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Welche Gefahren lauern im 21. Jahrhundert? Zwei erfahrene Journalisten zeigen einige der brisantesten Konfliktherde der kommende Jahrzehnte auf - und kommen zu überraschenden Schlüssen.
Nach dem 11. September 2001 hat sich die Weltpolitik viel zu lange auf den Islamismus als Hauptgefahrenquelle konzentriert. Nun verhindert die Finanzkrise langfristiges Denken und Handeln. Dabei bauen sich längst neue, noch gefährlichere Risiken auf, denen rechtzeitig begegnet werden müsste, soll es nicht zu Konflikten und Katastrophen kommen, die unsere Zivilisation überfordern könnten.
In elf Szenarien
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Produktbeschreibung
Welche Gefahren lauern im 21. Jahrhundert? Zwei erfahrene Journalisten zeigen einige der brisantesten Konfliktherde der kommende Jahrzehnte auf - und kommen zu überraschenden Schlüssen.

Nach dem 11. September 2001 hat sich die Weltpolitik viel zu lange auf den Islamismus als Hauptgefahrenquelle konzentriert. Nun verhindert die Finanzkrise langfristiges Denken und Handeln. Dabei bauen sich längst neue, noch gefährlichere Risiken auf, denen rechtzeitig begegnet werden müsste, soll es nicht zu Konflikten und Katastrophen kommen, die unsere Zivilisation überfordern könnten.

In elf Szenarien erzählen Schwägerl und Rinke, was den sich zuspitzenden globalen Wettstreit um Technologien, Rohstoffe und Nahrung so gefährlich macht und warum demographische Veränderungen so bedeutsam sind. Ihre Berichte aus der Zukunft führen zu Schauplätzen wie etwa zu den Fischgründen der Weltmeere, den Datenzentren der IT-Konzerne, den Weizenfeldern Afrikas, zu begehrten Bergwerken, umstrittenen Grenzen und in den Weltraum. Eine besondere Rolle spielen Spannungen zwischen der alten Supermacht Amerika und der neuen Supermacht China.

Jedes Szenario ist unterlegt mit einer Fülle von Daten und Fakten, die zeigen, dass die »11 drohenden Kriege« alles andere als Science-fiction sind, sondern reale Gefahren darstellen. Schwägerl und Rinke geht es mit ihrem Buch nicht um sensationsheischende Untergangslüsternheit. Die Autoren plädieren für eine »robuste Zivilisation«, die sich frühzeitig auf die kommenden Risiken vorbereitet und so drohende Konflikte abwendet.
Autorenporträt
Andreas Rinke, geb. 1961, verfolgt und beschreibt seit vielen Jahren die deutsche und internationale Außen- und Sicherheitspolitik. Als politischer Chefkorrespondent der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin berichtet der promovierte Historiker unter anderem über das Zentrum der politischen Macht in Deutschland, das Bundeskanzleramt. Seine Arbeit bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, beim Handelsblatt und nun bei Reuters hat ihn in fast hundert Länder dieser Erde geführt.

Christian Schwägerl gehört zu den profiliertesten Wissenschaftsjournalisten der deutschen Medienlandschaft. Mit Umweltthemen befasst er sich schon seit 20 Jahren. Seit 2007 arbeitet er als Redakteur mit den Schwerpunktthemen Umwelt- Energie- und Forschungspolitik für den Spiegel. Zuvor war er für die Berliner Zeitung sowie für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig. Christian Schwägerl erhielt mehrere renommierte Preise für journalistische Leistungen. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berlin.Christian Schwägerl gehört zu den profiliertesten Wissenschaftsjournalisten der deutschen Medienlandschaft. Mit Umweltthemen befasst er sich schon seit 20 Jahren. Seit 2007 arbeitet er als Redakteur mit den Schwerpunktthemen Umwelt- Energie- und Forschungspolitik für den Spiegel. Zuvor war er für die Berliner Zeitung sowie für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig. Christian Schwägerl erhielt mehrere renommierte Preise für journalistische Leistungen. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2012

Transparenz macht aus Konflikten Kriege

Knappe Ressourcen und die Versuchung, die überlegene Militärtechnologie zum Ausschalten eines Konkurrenten zu nutzen: Andreas Rinke und Christian Schwägerl beschreiben künftige Kriegsszenarien.

