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Tomi Mäkeläs Buch ist seit mehr als 40 Jahren die erste zusammenfassende originale Publikation zu Leben und Werk von Jean Sibelius in deutscher Sprache. Das Buch enthält zahlreiche kaum bekannte und teilweise erstmals gedruckte Abbildungen. Eine ausführliche Darstellung der wichtigsten Strömungen der Sibelius-Rezeption im 20. Jahrhundert und eine Sibelius-Chronologie zum Leben des Jean Sibelius schließen den umfangreichen Band ab. "Poesie in der Luft" ist der Versuch, Sibelius und sein kompositorisches Werk aus der Perspektive seiner bildungsbürgerlichen Herkunft und seiner regionalen, ganz…mehr

Produktbeschreibung
Tomi Mäkeläs Buch ist seit mehr als 40 Jahren die erste zusammenfassende originale Publikation zu Leben und Werk von Jean Sibelius in deutscher Sprache. Das Buch enthält zahlreiche kaum bekannte und teilweise erstmals gedruckte Abbildungen. Eine ausführliche Darstellung der wichtigsten Strömungen der Sibelius-Rezeption im 20. Jahrhundert und eine Sibelius-Chronologie zum Leben des Jean Sibelius schließen den umfangreichen Band ab. "Poesie in der Luft" ist der Versuch, Sibelius und sein kompositorisches Werk aus der Perspektive seiner bildungsbürgerlichen Herkunft und seiner regionalen, ganz und gar nicht provinziellen Zeitumstände zu sehen. Insofern entwirft der Autor beziehungsreich das Psychogramm eines modernen Künstlers. Die Selbstfindung des Komponisten lässt sich durchaus mit der Entwicklung anderer Kunstschaffenden seiner Generation vergleichen. Mäkeläs Ergebnisse revidieren das Bild vom exotisch-naiven Naturmenschen und zeigen Sibelius in seiner kreativen Individualität, die sich bewusst an den mitteleuropäischen Strömungen seiner Zeit orientiert. Im Mittelpunkt der Werkbetrachtungen stehen Gattungen wie Symphonie, Kammermusik und Vokalmusik, mit denen Sibelius heute Weltgeltung erlangt hat.
Autorenporträt
Tomi Mäkelä, geboren in Lahti, Finnland, lebt in Berlin und ist Professor für Musikwissenschaft an der Martin-Luther Universität Halle. Er ist Autor einschlägiger Werke über Jean Sibelius und die finnische Musikgeschichte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.07.2007

