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Amadeu wittert seine große Chance, als er eine Tasche voll Kokain aus dem Chefbüro der Pornoproduktionsfirma entwendet, für die er arbeitet. Er macht es zu Bargeld, um seine Geliebte Gina Trevisan, eine illegale Preisboxerin, von ihren Schulden zu befreien und mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Den Erlös und einen Rest des Kokains versteckt er unter den Dielen eines Dachbodens. Doch dann kommt alles anders, Amadeu wird überfahren. Kaum einer weiß, dass Amadeu nicht mehr lebt, und die Suche nach ihm, nach dem Stoff und dem Geld bringt immer groteskere Situationen hervor. Auftragskiller jagen…mehr

Produktbeschreibung
Amadeu wittert seine große Chance, als er eine Tasche voll Kokain aus dem Chefbüro der Pornoproduktionsfirma entwendet, für die er arbeitet. Er macht es zu Bargeld, um seine Geliebte Gina Trevisan, eine illegale Preisboxerin, von ihren Schulden zu befreien und mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Den Erlös und einen Rest des Kokains versteckt er unter den Dielen eines Dachbodens. Doch dann kommt alles anders, Amadeu wird überfahren.
Kaum einer weiß, dass Amadeu nicht mehr lebt, und die Suche nach ihm, nach dem Stoff und dem Geld bringt immer groteskere Situationen hervor. Auftragskiller jagen den Toten, der Chef der Produktionsfirma braucht einen neuen Kühlschrank und mehr Geld, Amadeus ehemaliger Vermieter quartiert nach einem brutalen Boxkampf dessen Geliebte Gina bei sich ein, und der Erzähler zieht auf den Dachboden, ohne zu ahnen, dass unter seinen Füßen Tausende Real verborgen liegen.
Ana Paula Maia bedient sich in ihrem unterhaltsamen und packenden Roman eines schwindelerregenden Reservoirs an Situationskomik mit absurden Zufällen, Toten und zwielichtigen Gestalten, die sich ihren Lebensunterhalt mit Raub, Mord, Organhandel, kultigen Pornofilmen und Drogengeschäften verdienen, mit einstürzenden Fußböden und einem Schmuck schluckenden, koksenden Chihuahua. Krieg der Bastarde widmet sich mit Witz, Härte und Melancholie den Verkommenen, Maßlosen und Abtrünnigen und führt den Leser in cineastischer Manier in die Halbwelt einer modernen brasilianischen Großstadt.
Autorenporträt
Ana Paula Maia, geboren 1977 in Nova Iguaçu, einer Millionenvorstadt von Rio de Janeiro, hat als Jugendliche in einer Punkband gespielt. Während des Studiums der Publizistik begann sie neben Werbetexten auch Theaterstücke, Drehbücher und Romane zu schreiben. Eine ihrer Novellen gab sie in zwölf Folgen mit dem Zusatz "Pulp-Feuilletons" selbst online heraus, weil sie davon ausging, dafür keinen brasilianischen Verleger zu finden, der mutig genug wäre, sie zu veröffentlichen. Mittlerweile publiziert sie bei einem der größten Verlage Brasiliens. Ihr Roman "Krieg der Bastarde" wird in Brasilien verfilmt. Ana Paula Maia lebt in Rio.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.11.2013

