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Hedi, Uli und ihr Sohn Finn sind eine glückliche Familie. Auch wenn die Eltern ihre Karriereträume nicht ausleben können, schlagen sie sich mit Humor durch den anstrengenden Alltag. Eine Panikattacke, bei der Hedi das Gefühl hat, einen Herzinfarkt zu bekommen, entpuppt sich als das Symptom einer schweren Depression. Hedi probiert alles mögliche aus, geht zum Psychologen, macht Entspannungsübungen. Nichts hilft wirklich. Ihr Sohn kann bald nichts mehr mit ihr anfangen. Auch Uli verliert langsam die Geduld.

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Produktbeschreibung
Hedi, Uli und ihr Sohn Finn sind eine glückliche Familie. Auch wenn die Eltern ihre Karriereträume nicht ausleben können, schlagen sie sich mit Humor durch den anstrengenden Alltag. Eine Panikattacke, bei der Hedi das Gefühl hat, einen Herzinfarkt zu bekommen, entpuppt sich als das Symptom einer schweren Depression. Hedi probiert alles mögliche aus, geht zum Psychologen, macht Entspannungsübungen. Nichts hilft wirklich. Ihr Sohn kann bald nichts mehr mit ihr anfangen. Auch Uli verliert langsam die Geduld.
Autorenporträt
Sonja Heiss, geboren 1976 in München, lebt in Berlin. Sie studierte Film in München.

Laura Tonke, geboren 1975 in Berlin und dort aufgewachsen, gab mit 16 Jahren ihr Spielfilmdebüt in dem Film Ostkreuz von Michael Klier. Seitdem hat sie in über 30 Filmen mitgespielt, unter Regisseuren wie Dominik Graf, Tom Tykwer und Eoin Moore. Laura Tonke erhielt 2000 die "Goldene Kamera" als Beste Nachwuchsschauspielerin. Ihr Talent stellt sie auch als Theaterschauspielerin unter Beweis, u.a. an der Volksbühne Berlin, wo sie mit Frank Castorf zusammenarbeitet.Hans Löw, geboren 1976, ist als Theater-, Film- und Fernsehschauspieler tätig. Von 2001 bis 2009 war er festes Ensemblemitglied am Hamburger Thalia Theater. 2004 wurde er mit dem Boy-Gobert-Preis als bester Nachwuchsdarsteller auf Hamburger Bühnen ausgezeichnet. 2005 spielte er in Detlef Bucks Kinofilm Knallhart mit, der den Deutschen Filmpreis 2006 in Silber gewann. Er war zudem in Cornelia Funkes Hände weg von Mississippi sowie in Rubbeldiekatz von Detlev Buck zu sehen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2016

Der Nachtmahr vor der Hochzeit

Bei der Berlinale mehrfach ausgezeichnet: Mohamed Ben Attias Spielfilm "Hedis Hochzeit" zeigt das tunesische Kino auf Weltniveau.

Die Wanderungsbewegung zwischen Afrika und Europa übers Mittelmeer ist gar keine Einbahnstraße. Jedenfalls nicht ästhetisch. So ist etwa die markante Bilderhandschrift der Filmemacher Jean-Pierre und Luc Dardenne aus Belgien bis nach Tunesien gelangt, zu Mohamed Ben Attia, der in seinem ersten langen Spielfilm die Kamera in dardennescher Weise auf seinen Titelhelden Hedi hetzt: Sie fällt ihm in den Rücken, sitzt ihm im Nacken, schaut ihm über die Schulter, löst sich nicht mehr von ihm, begleitet jeden Schritt. Und Ben Attia erzählt auch wie die Dardennes (die als Produzenten von "Hedis Hochzeit" fungierten): scheinbar leidenschaftslos, ganz sachlich, doch in diesem Individualporträt wird eine ganze Gesellschaft sichtbar.

Hedi Barrak ist ein junger Tunesier von 25 Jahren, wohnhaft in Kairouan, beschäftigt in Tunis, nämlich als Verkäufer für die französische Automarke Peugeot, aber im Außendienst. Das bedeutet häufige Fahrten in den Badeort Mahdia, wo er sich, weil "künstlerisch veranlagt wie sein Vater", vor Kundengesprächen drückt, wie es eben geht.

