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Schöne neue Welt - die Ressourcen der Erde sind nahezu vollständig aufgebraucht und nur ein privilegierter Teil der Menschheit lebt in den wenigen verbliebenen Städten - der Rest haust in den umliegenden Wüstengebieten. Als immer wieder Menschen aus den verbotenen Zonen illegal in die streng bewachten Städte eingeschleust werden, bekommt Detektiv Wiliam Geld den Auftrag, das Leck im System zu finden. Durch einen Virus ist er in der Lage, Gedanken zu lesen und so ermittelt er schnell den Täter - eine Frau. Er verliebt sich in sie, doch ihre Liebe wird zur tödlichen Gefahr; denn die Liaison…mehr

Produktbeschreibung
Schöne neue Welt - die Ressourcen der Erde sind nahezu vollständig aufgebraucht und nur ein privilegierter Teil der Menschheit lebt in den wenigen verbliebenen Städten - der Rest haust in den umliegenden Wüstengebieten. Als immer wieder Menschen aus den verbotenen Zonen illegal in die streng bewachten Städte eingeschleust werden, bekommt Detektiv Wiliam Geld den Auftrag, das Leck im System zu finden. Durch einen Virus ist er in der Lage, Gedanken zu lesen und so ermittelt er schnell den Täter - eine Frau. Er verliebt sich in sie, doch ihre Liebe wird zur tödlichen Gefahr; denn die Liaison verstößt auch gegen ein genetisches Gesetz: den CODE 46

Bonusmaterial

- Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Filmografien
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.03.2005

Das böse Lächeln der Sphinx
Michael Winterbottoms faszinierender Science-fiction-Film "Code 46"

Manchmal beschert die Filmgeschichte eigenartige Zufälle. Mit Wong Kar-wais "2046" hat "Code 46" nicht nur die beiden Ziffern gemein, sondern die beiden Filme ähneln sich auch in der Art, wie sie ihre Zukunftsvisionen in einer Art Trance beschwören, wie sie Züge für träumerische Zeitreisen einsetzen und wie sie aus der Architektur der Gegenwart ihre futuristische Topographie entwerfen. Da enden allerdings die Gemeinsamkeiten auch schon, denn wo die Zukunft für Wong nostalgische Töne anschlägt, da stimmt sie Michael Winterbottom eher bedenklich. Die Menschheit wird bei ihm von einem Konzern namens Sphinx genetisch kontrolliert, Erinnerungen können manipuliert werden. Die Klimakatastrophe hat die Welt bis an die Ränder der Metropolen in Wüste verwandelt und die Sonnenstrahlung zur Gefahr werden lassen. Und so wie Winterbottom das zeigt, läßt diese Zukunft nicht bis ins Jahr 2046 auf sich warten.

Es gibt zur Zeit wohl kaum einen umtriebigeren, produktiveren, vielseitigeren Regisseur als Michael Winterbottom, vielleicht mit Ausnahme des Koreaners Kim Ki-duk. Gerade lief seine pornographische Etüde "Nine Songs" in den Kinos, davor hatte er mit dem Flüchtlingsdrama "In This World" einen Goldenen Bären gewonnen, und dazwischen ist der aufregende Science-fiction-Film "Code 46" entstanden, dessen Utopie quasi auf halbem Weg zwischen den Erfahrungen der Heimatlosigkeit und dem Rückzug aufs Körperliche angesiedelt ist. Die Flüchtlinge aus "In This World" finden sich wieder in den entrechteten Massen, die aus den Metropolen verbannt wurden, und die Sexualität aus "Nine Songs" hat ihre Entsprechung in der Erkenntnis, daß gegen die Ordnungsmächte der Zukunft allenfalls das Chaos der Leidenschaft etwas ausrichten kann. Drei Filme, so unterschiedlich wie Tag und Nacht und doch an den Rändern auf wundersame Weise verbunden. Für Winterbottom bedeutet Filmemachen eben etwas anderes, als immer wieder dieselbe Geschichte auf ähnliche Weise zu erzählen.

Weil die simpelsten Tricks im Kino häufig die wirkungsvollsten sind, hat Winterbottom seine Zukunftsvision nicht mit kostspieligen Aufbauten oder aufwendigen Computertricks hergestellt, sondern einfach auf die Gegenwart zurückgegriffen. Zum Drehen ist er dorthin gegangen, wo die Architektur die kuriosesten Blüten treibt, und hat dann die Aufnahmen aus Schanghai, Dubai und Jaipur so zusammengeschnitten, daß der Eindruck einer futuristischen Metropole entsteht, in der sich die Wohlhabenden gegen die Wüste und ihr Lumpenproletariat abgeschottet haben.