Der böse Blick ist zumeist klarer als der wohlmeindende und gutherzige, der grundsätzlich nach Kompromissen und Lösungen sucht und dort, wo diese partout nicht zu finden sind, Vorschläge macht, wo man weitersuchen könnte. Das zeigt sich einmal mehr an den Konfliktszenarien, die von dem Historiker Andreas Rinke und dem Biologen Christian Schwägerl für das einundzwanzigste Jahrhundert ausgearbeitet worden sind: So scharfsinnig und mitunter brillant ihre Beschreibungen möglicher Konflikte mit sich daraus entwickelnden Kriegen sind, so bieder und manchmal naiv sind ihre Vorschläge, wie diese Konflikte zu verhindern seien.

Das liegt zum einen daran, dass sich in den entsprechenden Szenarien die Wege in den Krieg sehr viel klarer zeichnen lassen als die Maßnahmen und Übereinkünfte, die erforderlich wären, um solche Konfliktzuspitzungen zu vermeiden. Es liegt aber auch daran, dass die Analyse konfligierender Interessen in Form rationaler Argumentation erfolgt, während bei einer Agenda der präventiven Ausschaltung potentieller Konflikte alle möglichen Entwicklungen und Trends ins Spiel gebracht werden, die den Erfolg des Gewünschten wahrscheinlich machen sollen - ohne darauf zu achten, ob diese Entwicklungen sich vielleicht widersprechen oder gar gegenseitig blockieren.

So setzen Rinke und Schwägerl darauf, dass die Transparenz, die durch die neuere Kommunikationselektronik hergestellt worden ist, die Wahrscheinlichkeit einer Konflikteskalation bis zum Krieg vermindert; und tatsächlich gibt es dafür eine Reihe von Beispielen. Gleichzeitig sind sie aber auch davon überzeugt, dass nur die Umstellung des politischen Planens und Handelns auf Nachhaltigkeit, also die Ablösung kurzfristiger durch langfristige Ergebnisevaluationen, sicherstellen könne, dass das Gesamtinteresse der Menschen eine stärkere Rolle spiele als die Partialinteressen sozialer Gruppen und Nationen. Auch das ist wohl zutreffend, zeigen doch einschlägige Analysen, dass die Gefahr eines kriegerischen Konflikts in dem Maße wächst, wie die relevanten Akteure kurzfristige Gewinne einstreichen wollen und die längerfristigen Folgen dieser "Gewinnmitnahmen" vernachlässigen.

Das Problem dabei ist, dass Transparenz die Orientierung an kurzfristigen Effekten verstärkt, weil sich Unternehmensführungen wie Regierungen unter Dauerevaluation permanent als erfolgreich darstellen müssen. Dass der Imperativ der Transparenz die Möglichkeiten nachhaltiger Politik konterkarieren kann, ist Rinke und Schwägerl, solange sie ihre Szenarien entwickeln, sehr wohl bewusst. Aber sobald es um die Beschreibung von Konfliktvermeidungs- und Kriegsverhinderungsstrategien geht, verlieren sie diesen Umstand schlicht aus dem Blick.

Der spannendere und innovative Teil des Buches findet sich dementsprechend in den elf Kriegsszenarien und nicht in den drei Vorschlägen für eine "robustere Zivilisation", die das Buch beschließen. In Letzteren geht es um Kooperation, Erneuerung und Langfristigkeit als die drei Kräfte, die verhindern sollen, dass eintritt, was in den vorangegangenen Szenarien beschrieben worden ist. Das alles hat man in den Erklärungen internationaler Institutionen und Nichtregierungsorganisationen schon viele Male gelesen. Nicht dass es dadurch falsch würde, aber es bleibt auch bei Rinke und Schwägerl auf der Ebene des bloß Deklarativen.

