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Ein neues Verständnis von Zeit und Realität
Lee Smolin sieht Zeit als die einzige fundamentale Größe des Universums. Alles andere, auch die vermeintlich unabänderlichen Gesetze, unterliegen seiner Auffassung nach der Veränderung in der Zeit. Newtons Gesetze werden vielleicht nicht immer so grundlegend bleiben, wie wir sie heute verstehen. Mit dieser revolutionären Auffassung stellt er die Zeit in den Mittelpunkt unseres Denkens über die Welt und erklärt, welche Auswirkungen das auf uns und auf unser Verständnis der Welt und des Universums hat.
Ausstattung: mit Abbildungen

Produktbeschreibung
Ein neues Verständnis von Zeit und Realität

Lee Smolin sieht Zeit als die einzige fundamentale Größe des Universums. Alles andere, auch die vermeintlich unabänderlichen Gesetze, unterliegen seiner Auffassung nach der Veränderung in der Zeit. Newtons Gesetze werden vielleicht nicht immer so grundlegend bleiben, wie wir sie heute verstehen. Mit dieser revolutionären Auffassung stellt er die Zeit in den Mittelpunkt unseres Denkens über die Welt und erklärt, welche Auswirkungen das auf uns und auf unser Verständnis der Welt und des Universums hat.

Ausstattung: mit Abbildungen
Autorenporträt
Lee Smolin, geboren 1955 in New York, ist Professor für theoretische Physik und einer der Mitbegründer des Perimeter-Instituts für theoretische Physik im kanadischen Waterloo, wo er heute arbeitet. Er ist ein profilierter Autor, der bereits mehrere Bücher zu physikalischen Themen veröffentlicht hat, unter anderem »Die Zukunft der Physik« (2009).
Rezensionen
»Spannungsvoll wie ein Krimi.« Deutschlandradio über "Die Zukunft der Physik"

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ulf von Rauchhaupt holt weit aus, um uns Lee Smolins These von den nichtlokalen Graphen der Schleifen- und Quantengravitation schmackhaft zu machen. Ganz schön frech erscheint dem Rezensenten der Vorstoß des Physikers gegen die Relativitätstheorie und den physikalischen Mainstream. Dass Zeit als physikalisches Element von grundlegender Bedeutung ist, vermag ihm Smolin, wie Rauchhaupt schreibt, zwar mit Geschick für allgemeinverständliches Erklären nahezubringen. Allerdings bleiben Zweifel beim Rezensenten, ob die Raumzeit tatsächlich jenes dynamische Netz aus Graphen ist, über die Raumzeitpunkte verbunden sind. Schließlich sei das Buch kein Sachbuch, meint Rauchhaupt, sondern die Darlegung einer spekulativen Idee.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2014

Die Zeit gibt es vielleicht wirklich

Wer hat an der Uhr gedreht? Lee Smolin stellt sich gegen die Relativitätstheorie von Einstein, um dessen wissenschaftliches Weltbild zu retten. Zeit ist für den amerikanischen Physiker nicht nur eine Illusion - er ist überzeugt, dass sie vergeht.

Zeit ist etwas Ärgerliches. Sie vergeht entweder zu langsam oder zu schnell, und am Ende hat man doch immer zu wenig davon. Diese Alltagsprobleme sind freilich nichts gegen das Kopfzerbrechen, welche die Zeit denen bereitet, die tiefer über sie nachzudenken begannen. "Wenn mich keiner fragt, weiß ich es", schrieb einst Augustin zur Frage, was Zeit sei. "Wenn ich es einem Fragenden erklären will, weiß ich es nicht."

Wie viele nach ihm beschränkte sich der große spätantike Denker schließlich auf die Untersuchung dessen, was der rätselhafte Grund alles Kommens und Vergehens mit unserem Geist anstellt.

Auch Naturforschern blieb bisher nichts anderes übrig, wobei aus dem Geist bei ihnen der Beobachter wurde, der Messungen anstellt. So war es bereits bei Aristoteles, der die Zeit als "Maßzahl der Bewegung gemäß dem Früheren und Späteren" bestimmte. Die moderne Physik hat hier sogar alles nur noch dunkler gemacht. Albert Einsteins Einsicht, dass für zwei sich relativ zueinander gleichförmig bewegende Beobachter alle Naturgesetze die gleiche Form haben und insbesondere Licht sich mit gleicher Geschwindigkeit ausbreitet, hat die für den Alltagsverstand schwer zu akzeptierende Folge, dass der Zeitpunkt eines Ereignisses vom Beobachter abhängt, es also auch kein universelles "Jetzt" für alle Beobachter gibt. Hinzu kommt, dass die grundlegenden mathematischen Gleichungen der Relativitätstheorie wie auch der Quantentheorie keine Zeitrichtung auszeichnen - sie gelten genauso auch für Prozesse, die zeitlich rückwärts ablaufen.

