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Das Gespenst des Populismus geht um in Europa und der Welt. An populären Erklärungen für den Populismus mangelt es nicht und es scheint, als wären sie extra für unsere Gegenwart geschrieben worden: Es braucht eine Finanzkrise, eine Flüchtlingswelle, ein Misstrauen in die Eliten, eine wachsende Ungleichheit und schließlich Parteien und Politiker, die daraus eine Bewegung formen. Die Regierungen sehen sich in der Zwickmühle, ihren Einwohnern die globale Revolution aller Lebensbedingungen zuzumuten und zugleich den Protest gegen die Entfremdung abzuwehren. Kritik an der wachsenden Ungleichheit…mehr

Produktbeschreibung
Das Gespenst des Populismus geht um in Europa und der Welt. An populären Erklärungen für den Populismus mangelt es nicht und es scheint, als wären sie extra für unsere Gegenwart geschrieben worden: Es braucht eine Finanzkrise, eine Flüchtlingswelle, ein Misstrauen in die Eliten, eine wachsende Ungleichheit und schließlich Parteien und Politiker, die daraus eine Bewegung formen. Die Regierungen sehen sich in der Zwickmühle, ihren Einwohnern die globale Revolution aller Lebensbedingungen zuzumuten und zugleich den Protest gegen die Entfremdung abzuwehren. Kritik an der wachsenden Ungleichheit ist für sie eine populistische Gefahr.Bernd Stegemann analysiert die Dramaturgie des politischen Sprechens und geht der Frage nach, ob der Populismus allein als Gefahr für die Demokratie anzusehen ist oder ob er nicht vielmehr ein Symptom dafür ist, was in ihr falsch läuft. Die eingespielten Regeln des politischen Sprechens über Alternativlosigkeiten haben eine große Abwehr provoziert. Könnte die populistische Rede nicht ein Versuch der Mitsprache derjenigen sein, die sonst über keine Stimme verfügen - denn die zentrale Frage der Demokratie lautet immer noch: Dürfen die Ausgeschlossenen sprechen?
Autorenporträt
Bernd Stegemann ist Professor für Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Berlin. Er arbeitete als leitender Dramaturg an zahlreichen Theatern und für Festivals, u. a. am TAT in Frankfurt/Main, am Deutschen Theater und an der Schaubühne Berlin. Ab der Spielzeit 2017 / 18 wird er der Dramaturgie des Berliner Ensembles angehören. Zahlreiche Buchpublikationen zur Dramaturgie und Kunst des Theaters. In der ZEIT (Nr. 15/2016) erschien sein vielbeachteter Essay zur Flüchtlingspolitik: "Die andere Hälfte der Wahrheit". Er hat die Reihe Lektionen bei Theater der Zeit begründet. Bisher erschienen sind die Bände 1 Dramaturgie, 2 Regie, 3 und 4 Schauspielen (Berlin 2009 und 2010). Zahlreiche Publikationen zur Dramaturgie und Kunst des Theaters, z. B. Kritik des Theaters, Berlin 2013. (Taschenbuchausgabe 2014.)
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2017

Verschleierung des Frontverlaufs
Umständlich, aber bloß nicht kompliziert: Der Dramaturg Bernd Stegemann beschwört die Gespenster des Populismus
Haust Lenin jetzt im Theater? Ist Klassenkampf eine Aufgabe für Dramaturgen? Sind nette Schauspieler demnächst die Speerspitze revolutionärer Umwälzungen? Diese Fragen stellen sich nach der Lektüre von Bernd Stegemanns Essay „Das Gespenst des Populismus“ mit absurder Dringlichkeit. Denn der Dramaturgie-Professor der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“ und einstige Chefdramaturg der Schaubühne hält in dieser Klageschrift über linke Versäumnisse eigentlich niemanden mehr für tauglich, seinen „Klassenstandpunkt“ zu erkennen. In Bernd Stegemanns verzweifelter Trauer, dass es den guten alten Bolschewismus nicht mehr gibt, findet er nur Trost in einem Theaterstück von Milo Rau.
Um das Finale dieses kuriosen Buches zu verstehen, muss man ein wenig ausholen. Stegemann, der sich in seinem Fachessay „Lob des Realismus“ 2015 noch mit der Empfehlung an Regisseure hervortat, sie mögen doch bitte vom Experimentierglauben der Kunst lassen und wieder zu einfachen, abbildenden Erzählweisen zurückkehren, damit der arme Zuschauer die Wirklichkeit des real existierenden Klassenkampfes auf der Bühne erleben kann, hat sich nun einem Phänomen zugewandt, von dem man eigentlich dachte, es sei dazu bereits alles gesagt – nur noch nicht von allen: der Populismus.
Stegemanns Ansatz hat allerdings eine bemerkenswerte Pointe für die Debatte parat. Für ihn ist einfach alles Populismus, links, rechts, liberal, radikal, ganz egal. Denn laut seiner Definition zeigt sich Populismus sowohl in der Verwendung von ausgrenzenden Antagonismen und Schemata, wie man es gemeinhin als Populismus versteht, wie im Gegenteil. Auch die „Verschleierung von Widersprüchen durch komplizierte Erklärungen,“ wie es die von ihm in Bausch und Bogen verteufelte Postmoderne angestiftet habe, folgt demselben Zweck. Alles politische Sprechen in der undialektischen Einheitswelt von Bernd Stegemann dient der Verschleierung eines Frontverlaufs: die „globale Macht des Kapitals“ gegen die „Menschen“.
Dieser Schematismus hat es Bernd Stegemann so angetan, dass er ihn in ständiger Wiederholung durch seinen Essay wälzt – immer wieder neu verklausuliert in einem akademischen Jargon, der selbst dann schwer erträglich wäre, wenn er weniger redundant bliebe.
Tatsächlich kommt Stegemanns Gespenster-Essay aber konsequent zum gleichen einfachen Resultat. Würden alle Menschen das verklausulierte Sprechen des liberalen Populismus endlich so richtig verstehen, wie es gerade nur der Rechtspopulismus und Bernd Stegemann können, dann müsste der Neoliberalismus die Hose runterlassen und seine wahren Interessen der privaten Gewinnmaximierung offen zeigen. Das wäre eine Revolution, weil dann die demokratischen und freiheitsliebenden Kräfte ihre Kollaboration mit dem Neoliberalismus aufkündigen müssen, und alles wäre wieder gut. Das ist die einfache Realität der Klassengegensätze in Bernd Stegemanns Essay.
Nun wäre jeder kluge Disput darüber zu begrüßen, wie die Beziehung von Ökonomie und politischer Macht ungerechte Herrschaftsverhältnisse stabilisiert. Und die Debatte über die Verschleierungstendenzen von Eliten, die sich auf Kosten der Demokratie und des Allgemeinwohls schamlos bereichern, indem sie den Unterdrückten ihre Unterdrückung als alternativlos beschreiben, hat seit den Tagen von Karl Marx Tausende kluge Bücher hervorgebracht.
Aber dafür braucht es sicherlich kein weiteres, dessen Autor mit der Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten anderen stereotyp erklärt, was sie bitte tun müssen. Zumal vor dem Hintergrund, dass alles, was in diesem Buch nach Analyse klingt, bei präziser argumentierenden Autoren abgeschrieben ist, meist ohne die Quellen zu nennen. So entlehnt Stegemann seine Thesen zum „demokratischen Paradox“ dem gleichlautenden Essay von Chantal Mouffe, die darin in bestechender Klarheit beschrieb, warum Freiheit und Gleichheit eigentlich unvereinbare Konzepte sind, aber trotzdem gemeinsam die liberale Demokratie bestimmen. Anstatt auf seine Zweitverwertung hinzuweisen, diffamiert Stegemann diese kluge Analytikerin des modernen Populismus an anderer Stelle lieber als Nebelwerferin, die nicht begreife, wie man „die Begriffe des Volks und der Klasse für eine linke Politik“ retten könne.
