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Ein magisches Buch über das Abenteuer, das wir 'Leben' nennen: Heidi Julavits erforscht die eigene Existenz und bringt dabei das Außergewöhnliche im Alltäglichen zum Leuchten: radikal persönlich, zutiefst wahrhaftig und hinreißend komisch.Heidi Julavits, Mitte vierzig, wohnhaft in New York, Autorin, Mutter und Ehefrau, beschließt, dem Leben auf die Spur zu kommen. Und da das Leben nun mal zum großen Teil aus vermeintlich Alltäglichem besteht, fängt sie genau dort an: bei den kleinen Dingen, wie Gesprächen mit Freunden, einem Wespenstich, der ein Telefonat durchkreuzt, dem Besuch einer…mehr

Produktbeschreibung
Ein magisches Buch über das Abenteuer, das wir 'Leben' nennen: Heidi Julavits erforscht die eigene Existenz und bringt dabei das Außergewöhnliche im Alltäglichen zum Leuchten: radikal persönlich, zutiefst wahrhaftig und hinreißend komisch.Heidi Julavits, Mitte vierzig, wohnhaft in New York, Autorin, Mutter und Ehefrau, beschließt, dem Leben auf die Spur zu kommen. Und da das Leben nun mal zum großen Teil aus vermeintlich Alltäglichem besteht, fängt sie genau dort an: bei den kleinen Dingen, wie Gesprächen mit Freunden, einem Wespenstich, der ein Telefonat durchkreuzt, dem Besuch einer Ausstellung unter Zeitdruck und kuriosen Erlebnissen mit eBay-Verkäufern. Dabei wird der Alltag auf überraschende Weise zum Auslöser von Auseinandersetzungen mit der Zeit, dem Älterwerden, dem Wesen von Beziehungen, von Freundschaft und Liebe. Clever, unerschrocken und mit einem hintersinnigen Humor stellt sich Heidi Julavits den großen Fragen, die untrennbar mit einem jeden Leben verbunden sind: Warum sind wir auf der Welt? Und wenn wir schon mal hier sind - was machen wir daraus?
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Dem Leben auf der Spur ist Heidi Julavits und als Erstes stellt sich die Frage, was ist das für ein Buch, ein Tagebuch? Ja und nein, denn gleich am Anfang wird klargestellt, dass dies ein Bericht über zwei Lebensjahre ist. Doch die Zeit und das Leben werden nicht chronologisch verfolgt. Jeder Eintrag beginnt mit "Heute…" Auch die notierten Erlebnisse und Gedanken bauen nicht aufeinander auf, sondern springen zwischen dem Sommerhaus in Maine, dem Leben in New York, Künstleraufhalten in Italien und Deutschland. Die einzige Konstante ist das "Heute". Doch aus eben diesen losen Gedankenströmen entwickelt sich ein faszinierender Sog hinein in eine Spurensuche zu den großen Lebensfragen, die Julavits mit hintersinnigem Humor aus dem Alltäglichen destilliert. Durch die entwaffnende Aufrichtigkeit, mit der sie von Ängsten, Fehlern und Sehnsüchten berichtet, schafft die Erzählerin viel Identifikationspotenzial. "Ich existiere in Relation zu Daten, die ich verpasst habe", schreibt Julavits und versichert sich und uns einer Existenz, die Momentaufnahmen festhält, um zu zeigen, dass wir nur im Heute leben können. Hier werden keine vorgefertigten Lebensweisheiten an einem roten Faden entlanggestrickt, sondern assoziativ und staunend das eigene Denken beobachtet.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2016

Zu Besuch bei sich selbst
Heidi Julavits' "Heute" ist das hinreißende Tagebuch eines Lebens in New York und Berlin und über den Fremden, der man war

In einem Kapitel, das wie alle anderen in diesem Buch mit dem Wort "heute" beginnt ("heute haben wir eine Dinnerparty in unserem kleinen deutschen Haus gegeben"), trifft die Erzählerin, die einmal eine Zeitlang in Berlin lebte, einen Mann, der ihr erzählt, dass seine Filmproduktionsfirma so gern einen Film über Hitlers Regisseurin Leni Riefenstahl machen wolle - er habe aber damit seine lieben Schwierigkeiten, weil, so erklärt er das Problem, leider "die Figur keine Veränderung durchmacht".

Der Mann ist für deutsche Leser leicht zu erkennen - es ist Nico Hofmann, der zum Thema NS-Deutschland die sehr seifigen Filme "Unsere Väter, unsere Mütter", "Rommel" und "Nicht alle waren Mörder" produzierte. Und schon diese Szene ist, so lakonisch sie aufgeschrieben ist, so wahnsinnig komisch und dunkel, weil darin die ganze Misere Deutschlands - oder zumindest die des deutschen Fernseh-Events mit seinem Hang zur sepia-braunen Umfärbung der Geschichte mitsamt ihren Schuldfragen ins unentscheidbar Allgemeinmenschliche - wie in einer bösen Kapsel eingeschlossen ist: Riefenstahl machte, allerdings, wie so viele Deutsche, vor und auch nach 1945 leider keine Veränderung durch, sie blieb bis zu ihrem Tod ein uneinsichtiger Nazi, und die Zweifel, die einen Film überhaupt erträglich machen würden, müsste man nachträglich hineinstopfen in die Figur wie Rosinen in einen schon gebackenen Kuchen.