Die ontologische Konsequenz, die schon Einstein daraus zog, ist, das Phänomen Zeit zur Gänze zu einer Illusion des Beobachters zu erklären. Was es gibt, das ist die Raumzeit als ein vierdimensionaler Block, auf dem Vorher und Nachher nichts wesentlich anderes sind als eine zusätzliche Richtung, wie rechts und links oder oben und unten. In diesem "Blockuniversum" ist und bleibt alles, was ist, wie es war und sein wird. Alles Gewesene ist gleich wirklich, so wirklich wie das Gegenwärtige und alles irgend Zukünftige. Geschehen ist nichts als Struktur.

Diese Auffassung ist heute unter Wissenschaftsphilosophen durchaus verbreitet. Und auch nicht wenige Physiker, die sich auf die Suche nach der Quantengravitation begeben haben, würden die Zeit nur zu gerne loswerden. In ihren noch gesuchten Grundgleichungen, die Quantenphysik und Einsteins Gravitationstheorie als Spezialfälle für Mikro- beziehungsweise Makrokosmos enthielten, sollte der Zeitparameter möglichst nicht mehr vorkommen.

Lee Smolin hält das alles für völlig fehlgeleitet. In seinem neuen Buch "Time Reborn", das unter dem nichtssagenden Titel "Im Universum der Zeit" nun auf Deutsch erschienen ist, plädiert der amerikanische Physiker eindrücklich und eindrucksvoll dafür, die Zeit als Element der physikalischen Wirklichkeit endlich wieder ernst zu nehmen. Und mehr als das: "Die Zeit", schreibt er, "wird sich als einziger Aspekt der Alltagserfahrung erweisen, der wirklich fundamental ist."

Das ist frech. Aber mit welcher Lust sich der am Perimeter Institut im kanadischen Waterloo forschende Theoretiker gegen den physikalischen Mainstream stellt, hat er bereits in seinen drei zuvor erschienenen allgemeinverständlichen Büchern gezeigt. Zuletzt legte er 2006 mit "The Trouble with Physics" (hier ist der deutsche Titel "Die Zukunft der Physik" noch schlimmer verunglückt) eine breitangelegte Philippika gegen die akademische Dominanz der Stringtheorie vor, des heute populärsten Versuchs, zur Quantengravitation zu gelangen.

Für Stringtheoretiker besteht letztlich alles Materielle aus winzigen vibrierenden Fädchen (englisch: strings), die in einer höherdimensionalen Raumzeit schwingen. Diese Raumzeit aber, und das ist ein Haupteinwand von Kritikern wie Smolin, muss den Fädchen als Bühne bislang im Wesentlichen vorgegeben werden, statt selbst als Teil des Geschehens begriffen zu werden. Smolin dagegen hängt einer alternativen Idee an, der sogenannten Schleifen-Quantengravitation, die er nun mit großem Geschick für allgemeinverständliches Erklären noch einmal vorstellt. Demnach ist die Raumzeit kein starrer Block, sondern ein wandelbares, dynamisches Netz aus diskreten Verbindungen, sogenannten Graphen, die benachbarte Raumzeitpunkte verbinden.

Aber warum nur benachbarte? Mit dieser Frage geht Smolin in "Time Reborn" über die eigentliche Schleifen-Quantengravitation hinaus. Warum, fragt er, soll es nicht auch einige Graphen geben, die Millionen oder Milliarden Lichtjahre voneinander entfernte Raumpunkte verbinden? Die Antwort des Mainstreams lautet: weil Einsteins Spezielle Relativitätstheorie dergleichen verbietet. Solche nichtlokale Graphen würden augenblickliche Übertragungen von Wirkungen über beliebige Entfernungen erlauben. Auch wenn dergleichen nur auf der fundamentalsten mikroskopischen Ebene möglich wäre, markierte der Moment einer solchen Wirkung doch einen Zeitpunkt im Universum als Ganzes - und widerspräche der Einsteinschen Negation einer universellen Gleichzeitigkeit.

Wenn Smolin damit recht hätte, gälte die Spezielle Relativitätstheorie nur für lokale Untersysteme unserer Welt (wo sie ja bestens bestätigt ist), nicht aber für die Welt und ihre Geschichte als Ganze. Sub specie omnium gäbe es sie sehr wohl, die universelle Zeit, die aus der Vergangenheit in die Zukunft fließt. Wir lebten dann doch nicht in einem Blockuniversum, sondern in einer offenen, sich entwickelnden Welt. Zumindest hier fänden wir uns mit unserer Alltagsintuition von der Zeitlichkeit alles physikalischen Seins auf der Ebene einer fundamentalen Theorieidee wieder.

