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An autobiography of the guitarist, songwriter, singer, and founding member of the Rolling Stones, Keith Richards.

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Produktbeschreibung
An autobiography of the guitarist, songwriter, singer, and founding member of the Rolling Stones, Keith Richards.
Autorenporträt
Keith Richards was born in London in 1943. A guitarist, vocalist, songwriter, and cofounder of the Rolling Stones, he has also released solo albums with his band, The X-Pensive Winos. He lives in Connecticut with his wife, Patti Hansen. James Fox was born in Washington, D.C., in 1945 and has known Keith Richards since the early 1970's when he was a journalist for the Sunday Times in London. His books include the international bestseller White Mischief. He lives in London with his wife and sons.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.10.2010

Ein Song, eine Nase
Leben und Lehre: Die Autobiographie des „Rolling Stones“-Gitarristen Keith Richards
Es hat keinen Zweck, drumherum zu reden, deshalb tun wir es auch nicht: Dieses 723 Seiten lange Buch in seniorenfreundlicher 12-Punkt-Schrift ist im Kern eine als Autobiographie getarnte Dokumentation eines erstaunlichen Menschenversuchs. Oder vielmehr des Teils davon, der in der Medizin Anamnese genannt wird. Die Geschichte einer Sucht aus der Sicht des Süchtigen. Deshalb gibt es dieses Werk. Wenn es nach dem Verlag gegangen wäre, so wird erzählt, hieße das Buch „My Life“. Keith Richards selbst soll auf dem Manuskript das „My“ jedoch kurzerhand durchgestrichen haben. So macht man aus einer abgenudelten Phrase ein unverwechselbares Lick. „My Life“ wurde schon tausend Mal geschrieben, „Life“ nicht. Ganz abgesehen davon, dass das biologisch-experimentelle Moment dieses Projekts so schon im Titel anklingt. Mit anderen Worten: Nach wie vor beherrscht kein Superstar die Kunst des Weglassens so virtuos wie der alte abgezockte Minimalist Keith Richards.
Die Versuchsanordnung ist einfach: ein weltberühmter britischer Rock-’n’- Roll-Gitarrist, sehr wenig Schlaf und unfassbar viele Drogen. Letzteres und Vorletzteres sind unschlagbare Werbemittel, aber keine ideale Vorbereitung auf die Niederschrift von Lebenserinnerungen. Der Autor weiß das, und er weiß, dass wir es wissen. Deshalb bemühte er sich im Vorfeld der Veröffentlichung darum, Bedenken dieser Art zu zerstreuen. Er wies also ausdrücklich darauf hin, selbst überrascht und erleichtert darüber gewesen zu sein, wie gut sein Gedächtnis bei der Zusammenarbeit mit seinem Co-Autor James Fox noch funktionierte. Auf der vorderen Innenklappe des Schutzumschlags des soeben erschienenen Buchs steht sogar faximiliert: „This is the life. Believe it or not I haven’t forgotten any of it.“ Tatsächlich verblüfft und erschöpft immer wieder, wie genau sich Keith Richards nicht nur an alte Blues- Helden und ihre Aufnahmen erinnert, sondern auch an die Protagonisten der Londoner Plattensammler-Szene der frühen sechziger Jahre. Die Menge an unnützem Wissen in diesem Buch ist dementsprechend gigantisch. Der Drummer beim ersten Auftritt der Band als „The Rollin’ Stones“ am 12. Juli 1962 im Marquee Club war übrigens Mick Avory und „nicht Tony Chapman, wie es die Geschichte rätselhafterweise überliefert hat –, am Bass stand Dick Taylor“. Gut, dass das jetzt endlich geklärt ist.
Andererseits ist „Life“ voller Protokolle von Weggefährten, denen jeweils offen ein besseres Gedächtnis zugestanden wird. Die Schilderung von Ronnie Woods Band-Initiation etwa, bei der Keith Richards acht Gramm reines pharmazeutisches Kokain auf einmal schnupfte, wird aus den Aufzeichnungen des Dealers rekonstruiert: „Dann schob ich zwei gleich große Häufchen mit etwa acht Gramm für Keith und mich und ein Häufchen mit vier Gramm für Ronnie zurecht.“