Noch unverheiratet, wohnt Hedi bei seiner verwitweten Mutter, doch eine Braut ist schon ausgeguckt, man kennt sich seit drei Jahren, findet sich auch sympathisch, fummelt bisweilen nachts im eigenen Peugeot aneinander herum, und eine Wohnung für das Paar wird schon im Haus der Mutter eingerichtet. Die Hochzeit steht nämlich unmittelbar bevor, und dafür kommt sogar Hedis älterer Bruder nach Kairouan zurück, der in Frankreich Beschäftigung und eine Frau gefunden, sogar eine kleine Tochter hat. Deshalb gilt er der Mutter als Tausendsassa, während sie das Leben des Nesthockers gar nicht erst aus der Hand zu geben gedenkt. Und wie sollte das nach der Eheschließung anders werden, wenn Hedi zu Hause wohnen bleibt?

So flüchtet der sich in einer Phantasiewelt auf Papier: Hedi zeichnet Comics, apokalyptische Szenen, wie man sie von französischen Autoren der siebziger Jahre kennt. Das gelobte Land ist allein schon deshalb auch für ihn Frankreich, und als er die fünf Jahre ältere Rim kennenlernt, die als Animateurin in einer von deutschen Touristen frequentierten Ferienanlage arbeitet, aber bald ihr Glück in Montpellier suchen will, tut sich ihm nicht nur in Sachen Leidenschaftlichkeit eine neue Welt auf. Mit einem Mal wird Hedi vor die Herausforderung gestellt, eigene Entscheidungen zu treffen - gemäß einem klassischen Filmtitel pünktlich zur "Nacht vor der Hochzeit".

Mit Hollywood-Erzählmustern oder gar dem dortigen Starsystem hat Mohamed Ben Attias Film indes nichts zu tun. Der Hauptdarsteller Majd Mastoura hat für seine Rolle zwar den Darstellerpreis auf der diesjährigen Berlinale gewonnen, aber der belohnte ein kompromisslos unprätentiöses Spiel, das auf jede Gefühlsregung verzichtet.

Hedi ist Mastoura auf den Leib geschrieben, und ob der Schauspieler jemals wieder eine vergleichbare Leistung erbringen wird, darf man bezweifeln - so wie ja auch das Kino der Dardennes mit Ausnahme von Olivier Gourmet keine Stars hervorgebracht hat, sondern jeweils überragende Einzeldarstellungen. Genau das macht auch die Qualität von "Hedis Hochzeit" aus, der für das vom Regisseur verfasste Drehbuch und Frédéric Noirhommes Kameraarbeit noch zwei weitere Silberne Bären verdient gehabt hätte, aber immerhin den Preis für den besten Debütfilm der Berlinale gewann.

Es ist die geradezu sozialdokumentarische Akkuratesse dieses im erzählerischen Geist des Neorealismus gedrehten Films (dem aber die modernen technischen Möglichkeiten eine Unmittelbarkeit gestatten, von denen Rosselini und Co. nur hätten träumen können), die ihn nicht nur zum künstlerischen Ereignis, sondern auch zu einem politischen Zeitzeugnis macht. Tunesien in der Zeit nach dem arabischen Frühling ist ein Land, in dem sich nichts verbessert hat, und die Relikte der religiösen Tradition sind in der bürgerlichen Familie Barrak noch ebenso sichtbar wie ein Wirtschaftssystem, das nicht nach Effizienzkriterien, sondern nach Patronageprinzipien geht. Einmal nur tritt Hedis Schwiegervater in spe, ein Unternehmer, auf, aber weitaus wichtiger sind zwei kurze Erwähnungen, die darüber Auskunft geben, dass zunächst sein Pass eingezogen und er schließlich verhaftet wurde. Damit bricht ein zentraler Baustein der mütterlichen Pläne weg.

Doch daraus macht der Film gar kein Drama, er bleibt strikt bei Hedi, dessen Europa-Sehnsucht erst geweckt und dann auf die Probe gestellt wird. Nicht so, wie man erwarten könnte, also nicht bei der Ausreise, auch nicht in Frankreich - Mohamed Ben Attias Film verlässt Tunesien nicht. Das ist die Pointe dieser Geschichte, die von einem Humanismus geprägt ist, der zeigt, wie nahe sich Europa und Afrika geistig sein können, zumindest in der Kunst. Und wie "Hedis Hochzeit" nach anderthalb faszinierenden Stunden sein zwingendes Ende findet, das müsste alle Filmemacher dieser Welt neidisch machen.

ANDREAS PLATTHAUS

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