• DVD

3 Kundenbewertungen

Der nach einer gescheiterten Beziehung emotional angeschlagene Joel Barish (J. Carrey) lernt eines Tages die exzentrische und freiheitsliebende Clementine Kruczynski (K. Winslet) auf einem Trip nach Montauk kennen. Obwohl Joel und Clementine vollkommen verschieden sind, zieht die beiden irgendetwas an, als wären sie sich schon einmal begegnet. Die beiden verlieben sich ineinander. Doch eines Tages nimmt das Glück ein jähes Ende und Clementine verschwindet spurlus. Dann erfährt Joel etwas, das ihm keine Ruhe mehr lässt.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- /
…mehr

  • Anzahl: 1 DVD
Produktbeschreibung
Der nach einer gescheiterten Beziehung emotional angeschlagene Joel Barish (J. Carrey) lernt eines Tages die exzentrische und freiheitsliebende Clementine Kruczynski (K. Winslet) auf einem Trip nach Montauk kennen. Obwohl Joel und Clementine vollkommen verschieden sind, zieht die beiden irgendetwas an, als wären sie sich schon einmal begegnet. Die beiden verlieben sich ineinander. Doch eines Tages nimmt das Glück ein jähes Ende und Clementine verschwindet spurlus. Dann erfährt Joel etwas, das ihm keine Ruhe mehr lässt.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Musikvideo(s) - Darsteller-Infos - Im Gespräch mit Jim Carrey & Michel Gondry - Polyphonic Spree "Light & Day" - "Lacuna" Werbespot - Deleted Scenes - Audiokommentar von Michel Gondry (Regie) und Charlie Kaufman (Drehbuch)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2004

Alles auf den Kopf gestellt
Therapie zwecklos: Michel Gondrys Film "Vergiß mein nicht!" mit Kate Winslet und Jim Carrey

Die Erinnerung sei das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können, hat der Dichter Jean Paul geschrieben. Er kannte Dr. Howard Mierzwiak nicht. Der Doktor hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Personen und Ereignisse verbannen lassen. Erinnerungsbesetzte Gegenstände werden eingesammelt und entsorgt, der Ort der Erinnerungen wird per Hirnscan lokalisiert - den Rest besorgt die Löschtaste des Computers, an den der Patient angeschlossen ist. "Technisch gesprochen", sagt der Doktor, "ist das ein Hirnschaden, aber Sie werden nichts vermissen."

Dr. Mierzwiak und seine Firma Lacuna sind natürlich Kinokopfgeburten. Erfunden hat sie der Drehbuchautor Charlie Kaufman zusammen mit dem Regisseur Michel Gondry, und es ist bei dieser Art Hirnforschung nicht weiter verwunderlich, daß ein Film namens "Vergiß mein nicht!" vor allem im Kopf des Patienten spielt, der die Erinnerung an seine Freundin löschen möchte, weil sie ihn hat löschen lassen. Für den 45 Jahre alten Charlie Kaufman ist der Kopf ohnehin Welt genug. "Ich habe keinen einzigen originellen Gedanken im Kopf", sagt ein Drehbuchautor, der auch Charlie Kaufman heißt, gleich zu Beginn von "Adaption" (2002).

Charlie Kaufman hat diesen Satz geschrieben, er hat auch schon mal einen Weg in den Kopf eines Stars gefunden, in "Being John Malkovich" (1999). Und wenn man sich die Kopfwelten des Charlie Kaufman vorzustellen versucht, dann begegnet man dort dem Phänomen des amerikanischen "Nerds". Nerds, das sind die Jungs mit den vielen Kugelschreibern in der Hemdtasche, oft mit großer Brille und vergrübeltem Gesicht, die nicht gerade lebenstüchtig wirken, die Probleme mit Mädchen, seltsame Marotten und bisweilen eine Fähigkeit zum ironischen Selbstporträt haben, die verblüfft.