Überhaupt: die Drogengeschichten. Das Kerngeschäft, wenn man so will, also einer der drei wesentlichen Gründe dafür, warum das Buch vor drei Jahren auf der Frankfurter Buchmesse gegen 5,5 Millionen Euro Vorschuss an den amerikanischen Verlag Little, Brown ging. Die schönste Treibstoff-Anekdote ist vielleicht Richards’ Bekenntnis, mit sechzehn gelegentlich die Tabletten geschluckt zu haben, die seine Mutter Doris gegen ihre Menstruationsbeschwerden nahm. Toll aber auch die Regel: „Ein Song, eine Nase“, die sich Richards und Wood während der Tour 1975 auferlegten: „Wir sorgten dafür, dass auf der Bühne hinter den Lautsprechern kleine Verstecke eingebaut wurden, sodass wir zwischen den Songs was schnupfen konnten.“ Übrigens war hier ebenfalls das reine Merck-Kokain die Droge der Wahl, über dessen Vorzüge es auch einen liebevollen kleinen Exkurs gibt. Ebenso wie darüber, wie man während des Aufkochens von Heroin erkennen kann, ob zu viel Streckmittel verwendet wurde (es sollte nicht schwarz werden). Oder darüber, wie man verhindert, dass man den Stoff, den man in einem zwielichtigen Haus oben gekauft hat, nicht unten am Eingang gleich wieder abgenommen bekommt (die Glühbirnen im Treppenhaus ausschießen und zur Sicherheit noch ein paar Kugeln in die Wände jagen).
Womit wir direkt bei den Gründen zwei und drei für den Rekord-Vorschuss wären: den mitunter heftigen Band-Streitigkeiten und den Frauen. Wie man schon aus der ersten Autobiographie eines Stones-Mitglieds weiß, dem 1990 erschienenen Buch „Stone Alone“ des ausgestiegenen Gründungsmitglieds und Archivars der Band Bill Wyman, lässt sich das nicht allzu gut trennen. Drogen lassen sich einfach besser teilen als Frauen oder Ruhm. „Stone Alone“ war über weite Strecken vor allem eine Materialschlacht, die belegen sollte, dass nicht Jagger oder Richards die meisten Groupies im Bett hatten, sondern der stille Wyman. Der Bandleader Richards steht in seiner Version der Geschichte diesbezüglich nicht ganz so stark unter Druck. Dass er Brian Jones Anita Pallenberg ausspannte, wird eher beiläufig erwähnt. Nur bei Mick Jagger hört der Spaß auf. Denn der hatte Ende der sechziger Jahre während der Dreharbeiten zu einem Film eine Affäre mit Richards’ langjähriger Freundin Pallenberg, die der Gitarrist bis heute offenbar nur schwer verkraftet. Und so zeigt sich in Kapitel sieben der mittlerweile 66-jährige, altersweise englische Gentleman als das wilde Alphatier, als das man ihn sich dankenswerterweise immer noch auch vorstellen darf: „Aber weißt du was, Mick, währenddessen habe ich Marianne (Jaggers damalige Freundin Marianne Faithfull) gevögelt.“ Und Pallenberg habe sowieso keine Freude mit Jaggers „winzigem Pimmel“ gehabt; er wisse, dass der Sänger „zwei gigantische Eier“ habe, „aber das macht den Spalt auch nicht voll, oder?“ Originalton: „She had no fun with the tiny dodger.“ Dass die beiden Herren schon lange eher eine distanzierte Geschäftsbeziehung als eine Freundschaft unterhalten, war bekannt. Dass die Wut noch so weit reicht, ist eine kleine Überraschung. Vielleicht jedoch erzählt die Tatsache, dass Jagger das Manuskript vor Drucklegung einsehen durfte, noch viel mehr über dieses lustige Paar des Pop.
Man täte dem Buch jedoch großes Unrecht, wenn man es einfach bei diesen Angelegenheiten beließe. Denn wenn nicht alles täuscht, kann man aus ihm mehr über den Blues und die Grundlagen der Popmusik erfahren als aus allen großen Musikmagazinen dieser Welt. Absätze wie dieser über Jimmy Reeds Gitarrenstil stehen nämlich auch darin, und gar nicht allzu selten: „An dieser Stelle bringt Jimmy Reed einen betörenden Refrain. Eine melancholische Dissonanz. Die Beschreibung dessen, was er da macht, ist sogar für Nicht-Gitarristen interessant. Anstatt den konventionellen Barrégriff zu spielen, den H7-Akkord, lässt er das H einfach links liegen, die A-Saite nachklingen und schiebt einen Finger über die D-Saite nach oben bis zur Septime. So gelingt ihm dieser gespenstische Ton, der gegen das offene A klingt. Man verzichtet also auf die Stammtöne zugunsten der Septime. Glaubt mir. Das ist erstens das Faulste und Schlampigste, was man in dieser Situation tun kann, und zweitens die brillanteste musikalische Erfindung aller Zeiten.“
JENS-CHRISTIAN RABE
KEITH RICHARDS: Life. Mit James Fox. Aus dem Englischen von Willi Winkler, Wolfgang Müller und Ulrich Thiele. Heyne Verlag, München 2010. 736 Seiten, 26,99 Euro.
Die Versuchsanordnung: ein
weltberühmter Gitarrist, sehr wenig
Schlaf und unfassbar viele Drogen
Frauengeschichten werden
eher beiläufig erzählt – nur bei
Mick Jagger hört der Spaß auf
Keith Richards während der Let-It-Bleed-USA-Tour 1969. Wir entnehmen das Foto dem soeben bei Edel erschienenen wunderbaren Bildband „Let It Bleed“ des Fotografen Ethan A. Russell. Foto: Ethan A. Russell
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2010

