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Wien, 1777. Franz Anton Mesmer, der wohl berühmteste Arzt seiner Zeit, soll das Wunderkind Maria Theresia Paradis heilen, eine blinde Pianistin und Sängerin. In ihrer hochmusikalischen Sprache nimmt Alissa Walser uns mit auf eine einzigartige literarische Reise. Ein Roman von bestrickender Schönheit über Krankheit und Gesundheit, über Musik und Wissenschaft, über die fünf Sinne, über Männer und Frauen oder ganz einfach über das Menschsein.

Produktbeschreibung
Wien, 1777. Franz Anton Mesmer, der wohl berühmteste Arzt seiner Zeit, soll das Wunderkind Maria Theresia Paradis heilen, eine blinde Pianistin und Sängerin. In ihrer hochmusikalischen Sprache nimmt Alissa Walser uns mit auf eine einzigartige literarische Reise. Ein Roman von bestrickender Schönheit über Krankheit und Gesundheit, über Musik und Wissenschaft, über die fünf Sinne, über Männer und Frauen oder ganz einfach über das Menschsein.
Autorenporträt
Alissa Walser, geboren 1961, studierte in New York und Wien Malerei. Seit 1987 lebt sie als Übersetzerin und Malerin in Frankfurt am Main. Für ihre Erzählung "Geschenkt" wurden ihr 1992 der Ingeborg-Bachmann-Preis und der Bettina-von-Arnim-Preis verliehen. 1994 erschien ihr Buch "Dies ist nicht meine ganze Geschichte", im Frühjahr 2000 folgte der Erzählband "Die kleinere Hälfte der Welt". Als Übersetzerin hat Alissa Walser außerdem die Tagebücher von Sylvia Plath sowie Theaterstücke unter anderem von Joyce Carol Oates, Edward Albee, Marsha Norman und Christopher Hampton ins Deutsche übertragen. 2009 erhielt sie für Ihre Übersetzung der Gedichte Sylvia Plaths den Paul-Scheerbart-Preis. Ihre eigenen Erzählungen wurden in englischer Übersetzung unter anderem in literarischen Zeitungen wie Open City und Grand Street veröffentlicht. Nach ihrem Roman "Am Anfang war die Nacht Musik", für den sie den Spycher-Literaturpreis-Leuk 2010 erhalten hat. Nach dem Erzählungsband "Immer ich" erschi

en zuletzt "Von den Tieren im Notieren".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.01.2010

