn, als unentbehrliche, aber nur schattenhaft existierende Helferin beim Aufbau des Orchesters, als gelegentliche Geliebte, als Mutter seines Kindes, das nicht geboren werden darf. Ein ganzes Leben lang lebt sie für diesen Menschen, bekommt eine Zeitlang noch zu ihrem Geburtstag eine Orchidee geschickt, aber so etwas erledigt sein Büro, und irgendwann bleibt auch die Blume aus. Die "kleine Mutter" ist die Geschichte einer unbeirrbaren Leidenschaft - für Edwin, aber auch für ein Leben als Opfer.

Schließlich gibt es den Erzähler, den Sohn der "kleinen Mutter" aus ihrer Ehe mit einem Mann, über den der Leser so gut wie nichts erfährt. Am Ende begegnet der Erzähler dem Dirigenten und Industriellen Edwin im Museum für Völkerkunde. Er versucht, die "Jahrhundertfigur" für das Opfer der "kleinen Mutter" zur Rechenschaft zu ziehen. "Pech gehabt, junger Mann", lautet der Bescheid des großen Edwin. "Dann stand ich einfach nur so da und horchte seinen verhallenden Schritten nach. Seinem immer leiseren Gelächter. Eine Tür schlug zu, und es war wieder still."

Ein kleines Buch hat Urs Widmer geschrieben, und doch soll Platz darin sein für die Geschichte eines ganzen Jahrhunderts. Dieser Versuch, einen Wald in eine Streichholzschachtel zu zaubern, ist gescheitert. Dafür gibt es einen Grund: Urs Widmer will das Schicksal erfinden. Jede Gestalt, die er auftreten läßt, wird von einem mächtigen Prinzip beherrscht, das sie selbst nicht zu erkennen, geschweige denn zu verändern vermag. Eine jede tut im Leben nichts anderes, als diesem Prinzip zu gehorchen.

Die Entscheidung für die Suggestion des Schicksalhaften fordert einen hohen Preis: die Verkleinerung der Welt auf die Größe einer Schrifttafel, ihre Verkürzung zu einem Banner, das der Autor nur kurz vorzeigen muß - und schon soll eine große Bedeutung erfaßt sein. Es ist das Klischee, das hier regiert und den hochambitionierten literarischen Versuch in die Nähe jener billigen Romane bringt, in denen schon immer alles Schicksal war. Deswegen fallen die Männer in diesem Buch im Tode um, als hätte sie eine Axt gefällt, deswegen fließt die reiche Erbin aus ihrem Auto, als sei sie ein "Gewässer aus Gold und Silber", und deswegen reicht es nicht aus, wenn die verlassene Geliebte nur traurig ist. Sie muß auch noch abends, wie weiland Bayerns Ludwig, zum See hinunterwandeln, um dort, hüfttief im Wasser stehend und einen schweren Stein in den Händen tragend, sehnsuchtsvolle Blicke zur hell erleuchteten Villa des Unerreichten am anderen Ufer des Sees zu schicken. Denn so ist das Schicksal. Das Leben ist ein kleines bißchen komplizierter.

THOMAS STEINFELD

Urs Widmer: "Der Geliebte der Mutter". Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2000. 140 S., geb., 32,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Zunächst ist es nicht sicher, hat der Roman ihr gefallen oder nicht? Zunächst lesen wir bei Ursula März von der "Süßlichkeit eines sentimentalen Frauenschicksals", die der Text nur durch einen dramaturgischen Kunstgriff abzuwehren vermag. Dann aber, nach einer knappen wie informativen Inhaltsangabe, wissen wir: die Rezensentin hält das Buch für "ein kleines Meisterwerk". März sieht den Grund dafür vor allem in dem vom Autor ausgiebig genutzten Prinzip der Reduktion, das selbst vor dem Erzähler nicht halt macht. Dieser, so März, werde, wie auch die Zeitgeschichte in diesem Buch, zum blinden Fleck. Und betreffend die Sprechweise, erzeuge das Verfahren der Verknappung den "ironisierten Schrecken".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Urs Widmer hat vielleicht eine Liebesgeschichte erfunden. Sicher aber hat er eine Frauenfigur gefunden, die in den Himmel der Literatur eingehen wird. Vielleicht sitzt sie da ja schon, neben der Mutter aus Peter Handkes 'Wunschloses Unglück'." (Süddeutsche Zeitung)
"Urs Widmer erzählt von männlicher Macht und weiblicher Selbstvernichtung und spielt mit der Spekulationslust seiner Leser." (Die Weltwoche)
"Ein nachdenklich und mit hintersinnigem Charme erzählter Roman, der nachdenken macht und dessen Lektüre man am Schluß beenden zu müssen bedauert." (Deutsche Welle)
"Ein kleines Meisterwerk. Unbedingt lesen!" (Radio Bremen)
Römer RD Rezension Deutsch (1)
»Die Welt des Schweizer Schriftstellers Urs Widmer war voller absurder Komik und bizarrer Weltuntergänge.« Michael Krüger / Die Zeit, Hamburg Michael Krüger / Die Zeit Die Zeit