Stadt der Sünde
Ana Paula Maias tarantinoesker Pulp-Roman „Krieg der Bastarde“ spielt im Drogen- und Sex-Milieu von Rio de Janeiro
Ana Paula Maia erhielt nach dem Erscheinen ihrer Romane „Tierkohle“ (2011) und „Zwischen Hundekämpfen und geschlachteten Schweinen“ (2009) die Nachricht einer Frau, neulich im Bus habe sie eines von Maias Büchern gelesen. Doch dann habe sie schnell aussteigen müssen, um sich – aus Ekel – zu übergeben und dann sofort weiterzulesen, denn, so versicherte die Frau, sie sei ein großer Fan.
  Der Ekelfaktor spielte in Maias Büchern bereits eine Rolle, bevor sie im Zuge späterer Recherchen zur Vegetarierin wurde. Auch in „Krieg der Bastarde“ (2003), nun auf Deutsch erschienen, wird der Schlachthof zum Tatort. Schauplatz des Romans ist Rio de Janeiro, aber er könnte auch in jeder anderen Millionenstadt spielen.
  Der abgerissene Pornodarsteller Amadeu findet eine Tasche voll mit Koks. Was für eine Chance! Doch wenig später wird sein linkes Ohr vom Rückspiegel eines Taxis gekratzt, woraufhin Amadeu im Fond durchaus heroisch verblutet. „Sein Herz klopft, Sekunde um Sekunde denkt er an den Tod, weil er merkt, wie ihm der Lebenssaft aus den Eingeweiden rinnt. Vorsichtig fasst er sich ins Gesicht und fragt: ,Wie sehe ich aus?‘ ,Gar nicht mal übel. Für einen, der gerade überfahren worden ist, siehst du sogar richtig hübsch aus’“, antwortet ihm Horacio, auf dessen Schoß er liegt. „Aber da ist eine Leerstelle, eine Verstümmelung; das linke Ohr ist nicht mehr da.“ Horacio, in dessen Wohnung Amadeu Unterschlupf gefunden hatte, wird Tage brauchen, um all das getrocknete Blut unter seinen Fingernägeln herauszukratzen. Die Leiche Amadeus verschwindet in einer Kühlschublade des örtlichen Krankenhauses, während die Unterwelt verzweifelt nach ihm und der Tasche fahndet. Eine Suche, die groteske Formen annimmt.
  Unverhoffter Reichtum, der dem kurz darauf folgenden elenden Sterben nichts entgegenzusetzen hat, das ist der Motor dieses Romans. Nichts passt hier zusammen, nichts funktioniert – und doch kreuzen sich schließlich die Wege aller Beteiligten, zu denen neben einer Horde Bastarde ein reinrassiger kleptomanischer Chihuahua im Drogenrausch gehört. Da gibt es den Drogenhändler Salvatore, den gleich zu Anfang der Schlag trifft, und Stefano Lozonni, dessen Kopf im Verlauf der Handlung aus einem Kofferraum fallen, quer über die Straße rollen und dann von dem Chihuahua angefressen werden wird. Ferner treten auf: der gierige Pornoproduzent Zeferino sowie Pablo Sasaki, der mit der Pornoqueen und „Fleischwerdung der niedrigsten Phantasien“ namens Greice Sally, der Geliebten Zeferinos, schläft. Und dann wären noch die Filmdiva Edwiges D’Lambert zu erwähnen, die in ihrem Holzbein Koks bunkert, und die scheiternde Preisboxerin Gina Trevisan, deren Körper ein Drachentattoo bedeckt.
  Ana Paula Maia taucht in eine durch und durch männliche Welt ein, die Handlung ist brutal und explizit. „Dieser Wechsel zum anderen Geschlecht hin erlaubt es mir, mich von mir selbst zu entfernen“, sagt die 36-jährige Autorin. Die Männer im Buch morden, hacken ohne Skrupel einem säumigen Schuldner den Daumen ab und sind doch melancholische Loser, denen Schoko-Eclairs und Kürbiskompott Tränen in die Augen treiben.
  Bei aller Direktheit ist Maias Sprache überaus ausgefeilt. Das vermittelt sich auch in der deutschen Übersetzung von Wanda Jakob. „In der Literatur verschönern Worte oft etwas, das eigentlich hässlich ist. Verleihen einen Glanz, der nicht existiert“, erklärt Maia. Und: „Ich schreibe nicht um der Schönheit der Worte willen.“ Das kann man wohl sagen. Im Roman verstricken sich alle Beteiligten immer tiefer in die Suche nach der roten Tasche, die inzwischen vollgestopft ist mit Geldscheinen, dem Ticket in ein neues Leben. Wenn sich die Wege der Figuren ebenso zufällig wie haarsträubend blutig kreuzen, wirkt manches zwar recht konstruiert. Das schmälert aber nicht das grausige Vergnügen an diesem tarantinoesken Roman. Viel Action gibt es hier, griffige Dialoge. Fast meint man beim Lesen, mexikanisches Gitarrengeklimper zu hören.
  Maia erzählt keine lineare Geschichte, und es gibt bei ihr keinen Protagonisten. Vielmehr beschreibt sie einen Mikrokosmos, in dem sich verschiedene Handlungsstränge überschneiden. Die Perspektive wechselt. Einmal erzählt eine Figur, die Teil der Handlung ist, die Geschichte, dann ein unbeteiligter Erzähler. Manch eine Szene wirkt schon jetzt wie eine lange Kamerafahrt, und tatsächlich wird „Krieg der Bastarde“ derzeit in Brasilien verfilmt. Es ist ein visueller, plakativer Roman. „Das Kino hat großen Einfluss auf mein Werk“, sagt die Autorin. Schon im Alter von zwölf Jahren schaute Maia, die in Nova Iguaçu, einer Millionenvorstadt von Rio, aufwuchs, exzessiv Filme, später war sie Schlagzeugerin in einer Punkband. Maia studierte Publizistik, sie schreibt Theaterstücke, Drehbücher und Romane. Eine ihrer Novellen gab sie als „Pulp-Feuilletons“ selbst online heraus.
  Ana Paula Maia geht es in ihrem Schreiben darum, wie ein Mensch sich verändert durch das, was er tut. Und obwohl ihr Roman in der Pornobranche spielt, geht es nicht um Erotik und nicht um Liebe. Maias Helden sind erschlagen vom eigenen Leben und ohne Hoffnung. Gewidmet hat sie ihr Buch „den Verkommenen, Maßlosen und Abtrünnigen“.
MICHAELA METZ
Ana Paula Maia: Krieg der Bastarde. Aus dem Portugiesischen von Wanda Jakob. A1 Verlag, München 2013, 224 Seiten, 18,80 Euro.
Ana Paula Maia , geboren 1977, veröffentlichte ihre Texte zunächst online. Mittlerweile ist sie bei einem der größten Verlage Brasiliens unter Vertrag. Ihr Roman „Krieg der Bastarde“ wird derzeit verfilmt. FOTO: MARCELO CORREA / A1 VERLAG
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Sylvia Staude kommt kaum zum Luftholen beim Lesen von Ana Paula Maias Verbrecherreigen aus der brasilianischen Großstadtwelt. Derart haut die Autorin auf die "Brutale-Komik-Sahne", bietet Koks-, Porno- und Gewaltorgien, dass Staude meint, hier solle das bisher eher unterernährte brasilianische Krimigenre tüchtig gemästet werden. Die Geschichte um eine verschwundene Tasche voller Koks scheint Staude da fast zweitrangig zu sein. Und die wenigen zarten Momente im Text, Augenblicke philosophischer Welt- und Daseinsbetrachtung, wie Staude schreibt, genießt die Rezensentin beinahe mit Dankbarkeit.

© Perlentaucher Medien GmbH