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Was, wenn einem eine Fee einen Wunsch gewährt? Einziger Haken: Die Klassiker, also Wünsche betreffend Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld und Liebe, sind ausgeschlossen. Außerdem hat, wie alles im Leben, auch die Wunscherfüllung zwei Seiten. Fünf moderne Märchen über Menschen, die sich lieber blind den Kopf einrennen, als einen Blick auf sich selber zu wagen Menschen also wie Sie und ich.

Produktbeschreibung
Was, wenn einem eine Fee einen Wunsch gewährt? Einziger Haken: Die Klassiker, also Wünsche betreffend Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld und Liebe, sind ausgeschlossen. Außerdem hat, wie alles im Leben, auch die Wunscherfüllung zwei Seiten. Fünf moderne Märchen über Menschen, die sich lieber blind den Kopf einrennen, als einen Blick auf sich selber zu wagen Menschen also wie Sie und ich.
Autorenporträt
Jakob Arjouni, geboren 1964 in Frankfurt am Main, veröffentlichte Romane, Theaterstücke, Erzählungen und Hörspiele. Er war 21 Jahre alt, als sein Frankfurter Privatdetektiv Kemal Kayankaya in ¿Happy birthday, Türke!¿ zum ersten Mal ermittelte. Es folgten vier weitere Fälle, für ¿Ein Mann, ein Mord¿ erhielt Jakob Arjouni 1992 den Deutschen Krimipreis. Sein Werk ist in 23 Sprachen erschienen. Jakob Arjouni starb 2013 in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.05.2003