Die Elektrifizierung der Seele
Ehrenrettung eines viel Geschmähten: Alissa Walsers Roman „Am Anfang war die Nacht Musik” über die Welt des Franz Anton Mesmer
Wenn man die Nacht und die Musik, die berühmte Mozartsche Einheit, so auseinanderreißt wie Alissa Walser im Titel ihres Romans, dann hat man etwas Besonderes vor. Es soll um die Brüche gehen, nicht um die lieblichen Harmonien am Ende des achtzehnten Jahrhunderts, die in historischen Romanen so gerne aufgesucht werden. Im Mittelpunkt steht eine Episode im Leben des charismatischen und umstrittenen Arztes Franz Anton Mesmer (1734-1815). Alissa Walser lässt dabei alle theoretischen Bewertungen des „Mesmerismus” beiseite, der im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts viele esoterische Auswüchse bekam und ein enormes Nachleben hatte – in Walt Whitmans mythischen „Leaves of Grass” Mitte des 19. Jahrhunderts etwa verwies die berühmte und noch von späteren E-Gitarristen zitierte Zeile „I sing the body electric” auf Mesmers Theorien des Magnetismus und der elektrischen Reize.
Walsers Roman konzentriert sich auf Mesmers Behandlung der 18-jährigen Maria Theresia Paradis 1777 in Wien, eines musikalischen Wunderkinds, das im Alter von drei Jahren über Nacht erblindet war. Es handelt sich um einen Schlüsselmoment. Historische Quellen besagen, dass es Mesmer tatsächlich gelang, der Pianistin wieder zum Sehen zu verhelfen. Allerdings störte die neuerlangte visuelle Kraft ihren zuvor „blinden” Umgang mit Musik, sie machte beim Klavierspiel plötzlich Fehler. Deshalb fürchtete ihr Vater um ihre Karriere, nahm seine Tochter vor dem Ende der Behandlung wieder zu sich und befeuerte dadurch die Intrigen der bestallten Medizinprofessoren bei Hofe: eifrig wurde verkündet, dass sich Mesmers Praktiken wissenschaftlich nicht belegen ließen. Als Maria einen Rückfall erlitt, galt Mesmers Behandlung offiziell als erfolglos.
Walser widmet sich in mehreren Versuchsanordnungen dem „Fluidum”, dem geheimnisvollen Zentrum von Mesmers Vorstellungen. Es geht von der Wirkung der Planeten und des Universums aus und macht eine Harmonie von Körper und Seele möglich. In der Behandlung von Maria Theresia Paradis zeigt sich die Heilkraft magnetischer Kräfte: der Zuber, um den die Patienten sitzen, die Magnetisierstäbe, mit denen sie die betreffenden Körperstellen berühren – all dies gerät in kurzen kleinen Szenen in den Blick, und in den Einzelbehandlungen spielen die Hände Mesmers eine besondere Rolle, die die Energien zu bündeln scheinen.
Die Autorin interessiert sich jedoch in erster Linie für etwas anderes. Sie erkennt eine Vorreiterrolle Mesmers, die ihm selbst wohl gar nicht sonderlich bewusst gewesen ist, und charakterisiert ihn als Vorläufer moderner psychotherapeutischer Methoden. Er heilt durch Musik, durch seine Stimme; er ermöglicht es den Patienten, auf ungeahnte Weise von sich und ihren Erfahrungen zu sprechen. Ohne dass das Wort fällt, versucht Mesmer in Alissa Walsers Darstellung, an das Unbewusste seiner Patienten zu rühren, und in der Gestalt der „Jungfer Ossine” sowie in Mesmers Umgang mit ihr scheinen Freuds erste, bahnbrechende Studien über Hysterie vorweggenommen zu sein.
Die Modernität Mesmers sucht Alissa Walser durch eine entsprechend aktualisierte Sprache zu fassen: knappe, präzise Beobachtungen, Blick aufs Detail, viel indirekte Rede, viel Ausgespartes, keine langen Ausschweifungen. So treten die Personen äußerst vermittelt auf, als aus der Vergangenheit hervorgezoomte Figuren, die sich diffus vor einem großen Schleier abzeichnen und künstlich agieren – zum anderen aber gibt dies eine spezifisch zeitgenössische Form von Wahrnehmung wieder: „Und sie erinnert sich, dass einer der Musiker aufmerksam wurde. Er sei Riedinger. Was denn hier los sei? Dieselbe freundliche Stimme, die jetzt neben ihr sitzt und sagt, dass sie sich nicht an alles erinnern müsse. Es sei normal, den Schlaf zu vergessen. Und sie: Sie wolle sich aber erinnern.”
Manchmal wirkt dieser Stil zu prätentiös, zu gewollt, wie es auch der Titel auffällig markiert. Die Musik, diese jenseits der Worte genaueste Sprache der Seele, ist in diesem Roman ständig als Gegen-, als Nacht- und Tagwelt präsent. Man merkt dies bereits am Anfang, wenn Mesmer im Hause des Hofsekretärs Paradis seine Aufwartung macht und während des Wartens auf dem Klavier improvisiert. Die Musiker, die im Behandlungsraum Mesmers spielen, sind zugleich auch Arzthelfer und Pfleger, so auch jener Riedinger, zu dem Maria eine zarte Beziehung entwickelt. Die erlebte Rede, die abgesetzten kurzen Monologe und Selbstreflexionen, die indirekt wiedergegebenen Dialoge und Stimmungen: dies erinnert an musikalische Formen. Manchmal allerdings verlieren sich die Sätze in leer ausklingenden Variationen, manchmal verrutscht der Ton. Manchmal merkt man zu sehr die Anstrengung in der Leichtigkeit des Beschreibens.
Wenn Alissa Walser in ihrem Roman psychische Dimensionen in Mesmers Praxis hervorhebt und Phänomene anklingen lässt, die jenseits aller Erklärbarkeit liegen, entfernt sie sich von seinen Selbstaussagen. Mesmer legte immer großen Wert darauf, als Wissenschaftler ernst genommen zu werden und bezog sich auf die Aufklärung des 18. Jahrhunderts, vor allem auf die Entdeckungen Newtons. Aus dieser Spannung zieht die Autorin einen gewissen Reiz, an manchen Stellen blitzen Momente einer Künstlernovelle auf. Walser macht aus Mesmer den exemplarischen Fall eines verkannten Genies, das seiner Zeit voraus war. Er besitzt den Mut und die Eigenwilligkeit, gegen den Zeit- und Kleingeist zu handeln. Dass Alissa Walsers Vater Martin in seinem besten Buch 1985 „Meßmers Gedanken” nachspürte, also dasselbe Namensregister zog, dass zudem der reale Magnetiseur Mesmer ebenfalls ein alemannischer Feuerkopf aus der Bodenseeregion war, ist da eine augenzwinkernde Reverenz.
Der Roman schildert die Mechanismen am Wiener Hof und in der zeitgenössischen Öffentlichkeit, er beschreibt den Rufmord, der von den Wortführern und Posten-Inhabern ausgeht. Die Schrecken der Behandlung, die dieselben Professoren vorher erfolglos an Maria verübten, werden plastisch vorgeführt. Der Einzelkämpfer, der gegen die herrschenden Denkmoden und Zeitgeistprediger angeht – das hat etwas Zeitloses, und Alissa Walser stellt Mesmer den kleingeistigen Medizinern am Hofe auf dieselbe Weise entgegen, wie sie den unberechenbaren, sich gelegentlich danebenbenehmenden Mozart mit dem mächtigen Hofkomponisten Salieri konfrontiert. Sie sieht die Kunst in Widerspruch zu den üblichen Bescheidwissern. So geht dieser Roman über eine bloße Post-Kehlmann-Etüde aus der frühen Wissenschaftschaftsgeschichte hinaus und problematisiert allzu handliche Begriffe von „Bildung” und „Wissen”. HELMUT BÖTTIGER
ALISSA WALSER: Am Anfang war die Nacht Musik. Roman. Piper Verlag, München 2010. 252 Seiten, 19,95 Euro.
Das „Fluidum” geht von der Wirkung der Planeten und des Universums aus
Alissa Walser macht aus Mesmer den exemplarischen Fall eines Genies, das seiner Zeit voraus war
In der zeitgenössischen französischen Karikatur ist Franz Anton Mesmer, der die Teufel beschwört, ein Scharlatan, dem das erschwindelte Geld aus den Taschen springt; bei Alissa Walser (links) ist er ein verkanntes Genie. Fotos: A. Buxhoeveden, Ullstein
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2010