Auch Charlie Kaufman ist eher scheu, er läßt sich nur widerwillig fotografieren und gibt nur wenige Interviews, bei denen er sich in seinen Kopf zurückzieht und seine physische Präsenz durch ein paar Antworten beglaubigt, zum Beispiel, daß er David Lynchs Film "Eraserhead" schätzt. Deshalb läßt sich auch nur vermuten, ob er tatsächlich das Rollenmodell für seine Kinohelden ist. Ist er nun wie Jim Carrey in "Vergiß mein nicht!", wie Nicolas Cage in "Adaption", wie John Cusack in "Being John Malkovich", oder ist er eher ein gefährlicher Geist wie der Fernsehunterhalter in "Confessions of a Dangerous Mind" (2002)?

Bekannt ist lediglich, daß Kaufman in seiner Schulzeit gern Theater spielte, in New York Film studierte und vier Jahre lang zur Frühschicht in der Telefonzentrale einer Zeitung in Minneapolis antrat, bevor er ohne Job nach Los Angeles zog. Er bekam Arbeit als Autor für Fernsehserien und Sitcoms, und nebenher schrieb er am Drehbuch zu "Being John Malkovich", das dann die Firma von R.E.M.-Frontman Michael Stipe kaufte. Der Rest ist Karriere. Spike Jonze drehte "Malkovich" und "Adaption", George Clooney "Confessions of a Dangerous Mind", und Michel Gondry, der 2001 schon Kaufmans vergleichsweise wenig originelles Drehbuch "Human Nature" verfilmt hatte, realisierte "Vergiß mein nicht!". Heute lebt Kaufman in Pasadena, wo ihn niemand so anschaut, als müßte er ihn kennen, und wenn er schon mal nach Europa muß, wie im letzten Jahr zur Berlinale, dann drückt er sich im Hotel dicht an der Wand entlang.

Michel Gondry, der in Versailles aufwuchs, der Schlagzeuger in einer Band war, bevor er für Björk Musikvideos inszenierte und preisgekrönte Werbespots drehte, ist diesmal genau der richtige Kaufman-Partner. Gerade weil er ein visuell einfallsreicher Regisseur ist, kann er es sich leisten, zu untertreiben. Er muß niemandem mehr imponieren, und er muß auch kein Seifenopernscript aufbessern wie sein Kollege Peter Segal in "50 erste Dates", in dem eine Frau von Amnesie geplagt wird und sich heute nicht mehr an ihr Date von gestern erinnern kann.

"Vergiß mein nicht!" gehört wie "Memento" zu den Filmen, die wie geschaffen erscheinen für ihre DVD-Edition: Weil der Film seine Geschichte rückwärts erzählt, kann ihn der DVD-Rekorder wieder umdrehen. "Vergiß mein nicht!" heißt im Original "Eternal Sunshine of the Spotless Mind". Der Titel stammt aus einem Gedicht von Alexander Pope, der es wiederum einem Brief von Héloïse an Abélard entnommen hat, dem Urbild aller unglücklichen Liebespaare aus Alteuropa. Daß eine unbedarfte Assistentin dieses Zitat aufsagt, das sie in einem Buch mit geflügelten Worten gefunden hat, ist typisch Kaufman. Von Sonnenschein ist allerdings im Film kaum eine Spur. Es ist grau in Long Island, als Joel zur Arbeit aufbricht und sich auf dem Bahnsteig entscheidet, lieber den Zug nach Montauk zu nehmen. Dort trifft er eine Frau mit kobaltblauem Haar und orangefarbenem Kapuzenshirt. Sie kommt ihm vage bekannt vor, aber er erkennt sie nicht wieder. Joel und Clementine waren ein Paar. Wie Feuer und Wasser. Er zurückhaltend und ein wenig verschroben, sie aggressiv und grell. Einer, der die Welt in seinem Skizzenbuch aufzeichnet, und eine, die es hinaus in die Welt zieht. Wenn man dem Film etwas vorhalten kann, dann, daß er sie über dieses Temperamentsgefälle hinaus kaum verortet: Sie sind vom Alltag losgelöste Liebende, obwohl die Welt in den Suburbs auf Long Island sehr, sehr alltäglich ist.