Die Gluckenmutter
Jakob Arjounis „Idioten”: Vom
Thriller-Profi zum Märchenonkel
Ob der vielstimmig gelobte deutsche Krimiautor Jakob Arjouni, der von Fachleuten gern mit Raymond Chandler und Dashiell Hammett verglichen wird, sich jemals so gefühlt hat wie der betagte Held seiner Erzählung „Im Tal des Todes”, ein Groschenheftzulieferer mit unterdrückten literarischen Ambitionen? „Peter Ohio – so sein Pseudonym, mit bürgerlichem Namen hieß er Rudolf Kratzer – schnippte die zwei Seiten auf den Schreibtisch und lehnte sich im Stuhl zurück. ‚Ein Scheiß‘, sagte er laut zu sich selbst.” Hätte Arjouni beim Verfassen der „Fünf Märchen”, die er jetzt unter dem Sammeltitel „Idioten” vorlegt, einen solchen Krisenmoment erlebt, wäre ihm womöglich eine gute Fee erschienen. Sie hätte ihm die Erfüllung eines Wunsches in Aussicht gestellt, und er wäre unter Umständen klug genug gewesen, sich das Rechte zu wünschen: Ein Schreibgerät, das einen schrillen Piepston von sich gibt, sobald der Benutzer Anstalten macht, sein eigenes Niveau zu unterschreiten. Oder eine rote Warnlampe über dem Arbeitsplatz, die aufleuchtet, wenn der Thriller-Profi in Versuchung gerät, den Märchenonkel zu spielen.
War das nicht in den siebziger Jahren, als unter dem Einfluss orientalischer Weisheitslehren und abendländischer Psycho-Theorien lauter dichtende Gutmenschen begannen, Märchen im Selbstverlag zu veröffentlichen? Ein Relikt aus jener neoromantischen Aufbruchszeit sind „Märchenseminare”, zu denen man sich zum Beispiel in einem Schweizer Ort mit dem possierlichen Namen Lützelflüh anmelden kann. Natürlich ist Arjouni, dessen Geburtsjahrgang knapp vor denen der „Generation Golf” liegt, von diesem Milieu weit entfernt. Seine Feengeschichten handeln von heutigen Hauptstadtbewohnern, und ihr Märchenanteil erscheint auf den ersten Blick so ironisch gebrochen, wie man es von einem weitgereisten, gepflegt abgebrühten Jungintellektuellen erwarten darf, der sich mit dem Berlin-Roman „Magic Hoffmann” schon als Chronist des neurepublikanischen Metropolenalltags profiliert hat. Was die neuen Erzählungen allerdings mit den Erzeugnissen dilettierender Scheherazade- Verschnitte verbindet, ist eine literarische Orientierungslosigkeit, die aus Mangel an Courage und Inspiration ihr Heil in der Lebensberatung sucht. Dazu aber bedarf es einer aufgesetzten Naivität, die Arjouni so schlecht zu Gesicht steht wie der biedere Jugendbuchton, in dem er hier ein paar mehr oder weniger sympathische Zeitgenossen durch ihre Sinnkrisen begleitet.
Die Schwebedamen
Der Vizechef einer Werbeagentur verliert den Kontakt zu seinen Kollegen; ein hochtalentierter Regiestudent droht an seinem Abschlussfilm zu scheitern; eine altlinke Gluckenmutter kann ihren erwachsenen Sohn nicht loslassen; der eingangs erwähnte Groschenromancier will endlich die wahre Geschichte seines Lebens aufschreiben; ein erfolgloser Journalist buhlt um das Feedback der Kulturschickeria und um die Liebe seines Sohnes. Bei allen tritt, wenn die Not am größten ist, eine Fee auf, „irgendwie durchsichtig”, barfuß und ohne Bodenhaftung, vor allem aber autorisiert, dem Bedürftigen einen Wunsch zu erfüllen. Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld oder Liebe können allerdings nicht gewährt werden, und bei Sachwerten darf es im teuersten Fall eine Geschirrspülmaschine sein. Da liegt es nahe, dass die zunächst frei flottierenden Wünsche, nach einigem Palaver mit den psychologisch und pädagogisch geschulten Schwebedamen, sich im Ideellen verankern und schließlich mit einer Lösung für das anstehende Problem vorlieb nehmen. Die Erfüllung vollzieht sich sodann, einem altbewährten Märchenmuster folgend, ein wenig anders als gedacht, gewissermaßen schräg um die Ecke, doch zum Heil und zur Belehrung des Wünschenden.
Das ist alles schrecklich nett und einfühlsam, Balsam für lädierte Seelen, kunstgewerbliche Menschelei, die in einer Ära der Zukunftsängste und des schlechten Gewissens mit Sicherheit ihr Publikum findet. Wer den Erfinder des glorreichen deutsch-türkischen Privatdetektivs Kemal Kayankaya für einen Erzähler hielt, der nach Höherem strebt, wird vorerst enttäuscht. Doch bis Jakob Arjouni so alt ist wie Peter Ohio, können ihn noch viele gute Feen heimsuchen, und irgendwann ist vielleicht eine darunter, die ihm so richtig Dampf macht.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
JAKOB ARJOUNI: Idioten. Fünf Märchen. Diogenes Verlag, Zürich 2003. 153 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.04.2003

Bitte eine Spülmaschine
Poetisch, witzig, gut: Jakob Arjounis märchenhafte Miniaturen

Schöner ist die Erfindung der Talk-Show nie erzählt worden. Wenn die meisten Leute sich immerzu wünschen, einfach nur berühmt zu sein, egal, womit oder wozu, wie anders soll man ihnen diesen Wunsch erfüllen als durch Fersehunterhaltung? Vielleicht sind Talk-Shows dafür keine sehr charmante Idee, aber jedenfalls eine zweckmäßige für zweckfreie Berühmtheit und allemal besser, als die Kandidaten vom Hochhaus springen zu lassen. Der Chef und höchste Wunscherfüller persönlich ist darauf gekommen und hat so seine Mission der demokratischen Glücksbringerei dem Medienzeitalter angepaßt. Unsterblichkeit darf sich auf Erden ohnehin niemand wünschen - da ist die öffentliche Berühmtheitsspanne bis zur nächsten Werbepause gerade recht.

