Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 6,87 €
  • Buch mit Leinen-Einband

1 Kundenbewertung

Die erste große Biographie Wilhelm Müllers
Wilhelm Müller (1794 - 1827), der Dichter der Winterreise und der Schönen Müllerin, die durch Franz Schubert zu den berühmtesten Liederzyklen der Musikgeschichte wurden, war zu Lebzeiten einer der angesehensten deutschen Lyriker. Erika von Borries erzählt in ihrer anschaulichen und fesselnden Biographie sein Leben. Sie löst seine Texte aus dem Bann der Musik und gibt ihnen ihre literarische Bedeutung zurück. Wilhelm Müller hat es in seinem kurzen Leben vom einfachen Schneidersohn zum herzoglich Dessauischen Hofbibliothekar und Hofrat gebracht. In…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Die erste große Biographie Wilhelm Müllers

Wilhelm Müller (1794 - 1827), der Dichter der Winterreise und der Schönen Müllerin, die durch Franz Schubert zu den berühmtesten Liederzyklen der Musikgeschichte wurden, war zu Lebzeiten einer der angesehensten deutschen Lyriker. Erika von Borries erzählt in ihrer anschaulichen und fesselnden Biographie sein Leben. Sie löst seine Texte aus dem Bann der Musik und gibt ihnen ihre literarische Bedeutung zurück.
Wilhelm Müller hat es in seinem kurzen Leben vom einfachen Schneidersohn zum herzoglich Dessauischen Hofbibliothekar und Hofrat gebracht. In höchstem Maße sprachbegabt und weltoffen, wurde er einer der wichtigsten Vermittler der europäischen Literatur. Als Übersetzer, Kritiker, wissenschaftlicher Publizist und Schriftsteller arbeitete er vor allem für den liberalen Leipziger Verleger Brockhaus; daneben war Müller Lehrer für Latein und Griechisch an der Dessauer Gelehrtenschule. Mit seinen Liedern der Griechen engagiertesich Müller leidenschaftlich für den Freiheitskampf der Hellenen gegen die Türken, so daß er schon zu Lebzeiten den rühmenden Beinamen "Griechen-Müller" erhielt.
Die Biographie zeichnet sein Leben und Wirken im Umfeld seiner Zeitgenossen Brentano, Eichendorff, Tieck, Gustav Schwab, Fouqué, Goethe u.a. nach: ein exemplarisches Leben zwischen Romantik und "Jungem Deutschland", zwischen den großen Hoffnungen der Befreiungskriege und der tiefen Enttäuschung im Restaurationszeitalter.
Autorenporträt
Erika von Borries arbeitete ein Jahrzehnt im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung und lebt als freie Schriftstellerin in München. Neben Beiträgen für Zeitungen und Rundfunk schrieb sie gemeinsam mit ihrem Mann die ersten fünf Bände der Deutschen Literaturgeschichte im dtv.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.12.2007