Der glänzende Zwilling mit Sinn für den besten Stoff

Ein Triebwerk hinter der Kraft der Rolling Stones: Keith Richards hat seine Autobiographie geschrieben und zeigt dabei Respekt vor einer Musik, die größer ist als ein einzelner Gitarrist.

Schon lange, bevor dieses Buch erschien, musste man sich darüber wundern, dass Keith Richards überhaupt noch am Leben ist - jetzt, wo man es gelesen hat, kann man es eigentlich gar nicht mehr glauben. Vermutlich hing kein anderer Rockmusiker so lange an der Nadel und hat sich auch sonst so viel ungesunden Stoff einverleibt wie er. Jahrelang war er nicht nur mit seiner Musik Spitzenreiter, sondern auch Todeskandidat Nummer eins. Dass er den makabren Erwartungen trotzte und das Rock 'n' Roll-Gesetz des live fast, love hard and die young zäh umging, das gerade um 1970, als die Rolling Stones in Bestform waren, seine prominentesten Opfer forderte, wird nicht nur an seiner zweifellos guten Konstitution gelegen haben. Es war auch Glück im Spiel, Glück und Klugheit. Keith Richards hat mehrere goldene Regeln beherrscht, die auch anderen das Leben hätten retten können: wie in der Musik nur beste Qualität, davon nie zu viel nehmen und nie gleichzeitig Drogen konsumieren und damit handeln.

Es war zu erwarten gewesen, dass "Life", die Autobiographie des Rolling-Stones-Gitarristen, auch ein Drogenbuch werden würde; kaum eine von den siebenhundert Seiten, auf der sich nichts dazu fände. Dass sie dennoch kaum ermüden, liegt daran, dass hier eine Logik der Sucht entwickelt wird, die man vielleicht hätte erwarten können, die in dieser Plausibilität aber doch überrascht. Vordergründig versteht es sich ja von selbst, dass dem Mann, der Songs wie "(I Can't Get No) Satisfaction" und "Gimme Shelter" geschrieben hat und dem diese unnachahmlichen Gitarrenriffs von der Hand gehen, dies nur unter dem Einfluss von Drogen gelingen konnte. Aber die Musik der Rolling Stones war, bis auf eine Ausnahme, nie psychedelisch; und es wird kein Zufall sein, dass Keith Richards vom LSD die Finger gelassen hat.

Sehr deutlich ging es seit der Platte "Aftermath" (1966) - der ersten, die ausschließlich Jagger/Richards-Kompositionen enthielt - darum, den Druck auszuhalten, der sich einstellte, weil man damals, als die Langspielplatte sich gerade erst durchzusetzen begann, alle paar Wochen eine neue und am besten auch sofort zündende Single auf den Markt werfen musste. In jener Zeit waren die Rolling Stones, neben den Beatles und Bob Dylan, die alles überragenden Schrittmacher der Popmusik, die mit dem unerschütterlichen Bewusstsein auftraten, eine künstlerische und gesellschaftliche Wachablösung zu betreiben, und damit den energischen Widerstand des Establishments hervorriefen.

Es ist geradezu erschütternd nachzulesen, was sich Polizei und Justiz alles einfallen ließen, um Mick Jagger und Keith Richards hochgehen zu lassen. Bewundernswert ist aber auch, wie furchtlos und trotzig die beiden dabei blieben. Wenn Keith Richards dennoch nicht von den Drogen lassen konnte und nach grauenhaften Entzügen immer wieder rückfällig wurde, dann musste noch etwas anderes dahinterstecken. "Aber", so schreibt er über die Zeit nach dem Desaster von Altamont, wo im Dezember 1969 ein Konzertbesucher von einem Hells Angel erstochen wurde, "man lässt es nicht bleiben, aus tausend verschiedenen Gründen. Ich glaube, es hatte mit dem ständigen Touren zu tun. Man steht immer unter Strom und Adrenalin, da muss irgendein Gegengift her. Mit der Zeit gehörte das Heroin einfach dazu. Mick sonnte sich dafür in den Lobhudeleien der Fans, was fast aufs Gleiche rauslief. Beides ist eine Flucht vor der Realität."

In unaufhörlichen Bewegungen umkreist Richards zwei Fragen: Wie war es überhaupt möglich, dass ein aus bescheidenen Verhältnissen stammender, segelohriger und in der Schulzeit oft verprügelter Junge überhaupt so weit gekommen ist? Und: Wie konnte er, zusammen mit Jagger, das Produktionsniveau so lange halten? Die Antwort auf die zweite Frage gehört zu den aufschlussreichsten Äußerungen überhaupt: Heroin war einfach sein Treibstoff, der es ihm ermöglichte, länger auf den Beinen zu sein als jeder andere, in einem Fall neun Tage und Nächte am Stück. Man denkt sich das Leben der Rolling Stones als ununterbrochene Party, bei der ihnen alles nur so zuflog. Aber es war zumindest in den ersten zehn Jahren eben auch ein unfassbar arbeitsreiches Leben. Zwischen 1964 und 1967 gab es für sie, so bilanziert Richards, vielleicht zehn wirklich freie Tage.

Der Miturheber all der genialen, in ihrer Vielfältigkeit von heutigen Rezensenten oft unterschätzten Songs kann das Geheimnis dieser Kreativität natürlich nicht lüften; aber er gibt uns eine Vorstellung von den Entstehungsbedingungen, die dann doch wieder sehr viel mit Drogen zu tun haben - nicht als Phantasieanreger, sondern als Disziplinierungsmaßnahme und Mittel zur Konzentration: "Wie ist all diese Musik entstanden - zwei Songs pro Tag, auf Heroin, mit einer Energie, die anscheinend unerschöpflich war? Trotz aller Schattenseiten - nie würde ich jemandem dazu raten - hat Heroin auch seine Vorteile. Es ist tatsächlich in vielerlei Hinsicht ein Stoff, der alles einebnet. Wenn du erst mal drauf bist, dann kann kommen, was will, du kriegst alles in den Griff. Zum Beispiel die Aufgabe, die gesamte Operation Rolling Stones in diesem einen Haus in Südfrankreich unterzubringen. Wir mussten ein Album einspielen und hatten dabei immer im Hinterkopf, dass England bei einem Fehlschlag gewonnen hätte." Aber England hat nicht gewonnen. Die mit schikanösen Razzien und hohem Spitzensteuersatz aus dem Land getriebenen Musiker spielten unter Richards' launischer, traumwandlerischer Regie im Sommer 1971 ihr absolutes opus magnum, "Exile On Main St.", ein (F.A.Z. vom 29. Mai).

Es bleibt die andere Frage: Wie konnten zwei Burschen aus der Moorlandschaft von Dartford östlich von London überhaupt die größte Band aller Zeiten gründen und für bald fünfzig Jahre irgendwie am Leben halten? Die kurze Antwort könnte lauten: indem sie Londons größte Bluesband werden wollten. Dieser eiserne Wille schuf das musikalische Fundament. Der Aufstieg gelang ihnen natürlich auch mit vielen Helfern, darunter der gerissene Manager Andrew Loog Oldham; vor allem aber mit einem Stilbewusstsein, das gerade in einer gewissen Beschränkung seine Wirkung entfaltete und immer ein Gespür für die Ökonomie eines Songs zeigte. Hinzu kam der bis heute ungebrochene Respekt vor den Vorbildern des Rock 'n' Roll wie des Chicago und Delta Blues, Chuck Berry, Muddy Waters, Buddy Guy und Jimmy Reed. Das alles spendete ihnen so viel Energie, dass sie nicht nur als Coverband der ganz frühen Jahre, sondern gerade auch als eigenständige Komponisten in der Lage waren, Amerika seine eigene Musik zurückzugeben. Dies ist die größte und mit Sicherheit bleibende kulturhistorische Leistung der Rolling Stones.

Es spricht für Keith Richards, dass er seinen Anteil daran, der ja bei fünfzig Prozent liegen dürfte, nüchtern und ohne falsche Bescheidenheit veranschlagt. Und hier kommt noch einmal das Songwriting ins Spiel. Anders als bei Lennon/McCartney war es bei Jagger/Richards wohl wirklich so, wie beide von Anfang an behaupteten: dass in jedem Song etwas von beiden steckt. Es gab zuerst vielleicht die Vorstellung von einem Riff, einer Phrase oder einer Melodie, vielleicht auch einen thematischen Zugriff, der dazu dient, irgendwelche Privatgeschichten zu verschlüsseln - wichtiger als das rein Handwerkliche ist Richards das, was er mit seiner Musik überhaupt erreichen will.

Natürlich, auch für ihn sind es zunächst Lust an der Musik und Selbstverwirklichung. Aber dahinter kommt etwas Soziales, sehr Humanes zum Vorschein: "Warum setzt man sich hin und schreibt einen Song? Vielleicht, weil man wachsen will, in das Herz eines anderen Menschen hinein. Weil man sich dort einnisten will oder zumindest eine Reaktion hervorrufen, eine Resonanz. Andere Menschen zu berühren kann zur Leidenschaft werden. Wenn man einen Song schreibt, der sich in den Köpfen festsetzt, der bis ins Herz reicht, hat man eine echte Verbindung hergestellt. Gemeinsamkeiten finden, das ist das Entscheidende - das Motiv, das uns alle erreicht, das uns alle ins Herz trifft."

Wenn man dieses Ziel im Auge behält, kommt einem die Frage, welche Frau hinter welchem Song steht, lächerlich vor - und Keith Richards bedient dieses Interesse auch nicht. Wie es trotzdem kommen konnte, dass sich die Rezeption dieses Buches vor allem um die sexuellen Aspekte dreht und eine einzige Bemerkung zu Mick Jaggers Männlichkeit aufgeblasen wird, ist genauso ein Rätsel wie der zuweilen geringschätzige Ton dieser Besprechungen. Es ist merkwürdig: Wo den Giganten anderer Künste mit wachsendem Alter immer mehr Bewunderung für ihre Lebensleistung zufällt, scheint bei den Rolling Stones nur noch die Frage interessant, wann sie endlich aufhören.

Was den Freund und Rivalen, den Bruder, wie Richards ihn nennt, den hassgeliebten Pfau, der irgendwann nur noch an sich und ans Geld denkt, während Keith Richards unbedingt die Band zusammenhalten will, so muss man dem Autobiographen auch hier einen bemerkenswerten Gerechtigkeitssinn bescheinigen.

Es gäbe noch viel aus diesem in schnoddrig-schlagfertigem Ton geschriebenen und glänzend übersetzten Buch zu berichten. Was Keith Richards selbst zu ihm beizutragen überhaupt noch in der Lage war, lässt sich kaum erraten. Sein Co-Autor oder Ghostwriter hat jedenfalls gute Arbeit geleistet. Wir wissen nun, wie eines der beiden Haupttriebwerke funktioniert, die hinter der gewaltigen Kraft der Rolling Stones stecken.

EDO REENTS

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A masterpiece, the most sustained, colourful and rambunctious rampage through his [Keith's] 67 years imaginable THE WORD MAGAZINE