Ganz allein ist Smolin mit seinem spekulativen Plädoyer für die Realität der Zeit nicht. Es gibt Wissenschaftsphilosophen wie zum Beispiel Tim Maudlin von der New York University, die ähnliche Positionen vertreten. Allerdings geht es Smolin nicht um die Rettung unserer Alltagsintuition, jedenfalls nicht in erster Linie. Seine Überzeugung von einem wirklichen und universellen Vergehen der Zeit speist sich aus dem Umstand, dass dies nichtlokale Graphen der Schleifen-Quantengravitation ermöglichen würde - und mit deren Hilfe ließe sich der Physik etwas austreiben, was Smolin offenbar noch sehr viel mehr stört als die Möglichkeit eines Blockuniversums: der quantenmechanische Zufall.

Denn in der Quantenphysik legen die Naturgesetze nur fest, mit welcher Wahrscheinlichkeit etwas passiert. Wann ein Atomkern zerfällt oder ob eine chemische Reaktion zwischen zwei Molekülen an einem bestimmten Punkt stattfindet oder nicht und damit am Ende makroskopische Folgen bis hin zu menschlichen Ideen und Schicksalen hervorruft, das lässt die moderne Naturwissenschaft offen - es bleibt ohne zureichenden Grund. Einen solchen müsse es aber bitte schön geben, klagt Smolin, denn sonst wären Dinge in der Welt, die nicht aus der Welt heraus erklärt werden könnten.

Smolin bestreitet damit also die universelle Gültigkeit der Erkenntnisse Einsteins, des Relativitätstheoretikers, um Einstein, dem Metaphysiker, endlich zu seinem Recht zu verhelfen. In seinem von Spinoza inspirierten Weltbild lehnte Einstein ja die Indeterminiertheit der Quantenphysik zeitlebens kategorisch ab und träumte stattdessen davon, die Physik möge eines Tages entdecken, dass, wie er sich einmal ausdrückte, Gott bei der Erschaffung der Welt gar keine Wahl darin hatte, sie anders oder überhaupt zu erschaffen.

Die hypothetischen nichtlokalen Graphen der Schleifen-Quantengravitation bieten für Smolin nun einen Weg, die ersehnte Einheit der Welt zu den Bedingungen der Physik doch noch sicherzustellen: Was dem lokalen Beobachter als zufälliger Ausgang eines Quantenprozesses gilt, ist in Wahrheit durch die Einflüsse über nichtlokale Graphen bestimmt. Es gibt nichts, was keinen Grund in der Welt hätte, sagt Smolin, letzten Endes auch keine zeitlosen Naturgesetze.

"Wenn wir glauben", schreibt er, "dass die Aufgabe der Physik die Entdeckung einer zeitlosen mathematischen Gleichung ist, die identisch ist mit der Geschichte der Welt, dann glauben wir, dass die Wahrheit über das Universum außerhalb des Universums liegt" - und das ist für Lee Smolin, der als Prophet eines allein naturwissenschaftlich begründeten Weltbildes auftritt, schlimmer Götzendienst.

"Vielmehr entstehen die Naturgesetze aus dem Inneren des Universums heraus und entwickeln sich in der Zeit mit dem Universum, das sie beschreiben", glaubt Smolin und spekuliert auf die Existenz eines noch zu entdeckenden Mechanismus, der irgendwie nach dem Muster von Darwins Evolutionsbiologie ablaufen müsse. Ihr hatte er bereits 1999 in seinem ersten Buch "The Life of the Cosmos" (deutsch "Warum gibt es die Welt?") eine eigene Kosmologie nachempfunden, die bislang allerdings ohne Resonanz in der Fachwelt geblieben ist, zumindest ohne positive.

Man muss Smolins weltanschauliche Motive für seinen Glauben an die Realität der Zeit nicht teilen, um seinen Ausführungen gegen das Blockuniversum zumindest stückweise folgen zu können. Doch am Ende ist auch dies kein Sachbuch zum Stand unseres Wissens über die Welt, sondern die Präsentation einer losen, lange nicht überall zu Ende gedachten, spekulativen Theorie-Idee.

Wie sich Naturgesetze in der Zeit entwickeln können, ohne zeitlosen Gesetzen zu folgen, nach deren Maßgabe sich da etwas entwickelt, bleibt ebenso offen wie das mit der fundamentalen Realität der Zeit wieder aufgeworfene Problem Augustins. Damit wird dann die Frage nach der Zeit zu einem weiteren Grund, Niels Bohr beizupflichten, dem Vater der Quantentheorie, für den Physik weniger mit Natur zu tun hat als mit dem, was wir über sie wissen können.

ULF VON RAUCHHAUPT

Lee Smolin: "Im Universum der Zeit". Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis des Kosmos. Aus dem Englischen von Jürgen Schröder. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014. 416 S., geb., 24,99 [Euro].

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