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Am Anfang stand die Besetzung des Gutsdorfs Trieglaff durch Truppen der Armee Napoleons 1807, am Ende der Einmarsch der Roten Armee 1945. Dazwischen lebten fünf Generationen Gutsbesitzer, Landarbeiter und Bauern in einer ländlichen Lebenswelt Pommerns, die der ständisch geprägten Gesellschaft entwuchsen und zwischen modernisierten Wirtschaftsstrukturen und traditionellen Lebensformen nach neuer Orientierung suchten.Im Zentrum der Generationengeschichte steht die Familie von Thadden. Sie reicht von dem führenden Kopf der pietistischen Erweckungsbewegung in Pommern, Adolph Ferdinand von Thadden,…mehr

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Produktbeschreibung
Am Anfang stand die Besetzung des Gutsdorfs Trieglaff durch Truppen der Armee Napoleons 1807, am Ende der Einmarsch der Roten Armee 1945. Dazwischen lebten fünf Generationen Gutsbesitzer, Landarbeiter und Bauern in einer ländlichen Lebenswelt Pommerns, die der ständisch geprägten Gesellschaft entwuchsen und zwischen modernisierten Wirtschaftsstrukturen und traditionellen Lebensformen nach neuer Orientierung suchten.Im Zentrum der Generationengeschichte steht die Familie von Thadden. Sie reicht von dem führenden Kopf der pietistischen Erweckungsbewegung in Pommern, Adolph Ferdinand von Thadden, bis zum Gründer des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Reinold von Thadden-Trieglaff, und berührt sowohl die kirchliche als auch die politische Geschichte Deutschlands. Im 19. Jahrhundert hatte sie Bedeutung für den Reichsgründer Otto von Bismarck, im 20. für den Widerstand gegen Hitlers Regime. Zu dieser Welt gehörten aber ebenfalls die Gutsarbeiter, die ihre eigenen Erfahrungen im Auflösungsprozess der ständischen Gesellschaft machten. Thadden untersucht dazu auch Briefe, die aus Trieglaff an die ausgewanderten Verwandten nach Amerika gingen.
Autorenporträt
Der AutorRudolf von Thadden, geb. 1932, emeritierter Professor für Neuere Geschichte an der Universität Göttingen; von 1993 bis 2007 Direktor des Berlin-Brandenburgischen Instituts für Deutsch-Französische Zusammenarbeit in Genshagen, seit 2008 Ehrenpräsident der Stiftung Genshagen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2011

Kleines Dorf mit großer Uhr
Rudolf von Thadden und das pommersche Trieglaff

Der Name des Ortes hat in der deutschen Geschichte einen besonderen Klang: Trieglaff. Das Gut der Familie von Thadden hat in den vergangenen zweihundert Jahren mancherlei gesehen: die Truppen Napoleons ebenso wie die Rote Armee, die Entstehung der pommerschen Erweckungsbewegung ebenso wie den Aufstieg des Nationalsozialismus. Rudolf von Thadden hat jetzt die Geschichte dieses Dorfes geschrieben. Entstanden ist dabei nicht etwa eine sentimentale Heimatchronik, sondern ein aufrichtiges, packendes, lebenskluges Buch. Natürlich handelt es in erster Linie von Trieglaff und seinen Bewohnern: von den Gutsbesitzern und ihren "Leuten", auch von den vielen Tagelöhnern, die vor lauter Not nach Amerika auswanderten. Zugleich bündeln sich im Geschick dieses pommerschen Dorfes jedoch die großen Linien der Weltgeschichte. Und dass dies in unaufdringlicher Weise deutlich wird, ist vor allem dem Autor geschuldet, der die wesentlichen Etappen Trieglaffs von der Franzosenzeit bis zur Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg umsichtig nachzeichnet und so gleichsam eine Dorfgeschichte in allgemeiner Absicht entwirft.