Magnetisch

In ihrem ersten Roman schildert Alissa Walser die Begegnung zwischen dem Arzt Franz Anton Mesmer und der Musikerin Maria Theresia von Paradis im Wien des späten 18. Jahrhunderts. Die Frankfurter Schriftstellerin über Bücher, Künste und Perücken.

Von Florian Balke

Bis die Französische Revolution den Spielereien des Rokoko ein Ende machte, kamen die Leute nicht zur Buchmesse nach Frankfurt, sondern zur Frankfurter Haarmesse. Auf die abseitige kleine Information ist Alissa Walser bei der Arbeit an ihrem ersten Roman gestoßen. In der Stadt, in der die Schriftstellerin seit vielen Jahren lebt, wurde im 18. Jahrhundert mit dem menschlichen Haar gehandelt, das sich später auf den Köpfen neuer Besitzer zu kunstvollen Perücken türmte.

Walser hat das vergessene historische Detail ebenso in ihr Buch übernommen wie eine andere Tatsache, die ihren ersten Fund erst richtig zum Sprechen bringt: Die Herkunft der damals heißbegehrten Haarware war oft nicht über jeden Zweifel erhaben. "Es soll sich auch um das Haar von Toten gehandelt haben, die auf den zahlreichen Schlachtfeldern der damaligen Zeit geblieben sind."

In Walsers Romandebüt "Am Anfang war die Nacht Musik" passt die Erinnerung an den Ursprung der Schönheit im Geschäft mit dem Tod perfekt zum Ernst der Lage, in der sich die begabte Musikerin Maria Theresia von Paradis zu Beginn des Buches befindet.

Von ihren Eltern wird sie dem Arzt Franz Anton Mesmer vorgestellt, der das Mädchen mit Hilfe der von ihm entwickelten Magnettherapie von der Blindheit befreien soll, unter der es seit seinem dritten Lebensjahr leidet. Dabei verbirgt sich unter Maria Theresias übertrieben hoher Frisur der eigene Kopf einer begabten jungen Frau, von deren Behinderung die besorgten Eltern durch die Wahl besonders formvollendeter Perücken und Schnürkleider ablenken wollen. Dass die Strenge der Mode dem Vater und der Mutter außerdem das Gefühl gibt, die ihnen unheimliche Begabung der Tocher im Zaum halten zu können, ist dem Hofsekretär der Kaiserin und seiner Gattin nur recht. Mesmer jedoch kommt die Tochter mit den Vogelnest-Accessoires im gepuderten Haar wie ein ersticktes Vögelchen vor.