Zweithäufigster Wunsch von Menschen, die sich etwas wünschen dürfen, ist übrigens eine Geschirrspülmaschine. Denn weil auch Gesundheit, Geld und Liebe ebenso ausgeschlossen sind wie Unsterblichkeit, wollen die meisten eben das, was ihnen am wertvollsten erscheint und von der Wunschfee noch genehmigt werden kann: Geschirrspüler geht, tausend Mark geht nicht. Im Märchen herrschten immer schon klare Regeln.

In seinem neuen Buch beweist Jakob Arjouni, daß er diese Regeln souverän beherrscht und, was noch mehr ist, daß er sie auf wunderbare Weise in unsere Zeit übertragen kann. Fünfmal kommt in "Idioten" die Märchenfee bei gewöhnlich Sterblichen zu Besuch und stellt fünf Auserwählte vor die Wahl. Doch wenn die Regeln erst erklärt und die Bedingungen erläutert sind, fällt es den meisten ziemlich schwer, das unerwartete Glück sinnvoll zu nutzen (auch der alte Feenüberlistungstrick, sich einfach noch mehr Wünsche zu wünschen, ist selbstverständlich ausgeschlossen). Denn gleich wenn die Fee fort ist, vergessen wir, daß sie je da war, und müssen mit den Konsequenzen leben. Daher ist jeder Wunsch vor allem eine Mutfrage. Daß beispielsweise ein Idiot nicht mehr zu idiotisch ist, seine Idiotie einzusehen, ist ganz sicher wünschenswert - aber eben auch riskant. Was in Arjounis titelgebendem Märchen daraus folgt, soll hier natürlich nicht verraten werden, nur soviel: eine Spülmaschine wäre unverfänglicher gewesen.

Man muß diesen Autor immer wieder dafür rühmen, wie er seine sympathischen Erzählwelten mit beiläufiger Könnerschaft gestaltet und mit leichter Hand auch die ganz großen Themen in bescheidene Miniaturen lockt. Märchen bieten ihm dafür genau das richtige Format: poetisch, witzig, gut. Sie spielen in einem etwas verwunschenen Berlin, als dort noch der flotte Hauptstadtkulturjournalismus florierte, Kulturminister junge Autorinnen freiten und man in D-Mark zahlte. Arjounis Helden jedoch sind in die Jahre gekommen, reich an Erfahrung, noch reicher an unerfüllten Hoffnungen und doch im Grunde schon gewiß, daß ihre große Zeit der Hoffnungs- und Erfahrungsfülle längst hinter ihnen liegt. Ob verhinderter Drehbuchautor, arbeitsloser Underground-Journalist, ehemalige Besitzerin eines linken Plattenladens oder Groschenromanproduzent mit Hang zum Literarischen - nicht als Gespenster sehen wir sie in ihrem Berliner Alltagsleben vor uns, sondern als Verbündete im unentwegten Streben nach dem riskanten Glück.

Jedes dieser Zaubermärchen ist auch eine Parabel von der Macht der Welterfindung gegen alle Idiotie. Und zusammen erscheinen sie uns ganz wie Arjounis Feen: schwebend, schillernd, von raffinierter Machart, irgendwie durchsichtig, aber dafür eben Durchblick auf die Wirklichkeit gewährend. Wenn uns daher eines Tages die Fee aufsuchen sollte, sind wir vorbereitet. Statt Talk-Shows wünschen wir uns einfach mehr solche Bücher.

