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Das deutsche Steuer- und Rentenrecht ist den Anforderungen dieser Zeit nicht gewachsen. Zwar hat sich die Politik zaghaft an einer Reform des Steuer- und Rentensystems versucht, eine zukunftsträchtige Lösung der Probleme aber wurde nicht gefunden. Zur Beseitigung dieses Defizits haben die Referenten des im Juni 2001 vom Heidelberger Steuerkreis veranstalteten Kongresses "Integriertes Steuer- und Sozialsystem in der Zukunft" eine Fülle von Reformvorschlägen vorgelegt. Ihre in diesem Band veröffentlichten Beiträge richten sich auf Deutschlands Reformfähigkeit überhaupt, die Leitbilder eines…mehr

Produktbeschreibung
Das deutsche Steuer- und Rentenrecht ist den Anforderungen dieser Zeit nicht gewachsen. Zwar hat sich die Politik zaghaft an einer Reform des Steuer- und Rentensystems versucht, eine zukunftsträchtige Lösung der Probleme aber wurde nicht gefunden. Zur Beseitigung dieses Defizits haben die Referenten des im Juni 2001 vom Heidelberger Steuerkreis veranstalteten Kongresses "Integriertes Steuer- und Sozialsystem in der Zukunft" eine Fülle von Reformvorschlägen vorgelegt. Ihre in diesem Band veröffentlichten Beiträge richten sich auf Deutschlands Reformfähigkeit überhaupt, die Leitbilder eines zukünftigen Steuer- und Sozialsystems, ein möglichst einfaches und zugleich faires Steuersystem, ein generationengerechtes Rentensystem und die Integration von Steuer- und Transfersystem.
Autorenporträt
Manfred Rose, Universität Heidelberg

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2003

Ganz schön heruntergekommen
Steuerrecht und Alterssicherung in Deutschland

Manfred Rose (Herausgeber): Integriertes Steuer- und Sozialsystem. Physica-Verlag, Heidelberg 2003, 521 Seiten, 79,95 Euro.

Alles unüberschaubar geworden, alles marode, alles von Grund auf zu ändern: das Steuerrecht, die staatliche Alterssicherung, die Gesundheitspolitik sowie anderes mehr. Und das in Deutschland. Ganz schön heruntergekommen, das Land. Alle politischen Lager rufen nach ernsthaften Reformen, was Ökonomen und Steuerrechtler schon lange tun. Reformen? Hat es nicht alljährlich irgendwelche Reformen gegeben? Nein, hat es nicht; es waren schönfärberische Fehlbezeichnungen für bloße, hastige Reparaturversuche nach der Methode Versuch und Irrtum. Selten ist ein mit positiven Vorstellungen belegter Begriff so heruntergekommen wie jener der "Reform".

Daher schreibt Claus Leggewie in seinem Beitrag für dieses Buch darüber, "wie man einen mißbrauchten Begriff retten kann", verspricht mit diesem Titel aber mehr, als sein Beitrag dann hält, denn er bleibt zu abstrakt und zu kurz. Immerhin möchte man seiner Feststellung zustimmen, daß "ohne ein auf Gerechtigkeit bezogenes Fundament, ohne den Anspruch auf Freiheitsgewinne und Beteiligungschancen der Bürgerschaft", keine Position den Namen Reform verdiene. Erst seit die Links-Parteien davon abgerückt seien, sei die Reform zum Allerweltsbegriff verkommen. Doch fragt sich auch sofort: Sind wirklich nur die Links-Parteien davon abgerückt?

Lothar Späth, mit dessen Beitrag das Buch beginnt, führt auf bekannt amüsante und eingängige Weise vor, daß Deutschland zu grundlegenden Reformen von sich aus nicht fähig ist. Dafür sei "der politische Druck von innen, der durch die Folgen der Nichtreform entsteht", noch immer nicht hoch genug. Hoffnung schöpft er allein aus der "Globalisierung und der daraus entstehenden Dynamik". Vor allem für das Steuersystem entstehe daraus enormer Druck, und man werde sehen, "wie schnell wir zu einer Verlagerung der einkommensbezogenen Steuern hin zu Verbrauchsteuern kommen". Als erstes will Späth das Grundgesetz reformiert sehen, damit die Bundesländer unabhängiger werden und echter Wettbewerb stattfinden kann. Zudem seien die vielen Fördertöpfe abzuschaffen.

Noch mehr Klartext über die Reformunfähigkeit in Deutschland und ebenso temperamentvoll wie Späth spricht Gabriele Krone-Schmalz. Zuständigkeiten würden vernebelt, die Finanzverfassung sei eine Lachnummer, leider eine teure. Das öffentliche Finanzwesen zwinge zur Verschwendung, und die Erfindung von Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierung führe dazu, daß der Bund ständig in Bereiche hineinregiere, in denen er laut Verfassung nichts zu suchen habe. Die auf Mehrheiten angelegte Demokratie leide daran, daß die nicht organisierten Interessen der großen Mehrheit gar nicht zur Geltung kämen. Mehrheiten wie Steuerzahler, Sparer, Familien mit Kindern drängen mit ihren Interessen nicht durch. Die Mehrheit sei der Tyrannei von Parteien und Verbänden ausgesetzt: "Tatsache ist, daß wir täglich Zeuge unverschämter Anmaßung einer Minderheit sind." Auch sarkastisch wird die Autorin: "Im Grunde haben wir sowohl strukturell als auch mental gut vorgesorgt, damit uns um Himmels willen keine Reform unterläuft, die diesen Namen verdienen könnte."

Zuversicht, daß sich an diesem Zustand etwas ändern läßt, hat sie offenkundig nicht: Außerhalb der Parteien bekomme man nichts bewegt, weil niemand zuhöre und man keine Macht habe. Und innerhalb der Parteien lasse sich auch nichts bewegen - denn wenn man da sei, wo man entscheiden könnte, dann sei man so wie die, die man eigentlich ablösen wolle. Krone-Schmalz fragt freilich auch, ob die große Mehrheit überhaupt ein Interesse hat, etwas zu ändern; der Reformdruck für den einzelnen sei noch nicht groß genug und die Staatsgläubigkeit beängstigend. Diese und andere allgemeinen Betrachtungen zur Reformfähigkeit oder zur Reformunfähigkeit leiten ein, was den Kern der insgesamt 25 Beiträge ausmacht: Überlegungen und Vorschläge für eine echte Reform der Besteuerung und der Alterssicherung.

Benediktus Hardorp plädiert dafür, alle Steuern bis auf eine abzuschaffen. Jegliche Steuer bedeute ein Konsumopfer - von den Bürgern für ihren Staat. Jede Steuererhebung sei damit in ihrer Wirkung immer Konsumbesteuerung, ausnahmslos. Gleichgültig, wie eine Steuer erhoben werde, sie wirke letztlich immer auf den Konsum. Daher sollte eine Steuerbelastung erst am Ende der Wertschöpfungskette stattfinden: beim Konsum und nur dort. So werde das reale Einkommen über die Ausgaben der Bürger für ihren Bedarf steuerlich am vernünftigsten erfaßt. Daher genüge eine einzige Steuer, die Mehrwertsteuer, mit unterschiedlichen Sätzen für unterschiedliche Güter und Leistungen. Darauf solle man zusteuern, auf dieses längerfristige Ziel jede Änderung ausrichten und alle übrigen Steuern schrittweise zurücknehmen und schließlich abschaffen. Das ist allerdings wohl zu schön, um wahr zu werden, und Bedenken gegen diese Einzigsteuer gibt es ohnehin.