In der historisch verbürgten Begegnung des Arztes mit seiner Patientin kamen für Walser alte Interessen zusammen - von der Medizin über das Verhältnis der Geschlechter bis zum Nachdenken über das Künstlerdasein von Frauen. "Ich hatte das Gefühl, ich finde meine Themen mit dem Stoff." Am Donnerstag stellt Walser ihre Anfang des Jahres erschienene Geschichte vom Zusammentreffen der Musikerin mit dem Magnetiseur in Frankfurt vor. Fasziniert hat sie an der Bekanntschaft der beiden vor allem, dass es Mesmer gelang, Maria Theresias Blindheit als Flucht vor der Bedrängung durch die Welt der Eltern zu deuten und durch aufmerksame Behandlung zumindest für kurze Zeit aufzuheben.

Dabei wurde Mesmer für seine Theorie von einem feinstofflichen Fluidum, das alle Menschen durchdringt und mit Hilfe des zwischen ihnen herrschenden animalischen Magnetismus zum Nutzen des Patienten gelenkt werden kann, schon von seinen Zeitgenossen als Scharlatan verspottet. Während er selbst von dem zwischen ihm und seinen Schützlingen wirksamen Rapport überzeugt war, machten akademische Mediziner, deren Heilmethoden genauso vorwissenschaftlich waren wie die ihres Konkurrenten, sich über Mesmers Methoden lustig.

Walser hingegen ist sich sicher, dass Mesmers Magnetismus-Idee von Autoren wie E.T.A. Hoffmann nicht umsonst für phantastische Erzählungen genutzt werden konnte, in denen die Literatur Sigmund Freuds Entdeckung des Unbewussten um Jahrzehnte vorausnahm. Mesmer war auf etwas gestoßen: "Er muss das Vorhandensein unbewusster Kräfte gespürt haben. Außerdem ist er psychologisch auf seine Patienten zugegangen."

Die Gestalt Mesmers ist Walser, ehe sie von 2006 bis 2009 an ihrem Roman gearbeitet hat, schon früh begegnet. "Wenn man vom Bodensee kommt, ist er kein Unbekannter." Walser, die als Tochter des Schriftstellers Martin Walser in Friedrichshafen geboren wurde, hat lange auf der in den See hineinragenden Halbinsel Höri gelebt. An Mesmers Geburtshaus ist sie in dieser Zeit fast täglich vorbeigekommen. Später, als sie nach Wien ging, um Malerei zu studieren, erfuhr sie in der Stadt, deren Hang zur üblen Nachrede Mesmer nach Paris vertrieb, von seinem Versuch, die als Pianistin und Komponistin zu ihrer Zeit sehr bekannte "Jungfer Paradis" zu heilen. Ausgerechnet im fernen New York, wo Walser ihr Studium anschließend für einige Jahre fortsetzte, bezeichnete ein Lehrer eines ihrer Bilder schließlich als "mesmerizing". Als Ausdruck für das Vorhandensein einer seltsamen Anziehungskraft hat es der Name des seinerzeit in ganz Europa berühmten Magnetiseurs bis in die englische Sprache geschafft. "Plötzlich war er wieder da."

Dann jedoch passierte erst einmal für lange Zeit gar nichts. Bis Walser im Jahr 2005 Ioan P. Colianus Buch "Eros und Magie in der Renaissance" las, das mit Mesmer nichts zu tun hatte, aber trotzdem zum Auslöser ihres eigenen Romans wurde. Colianus Sicht der Magie als "Wissenschaft von der Manipulation der Imagination" erinnerte Walser an ihre Begegnungen mit Mesmer. Sie nahm ihren Zettelkasten zur Hand und fand einen Zettel mit der Aufschrift "Mesmer und Paradis" sowie eine Zeichnung mit einer Perücke, zwei über ihr schwebenden Händen und einigen Linien, die das Fließen der Vibrationen zwischen Therapeut und Patientin festhalten sollten, von deren Existenz Mesmer so fest überzeugt war. Ihr war klar: "Der Magier und das Mädchen, das war mein Thema."

Zur Recherche ging es in die von Walsers Wohnung im Frankfurter Nordend nur ein paar Straßen entfernte Deutsche Nationalbibliothek und in das Senckenbergische Institut für Geschichte und Ethik der Medizin am Theodor-Stern-Kai, dessen Bibliothek seltene Schriften zu Mesmer und seinen Ideen enthält. Geschrieben wurde mal im kleinen Atelierhäuschen am Ende der Straße, in der Walser lebt, mal im Café und mal im Bett.

