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Erstmals auf Deutsch: Thoreaus meisterliche ReiseerzählungZahlreiche Reisen führten H. D. Thoreau ab 1849 auf die Halbinsel Kap Cod in Massachusetts.Seine Aufzeichnungen zu Land und Leuten, Tieren und Pflanzen, zur Landschaft und ihrer herben Schönheit bilden die Grundlage für das posthum erschienene Buch "Kap Cod". Es legt Zeugnis ab von der immensen wirtschaftlichen Bedeutung des Walfangs, von der Abholzung der Wälder, der Gewalt des Ozeans, der Kargheit des Landes und der Ausdauer seiner Bewohner. Erstmals erscheint eine der großartigsten Reiseerzählungen des 19. Jahrhunderts auf Deutsch.…mehr

Produktbeschreibung
Erstmals auf Deutsch: Thoreaus meisterliche ReiseerzählungZahlreiche Reisen führten H. D. Thoreau ab 1849 auf die Halbinsel Kap Cod in Massachusetts.Seine Aufzeichnungen zu Land und Leuten, Tieren und Pflanzen, zur Landschaft und ihrer herben Schönheit bilden die Grundlage für das posthum erschienene Buch "Kap Cod". Es legt Zeugnis ab von der immensen wirtschaftlichen Bedeutung des Walfangs, von der Abholzung der Wälder, der Gewalt des Ozeans, der Kargheit des Landes und der Ausdauer seiner Bewohner. Erstmals erscheint eine der großartigsten Reiseerzählungen des 19. Jahrhunderts auf Deutsch. Ilija Trojanow, der das heutige Kap für dieses Buch bereiste, bereichert dieses literarische Juwel um seine persönliche Perspektive.
Autorenporträt
Henry David Thoreau geboren 1817 in Concord, Massachusetts, 1833-1837 Studium an der Harvard University. 1845 bezieht er eine Blockhütte am Walden-See, dann arbeitet er als Landvermesser und engagiert sich öffentlich gegen die Sklaverei. Thoreau stirbt 1862 an Tuberkulose. Klaus Bonn geboren 1958, studierte Literaturwissenschaft, Anglistik und Philosophie in Mainz, freier Übersetzer, Autor und Lehrbeauftragter. Er übersetzte Thoreaus "Briefe an einen spirituellen Sucher" (2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2014

Schiffbruch mit andächtigem Zuschauer

Er war ein einzigartiger Wanderer und Beobachter: Und jetzt kann man nachlesen, warum Henry David Thoreau stets nach Westen ging.

Die Blockhütte, die er in seiner autobiographisch-philosophischen Reflexion "Walden oder Leben in den Wäldern" berühmt machen sollte, hat er schon wieder verlassen, als sich Henry David Thoreau auf längere Reisen begibt. Viermal besucht er zwischen 1849 und 1857 Kap Cod, die langgestreckte Halbinsel, die den Südosten von Massachusetts wie ein angewinkelter Arm vor dem anbrandenden Atlantik schützt. Als Landbewohner, dessen bekannteste Schriften den Wäldern und Feldern seiner Heimatstadt Concord gewidmet sind, verfügt Thoreau über eine gespannte Aufmerksamkeit für das Meer, das hier an den kilometerlangen sandigen Dünen der Landzunge reißt. Dem Ozean in seinem Eigenleben, aber auch im Zusammenspiel mit der Küstenbevölkerung widmet er einige seiner eindringlichsten Beschreibungen dieser detailreichen Reiseschilderung, die nun zum ersten Mal - von Klaus Bonn kenntnisreich übersetzt und mit Anmerkungen versehen - auf Deutsch vorliegt.

Sie beginnt mit einem Paukenschlag. Südlich von Boston ist zwei Tage vor seiner Ankunft eine Brigg mit irischen Auswanderern auf Grund gelaufen; der ganze Küstenstreifen ist in Aufruhr, um die Ertrunkenen zu bergen, zu identifizieren und zu bestatten. Thoreau aber bietet das Unglück Anlass für eine geradezu klassische Szene des Erhabenen. Mehr als mit den Opfern fühlt er "mit den Winden und Wogen, als ob das Hin- und Herschleudern und Verstümmeln dieser armen menschlichen Körper an der Tagesordnung wäre". Für diesen philosophischen Betrachter verleiht der Anblick des Wracks der Küste nur eine seltenere Schönheit.

Den profanen Hintergrund des Unglücks bilden die zahlreichen Riffe und Sandbänke, die die Bucht von Massachusetts und das Kap seinerzeit zu einer für die Schifffahrt so gefährlichen Küste machten. Tummeln sich heute auf den Sandstränden der Landzunge Urlauber, so waren es zu Thoreaus Zeiten Strandräuber auf der Suche nach verwertbaren Überresten der regelmäßig auf Grund laufenden Schiffen. Der Länge und der Breite nach stapft der Autor über das Kap, bewundert dessen herbe Schönheit, liest in Kirchen- und Gemeindebüchern, nächtigt in Leuchttürmen, beschreibt die karge Vegetation im Innern und den Walfang an der Küste.