Ohne Ruh, und suche Ruh
Vom Innern zum Innern: Erika von Borries versucht sich in einer Biographie Wilhelm Müller zu nähern, dem Dichter von Schuberts „Winterreise”
Es ist, als schaute man durch einen Filter auf diesen Schriftsteller, Philologen, Lehrer und Dichter. Dieser Filter könnte edler nicht sein, obwohl er Wilhelm Müller – der 1794 als Sohn eines Schneidermeisters in Dessau geboren wurde, sich zu einem gefeierten Literaten der Romantik hocharbeitete, doch stagnierte und schon 1827 in Dessau starb – nahezu zwangsläufig ins Schemenhafte rückt. „Die schöne Müllerin” und „Die Winterreise”, diese beiden Kernwerke dessen, was deutsches Kunstlied genannt wird, hat Müller gedichtet und Franz Schubert vertont. Aber Schuberts musikalische Vergegenwärtigung ist so ausschöpfend und bezwingend, dass die Texte ohne Musik, bei aller unzweifelhaften eigenen Qualität, doch nurmehr als Anlass wahrgenommen werden für die geniale Transformation.
Dennoch rührt sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen, diesem Wilhelm Müller gegenüber nicht gerecht zu sein, denn wenn ein Schubert von dessen Gedichten angeregt sein Bestes gibt, dann muss doch mehr an Müller dran sein. Die Münchner Literaturwissenschaftlerin Erika von Borries hat es nun unternommen, Wilhelm Müller als eigenständige Figur in der Literaturgeschichte der Romantik zu positionieren und ihn gleichsam vollplastisch auftreten zu lassen als Mann von eigenem Gewicht, eigener Klasse, der eigenwillige Konzeptionen in Leben und Werk verfolgte. Doch trotz sorgfältiger Recherche und Aufarbeitung von Kindheit, Jugend- und Reifejahren bleiben die beiden Lieder-Zyklen im Zentrum. Auch Erika von Borries widmet den beiden Zyklen das Herzstück ihres informativen Buches. Dabei gibt sie zu, dass ihr Held manchmal „blass, zur Unbestimmtkeit neigend” bleibe, „Eigenschaften”, die den „Biographen gelegentlich zur Verzweiflung bringen”.
Als Liederdichter hatte er allerdings wirklich etwas Eigenständiges zu bieten von dem Range, dass es der junge Heinrich Heine ernsthaft bewundert hat: „Ich habe sehr früh schon das deutsche Volkslied auf mich einwirken lassen, . . . aber ich glaube erst in Ihren Liedern dem reinen Klang und die wahre Einfachheit, wonach ich immer strebte, gefunden zu haben.”
Müller selbst hat den Vorgang von Inspiration und Niederschrift seiner Lieder in seinem Berliner Tagebuch 1815 anschaulich geschildert: „Es ist ein gar liebes Dichten, das Dichten im Innern, das auch wieder zum Innern dringt. Ich trage so manchmal ein Lied lange Zeit mit mir herum, es vollendet sich in mir, es feilt sich sogar – dann aufgeschrieben schnell und ohne Veränderung. Das sind dann meine besten Sachen.” „Modern” nennt Erika von Borries besonders die Lieder der „Winterreise”. Einen unprätentiös direkten Ton fand Müller in diesem Zyklus, eben jenen der vom Innern „zum Innern dringt”.
Dass Müller niemals Schuberts Vertonungen gehört hat und wohl gar nichts davon wusste, will einem tragisch vorkommen. Ob es ihm gefallen hätte? Wer weiß. Borries schildert Wilhelm Müller als hochbegabten Einzelgänger, der in seiner Kindheit in großer Ungebundenheit von den Eltern aufwachsen durfte. Später erscheint einem der junge Altphilologe nicht eben angenehm in seiner Mischung aus Verklemmung und Streitlust. Seine frühen Gedichte mögen formal in Ordnung sein, sie machen dennoch meist den Eindruck dessen, was Thomas Mann wohl als „ungemein leidlich” bezeichnet hätte.
International berühmt wurde Müller mit seinen sogenannten Griechenliedern, mit denen er leidenschaftlich für den Aufstand der Griechen von 1821 gegen die türkische Herrschaft eintrat. Die philhellenische Bewegung schwappte durch ganz Europa, Lord Byron wurde ihr prominentester Protagonist, als er mit einem von ihm ausgerüsteten Freiwilligenkorps in Missolunghi landete, aber dort schon bald an Malaria starb. Müllers gepriesene Kampfgesänge, die ihm den Beinamen „Griechen-Müller” einbrachten, wirken heute platt pathetisch und sogar blutrünstig. Das Urteil des Müller-Zeitgenossen Goethe fiel schon damals eindeutig aus: „Schlagt ihn tot! Lorbeer her! Blut, Blut! Das ist noch keine Poesie.”
Erika von Borries versteht die Griechenlieder jedoch zu Recht auch als ein Ersatz-Engagement gegen die stockreaktionäre, von Spitzelei und Zensur geprägte Metternichzeit, die Wilhelm Müller als quälend und lähmend empfand. Die enorme Wut auf Despotie und Tyrannei, die sich in Müllers Griechenliedern Bahn bricht, lässt sich leicht auch als patriotischer Appell an die eigenen Landsleute lesen. Immerhin haben die Griechen den Enthusiasmus des Dessauer Kampfliedpoeten nicht vergessen, sie schickten Marmor zu einem Ehrenmal, und die Kommunistische Partei Griechenlands legte während der DDR-Zeit Kränze an seinem Grab ab.
Am Ende resigniert Erika von Borries ein wenig darüber, dass ihr der Dichter und Mensch Wilhelm Müller, der ein Jahr vor Schubert wohl an einem Gehirnschlag starb, trotz seines umfangreichen Werkes, seiner Briefe und Tagebücher seltsam fremd geblieben sei: Ein Mann der Widersprüchlichkeit, changierend zwischen Aufbegehren und Anpassung, Anmaßung und Devotheit, zwischen hohem Können und manchmal biederer Banalität. Trotzdem bleibt ihr biographischer Versuch, die seltsam unklare Physiognomie Wilhelm Müllers auszuleuchten und die Kontur dieses Schriftstellers zu schärfen, den Franz Schubert unsterblich machte, aller Ehren wert.
HARALD EGGEBRECHT
ERIKA VON BORRIES: Wilhelm Müller. Der Dichter der Winterreise. Eine Biographie. Verlag C. H.Beck, München 2007. 330 Seiten, 2 CDs, 26,90 Euro.
Schuberts Vertonungen hörte er nie: Wilhelm Müller Foto: AKG/PA
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Harald Eggebrecht zieht vor Erika von Borries Unternehmung, Wilhelm Müller, der heute vor allem als Dichter von Schuberts Liederzyklen "Winterreise" und "Die schöne Müllerin" in Erinnerung ist, in einer Biografie als eigenständigen romantischen Dichter zu etablieren, seinen Hut. Dass Müller den Lesern dennoch fern bleibt, liegt in seiner Persönlichkeit und ist der Biografin nicht anzulasten, betont der Rezensent. Von Borries zeichnet den Dichter als einzelgängerischen, hochbegabten Menschen, der seltsam zwischen großem Talent und "Banalität", zwischen Widerstand und Anpassung changierte, stellt der Rezensent fest, den die Einschätzung der Autorin von Müllers patriotischen Griechenland-Liedern als "Ersatz-Engagement" gegen die repressive Metternichzeit sehr überzeugt. Wenn also die "seltsam" verschwommene Persönlichkeit Müllers nicht wirklich hervortritt, so hat sie mit dieser Lebensbeschreibung doch mehr Kontur bekommen, lobt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH