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Auch im 21. Jahrhundert, in einer Zeit der Großstädte und Metropolen, lebt die Hälfte der Deutschen auf dem Land. In ihren Dörfern stecken viel Dynamik, Leben und Zukunft. Die ländliche Gemeinschaft ist vielfältiger geworden. Bauern arbeiten mit Sensortechnik und GPS statt mit Pflug und Ochsen. Neue Gewerbe siedeln sich an. Wie hat sich die dörfliche Wirtschaft seit den Zeiten von Müller, Schmied und Dorflehrer entwickelt? Wie lebten die Dorfbewohner vom Mittelalter bis zur Neuzeit? Wo stecken heute die Chancen, wo die Perspektiven? Oder sind die Zeiten des Dorfs doch vorbei? Gerhard Henkel…mehr

Produktbeschreibung
Auch im 21. Jahrhundert, in einer Zeit der Großstädte und Metropolen, lebt die Hälfte der Deutschen auf dem Land. In ihren Dörfern stecken viel Dynamik, Leben und Zukunft. Die ländliche Gemeinschaft ist vielfältiger geworden. Bauern arbeiten mit Sensortechnik und GPS statt mit Pflug und Ochsen. Neue Gewerbe siedeln sich an. Wie hat sich die dörfliche Wirtschaft seit den Zeiten von Müller, Schmied und Dorflehrer entwickelt? Wie lebten die Dorfbewohner vom Mittelalter bis zur Neuzeit? Wo stecken heute die Chancen, wo die Perspektiven? Oder sind die Zeiten des Dorfs doch vorbei? Gerhard Henkel beschreibt eindrücklich alle Aspekte dieser nach wie vor beliebten Siedlungsform. Er lebt selbst von Kindesbeinen an im Dorf.
Autorenporträt
Henkel, Gerhard
Sein Studium der Geographie und Germanistik absolvierte Gerhard Henkel an den Universitäten in Münster, Würzburg und Köln. 1971 promovierte er und 1976 habilitierte er. Er lehrte seit 1980 als Professor für Geographie am Institut für Geographie der Universität-Gesamthochschule Essen und ist mittlerweile im Ruhestand. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Humangeographie, wobei er sich seit 45 Jahren mit der historischen und aktuellen Entwicklung des ländlichen Raumes befaßt .
Rezensionen
»Gerhard Henkel ist mit diesem Band, seiner ansprechenden Gestaltung, den wissenschaftlich fundierten und mit persönlichem Engagement vorgetragenen Inhalten schon jetzt ein unverzichtbares Standardwerk der sozialgeographischen Literatur Deutschlands gelungen.« dstgb.de / Deutscher Städte- und Gemeindebund »Wer sich für das Landleben interessiert, wer wissen möchte, was an der "alten Zeit" eigentlich so gut war und ob die heute so viel beschworene Landlust tatsächlich Bestand hat, der kommt an Gerhard Henkels opulentem Bildband "Das Dorf - Landleben in Deutschland gestern und heute" nicht vorbei.« Westfalenspiegel »Ein prächtiges Buch. In seinen Texten bündelt Henkel die Erkenntnisse der historischen, soziologischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Forschung - und übersetzt sie in die Verständlichkeit eines Lesebuchs.« Welt am Sonntag »Gerhard Henkel übertrifft sich mit diesem Band selbst.« Stuttgarter Nachrichten »Spannend zu lesen, leicht verständlich und doch wissenschaftlich fundiert. Und der Autor Professor Gerhard Henkel stellt heraus, wie Staat und Gesellschaft die Bedeutung der Dörfer unterschätzen.« hr4 »Eine Liebeserklärung an den ländlichen Raum.« fachbuchkritik.de »Wer auf dem Land groß geworden ist, wer dort lebt und im Dorf mehr als nur Modekulisse und Schlafort sieht, der wird sich rasch festlesen - und anschließend mit anderen Augen durchs Dorf gehen« Landwirtschaftliches Wochenblatt »Gerhard Henkel ist der Doyen unter den Dorfforschern« WirtschaftsWoche »Gerhard Henkel hat mit diesem Buch und seinen inzwischen vier Auflagen bewiesen, dass es möglich ist, ein Standardwerk zum Thema 'Dorf und ländliche Räume' zu schreiben und es gleichzeitig so anschaulich zu gestalten und mit zahlreichen Fotos zu versehen, dass nicht wenige sogar von einem Bildband sprechen. 'Das Dorf' findet damit seinen Anklang im wissenschaftlichen Kontext, aber auch in der interessierten Öffentlichkeit, den Medien und heimatkundlich orientierten Privatpersonen.« Heimat Westfalen »Das Buch "Das Dorf" ist aber nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern vor allem auch spannend zu lesen und großartig illustriert und damit ein echter Lesegenuss für die am Dorf und Landleben interessierte Öffentlichkeit.« Prof. Ulrich Harteisen…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Es sieht nicht gut aus für das Dorf. Die historischen Ups and Downs dieser autonomen Lebensform am Rand der großen Städte weiß der Autor anhand eines riesigen Erfahrungsschatzes, gespeist aus jahrzehntelanger Forschung zum Thema, nachzuzeichnen, versichert der Rezensent. Neue Landlust, alte Probleme wie die Verödung, die Eingemeindung, die Aushöhlung kommunaler Politik - über all das erfährt Klaus Brill hier Aufschlussreiches. Wie Gerhard Henkel in seinem umfassenden Überblick über die deutsche Dorfgeschichte (als europäische Erfolgsgeschichte von der neolithischen Revolution bis zur Moderne) über 300 Dörfer beispielhaft erkundet, macht Brill Spaß und Eindruck. Karten, Bilder und ein detaillierter Blick auf die Veränderungen dörflicher Strukturen bis heute runden das Panorama ab, das für Brill nichts von einem Heimatmuseum hat, sondern alle Vorzüge einer auf Kenntnis basierenden nüchternen, doch nicht leblosen Analyse.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.03.2012

Wüst und leer
Deutsche Dörfer: Heute sind viele in Gefahr zu veröden.
Aber Gerhard Henkel kennt und liebt sie
Es ist ein Phänomen, das man bisher nur als historische Erscheinung kannte: Deutsche Dörfer fallen wieder wüst. Zuletzt war dies nach dem Dreißigjährigen Krieg der Fall, in großem Stil zuvor im späten Mittelalter. Jetzt aber werden nach Jahrhunderten stetig wachsender Einwohnerzahlen in manchen Regionen erstmals wieder Siedlungen von den Menschen aufgegeben. Noch beschränkt sich der Vorgang auf einzelne, sehr kleine Orte, doch die Vorstufen der Verödung sind überall in deutschen Landen zu beobachten. In vielen Dörfern und kleinen Städten geht die Einwohnerzahl rapide zurück, alte Bauernhäuser stehen leer, Ortskerne entvölkern sich, und mancher Landstrich, beispielsweise in der Eifel oder Mecklenburg-Vorpommern, gleitet in den Dämmerzustand ab.
Dass diese Metamorphose zusammenfällt mit einer neuen Lust aufs Land, wie sie der Reise- und der Zeitschriftenmarkt anzeigen, gehört zu den Paradoxa eines fundamentalen Umbruchs im Lebensstil. Die Seelenlosigkeit moderner Waren-, Service- und Medienwelten entfacht aufs Neue die Sehnsucht nach dem Idyll, nach Countrylife und jener archaischen Form des Wohlbefindens, die mit Bachgeflüster, Bauernbrot und handgestrickten Wollsocken einhergeht.
Derweil erleben viele Dorfbewohner, dass ihnen ein gerüttelt Maß an Lebensqualität verlorengeht: Dorfschulen, Lebensmittelläden und Bankfilialen schließen, Gaststätten geben auf, Vereine überaltern, Talauen verwildern, und kommunale Politik ist wie gelähmt durch das Schreckgespenst des finanziellen Ruins.
Doch es gibt auch das Gegenbild: Dörfer mit engagierten Bürgern und phantasievollen Politikern, die den Wandel als Herausforderung begreifen und das dörfliche Zusammenleben unter den Auspizien der Globalisierung und ihrer Folgeprozesse neu definieren. Sie bauen Mehrgenerationenhäuser wie im mittelfränkischen Langendorf, sie holen eine Schule zurück in den Ort wie im mecklenburgischen Lüchow, oder sie machen die Dorfgeschichte sichtbar mit Denkmälern, Lehrpfaden und Amateur-Schauspielen wie im schwäbischen Verringenstadt. Es zeigt sich: Der Niedergang kann aufgehalten, sogar umgekehrt werden, nur kommt das nicht von selber.
Diese ungeheure Bandbreite des Geschehens detailgenau zu entfalten: das ist einer der Vorzüge des neuen Buches von Gerhard Henkel „Das Dorf“. „Natürlich gibt es nicht das typische deutsche Dorf“, schreibt der Autor und verweist auf „die enormen Unterschiede zwischen den mehr als 30 000 Dörfern“ im Land. Und doch gelingt ihm ein umfassender Überblick, der allen Negativsyndromen zum Trotz das deutsche Dorf noch immer als „ein Erfolgsmodell der europäischen Kulturgeschichte“ (neben der Stadt) erscheinen lässt.
Henkel bringt für solche Analysen beste Voraussetzungen mit. Der emeritierte Essener Humangeograph gilt als „deutscher Dorfpapst“ und Nestor der deutschen Dorfforschung. Einen Namen hat er sich nicht nur mit einem Standardwerk über den ländlichen Raum gemacht, sondern auch als Initiator und langjähriger Leiter der Dorfsymposien in Bleiwäsche bei Paderborn. Im zweijährigen Turnus treffen sich dort Geographen, Soziologen, Historiker und Architekten mit Ortsvorstehern, Bürgermeistern, Planern und Ministerialbeamten zum fruchtbaren Austausch. Dorfpolitiker diskutieren zwanglos mit Hochschullehrern. Im Lauf von mehr als 30 Jahren kommt da viel an Erfahrungen zusammen, und Henkel hat aus diesem Fundus tief geschöpft.
Mehr als 300 verschiedene Dörfer und kleine Städte dienen ihm als Beispiele. Eine beigefügte Karte verdeutlicht, dass sie im ganzen Land verstreut sind, von Niederförde in Schleswig bis Feldwies im Chiemgau. Mehr als 100 Dorfbewohner und Experten kommen zu Wort, zudem ist der großformatige Band mit mehr als 300 Bildern ausgestattet.
Im seriösen Erzählton, auch für Laien gut verständlich, schreitet der Autor den Horizont der ländlichen Entwicklung ab, beginnend mit der neolithischen Revolution vor 7000 Jahren über die mittelalterliche Grundherrschaft und die frühen Formen der Selbstverwaltung bis zur Aufhebung der Leibeigenschaft nach der Französischen Revolution. Schon in diesen Phasen waren auch kleine Siedlungen sozial geschichtet nach Adel und Klerus, Groß- und Kleinbauern, Handwerkern, Tagelöhnern, Knechten und Mägden.
Die Grenze zum modernen Dorf zieht Henkel in der Zeit um 1800, um dann in vielen Einzelaspekten die seither eingetretenen Veränderungen zu schildern. Um 1800 lebten noch 80 Prozent der damals rund 23 Millionen Deutschen von der Land- und Forstwirtschaft, hundert Jahre später waren es aufgrund der Industrialisierung nur noch 35 Prozent, bis heute hat sich der Anteil auf drei Prozent reduziert. Die parallel verlaufende Verstädterung und die Zunahme der Bevölkerung auf 82 Millionen bewirkten, dass heute nur noch etwa die Hälfte der Deutschen auf dem Land wohnt. Und je nach Zählweise sind auch 50 bis 60 Prozent der Arbeitsplätze und 57 Prozent der Wirtschaftsleistung auf dem Land zu verorten.
Ganze Branchen schöpfen ihre Werte an abgelegenen Standorten, nicht nur der Tourismus oder die Energiebranche, die mit ihren riesigen Rotoren auch das Landschaftsbild verändert. Wer weiß schon, dass die gute alte Forst- und Landwirtschaft in Deutschland immer noch mehr Menschen beschäftigt als die Autoindustrie? „Der Wald ist eine uner-schöpfliche Quelle für Wohlstand und Wohlergehen“, schreibt Henkel. Den hei-mischen Garten betrachtet er als „Kern-bestand dörflicher Lebensqualität“. Da spricht ein Mann, der selbst gern gärt-nert und der als eine Hauptquelle seiner Kenntnisse das eigene Dasein als Bewohner des westfälischen Dorfes Fürstenberg im Kreis Paderborn nennt.
Der Verfasser lässt sich bei seinen Betrachtungen aber weder von der süßli-chen Schwärmerei der alten Heimatkunst-Bewegung noch von der Dorfverachtung der westdeutschen Nachkriegszeit leiten. Nüchtern analysiert er, was ist. Und kommt dabei nicht umhin, eine erhebliche Fremd- und Fernsteuerung der ländlichen Entwicklung festzustellen. Mit den unseligen Gebietsreformen in den westdeutschen Bundesländern vor 50 Jahren etablierte man das Prinzip der zentralen Orte, das 1933 von dem Geographen Walter Christaller entwickelt wurde und das quasi die Übertragung des Führerprinzips auf die Raumplanung darstellte. Die meisten Dörfer verloren zwischen 1965 und 1975 ihre jahrhundertelang bewahrte Autonomie und wurden „eingemeindet“. „Das Zentrale-Orte-Muster wurde zu einer Politik der Zuordnungen, der Normsetzungen, der Fernsteuerung, generell einer demokratiefeindlichen Politik von oben nach unten“, resümiert der Autor.
Heute folgt man neuen Linien, zum Beispiel dem Leitbild der endogenen oder regional angepassten Entwicklung. Auch in der Dorferneuerung gab es eine Trendwende. Nur an der Ohnmacht der Lokalpolitiker gegenüber Land und Bund ändert das nichts. Henkel registriert eine „Aushöhlung der Kommunalpolitik“, die die Bürger und Politiker am Ort in die Resignation treibe. Es steht nicht gut um das Dorf und um die kleine Stadt in Deutschland.
KLAUS BRILL
GERHARD HENKEL: Das Dorf, Landleben in Deutschland – gestern und heute. Verlag Theiss, Stuttgart 2012. 344 Seiten, 49,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2012

Landflucht oder Landlust?
Das Dorf als Erfolgsmodell europäischer Vielfalt

Magazine wie "Landlust", "Landidee" oder "Mein schönes Land" erreichen Auflagenrekorde. Die erfolgreiche neue Zeitschriftengattung scheint der Beweis für Gerhard Henkels These vom Dorf als "Erfolgsmodell europäischer Vielfalt". Lebendigkeit, soziale Kompetenz und eine Kultur des Anpackens zeichneten intakte Dörfer bis heute aus, sagt der Geograph, der aus dem 2669-Seelen-Ort Fürstenberg in Ostwestfalen stammt. Die aktuelle Begeisterung für das Landleben feiert der vormalige Professor an der Gesamthochschule Essen mit einem gut zwei Kilo schweren, üppig bebilderten Buch. Er nennt das Dorf "ein zunehmend unbekanntes Wesen, das im öffentlichen Bewusstsein generell eine geringere Rolle spielt, als ihm eigentlich zusteht". Dessen Wert für die Gesellschaft deutlich zu machen und dem ländlichen Raum mehr Anerkennung zu verschaffen ist das Anliegen seines bunten Kaleidoskops.

Das schmucke Großformat versteht sich als soziokulturelle Zeitreise in die dörfliche Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Der Aufbruch deutscher Dörfer in die Moderne geschah danach um das Jahr 1800, als sich die Agrar- zur Industriegesellschaft zu wandeln begann. Die Phase vehementer sozioökonomischer Veränderungen datiert zwischen 1950 und heute. Gerhard Henkel, Jahrgang 1943, hat die nachlassende Landwirtschaft und Infrastruktur, den hohen Verlust an dörflichen Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche Verarmung in seinem kleinen Heimatort Fürstenberg in der Nähe von Paderborn von Kindesbeinen an gesehen. In seinem Buch als Summe seines Lebens und seiner Forschung ist davon zu lesen. Ein Kapitel beschäftigt sich sogar mit dem Kampf um manchen letzten Dorfladen in der Provinz, dessen Schließung die private Grundversorgung zum Problem macht.