In ihren elf Kriegsszenarien kehren Rinke und Schwägerl zu Konfliktszenarien zurück, bei denen die Kriegsgefahr aus divergierenden Interessen der großen Mächte und nicht aus diffuser Gewalt an der Peripherie der Wohlstandszonen entsteht. Nicht grenzüberschreitende Flüchtlingsströme oder Warlords, die in enger Kooperation mit der internationalen Kriminalität agieren, stehen im Fokus der Szenarien und auch nicht Drogenbanden, die ohnehin labile Staaten in den Kollaps stürzen, oder Akteure, die aufgrund ihres Verzichts auf die Ausbildung eines territorial identifizierbaren Herrschaftsgebiets in keinerlei Abschreckungssystem einzubinden sind und darum über sehr viel größere Gewaltoptionen verfügen als die herkömmlichen Staaten.

Vielmehr geht es um knappe Ressourcen, wie Wasser, Rohstoffe und Nahrungsmittel, und um die politische Versuchung, die überlegene Militärtechnologie als Chance zur Ausschaltung eines Konkurrenten zu nutzen. Als Variable der Konfliktverschärfung spielt fast immer der wirtschaftliche und militärische Aufstieg Chinas eine zentrale Rolle, daneben der Klimawandel und das weitere Wachstum der Erdbevölkerung, wodurch sich die globale Ernährungslage verschlechtert und die weltweiten Flüchtlingsströme anschwellen. Neben Ostasien kommt dabei dem afrikanischen Kontinent eine zentrale geographische Rolle zu, während Süd- und Mittelamerika sowie Zentral- und Nordasien bei Rinke und Schwägerl so gut wie keine Rolle spielen.

Ressourcenverknappung infolge des wachsenden Rohstoffhungers sowie die Entwicklung neuer Technologien und pharmazeutischer Mittel sind die eigentlichen Konfliktursachen. Bemerkenswert ist, dass der wissenschaftlich-technische Fortschritt, der seit dem neunzehnten Jahrhundert als Lösung der Knappheitsprobleme angesehen wurde, in den von Rinke und Schwägerl entwickelten Szenarien teilweise auf die Seite der Konfliktverschärfer übergewechselt ist. Die beiden Autoren können auf der Ebene ihrer Szenarien also nicht auf die über lange Zeit vorherrschende Erwartung zurückgreifen, wonach der Erfindungsreichtum der Menschheit die bestehenden wie künftigen Probleme lösen und dazu beitragen werde, dass der Krieg aus dem Werkzeugkasten der Politik verschwindet - zum einen, weil er infolge des wissenschaftlich-technischen Fortschritts immer teurer wird, und zum andern, weil das Problem knapper Ressourcen, über deren Besitz mit Waffengewalt entschieden wurde, durch immer neue Entdeckungen beseitigt wird.

Dass dem nicht immer so ist, zeigen Rinke und Schwägerl am Szenarium einer Pandemie, der Millionen Menschen zum Opfer fallen, und der Entdeckung eines wirksamen Impfstoffs in einem israelischen Labor, der ein verhängnisvolles Verteilungsproblem zur Folge hat: Da die Bereitstellung des Serums für alle mehr als ein Jahr dauert, wird die Frage, wer es als Erstes bekommt, zum Konfliktfall, bei dem sich vor allem die arabisch-muslimischen Massen, ohnehin anfällig für Verschwörungstheorien aller Art, benachteiligt fühlen und zum Sturm auf Israel ansetzen. Analytisch formuliert: Die Verbreitung der Segnungen des Fortschritts, die bisher über eine längere Zeitstrecke hinweg erfolgte und von der zunächst die Länder profitierten, in denen die Entdeckungen gemacht und auch finanziert worden waren, ist unter Zeitdruck geraten - und dieser Zeitdruck ist die Folge des globalen Kommunikationssystems. Was vorher "bloß" eine Ungerechtigkeit war, kann nun zur Kriegsursache werden, weil es keine global konsensfähigen Kriterien für eine gerechte Verteilung gibt. Es ist die globale Transparenz, die den Konflikt zum Krieg verschärft.

Rinke und Schwägerl haben die politischen und ökonomischen Konfliktlagen - religiös-kulturelle Konflikte spielen in ihren Szenarien so gut wie keine Rolle - gegen den Strich gebürstet, und wo sie das getan haben, ist ihr Buch ausgesprochen innovativ und informativ. Entgegen ihrer erklärten Absicht haben sie mehr zur Antizipation möglicher Konflikte als zu deren präventiver Auflösung beigetragen. Aber beides zugleich wäre auch zu viel verlangt gewesen.

HERFRIED MÜNKLER

Andreas Rinke und Christian Schwägerl: "11 Drohende Kriege". Künftige Konflikte um Technologien, Rohstoffe, Territorien und Nahrung.

C. Bertelsmann Verlag, München 2012. 430 S., geb., 21,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Richtig gut gefällt dem früheren Regierungssprecher Thomas Steg zumindest der erste Satz des Buches von Andreas Rinke und Christian Schwägerl: "Dieses Buch könnte Ihnen Angst machen." Angst machen soll es vor den nächsten Jahrzehnten, vor allem aber vor China. Das findet Steg dann schon weniger gut. In "11 drohende Kriege" entwerfen die beiden Journalisten Szenarien für künftige - mehr oder weniger wahrscheinliche -  Konflikte und fügen diesen "feuilletonistische Reportagen aus der Zukunft" hinzu, um sie den Lesern zu vergegenwärtigen, fasst der Rezensent zusammen. In den Konflikten spiele die drohende Rohstoff-Knappheit genauso eine Rolle wie die Erderwärmung oder auch außer Kontrolle geratene Antibiotika. Die größte Schwäche des Buches sieht Steg in seiner Unterhaltsamkeit, sie lenke zu sehr von dem eigentlich aufklärerischen Ziel der Autoren ab. Aber der Rezensent stört sich auch an dem binären Denken der Autoren, die China die Rolle des "ubiquitären Bösewichts" zuwiesen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.09.2012

Die letzten Tage
der Menschheit
Andreas Rinke und Christian Schwägerl entwerfen
Kriegs- und Krisenszenarien der Zukunft
VON THOMAS STEG
  
Wenn das kein gelungener erster Satz ist: „Dieses Buch könnte Ihnen Angst machen.“ Das könnte es in der Tat. Gleich „11 drohende Kriege“ skizzieren die Journalisten Andreas Rinke und Christian Schwägerl in ihrem gleichnamigen, ja was eigentlich? Appell? Sachbuch? Roman? Dazu später mehr.
  Zukunftssorge und Zukunftsvorsorge, so ließe sich die Kernbotschaft zusammenfassen, ist in der heutigen Welt dringend erforderlich. Das angebrochene 21. Jahrhundert wird erkennbar unruhig. Vor diesem Hintergrund entwerfen die Autoren elf düstere Zukunftsszenarien, in denen sich die Menschheit aufgrund von Macht-, Ressourcen- und Selbsterhaltungshunger ein ums andere Mal an den Rand einer globalen Katastrophe bringt.
  Die Grundannahme: Geopolitische Gewichte verschieben sich, die überlieferten Machtkonstellationen sind aus der Balance geraten. Die Autoren versuchen, die Flaggensignale der kommenden Zeit zu deuten, indem sie bekannte Fakten und erkennbare Trends aus den unterschiedlichsten Themenfeldern zu elf futuristischen, nicht aber utopischen Konfliktszenarien verdichten.
  Dramaturgisch setzen sie dabei auf Wiederholung: Elf Themen werden gerahmt durch feuilletonistische Reportagen aus der Zukunft, farbig-fiktive Geschichten irgendwann zwischen 2040 und 2080. Von einem drohenden „Kühlkrieg“, in dem sich die künftigen Supermächte China und Indien ohne Rücksicht auf die Interessen des Westens verbünden, um der weiteren Erderwärmung entgegenzuwirken, bis hin zu einer Abspaltung Kaliforniens und anderer Südstaaten von den USA, weil die hispanische Bevölkerungsmehrheit das historische Konstrukt eines Groß-Mexiko verwirklichen will: Rinke und Schwägerl grasen alle erdenklichen und nicht erdenklichen Konflikte und Krisen ab: Den Kampf um die knapper werdenden Rohstoffe in 6000 Meter Meerestiefe, die Bedrohung durch resistente Viren und Keime im „Post-Antibiotika-Zeitalter“, die Verschärfung von Hunger und Unterernährung durch die Überfischung der Weltmeere oder schließlich die Gefahren im und durch das Internet, Stichwort „Cyber-Krieg“.
  Unterbrochen wird jedes dieser Szenarien von einem faktenorientierten Mittelteil, in dem die Autoren in die Gegenwart springen und einige wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Trends und (Fehl-)Entwicklungen der vergangenen Jahre aufzeigen, damit der Leser versteht, dass ihre Zukunftsgeschichten keinesfalls Hirngespinste sind. Plausibilität erlangen die Überlegungen vor allem dadurch, dass Rinke und Schwägerl zum Teil mit detaillierter Faktenkenntnis nachweisen, wie Forschung, Militär und Geheimdienste bereits heute an jenen Techniken und Instrumenten arbeiten, die unsere Zukunft einmal prägen und gefährden könnten.
  Paradoxerweise macht die größte Schwäche dieses Buches es zu einer empfehlenswerten Lektüre: Rinke und Schwägerl beherrschen das journalistische Handwerk, sie schreiben flüssig und verständlich, anschaulich und streckenweise fesselnd. Nur: Soll es hier überhaupt um rhetorisches Entertainment gehen? Eher nicht.
  „11 drohende Kriege“ ist ein Buch, das informieren und aufklären, das den Blick für neue Herausforderungen, Bedrohungen und Konflikte im 21. Jahrhundert schärfen möchte. Zu diesem Zweck werden gegenwärtige Erkenntnisse mit Zukunftsmalereien so verflochten, dass dem Leser vor lauter Zeit- und Realitätssprüngen leicht blümerant wird.
  Vieles von dem, was die beiden Journalisten beschreiben, ist gewichtig und ernst zu nehmen. Umso ärgerlicher ist es deshalb, dass sich Schwägerl und Rinke ideologisch noch immer in der Zeit des binären Denkens und der Blockkonfrontation bewegen. Bei ihnen hat China die Rolle des ubiquitären Bösewichts übernommen. Da schimmern latente Ressentiments durch, wenn von „gelber Gefahr“ und von „dunklen chinesischen Kräften“ die Rede ist, wenn China als brutal, drohend und erpresserisch charakterisiert wird.
