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In einer Zeit, in der "Alphamädchen" "Altemanzen" belächeln und junge Frauen weibliche Rollen klischees aus den 50er Jahren spielerisch wieder aufnehmen, ist es sinnvoll nachzulesen, seit welch kurzer Zeit Frauen den Männern bei uns rechtlich gleich gestellt sind. Zu kurz jedenfalls, als dass die Frauen sich ihrer frisch erworbenen Frei räume allzu sicher sein sollten. Barbara Sichtermann rollt den mühsamen Prozess der Frauenemanzipation neu auf, immer mit dem Blick auf die Gegenwart. In den meisten Gesellschaften der Geschichte waren die Frauen den Männern nicht gleichgestellt, sondern aus…mehr

Produktbeschreibung
In einer Zeit, in der "Alphamädchen" "Altemanzen" belächeln und junge Frauen weibliche Rollen klischees aus den 50er Jahren spielerisch wieder aufnehmen, ist es sinnvoll nachzulesen, seit welch kurzer Zeit Frauen den Männern bei uns rechtlich gleich gestellt sind. Zu kurz jedenfalls, als dass die Frauen sich ihrer frisch erworbenen Frei räume allzu sicher sein sollten. Barbara Sichtermann rollt den mühsamen Prozess der Frauenemanzipation neu auf, immer mit dem Blick auf die Gegenwart.
In den meisten Gesellschaften der Geschichte waren die Frauen den Männern nicht gleichgestellt, sondern aus der öffentlichen Sphäre weitgehend verbannt. Sie hatten sich am heimischen Herd um den Nachwuchs und um ihren Herrn, den Mann, zu kümmern. Erst mit dem Aufkommen der modernen Demokratie in Europa, als die Gleichheit aller Menschen gefordert wurde, meldeten sich Frauen zu Wort, die an der allgemeinen Gleichheit teilhaben wollten. "Blaustrümpfe" schlossen sich dem Kampf der unteren Klassen um die Demokratie, um das allgemeine und gleiche Wahlrecht an. Frauen wurden unterdessen, nicht zuletzt als billige Arbeitskräfte, in den Prozess der kapitalistischen Industrialisierung integriert und machten sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts als Büroangestellte oder Arbeiterinnen unentbehrlich. In Deutschland und anderen Ländern führte dies nach dem Ersten Weltkrieg zur Einführung des Frauenwahlrechts. Aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war in den meisten europäischen Ländern die rechtliche Gleichstellung der Frauen erreicht. Die Frauen der 68er Bewegung aber machten mit militanten Aktionen darauf aufmerksam, dass dies keineswegs eine echte Gleichstellung der Frauen in Kultur, Wirtschaft und Politik bedeutete. Und tatsächlich ist frau in Europa noch heute weit davon entfernt - in anderen Weltgegenden sowieso.
Autorenporträt
Barbara Sichtermann, geb. 1943 in Erfurt, wuchs in Kiel auf und besuchte nach dem Abitur die Schauspielschule in Bochum, wo sie 1965-68 am Theater tätig war. Anschließend zog sie nach Berlin und studierte Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Seit 1978 arbeitet sie als freie Autorin und widmet sich vorrangig den Themen Frauenpolitik, Leben mit Kindern, Geschlechterbeziehung, Literatur und Medien. Barbara Sichtermann lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.06.2009

Jahrhunderte der Bevormundung
Die Geschichte der Emanzipation ist noch nicht abgeschlossen
Die größten Lacherfolge erzielen Kabarettisten immer noch, wenn sie auf die Unterschiede zwischen Mann und Frau eingehen – nach dem Motto: Frauen können nicht einparken und Männer nicht zuhören. Natürlich sind Männer und Frauen verschieden – diese banale Erkenntnis war jahrhundertelang Grund genug, Frauen so weit wie möglich aus dem öffentlichen Leben fernzuhalten und an Küche und Kinder zu binden. Erst die Französische Revolution und die Aufklärung mit ihrer Überzeugung von der Gleichheit aller Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Rasse und welchen Standes, brachte die Gesellschaft schließlich zur Demokratie und die Frauen zu ihren Rechten.