Doch alles in allem wird ein durchaus positives Bild der ländlichen Wirtschaft präsentiert. Beim genauen Hinschauen zeige sich die Ökonomie in der Provinz robust, vielseitig und ausgewogen: "Trotz mancherlei Wandlungen und Krisen sind Land- und Forstwirtschaft sowie Handwerk und mittelständisches Gewerbe bis heute die ökonomische Basis des ländlichen Raumes." Die Gewichtsverschiebungen hätten nicht dazu geführt, dass man ländliche Gegenden als Verlierer bezeichnen könne.

Detailliert beschreibt Henkel dörfliches Wirtschaften heute. Wir erfahren, dass Bauern inzwischen mit Sensortechnik und GPS statt mit Pflug und Ochsen arbeiten, dass neue Gewerbe im ländlichen Raum traditionelles Handwerk abgelöst haben und dass vielerorts auf Tourismus gesetzt wird. Weitgehend ausgespart bleibt, dass wuchernde Gewerbeparks und Eigenheimsiedlungen das Areal um alte Dorfkerne zersiedeln und dass die noch vorhandene herkömmliche Landwirtschaft in hohem Maße von Subventionen lebt und von der Politik vor Konkurrenz geschützt werden muss.

Auch die Heerscharen von Berufspendlern aus den 30 000 deutschen Dörfern in nahe Städte konstatiert Henkel lakonisch wie das Wetter: "Der moderne Dorfbewohner ist ein Pendler geworden", schreibt er. "Angesichts der Schrumpfungsprozesse in der Agrarwirtschaft und im Dorfhandwerk haben sich die Dorfbewohner mehr und mehr ehemals städtischen Berufen zugewandt und sind als Arbeiter, Angestellte oder Beamte in Industriebetrieben oder diversen Dienstleistungsberufen meist in benachbarten Klein-, Mittel- oder Großstädten tätig." Welche sozialen Konsequenzen der Exodus für die Dorfgemeinschaft hat, wird nicht diskutiert.

Stattdessen richtet Henkel seinen liebevollen Blick auf den relativ hohen Wohlstand im ländlichen Raum, auch wenn dieser "nicht unbedingt aus allen Statistiken (wie zum Beispiel über Kaufkraft und Einkommen) ablesbar ist". So gebe es eine beträchtliche Eigenheimquote, "mit über 80 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in den Großstädten". Außerdem trügen informelles Wirtschaften und soziales Kapital zum Wohlstand auf dem Land bei: "Die Menschen helfen sich gegenseitig - generell mehr als in der Stadt - mit Gütern und Dienstleistungen."

Ein großes Plus sieht Henkel auch in der Ortsbezogenheit auf dem Land. Die Zufriedenheit mit dem von Kirchen, Festen, Vereinen und Nachbarschaft geprägten Wohnumfeld der Dorfbevölkerung sei mit 80 bis 90 Prozent doppelt so hoch wie vergleichbare Empfindungen in den Großstädten. Das sei eminent wichtig für die erfolgreiche Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben: "Die zufriedenen Einwohner sind ein weicher Wirtschaftsfaktor des ländlichen Raumes."

Henkels durchaus nostalgisches Dorfkompendium endet zuversichtlich: "Mehr Licht als Schatten" heißt das Fazit des Autors für das Dorf von heute. Allerdings wird die Sehnsucht nach einer vormodernen intakten Welt mit Familie, Nachbarschaft und Natur, Fachwerkhäusern, Vereinen und Kirchengemeinde das Dorf in der globalisierten Welt allenfalls als blumengeschmückte Kulisse retten können.

ULLA FÖLSING.

Gerhard Henkel: Das Dorf.

Theiss Verlag, Stuttgart 2011, 344 Seiten, 49,95 Euro

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