Jim Carrey nimmt sich als Joel so weit zurück, daß man eine Weile braucht, bis man ihn in der Eingangssequenz überhaupt erkennt. Keine Grimassen, kein Gezappel, das ist alles für Kate Winslet reserviert, deren Schönheit kaum darunter leidet, daß sie wie ein verspäteter Punk herumlaufen muß. Joel ist nur ein trauriger Tropf. Als er erfährt, daß Clementine ihn nicht mehr erkennt, weil sie ihn hat löschen lassen, unterzieht er sich selbst der Therapie. Dilettierende Assistenten, die nur ihr nächstes Date im Kopf haben, gehen ans Werk, und Joels Erinnerungen an Clementine gehen auf die Flucht. Sie entwinden sich dem Zugriff, sie lagern sich ein in andere Erinnerungen, die der Scanner nicht erfaßt hat, und so entsteht allmählich ein Labyrinth, in welchem auch Joel sich zu verlaufen droht.

Je weiter er zurückgeht, desto schöner die Erinnerungen, desto widerspenstiger gegen die Therapie. Und wenn Joel und Clementine auf dem zugefrorenen River Charles nebeneinander auf dem Rücken liegen und in den Sternenhimmel schauen, dann ist das nicht nur ein wunderschönes Bild; es hat zugleich eine zärtliche Poesie, die so selbstverständlich wirkt wie das kleinliche Gezänk, die verletzenden Worte, die normalen Szenen einer Beziehung. Und die sparsamen Spezialeffekte passen bestens dazu, weil sie aussehen wie aus einem B-Movie. Das Leben mit seinen kleinen Dramen oder lächerlichen Mißverständnissen ist nun mal kein Blockbuster voller Schauwerte. Und hinter jeder komischen Pointe lauert hier ein Abgrund.

Wenn Dr. Mierzwiaks Ehefrau ihn mit seiner Assistentin (Kirsten Dunst) erwischt, sagt sie nur: "Sie können ihn haben! Sie haben ihn schon gehabt" - und da merkt das arme Mädchen, daß sie nicht nur Angestellte bei Lacuna ist, sondern auch schon Kundin war. Das Seltsamste aber an dem Film ist: Charlie Kaufman hat eine Geschichte geschrieben, die man zum ersten Mal nicht nur wegen ihrer Sophistication und wegen ihrer zerebralen Pirouetten bestaunen kann, sondern die einen als Liebesgeschichte rührt, weil sie in all ihrer Absurdität und Verdrehtheit eine ganz schlichte Wahrheit enthält: Erinnerungen lassen sich nicht löschen, die traumatischen nicht und auch nicht die Glücksmomente einer verflossenen Liebe. So wenig wie sich Dateien einfach zerstören lassen, die ja auch nach dem Löschvorgang auf der Festplatte ein Nachleben haben.

Am Ende ist da auch keine Botschaft auf rosa Büttenpapier, welche den triumphalen Sieg der Liebe verkündete, sondern ein postmodernes Update der alten Einsicht von Jean Paul. Wenn die Erinnerung auch oft nicht paradiesisch ist, sondern mitunter schon mal wie eine Vorhölle wirken mag, dann kann man dennoch nicht aus ihr vertrieben werden. Weder von Dr. Mierzwiak noch von sich selbst. Und wie Kaufman dieses Szenario dann ausklingen läßt, das ist vielleicht die größte Überraschung: Der Nerd verhält sich auf einmal wie ein Erwachsener.

PETER KÖRTE

"Vergiß mein nicht!" läuft am Donnerstag an. "Human Nature" folgt am 10. Juni.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr