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In diesem Band hat John Updike die Fronten gewechselt und sich selbst ans Rühmen begeben - und ans Tadeln: Hymnen und Verrisse, Analysen und Biographisches über Umberto Eco, Tania Blixen, Gabriel Garcia Marquez, Thomas Bernhard, Anne Tyler, Julian Barnes, Peter Handke, Philip Roth, Patrick Süskind u.a.

Produktbeschreibung
In diesem Band hat John Updike die Fronten gewechselt und sich selbst ans Rühmen begeben - und ans Tadeln: Hymnen und Verrisse, Analysen und Biographisches über Umberto Eco, Tania Blixen, Gabriel Garcia Marquez, Thomas Bernhard, Anne Tyler, Julian Barnes, Peter Handke, Philip Roth, Patrick Süskind u.a.
Autorenporträt
Updike, JohnGeboren am 18.03.1932 in der Kleinstadt Shillington, Pennsylvania, als einziges Kind des Sekundarschullehrers und Diakon Wesley Russel Updike und dessen Frau Linda Grace Hoyer. Kindheit in materieller Bedrücktheit. Schulbesuch weiterhin in Shillington. 1950 Stipendium zum Studium am Harvard College, Hauptfach Anglistik; Abschluss des Untergraduiertenstudiums 1954 mit summa cum laude. Er heiratete 1953 die Kunststudentin Mary Entwistle Pennington, mit der er nach Abschluss des Studiums ein Jahr an die Ruskin School of Drawing and Fine Art in Oxford, England, ging. Nach Rückkehr in die USA von 1955-1957 fest angestellt beim Magazin «The New Yorker». Danach verfasste er als freier Mitarbeiter Kurzgeschichten und einflussreiche literarische Kritiken. 1957 Umzug nach Ipswich im neuenglischen Massachusetts. 1964 Vortragsreisen durch die UdSSR, Rumänien, Bulgarien und die Tschechoslowakei. Seit 1964 war Updike Mitglied des National Institute of Arts and Letters. 1973 Fulbright-Lektor in Afrika. 1976 Mitglied der American Academy of Arts and Letters. Auszeichnungen: Guggenheim Fellowship in Poetry für «The Carpendered Hen and Other Tame Creatures» (1959); Rosenthal Foundation Award des National Institute of Arts and Letters für «Das Fest am Abend» (1960); Pulitzer Price for Fiction für «Bessere Verhältnisse» (1982); Lincoln Literary Award (1983); Distinguished Pennsylvania Artist Award (1983); National Book Critics Circle Award for Criticism für «Amerikaner und andere Menschen» (1984); St. Louis Literary Award (1988); Bobst Award for Fiction (1988); National Medal of Arts (1989); Premio Scanno (1991); O'Henry Award für «A Sandstone Farmhouse» aus «The Afterlife and Other Stories» (1991); Common Wealth Award (1993); Conch Republic Prize for Literature (1993) Commandeur de l'ordre des arts et des lettres (1995); The Howells Medal from the Academy of Arts and Letters (1995). John Updike starb am 27. Januar 2009 in Massachusetts. Sein gesamtes Werk ist auf

Deutsch im Rowohlt Verlag und im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.03.1995

Nachmittag eines Perlenfischers
Rezensieren und trotzdem lächeln - Literarische Nebenarbeiten von John Updike / Von Gustav Seibt

John Updikes literarische Essays und Rezensionen sind im Ton jener unbeeindruckbaren amerikanischen Leichtigkeit gehalten, die manchmal nur noch mit bewaffnetem Auge von echter Seichtheit zu unterscheiden ist. Man liest das aber gern. Von der 1700 Dollar teuren Luxusausgabe eines kurzen Spätwerks von Samuel Beckett sagt Updike, sie werde "die Fans von Hardcore-Apathie nicht enttäuschen". "Der Text enthält zwei Eigennamen (Darley, Walther), neun tiefschwarze Lithographien von Louis de Brocquy und kein einziges Komma. Wenn Zeit Geld ist und der Platz im Regal kostbar, dann ist dieser Band das Angebot des Jahres."

Solche Frechheiten darf man genießen, wenn man weiß, daß es vor allem Frechheiten sind und nicht immer Einsichten. Sie schaden nur, wenn sie den Leser dazu verführen, diesen neugierigen und selbstbewußten Kritiker intellektuell nicht für voll zu nehmen. Dabei dokumentiert die Sammlung seiner vor allem in den achtziger Jahren entstandenen literarischen Nebenarbeiten nicht nur Witz und Belesenheit (Updike gibt aber zu, den "Tristram Shandy" nie zu Ende gelesen zu haben), sondern auch gelehrte Neigungen, die Updike durch seinen flotten Ton geschickt verbirgt. Sein Essay über das Matthäus-Evangelium setzt ein gewisses fachliches Studium voraus. Auffallend ist das Interesse für die evolutionsbiologischen Forschungen von Stephen Jay Gould. Updike bewundert hier eine Genauigkeit und Beobachtungsschärfe, wie er sie auch von der Literatur verlangt.

Seine Lektüren sind in dieser Zeit die der gesamten westlichen Welt: Borges, Eco, Barthes, die Lateinamerikaner und seine nordamerikanischen Kollegen, also der mittlerweile etwas vergilbte Kanon der Postmoderne. Es ist eine papierene Welt, die Updikes eigener Ästhetik eher fernsteht. Er beschreibt sich in dem Grundsatztext "Wie denkt der Schriftsteller?" als Perlenfischer in der gleichförmigen Weite vergangener Erfahrung. Seine Beute sind Details: die Hühnerhaut einer rasierten Achselhöhle, dreieckige Einstiche in einem leeren Ölkanister.

In einem Text über Umberto Ecos Essays beschreibt Updike sein Ideal: "Anders als Barthes gelingt es Eco nicht ganz, uns davon zu überzeugen, daß er ein vollkommen neues Instrument der Wahrnehmung besäße, ein gehirngesteuertes Werkzeug, das in einer raschen Bewegung von Reduktion und Neugruppierung vertrauten und trivialen Gegenständen einen hellen, ganz neu facettierten Aspekt verleihen könnte." Die Literatur der achtziger Jahre suchte eher nichttriviale Gegenstände, die sie mit allen möglichen alten Wahrnehmungsinstrumenten betrachtete. Auch aus dieser Distanz erklärt sich der durchgehend ironische Ton, den Updike in seinen Rezensionen anschlägt.

Für die deutschsprachigen Leser ist es interessant zu sehen, was von ihrer Literatur überhaupt in den Gesichtskreis dieser monoglott-weltsprachlichen, mit Bewußtsein oberflächlichen, dem Amusement verpflichteten Salonkultur kommt. Die heutigen kontinentaleuropäischen Literaturen müssen sich vom Standpunkt der weltweit verzweigten und entsprechend fruchtbaren englischsprachigen Buchproduktion ungefähr so ausnehmen wie von uns aus die skandinavischen oder niederländischen Literaturen: kleine, feine Nebenschauplätze mit idiosynkratischen Traditionen und gelegentlichen Konjunkturen auf dem Weltmarkt, eher etwas für Spezialisten und Liebhaber. Was dringt aus Deutschland zu einem so ostentativ unbefangenen Leser wie Updike vor?

Die Sammlung enthält Besprechungen von Büchern Martin Walsers, Thomas Bernhards, Peter Handkes und Patrick Süskinds. Der Inhalt von Walsers "Dorle und Wolf" wird als "geopolitisches Unwohlsein" zusammengefaßt. Updike ist gar nicht wohl bei dieser Form politischer Allegorie; kühl registriert er die Vorbilder dieser Erzählung, John Le Carré und andere "reizlos gewordene Sänger des Blues vom Kalten Krieg". An Bernhard stören ihn Monomanie und ideologische Reduktion der sprachlichen Mittel. Bei beiden Autoren fahndet er nach Lebensdetails und Einzelschönheiten, die der überfrachteten Ästhetik der Werke entkommen. Walsers Bild vom Rhein gefällt ihm: "Es tat ihm gut, daß der Rhein so heftig dahinschob, als habe er im Wassermassentransport Akkordarbeit zu leisten." Und bei Bernhard findet er Vögel, die mit aufgesammelten Papiertaschentüchern im Schnabel herumhüpfen. Solches literarkritische Mikroskopieren liegt deutschen Rezensenten fern, die gerne eine Handlung haben und eine Botschaft weitertragen möchten.

An Süskinds "Parfum" lobt Updike naheliegenderweise die Sinnlichkeit, aber die Konstruiertheit des Romans ist ihm unheimlich. Die Abhängigkeit Süskinds von Thomas Mann hat er besser erkannt als die deutschen Kritiker. Brillant ist Updikes Einsicht, daß Handke ein Hysteriker ist - "Hysterie ist sein Metier" -, was seine Bewunderung für die Wahrnehmungsschärfe vieler Seiten bei diesem Autor nicht schmälert. Aber auch hier stößt er sich an Ideologischem: "Für einen amerikanischen Leser nähert sich eine so ehrfürchtige Untersuchung der Schriftstellerpsyche durch einen Schriftsteller der Wichtigtuerei und, noch schlimmer, der Sinnlosigkeit", schreibt er über Handkes "Nachmittag eines Schriftstellers".

Solche Herablassung ist vielleicht mehr als nur der Ausdruck eines Erfolges, der Updike ein scheinbar anstrengungsloses Leben sichert, das der Rollenspiele einer literarischen Sendung nicht mehr bedarf. In ihr versteckt sich vielleicht eine andere Sehnsucht: auch in geistigen Belangen gelassen und natürlich zu bleiben. "Unser Gehirn", so hat Updike bei Stephen Jay Gould gelernt, "ist eine Art unwillkürliches Lächeln auf der Oberfläche des Bellum omnium contra omnes - des Krieges aller gegen alle, wie Marx Darwins Natur charakterisiert." Nur das Unwillkürliche ist für Updike reizvoll, aber es trägt die zivilisatorische Maske des Lächelns.

John Updike: "Vermischtes". Essays. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Willi Winkler. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1995. 478 S., kt., 18,90 DM.

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Updike verdient es, daß man ihn immer wieder rühmt. FAZ.NET