Barbara Sichtermann hat in ihrer gar nicht so „Kurzen Geschichte der Frauenemanzipation” dargestellt, wie steinig der Weg war, bis zur heutigen, relativen Gleichstellung von Mann und Frau. Sie beginnt mit Emilie du Chatelet, die sich 1733 noch als Mann verkleiden musste, um in ein Café gehen zu dürfen, wo sie mit ihren geistreichen Freunden wie Voltaire oder dem Mathematiker Maupertuis diskutieren wollte, und sie endet bei Angela Merkel, die es ohne „Hausmacht” geschafft hat, als normale, kluge, tüchtige Frau die Männerbastion Spitzenpolitik zu erobern.
Von Adams bis Zetkin
Aber bis es so weit war, mussten massive Widerstände von Seiten der Männer, aber auch Vorurteile in den Köpfen der Frauen überwunden werden. Ein großer Schritt war die Durchsetzung des Frauenwahlrechts in Deutschland 1918. Wenn das erst einmal erreicht sei, so hoffte man, habe sich die Frauenfrage erledigt, nun könnten sie sich ja direkt für ihre Ziele engagieren. Doch so schnell gaben die Männer ihre Vorherrschaft nicht auf; bis 1958 legte das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland fest, dass in einer Ehe der Mann über die Art der Lebensführung, über den Ablauf des häuslichen Lebens, über die Erziehung der Kinder und über den Wohnort zu entscheiden habe. Sichtermann erzählt die Geschichte am Beispiel interessanter Frauen, die in der Politik, Literatur, Tanz, Malerei, Sport und Wissenschaft mit ihrem Talent und Mut etwas für die Befreiung der Frauen getan haben; die Liste ist lang, angefangen bei der Amerikanerin Jane Adams, die im Ersten Weltkrieg eine Frauen-Friedensbewegung gegründet hat, bis zur Kommunistin Clara Zetkin.
Warum es so lange dauerte, bis sich die Frauen in der Gesellschaft behaupteten, erklärt Sichtermann mit überkommenen bürgerlichen Rollenbildern, fehlenden Netzwerken für Frauen und dem Widerstand der Männer, die weibliche Konkurrenten ausgrenzen wollten. Frauen ließen sich zudem immer willig manipulieren; wurden sie als Arbeitskräfte gebraucht, zu Beginn der Industrialisierung oder als „Trümmerfrauen”, galten sie als zupackende Arbeiterinnen. Zu anderen Zeiten besann sich das Bürgertum auf das „schwache Geschlecht” und schickte die Frauen wieder ins häusliche Umfeld.
Schlüssel Berufswelt
Sichtermann versteht ihr Buch nicht nur als historischen Überblick, sondern sie hat auch ein Anliegen; sie sieht den Weg der Emanzipation (wörtlich: Entlassung aus der Vormundschaft) noch nicht abgeschlossen. Heute müssen die Frauen mit den Männern um gleichen Lohn für gleiche Arbeit und bessere Kinderbetreuung streiten. In der Berufswelt sieht sie den Schlüssel zur Gleichberechtigung. Denn erst wenn die Frauen wirklich überall die gleichen Möglichkeiten wie die Männer haben, können sie wählen, wie sie ihr Leben gestalten wollen.
Barbara Sichtermann formuliert anspruchsvoll und faktenreich; sie schreibt nicht gezielt für ein junges Publikum, obwohl man ihr wünschen würde, dass sie gerade junge Frauen als Leserinnen gewinnt, damit diese einerseits die politischen Erfolge früherer Generationen würdigen können, aber auch ein kritisches, politisches Bewusstsein bekommen gegenüber den immer noch verbreiteten Rollenbildern und Klischees.
BIRGITT VON MALTZAHN
BARBARA SICHTERMANN: Kurze Geschichte der Frauenemanzipation. Jacoby&Stuart Verlag, Berlin 2009. 192 Seiten, 14,95 Euro. Ab 16
Schon vor 90 Jahren forderten die Frauen gleiche Rechte. Foto: Jacoby& Stuart / Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung
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