Der Versicherungsdetektiv William (Tim Robbins) landet also auf einem ultramodernen Airport, nähert sich der Stadt auf einem sandüberwehten Highway, hält an einer Zollstation, die von fliegenden Händlern belagert ist, durchquert einen Straßentunnel, wo der Wagen wie in einer Waschstraße desinfiziert wird, und taucht vor der Skyline von Schanghai auf. So schrumpfen ein paar Schnitte die bekannte Welt zu einer plausiblen Vision dieser nicht allzu fernen Zukunft zusammen, in welcher die Leute ein Englisch sprechen, in dem sich die anderen Sprachen wie Einsprengsel in einem Gestein abgelagert haben. Man sagt aqui und pourquoi, chico und ti amo - das ist alles, was von Französisch, Spanisch, Italienisch übriggeblieben ist.

In Schanghai soll William in einer Ausweisdruckerei eine undichte Stelle aufspüren. Daß ihn ein Virus dazu befähigt, Gedanken zu lesen, ist dabei der einzige Einfall, der direkt aus dem Reich der Science-fiction stammt. Er lädt die Mitarbeiter der Paßbehörde nacheinander zu einem kurzen Gespräch und bittet sie, etwas von sich zu erzählen, nach Möglichkeit etwas Interessantes, denn er habe einen langen Tag vor sich. Eine erzählt, daß sie von Sommersprossen sexuell erregt werde, ein anderer wundert sich, wie die Normannen die englische aus der französischen Sprache erschaffen haben können. Hinterher weiß William natürlich, wer die Pässe beiseite schafft, aber er lenkt den Verdacht auf einen anderen, weil er sich in die Schuldige verliebt hat. Als er Maria (Samantha Morton) fragt, warum sie es getan habe, sagt sie, wegen des Geldes, und fragt zurück, warum er für sie gelogen habe. Weiß nicht, antwortet er - und lügt schon wieder.

Sie verbringen den Abend zusammen und die Nacht, aber dann muß er zurück, weil er Frau und Sohn in Seattle hat. Weil aber weiterhin Pässe verschwinden, wird er bald wieder nach Schanghai geschickt. Dort stellt er erst mal fest, daß Maria in eine Klinik eingewiesen wurde und daß ihr dort alle Erinnerungen an ihn und ihre gemeinsame Nacht gelöscht worden sind. So beginnt der Jäger zu ahnen, daß er allmählich selbst zum Gejagten wird, und als er begreift, warum, bleibt nur noch die Flucht.

Science-fiction, Film noir, Romanze, Thriller, Melodram - Winterbottom ist an den einzelnen Genres gar nicht interessiert, sondern blendet sie sanft ineinander. Es geht ihm nicht darum, die Handlung voranzutreiben, sondern eine Atmosphäre zu erzeugen, in welcher die Segnungen der Zukunft ihren Schrecken auf ganz leisen Sohlen entfalten. Der wahre Terror liegt darin, daß der globale Überwachungsstaat für die Durchsetzung seiner Regeln keine finsteren Ordnungskräfte braucht, sondern das Leben mit der größten Selbstverständlichkeit seinen Gang zu gehen scheint. Als sei die Klimakatastrophe noch nicht schlimm genug, herrscht allerorten eine Art corporate climate, als sei die Welt ein einziger Büroflur. Das Geniale an Winterbottoms Zukunft ist, daß alles aussieht wie immer, obwohl es in Wirklichkeit erschreckend anders ist. "Code 46" hält der Gegenwart den Spiegel vor, aber zeigt darin keine Fratze, sondern das bedauernde Lächeln einer Dame am Check-in-Schalter, die einem mitteilt, der Paß sei abgelaufen.

Kaum ein anderer Film der letzten Zeit hat es verstanden, sein Material so meisterlich zu organisieren, den Kontrast zwischen der gläsernen Geometrie der Städte und der Wüstenei vor ihren Toren, der Ordnung der Neonwelt und dem Chaos des Körpers, zwischen der vollklimatisierten Unverbindlichkeit und der drängenden Leidenschaft. So einleuchtend und faszinierend und beklemmend hat noch keiner die Zukunft dargestellt. Und wenn man am Ende in die unendlich sehnsüchtigen Augen von Maria blickt, kann man sich gut vorstellen, daß sie von all dem träumt, wovon Winterbottoms nächster Film "Nine Songs" dann erzählte: von den guten alten Zeiten, als Sex, Drugs & Rock 'n' Roll noch möglich waren.

MICHAEL ALTHEN

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