Jakob Arjouni: "Idioten". Fünf Märchen. Diogenes Verlag, Zürich 2003. 153 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der viel zu früh verstorbene Frankfurter Schriftsteller Jakob Arjouni war ein Spezialist für Helden in Schwierigkeiten.« Heike Hupertz / Frankfurter Allgemeine Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wer ist schon wunschlos glücklich?
Die wenigsten Menschen bestehen darauf "einen Vorgang zu begreifen, der offensichtlich zu ihrem Vorteil" ist. Werbefachmann Max aus der Titelstory von Arjounis Märchensammlung Idioten. Fünf Märchen wundert sich daher nur mäßig, als auf einmal eine gute Fee vor ihm steht und ihm einen Wunsch erfüllen will - "Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld und Liebe ausgeschlossen". Doch mit dem Wünschen ist es gar nicht so einfach, hat man einmal die freie Auswahl, fällt einem garantiert nichts ein. Für den angepriesenen Geschirrspüler hat Max keine Verwendung und die Villa am See ist zum Wünschen zu teuer - also wünscht er sich, sein Idiot von Chef "sei nicht mehr zu idiotisch, um seine Idiotie einzusehen." Doch dieser Wunsch geht anders in Erfüllung, als sich Max das vorgestellt hatte ...
Von guten Feen und schlechten Wünschen
Und so ist das auch mit den Wünschen in den anderen vier Märchen. Besiegt erzählt die Geschichte des hochbegabten Jungregisseurs Paul, der sich aus lauter Angst, an seinem Abschlussfilm zu scheitern, mit der Fernbedienung ins Bett verkriecht und nur noch von Bier und Seifenopern lebt. Die alte Fr. Radek, ehemalige Inhaberin eines linken Plattenladens, wünscht sich in Notwehr nichts sehnlicher, als die Anerkennung ihres Sohnes - doch leider formuliert sie ihren Wunsch nicht präzise genug. Wie Im Tal des Todes fühlt sich der 78jährige Groschenromanautor Peter Ohio und träumt davon, doch noch ein literarisch anerkanntes Werk zu schreiben. Und auch dem bedauernswerten Journalisten Manuel, dessen Erfolge allein in seinen alkoholgeschwängerten Tagträumen existieren, beschert die gute Fee ein maßgeschneidertes Happy End ...
Aller guten Dinge sind fünf
Jakob Arjouni, der neben seinen Kayankaya-Krimis auch Theaterstücke, Romane, Erzählungen und Hörspiele verfasste, beweist mit der Märchensammlung Idioten. Fünf Märchen, dass er in beinahe jedem literarischen Genre zu Hause ist. Doch wirklich märchenhaft sind an diesen fünf Geschichten nur zwei Elemente: die gute Fee und der naive Glaube der Menschen an die Erfüllung ihrer Wünsche. In gewohnt lakonischer Weise skizziert Arjouni die Lebensumstände der fünf Protagonisten, deren eigene Unzulänglichkeiten sie immer tiefer in ausweglose Situationen treiben. Die termingeplagten Feen machen sich keine Illusionen, das Wünschen ist zur Dienstleistung verkommen und die meisten Menschen wählen sowieso nur "die teuerstmögliche Sache zum Anfassen" - die Spülmaschine. Was eigentlich gar nicht so dumm ist. Denn dann haben sie mehr Zeit zum Lesen ... (Dr. Erika Weigele-Ismael)
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Arjouni ist mit den fünf Gegenwartsmärchen, die ganz ohne jeden "Fantasy-Firlefanz" auskommen, etwas "Verblüffendes" gelungen, so Martin Lüdke. Aufhänger ist eine Fee, die Wünsche erfüllen kann, jedoch nur solche, die nicht in die Bereiche "Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld und Liebe" fallen , zitiert der Rezensent. Laut Lüdke richtet der Autor ein besonderes Augenmerk auf die "Rückkopplungseffekte, die ein punktueller Eingriff im Ganzen" erzeugen können. Der Rezensent beschreibt die Geschichte von Max, der sich wünscht, dass sein Chef auf ihn hört, damit eigentlich die Firma retten will und am Ende um seinen Job bangen muss. "In alten Märchen" musste die "Realitätsebene gewechselt werden", Arjouni schließt diesen "Sprung" ins Irreale von vornherein aus und kommt zu einem überraschenden Ergebnis, versichert Lüdke. Arjounis Märchen zeigten das Irrationale gerade in der scheinbar durchrationalisierten Welt durch ihre "ebenso unerwünschten wie unerwarteten Nebenfolgen eines bis ins Detail durchgeplanten Handelns".

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