An die Niederschrift des Buches machte Walser sich als Autorin, die bis dahin neben Theaterstücken vor allem Erzählungen veröffentlicht hatte. Erst während sie schrieb, bemerkte sie, dass sie an ihrem ersten Roman saß. "Es war ein schönes Erlebnis, wenn die Personen am Ende eines Kapitels dableiben konnten." Und beieinander. Mesmer und Maria Theresia, der Wissenschaftler und die Künstlerin, die beide versuchen müssen, der Öffentlichkeit das nahezubringen, was sie können und woran sie glauben, gehören für Walser eng zusammen. Im Grunde, sagt sie, sei ihre Hauptfigur von Anfang an ein "Doppelwesen" gewesen. "Es ist wie in der Malerei; wenn man da zwei Figuren hat, ergibt sich auch automatisch eine Zwischenfigur, die eine Bedeutung hat."

Zu dem, was zwischen Mesmer und Maria Theresia Bedeutung besitzt, gehört die Musik, die von der Komponistin beherrscht und vom Arzt für die Behandlung seiner Patienten nutzbar gemacht wird. Ruhe bringt sie jedem, der es mit ihr zu tun bekommt, ob es sich dabei um die Kranken handelt oder um Mesmer selbst, der seine Glasharmonika mit auf Reisen nimmt, weil er sie für das Instrument hält, in dem der heilende Magnetismus am wirksamsten ist.

Den Klang dieses Instrumentes hat Walser zum ersten Mal in der Oper Frankfurt gehört, wo es in Donizettis "Lucia di Lammermoor" die Wahnsinnsszene der Titelheldin begleitet. Freundlichere Konnotationen hat die Musik im Titel ihres Romans, der unter Anspielung auf den Bibelvers vom Wort, das am Anfang war, auf einen Anfang "vor dem Wort, vor der Vernunft" verweisen soll. "Das kann ein Dunkles sein, aber es ist nicht das Schreckliche; es ist keine Nacht, die alles verschlingt, sie ist Musik."

Dieser Anfang, aus dem die Ordnung der Wörter und der Vernunft erst noch hervorgehen muss, liegt als Reich dessen, was unbewusst bleibt und nicht zum Ausdruck gebracht werden kann, auch Mesmers und Maria Theresias Empfindungen zugrunde. Walsers Roman aber, notwendigerweise das Resultat vernünftig angeordneter Wörter, enthält auch ihn - nächtlich mitklingend.

Am Donnerstag liest Alissa Walser von 20 Uhr an im Literaturhaus Frankfurt, Schöne Aussicht 2.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Etwas gedämpft fällt das Urteil des Rezensenten Helmut Böttiger über diesen ersten Roman der Künstlerin und Schriftstellerin Alissa Walser aus. Sie erzählt darin vom "Fluidum"-Heiler Franz Anton Mesmer, konzentriert auf seine erst gelungene, dann gescheiterte Heilung der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis. Als zentrales Interesse der Autorin macht Böttinger ihre These aus, Mesmer als Vorläufer späterer Psychotherapien zu begreifen. Gegen die These selbst hat er wenig einzuwenden, auch nicht dagegen, dass sie ihren Helden zum eigensinnigen "Einzelkämpfer" stilisiert. Allerdings findet er Walsers Versuch, das ganze in einer Sprache der "knappen, präzisen Beobachtungen" zu fassen zu bekommen, manchmal etwas "prätentiös". Andererseits lobt Böttiger aber ausdrücklich, dass Walser mit ihrem Werk über die bloße "Post-Kehlmann-Etüde" hinausgelangt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Walser erzählt eine zeitlose Geschichte von Krankheit und Gesundheit, von der Schönheit des Hörens, vom Klang der Musik und von der heilenden Kraft warmer, freundlicher und helfender Hände.", Mittelbayerische Zeitung, 09.09.2015
»Poetisch und bestechend klarsichtig.« Freundin . »Von besonderer Sprachmagie, die in jeder Zeile satte Sinneseindrücke erzeugt - ein großer Lesegenuss!« Norddeutscher Rundfunk . »Das vor allem macht diesen Roman zu einem großen Stück Literatur: dass er mit Worten an das streift, was mit Worten nicht zu fassen ist.« Die Presse, Wien . »Raffiniert: Alissa Walsers Roman über den Wiener Heiler Franz Anton Mesmer und eine Art Liebe.« Die Zeit . »Alissa Walsers Roman erzählt virtuos von Ehrgeiz und Genügsamkeit des Menschen.« Frankfurter Rundschau . »Ein Debütroman von beeindruckendem sprachlichen Willen.« Focus