Sibelius, der Moderne
Tomi Mäkelä widerspricht den Nörglern und erneuert in seiner gründlichen Studie das Bild des finnischen Komponisten
Auf eine Grußadresse hin, die er eines Tages aus Deutschland erhielt, entwarf Jean Sibelius folgende Antwort: „Ich sende von den finnischen Wäldern einen herzlichen Gruss an Deutschland, das Land der Musik”. Sie ironisierte ein Klischee, indem sie es erfüllte und übererfüllte. In der Antwort ist Deutschland durch eine kulturelle Leistung charakterisiert, Finnland hingegen einzig durch einen Bestandteil seiner Natur.
Huldigungen, die dem Künstler Sibelius galten, enthielten oft die Kehrseite, seine Kunst sogleich wieder zu vergessen und vergessen zu machen, indem sie diese in eine Art Naturkraft umdeuteten. Und zu behaupten, just dies vergessliche Lob entspreche dem Selbstverständnis des Komponisten, hat sich lange schon zu einer wohlfeilen Sorte von Tadel ausgewachsen. Sibelius’ Kompositionen zählen seit Jahrzehnten zu den meistaufgeführten des 20. Jahrhunderts. Einzubekennen, man sei von dieser Musik fasziniert, gilt unter denen, die sich auf ihren Intellekt einiges zugute halten, aber nach wie vor als Sünde wider Intellekt und guten Geschmack.
Der finnische Musikwissenschaftler Tomi Mäkelä, der an der Universität Magdeburg lehrt, versucht nun eine Deutung dieser Feindseligkeit. Mäkelä zeigt, wie Sibelius’ Musik sich gegen in Deutschland eingeschliffene Muster der Kritik und Ästhetik sperrte, und die Verlegenheit, die er damit bereitete, ihm mit Häme vergolten wurde und wird. Liest sich deren Ausdruck oft, als hätten die namhaften Autoren, die sich da äußerten, auf ihren Ohren gesessen, so bleibt Mäkeläs Sachlichkeit, mit der er alles verzeichnet und durchleuchtet, bewundernswert; es wäre ihm nicht nachzusehen gewesen, hätte er öfter, wie im Falle Heinrich Strobels, von „Nörglern” gesprochen.
Mäkelä reduziert die gereizten Urteile, die er von Joseph Joachim und Gustav Mahler bis zu Theodor W. Adorno und Ernst Krenek sorgfältig registriert und analysiert, nicht auf psychologische Reaktionen. Wenn deren Spott etwa Sibelius’ Musik mit der finnischen Landschaft in Verbindung brachte und damit in der Wertung gerade das Moment umkehrte, das anderwärts für die nachhaltigsten Schauer der Begeisterung sorgte, so gilt diese Vorstellung Mäkelä weder für schlicht wahr noch für schlicht falsch. Er hält seine Leser vielmehr dazu an, darüber nachzudenken, was Landschaft sei: eher ein Phänomen der Kultur als eines von Natur an sich. Nur der durch kulturelle Maßstäbe in seiner Aufmerksamkeit gelenkte Blick auf die Natur kennt Landschaften.
Mäkelä gibt der Wahrnehmung Sibelius’ in Deutschland ein bislang unerreichtes Niveau, indem er den Komponisten in den Zusammenhang stellt, aus dem er kam: denjenigen der skandinavischen Moderne um 1900. Diese war keineswegs eine randständige Erscheinung. Strindberg, Ibsen und Munch waren zentrale Figuren des Fin de Siècle; in ihre Gesellschaft gehört die durchaus nicht provinzielle Figur des Komponisten: Der antiakademische Duktus ihrer Sprache, ihrer Farben ist in anderer, doch verwandter Weise Sibelius’ Musik, insbesondere im Rhythmisch-Metrischen, eingeschrieben. Tomi Mäkeläs „Poesie in der Luft” ist seit mehr als vier Jahrzehnten die erste größere, zusammenhängende Veröffentlichung zu Leben und Werk von Jean Sibelius in deutscher Sprache. Mäkelä hat die Archive durchsucht, Abbildungen zum ersten Mal ans Licht gebracht, und, vor allem: sich eigene Gedanken gemacht. Man wünschte sich freilich noch mehr zur Musik, deren Analyse in Mäkeläs Buch durch die Forschungen zur Rezeption überwogen wird; allerdings war viel Schutt beiseitezuschaffen, um den neuen Blick auf Sibelius freizusetzen.
Ferner wäre zu fragen, ob der Musik Sibelius’, oder bestimmten seiner Werke, nicht auch entschieden antimoderne Züge eignen, ohne dass der Mechanismus einschnappt, eine bejahende Antwort beweise ästhetische Minderwertigkeit. Wie auch immer: An Mäkelä wird keiner mehr vorbeigehen können, der sich auf Deutsch fundiert zu Sibelius äußern möchte. ANDREAS DORSCHEL
TOMI MÄKELÄ: „Poesie in der Luft”. Jean Sibelius. Studien zu Leben und Werk. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden – Leipzig – Paris 2007. 510 S., 36,00 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Hans-Klaus Jungheinrich begrüßt dieses Buch über Jean Sibelius sehr. Was der in Magdeburg lehrende finnische Musikwissenschaftler Tomi Mäkelä hier leiste - und zwar auf Deutsch! - sei nicht weniger als eine "faire Gegenposition" zu Adorno zu entwickeln. Dieser hatte nämlich mit einer einzigen, aber ungeheuer bösen Glosse den Komponisten so gut wie vernichtet. Seither hat es Sibelius nicht geschafft, aus der "musikhistorischen Rumpelkammer" herauszukommen, in die ihn Adorno gesteckt hatte, wie uns Jungheinrich ins Bild setzt. Aus Mäkeläs einzelnen Essays nun tritt ihm Sibelius zwar immer noch nicht als moderner Komponist entgegen, sondern als konservativer, nie reaktionärer Musiker, den Geldgier und Ruhmsucht durchaus zu "allerlei klingelnder Unbedarftheit" verleitete. Aber, betont Jungheinrich, Sibelius hat auch Stücke von "sogartiger Unwiderstehlichkeit" hinterlassen. Schließlich lobt der Rezensent Mäkeläs Gründlichkeit, seinen "brillanten Stil" und last but not least die opulente Ausstattung des Bandes.

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