  Wenn die Regierung in Peking nach Afrika, Australien und den Weltmeeren – mit einem Wort: nach der Weltherrschaft – greift oder der Cyber-Schutzmacht USA die Super-Spionagemacht China gegenübergestellt wird, dann ist das nicht mehr inspirierend, sondern bestenfalls traditionell. Auf den zweiten Blick haben die Journalisten somit eigentlich ein Buch über, nein gegen China geschrieben. Mindestens aber über die Notwendigkeit, dass sich der Westen gegen China geo-, macht- und wirtschaftspolitisch behauptet. „Für den Westen könnte das die größte Herausforderung darstellen: ein weiterhin undemokratisches und repressives China, das aber die Welt mit neuen Technologien, effizienter Problemlösung und langfristigen Strategien für sich gewinnt.“
  Nun könnte man einwenden, dass die Welt viel gewinnen könnte, wenn sich durch die Verteidigung westlicher Werte Kriege vermeiden ließen. Leider fehlt den „11 drohenden Kriegen“ aber ein wesentliches Zukunftsszenario, nämlich: Wie die westlichen Demokratien sich aus sich selbst heraus gefährden. Die Fragen, wie die überschuldeten westlichen Staaten zukünftig Freiheit und Wohlstand garantieren und sich dabei politisch stets aufs Neue legitimieren wollen, wie sie sich gegenüber äußerem Druck durch die Konkurrenz der Regierungssysteme und gegenüber innerem Druck durch charismatische Populisten verteidigen können, bleiben unterbelichtet.
  Ein Buch, das Angst macht? Im abschließenden Kapitel, überschrieben mit „Eine robustere Zivilisation“, schwächen die Autoren manch Bedrohliches aus den vorhergehenden Szenarien wieder ab. Nichts ist zwangsläufig, betonen Rinke und Schwägerl, auch Kriege seien nicht unausweichlich, wenn die Menschheit rechtzeitig umsteuert und einige (hier leider sehr allgemein gehaltene) Regeln beachtet: mehr Integration statt Isolationismus, Langfristigkeit im Denken und Handeln (Green Economy), Reform der Vereinten Nationen, Änderung des konsumorientierten Lebensstils und so weiter. Das ist irgendwie nicht ganz falsch, aber irgendwie auch nicht ganz neu. Zudem verfallen die Autoren dabei gelegentlich in einen pastoral-präsidialen Ton, der unangenehm an politische Sonntagsreden erinnert: „Die Welt von heute ist auf gefährliche Weise fragil. Doch zugleich wachsen die Kräfte der Vorausschau und der Vorbeugung.“ Und der Schlusssatz klingt dann auch reichlich lapidar: „Die Zukunft im 21. Jahrhundert ist gestaltbar.“
  Am Ende bleibt eine unbefriedigende Diskrepanz zwischen der Beschreibung der gewichtigen Gefahren und den angebotenen Lösungen. Noch ist bisher jede wirksame Reform der Vereinten Nationen an nationalen Egoismen gescheitert. Trotz wiederholter Appelle an die Vernunft deutet wenig daraufhin, dass sich das bald ändern könnte. Hier lohnt es sich, einmal an Schiller zu erinnern: „Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.“
  
Andreas Rinke, Christian Schwägerl: 11 drohende Kriege. Künftige Konflikte um Technologien, Rohstoffe, Territorien und Nahrung. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh 2012. 429 Seiten, 21, 99 Euro.
  
Der Sozialwissenschaftler Thomas Steg war von 2002 bis 2009 stellvertretender Sprecher der Bundesregierung.
Die hier geschilderten, düsteren
Zukunftsgeschichten sind mehr
als bloße Hirngespinste
Auch ein Aspekt: Wie die
westlichen Demokratien sich aus
sich selbst heraus gefährden
Gefragt sind: Die Reform der Uno,
mehr internationale Kooperation
und insgesamt mehr Vernunft
Die Kriegsvisionen von Andreas Rinke und Christian Schwägerl sind futuristisch, aber leider nicht ganz und gar utopisch. Unter allen Schlachten der Menschheitsgeschichte, den früheren wie den kommenden, ist eigentlich nur eine zu empfehlen: unseres Zeichners „Tortenschlacht“.
ZEICHNUNG: ERNST KAHL
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"Dieses Werk geht hochpolitisch, kundig, kreativ und wegweisend mit den aktuellen Bedrohungen in unserer Welt um." NDR