Veränderung und die Probleme, die sie mit sich bringt, ist ein Leitmotiv dieses experimentellen Romans, der sich als Tagebuch verkleidet hat. Erschienen ist "Heute" im eher kleinen Atrium-Verlag, und wenn man es gelesen hat, fragt man sich, wie es kommt, dass in Deutschland die wichtigen männlichen amerikanischen Großschriftsteller, die Bens (Marcus, Lerner, Kunkel) und die Jonathans (Franzen, Safran Foer) gewissermaßen auf Großleinwand gefeiert werden, man hier aber von den vielen eigensinnigen und überraschenden und großartigen Schriftstellerinnen, die es in den Vereinigten Staaten gibt, vergleichsweise wenig hört - und Julavits, die in Maine geboren wurde, in Manhattan lebt und unter anderem die Zeitschrift "The Believer" mitherausgibt, gehört mit Sicherheit zu den interessantesten Autorinnen ihrer Generation.

Ihr Tagebuch "Heute" beginnt damit, dass die Erzählerin ihre alten Tagebücher findet (es sind sehr viele) und sie diese auf Anzeichen dafür untersucht, dass hier eine zukünftige Schriftstellerin am Werk ist. Sie muss einsehen, dass das nicht der Fall ist. Sie findet Erzählungen, die sie mit Mitte zwanzig schrieb und nie veröffentlichte, und "ich erlebte dieselbe Reaktion auf diese Geschichten, wie ich sie auf die Fotos von meinem alten Gesicht erlebt habe. Ich erkannte die Geschichten nicht als meine . . . aber jedes Szenario ähnelte genau einem Szenario aus meinem echten Leben. Eine Geschichte handelte von einer Frau, die mit ihrem Freund Tom, den sie nicht liebte, über Thanksgiving nach Alaska reiste (ich war mit Jim, den ich nicht liebte, über Thanksgiving nach Alaska gereist). Eine handelte von einer Frau, die mit ihrem Mann in Reno Craps spielt (ich hatte mit meinem Freund in Reno Craps gespielt)."

Hier ist die Erzählerin eine erstaunte Besucherin bei einer Fremden, die sie selbst war. Auch darum geht es in "Heute" - und so sinkt die scheinbar leichte Erzählung immer wieder in die großen dunklen Räume der Identitätskonstruktionen, um sich umso energischer mit der Julavits eigenen Turbolakonie aus dem Sumpf der Krisen des Selbst zu befreien. Zur Frage, wo das -its in ihrem Nachnamen herkommt, erzählt ihr ein Kroate viel Verwirrendes und kommt zu dem Schluss, dass vermutlich bereits ihrem Urgroßvater "seine Herkunft selbst nicht ganz klar war". Sprachlich ist "Heute" eine der wenigen Erzählungen, die diese Bezeichnung wirklich verdienen - die Sprache hat das Fließende und Glitzernde und Improvisierte, schnell Notierte, Dahingesagte, Mitreißende des ins Unreine gesprochenen Worts, das eben noch nicht poliert und gereinigt und entsaftet und tiefgefrostet wurde, um als LITERATUR in Versalien und mit Seriphen in ein Buch gepresst zu werden.

André Breton hat einmal gesagt, Schönheit sei "konvulsivisch, oder sie ist nicht" - in diesem Sinne ist "Heute" ein konvulsivischer Roman, der es schafft, gleichzeitig melancholisch, experimentell, politisch und brüllend komisch und auch ein langer Essay über unsere Zeit zu sein, ein quasi pointillistisch flimmerndes Bild vom Heute, und zu fragen, was dieses Heute, seine Stimmung und seine Perspektiven von dem, was Gestern als Heute galt, unterscheidet. Man lernt ein Heute kennen, das von Insichhineinhorchern und Selbstversenkern besiedelt wird: Da ist die Freundin, die nach neun Jahren Psychotherapie auf einen Guru umgestiegen ist; der deutsche Architekt, der immer, wenn die Erzählerin in Berlin ein Haus entdeckt, sagt "Ich freue mich so, dass du es entdeckt hast". Da sind die Frau auf dem Nachtflug nach Los Angeles, die "mit Neonsneakern, ordentlich verstautem langem Haar und eingecremtem Schlafgesicht" neben Julavits sitzt, und die Frau, die am 11. September in ihrer Wohnung vor einer Meditationskerze sitzt und, während die Gastgeber Blut für die Verletzten spenden, über ihre Beziehungsprobleme klagt.