Für Joachim Lang hängen Einfachheit und Gerechtigkeit der Besteuerung wesentlich davon ab, wie investierte Einkommen behandelt werden. Solange die Steuernorm keine Investition zu regeln habe, sei die Einkommenbesteuerung denkbar einfach: Einnahmen, die sofort konsumiert würden, könnten nach der schlichten Norm des Zuflusses besteuert werden. Fielen aber Einnahmen und Konsum zeitlich auseinander, entstehe ein komplexer Regelungsbedarf, der das Einfallstor für das Komplizierte und Ungerechte des Steuerrechts sei und in der Investitionsbesteuerung Chaos angerichtet habe. Lang befaßt sich daher mit dem Besteuern von investierten Einkommen. Eine Gemeinsamkeit mit Hardorp - und mit dem Herausgeber Rose - kommt darin zum Ausdruck, daß er empfiehlt, die Einkommensbesteuerung konsumorientiert auszugestalten. Die Zukunftsvorsorge Privater will Lang nachgelagert besteuert sehen. Als beste Lösung für die Unternehmensbesteuerung empfiehlt er die Zinsbereinigung der Unternehmensgewinne.

Wolfgang Schön schreibt über vermeidbare und unvermeidbare Hindernisse der Steuervereinfachung und kommt zum Schluß: Einen Königsweg gibt es nicht. Gegen die Konsumbesteuerung hat er etliche Einwände. Eine zusätzliche Gefahr für sie sieht er "in der optimistischen Annahme, daß das einmal geschaffenen System in seiner Herrlichkeit nicht mehr verändert wird", und verweist dabei auf den "Tatendrang des Gesetzgebers". Für Bernd Genser ist die duale Einkommensteuer der umfassenden Einkommensteuer überlegen. Gebhard Kirchgässner untersucht, wovon Steuermoral abhängen und wie man sie heben könnte. Eckart Schremmer erinnert an die erste deutsche Einkommensteuer von 1874/78 in Sachsen. Michael Ahlheim hält eine Kombination von Brennstoff- und Energiebesteuerung für sehr gut geeignet, ökologische und ökonomische Ziele zu erreichen, doch werde durch die deutsche "Ökosteuer" das Grundkonzept verwässert; "dramatische Effekte" seien von ihr nicht zu erwarten.

Zu praktischen Problemen des neuen Steuerrechts in Deutschland äußern sich Peter Bareis, Arndt Raupach und Ernst Georg Schutter. Über neue Ansätze zur Besteuerung von Unternehmensgewinnen schreiben Michael Keen und John King (Beispiel Kroatien mit der Besteuerung des zinsbereinigten Gewinns) sowie Manfred Rose selbst, der sich für eine "einfache, faire, marktorientierte Besteuerung von Unternehmensgewinnen" einsetzt. Rose will nur den zinsbereinigten Gewinn besteuert sehen; das gewährleiste ein hohes Maß an Neutralität der Besteuerung. Drei weitere Beiträge befassen sich mit der Integration von Sozialtransfers und Einkommensteuer.

Über die Lage der staatlichen zwangsweisen Altersvorsorge ("Rentenversicherung") in Deutschland stellt Charles Beat Blankart nüchtern fest: Die Politiker sähen keine besondere Eile, die Reform in Richtung kapitalgedeckter Rente voranzubringen. "Sie warten ab und nehmen hin, daß die Rentenversicherung wegen fehlender Nachhaltigkeit bis an die Zahlungsunfähigkeit getrieben wird. Erst an diesem Punkt dürfte die Politik umschwenken." Denn dort würden einschneidende Rentenkürzungen unvermeidlich. Sie würden die Renten auf Sozialhilfeniveau herabdrücken. Viele Rentner und Berufstätige sähen dann den Vorteil dieser Versicherung nicht mehr ein, weil sie nur noch erhielten, was ihnen auch ohne Beitragszahlung zustehen würde.

Und Axel Börsch-Supan mahnt, vorrangig gelte es den Bürgern anschaulich zu machen, wie wenig ihnen das Umlageverfahren künftig bringen werde. Sie seien sich zwar der Krise bewußt, unterschätzten aber deren tatsächliches Ausmaß. Jörg Tremmel schreibt über Generationengerechtigkeit und Rentenbesteuerung.

KLAUS PETER KRAUSE

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