Wie stets in seinen Schriften verbindet dieser große Essayist und Tagebuchautor seine Naturandacht mit stupender Belesenheit und spöttischem Humor. In dem Städtchen Eastham etwa, in dem aufgrund einer Schwarzdrossel-Plage angeordnet wurde, dass jeder Junggeselle sechs der Vögel zu töten habe, bevor er heiraten dürfe, kommt Thoreau bei seinem Besuch zu dem Schluss, dass "viele Männer nicht verheiratet waren".

Am meisten aber fasziniert ihn der Ozean, der unentwegt Treibgut an Land spült; die Küste ist ihm eine einzige Leichenhalle. Vielleicht ist es ja die geschichtslose Allgegenwart des Meeres, die in Kap Cod ein sonst bei Thoreau so prominentes Motiv in den Hintergrund treten lässt. Auch hier finden sich natürlich jede Menge natur- und landeskundliche Beobachtungen und Reflexionen; doch vermisst man die aus anderen Schriften bekannte Intensität seines Nachdenkens über den amerikanischen Menschen.

In zwei weiteren Neuerscheinungen kommt dieser Aspekt stärker zum Tragen. In "Lob der Wildnis" hat die Schriftstellerin und Übersetzerin Esther Kinsky Thoreau-Essays über die wilden Früchte seiner Heimat zu einem Reigen versammelt: Die Lobgesänge auf Erdbeeren, schwarze Heidelbeeren, die Europäische Preiselbeere sowie wilde Äpfel sind Erkundungen der kleinen Epiphanien, die man beim Aufspüren und Verzehren der Früchte erleben kann. Emphatisch beschreiben sie die Schule der Natur für Kinder und Erwachsene, gehen auf den Stellenwert der wilden Früchte für die Tierwelt ein und die Rolle, die sie für die indianischen Ureinwohner spielten. Der prophetische Tonfall, den Thoreau immer wieder anschlägt, dient dabei stets der Kritik an einer Menschenwelt, die ihre natürliche Umgebung in Handelswaren und ihre grundlegendsten Lebensvollzüge in Lohnarbeit verwandelt - und darüber selbst verarmt.

Auch in seinem klassischen Essay "On Walking", von Ulrich Bossier unter dem Titel "Vom Wandern" neu übertragen, schlägt Thoreau zivilisationskritische Töne an. In ihm sieht Thoreau sich ins Zeitalter des Landvermessers versetzt, das den Einzäunungen und "Betreten verboten"-Schildern vorausgeht. Er, der selbst als Landvermesser gearbeitet hat, erkennt in diesem einen Fürsten der Finsternis, einen, wie man sagen könnte, Agenten der Kolonialisierung der Welt durch eine ungeheure Bewegung, die der heutige Leser zwanglos auf den Begriff Kapitalismus bringen kann. In diesem Text, einer einzigen Eloge auf das ziellose Umherschweifen in der ungezähmten Natur, beantwortet sich Thoreau die Frage, warum er zu seinen Streifzügen immer nach Westen aufbricht, mit einer weitgespannten mythologischen Reflexion über den Weg der Menschheit von Ost nach West, über ihren Ausbruch aus alten Ordnungen auf der Suche nach Freiheit.

Thoreaus ganze Ambivalenz gegenüber seinen amerikanischen Mitbürgern, die diesen Traum verkörpern, sich aber auch selbst schon wieder Fesseln angelegt haben, ist hier mit Händen zu greifen. "Sollte die amerikanische Freiheit dereinst im Laufe der Jahrhunderte eine Fiktion geworden sein - sie ist in gewissem Maße ja heute schon eine Fiktion -, so inspiriert vielleicht die amerikanische Mythologie die Dichter der Welt." Wenige dürften mit solcher Inbrunst an dieser Mythologie gearbeitet haben wie Thoreau. Am Ende seiner Erkundung von Kap Cod sucht er ein letztes Mal die Küste auf. Den Kontinent im Rücken, geht sein Blick aufs Meer hinaus, für einmal gen Osten, in Richtung Alte Welt: "Ein Mensch mag dort stehen und ganz Amerika hinter sich lassen."

MICHAEL ADRIAN

Henry David Thoreau: "Kap Cod".

Aus dem Amerikanischen übersetzt und herausgegeben von Klaus Bonn. Residenz Verlag, St. Pölten u.a. 2014. 319 S., geb., 24,90 [Euro].

Henry David Thoreau: "Lob der Wildnis".

Aus dem amerikanischen Englisch von Esther Kinsky. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2014. 104 S., br., Abb., 14,90 [Euro].

Henry David Thoreau: "Vom Wandern".

Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Bossier. Reclam Verlag, Stuttgart 2013. 80 S., br., 5,- [Euro].

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