Und all die anderen Figuren, um die Großromanciers und Fernsehserienschreiber Julavits beneiden würden: Der österreichische Urgroßvater, der in Connecticut die Kantine einer Schreibmaschinenfabrik (oder war es doch eine Waffenfabrik?) leitete und der Erzählerin einen Fleischwolf vererbte, mit dem er saure Gurken und Fleischwurst zerkleinerte; die Familie in Maine, die auf dem alten Schwarzweißfernseher zwischen den Sendern hin und her schaltet, indem sie "mit einer Zange den Metallstumpf drehte, der einmal mit einem (mittlerweile verschwundenen) Drehknopf verbunden gewesen war, die Originalantenne (auch verschwunden) war durch einen Kleiderbügel ersetzt worden"; da sind der Vater, der sein Geld zusammenkratzt, um mit einem neuen Fernseher Farbe ins Leben seiner Familie im endlos langen, matschigen Winter von Maine zu bringen, und der Junge, der mit Zweitnamen Dabelstein heißt, "sein Name klingt im Grunde wie der einer Anwaltskanzlei".

Und wenn man schon bei den großen neuen Diaries ist, dann muss man sagen, dass sich Karl Ove Knausgårds zu Recht gefeierte Selbstberichte über große Strecken so lesen, als sitze man bei einem sehr empfindsamen und interessanten, aber doch auch depressiv-stillen Menschen in irgendeiner fast lichtlosen, eingeschneiten Einöde Skandinaviens für ein paar Monate (oder ein paar tausend Seiten) fest - während man bei Julavits im Laufschritt durch die Großstädte dieser Welt neben jemandem herrennt, der die Desaster des Lebens mit einem menschenfreundlichen Sarkasmus und einem umwerfenden Humor kommentiert. Man hat tatsächlich nicht den Eindruck, gefesselt, sondern eher den, mitgerissen zu sein, was ja von den Leuten, die diese Begriffe hinten auf einen Buchrücken schreiben ("Fesselnd!" - Die Zeit; "Mitreißend" - F.A.Z.), beides als artverwandtes Kompliment gemeint ist, dabei ist es ja ein sehr großer Unterschied, ob einen einer fesselt oder mitreißt.

Die Geschichten in "Heute" sind oft wahnsinnig komisch: Es gibt eine Szene, in der Julavits von einer Wespe gestochen wird und trotz Schmerzen versucht, weiter mit einer Künstlerin über deren Vernissage zu reden; es gibt eine Szene, wie sie am Flughafen JFK im Mülleimer ein Rolodex findet, es mitnimmt und dann Angst bekommt, gefragt zu werden, ob ihr eine fremde Person etwas zum Mitnehmen mitgegeben hat - und natürlich aufgeregt ist über dieses Eindringen in ein fremdes, weggeworfenes Leben. "Heute" ist ein Spiel mit dem Tagebuch als Form, sich selbst zu schreiben, sich einen Besuch abzustatten, eine Dekonstruktion des Erinnerns, ein faux memoir, in dem die Szenen aus der Chronologie springen und die Zeit Loopings macht - und das Gesicht auf einem alten Foto plötzlich wie eines aus der eigenen Zukunft aussieht.

NIKLAS MAAK

Heidi Julavits: "Heute". Übersetzt von Britt Somann-Jung, Atrium-Verlag, 318 Seiten, 22 Euro

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"Heidi Julavits gehört mit Sicherheit zu den interessantesten Autorinnen ihrer Generation [...]. Sprachlich ist 'Heute' eine der wenigen Erzählungen, die diese Bezeichnung wirklich verdienen - die Sprache hat das Fließende und Glitzernde und Improvisierte, schnell Notierte, Dahingesagte, Mitreißende des ins Unreine gesprochenen Wortes [...] ein Roman, der er schafft, gleichzeitig melancholisch, experimentell, politisch und brüllend komisch und auch ein langer Essay über unsere Zeit zu sein, ein quasi pointillistisch flimmerndes Bild vom Heute." Niklas Maak, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung "Als die Gabe zur Selbstironie verteilt wurde, muss Heidi Julavits mindestens dreimal 'Hier!' gerufen haben. Schon lange habe ich nicht mehr so oft laut aufgelacht wie bei ihren Alltagsbeobachtungen." Silvia Feist, emotion "Die existenziellen Fragen, die [Heidi Julavits] in dieser Geschichtensammlung aufwirft, serviert sie mit hintergründigem Humor und findet dabei das Außergewöhnliche imNormalen." Friederike Albath, Madame "In ihrem aktuellen Buch setzt sie sich in sehr persönlichen und humorvollen Einträgen mit der Welt, dem Dasein und der Liebe auseinander." Lena Naher, Flow