Dabei gerät die pommersche Lebenswelt keineswegs aus dem Blick. Die Landwirtschaft, so hatte bereits Adolph von Thadden, der Patriarch der Familie, bekannt, sei es, die ihn ganz und gar ausfülle. Und als er im Anschluss an die napoleonischen Kriege daran ging, seinem Leben die entscheidende Wendung zu geben, war es auch die Stellung eines Gutsbesitzers, die ihm - als "kleiner König seines Dorfes" - über die Maßen verlockend erschien: "im Frieden der Vater, im Kriege der Anführer, in der Not der treueste Freund seines Völkchens". Er nahm es mit seinem Kleinkönigtum durchaus ernst. Technischen Innovationen stand er offen gegenüber, seine Gewinnkalkulationen waren nüchtern und realistisch, und zur Auswahl guter Schafböcke reiste er bis nach Estland. Vor allem aber wollte er selbst ein guter Hirte sein - zunächst in sozialer Hinsicht, bald auch schon in religiöser.

Von einem Bündnis zwischen Thron und Altar konnte in Trieglaff dabei keine Rede sein, und kaum eine Familie spiegelt die Spannungen innerhalb des deutschen Protestantismus im 19. Jahrhundert so deutlich wie die Thaddens. Unbeugsam verweigerte sich Adolph von Thadden der Union zwischen Lutheranern und Reformierten. In der Folge wurde Trieglaff zu einem zentralen Ort der pommerschen Erweckungsbewegung: Seit 1829 fanden hier die berühmten Pastorenkonferenzen statt, im September 1848 trat der Gutsherr endgültig aus der Landeskirche aus, und die religiösen Strömungen, die sich nun vollends entfalteten, konnten auch einen Otto von Bismarck, der sich im rund zehn Kilometer entfernten Kniephof auf der Suche nach sich selbst befand, nicht kaltlassen.

Die Vorbehalte gegen das staatliche Kirchenregiment, wie sie hier deutlich geworden waren, bildeten den Nährboden, auf dem rund hundert Jahre später der Widerstand gegen die nationalsozialistische Kirchenpolitik keimte. Reinold von Thadden, der Gründer des Deutschen Evangelischen Kirchentags, war es, der in den zwanziger Jahren die weite Welt des französischen und angelsächsischen Protestantismus in die pommersche Provinz holte und sich nach 1933 kompromisslos der Bekennenden Kirche anschloss. Den Untergang konnte dies nicht aufhalten.

Als die Rote Armee am 5. März 1945 in Trieglaff einmarschierte, wurde die große Uhr am Inspektorenhaus demonstrativ auf Moskauer Zeit vorgestellt. Und überhaupt gingen die Uhren in Pommern fortan anders. Die Familie flüchtete noch 1946 über die Oder, zunächst nach Berlin, wo mittlerweile auch Reinold von Thadden, aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, eingetroffen war. Bei diesem Wiedersehen der heimatlos gewordenen Familie, so bemerkt der Verfasser feinsinnig, sei deutlich geworden, "dass Lebenserfahrungen sich nicht ohne weiteres vermitteln und verknüpfen lassen". Dass dies gleichwohl möglich ist, hat Rudolf von Thadden mit diesem Erinnerungsbuch eindrücklich belegt.

CARSTEN KRETSCHMANN

Rudolf von Thadden: Trieglaff. Eine pommersche Lebenswelt zwischen Kirche und Politik. 1807-1948. Wallstein Verlag, Göttingen 2010. 294 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Carsten Kretschmann ist sehr eingenommen von Rudolf von Thaddens Erinnerungen an das pommersche Trieglaff. Das Werk ist in seinen Augen keine "sentimentale Heimatchronik", sondern ein "aufrichtiges, packendes, lebenskluges" Buch. Zwar handelt wenn es in erster Linie von der Geschichte Trieglaffs, dem Gut der Familie, von Napoleon bis zur Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber dem Autor gelingt nach Ansicht Kretschmanns zugleich, in der Geschichte des pommerschen Dorfes Weltgeschichte sichtbar zu machen, ohne die pommersche Lebenswelt aus dem Blick zu verlieren.

© Perlentaucher Medien GmbH
'Th. versteht es, eine uns heute in mehrfacher Hinsicht recht ferne Welt verständlich zu machen, nicht zuletzt durch den Stil, der kühle wissenschaftliche Distanz mit Lesbarkeit verbindet.' (Peter Lautzas, geschichte für heute, 4, 2012)