Leider bleibt Stegemann jede plausible Definition schuldig, was er genau unter „Klasse“ versteht – oder unter „Volk“. Und dass Klassenkampf historisch betrachtet einen komplexen Prozess der Organisation von Interessensgruppen voraussetzt, um nicht nur eine Worthülse im Dramaturgendeutsch zu bleiben, wird an keiner Stelle dieses schwadronierenden Buchs auch nur erwähnt. Dafür dämonisiert Stegemann den Neoliberalismus, wie so viele Salonlinke es dauernd tun, durch falsche Personalisierung – als sei diese Ideologie kein strukturelles Phänomen, sondern ein realer Tyrann, den es zu bekämpfen gelte.
Beim ziemlich gequälten Versuch, sein pathetisches Gemisch aus Systemtheorie, Trivialmarxismus, Rundumverurteilungen und redundanten Polit-Ratschlägen möglichst gelehrt klingen zu lassen, reiht Stegemann zudem eine halb gare Formulierung an die nächste. Er benutzt Wörter wie „Migration“ oder „Rassismus“ unsauber bis falsch und baut Bandwurmsätze, an deren Ende Gesine Schwan plötzlich ein „Herr“ ist. Diese Form gedanklicher Schludrigkeit führt dazu, dass am Schluss eine harmlose Schaubühnen-Inszenierung über NGOs in Afrika zum einzigen Beispiel dafür gereicht, wie Stegemanns Aufklärung über den Klassenstandpunkt konkret zur Erweckung führen soll.
Ob Lenin damit die Oktoberrevolution hätte starten können?
TILL BRIEGLEB
Bernd Stegemann: Das Gespenst des Populismus. Ein Essay zur politischen Dramaturgie. Theater der Zeit Verlag, Berlin 2017. 180 Seiten, 14 Euro. E-Book 11,99 Euro.
Ein Gemisch aus Systemtheorie,
Trivialmarxismus und
redundanten Polit-Ratschlägen
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"Wenn er austeilt, dann richtig. Bei der Beschreibung von dem, was seiner Ansicht nach schiefläuft an deutschsprachigen Bühnen, nimmt Bernd Stegemann kein Blatt vor den Mund. Um Theater geht es in seinem soeben erschienenen Buch allerdings nur noch am Rande."Deutschlandradio Kultur "Sein Essay über das Gespenst des Populismus liest sich wie eine antike Tragödie mit ungewissem Ausgang."3sat Kulturzeit "Mag mancherorts die Tendenz der deutschen Intellektuellen beklagt werden, sich zurückziehen in die Elfenbeintürme von Dramaturgie und Hochschule: Stegemann zumindest zieht sich nicht zurück, Stegemann mischt sich ein."Nachtkritik "Bernd Stegemann steigt mit diesem Buch direkt in die Gesellschaftsanalyse ein."Bayern 2 - kulturWelt "Stegemann hat recht. Eine Linke, die das nicht begreift, macht sich zum Kollaborateur der Superreichen."Junge Welt "Populismus - das ist ein politischer Kampfbegriff, der vom Establishment gerne genutzt wird, um unerwünschte politische Meinungen zu diskreditieren und zu stigmatisieren. Man kann diesen Begriff aber auch nutzen, um die neoliberale Ideologie und Strategie zu sezieren. Und genau dies tut Bernd Stegemann."nachdenkseiten.de "Es ist das richtige Buch zur richtigen Zeit. (...) Hellsichtig und klar verständlich hat er eine Typologie des verfemten und verfemenden Terminus Populismus geschrieben."Jungle World "Bernd Stegemann analysiert den politischen Kampfbegriff des Populismus und zeigt: Man kann ihn auch nutzen, um die neoliberale Ideologie zu sezieren."Neues Deutschland "Alle analysieren, alle haben Angst vor, alle reden über: Populismus. Der Dramaturg und Theatertheoretiker Bernd Stegemann hat die populistische Rede untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen: Der liberale Populismus hat den von rechts erst stark gemacht."Deutschlandfunk…mehr