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Leni Dalinsky und ihr Verlobter Rafi sehen aufgeregt dem ersten Zusammentreffen Rafis mit Lenis Familie entgegen. Ein an sich harmloses Unterfangen, wäre da nicht der erwähnenswerte Umstand, dass Leni Jüdin und Rafi Palästinenser ist. Es nützt alles nichts, die Wahrheit muss auf den Tisch und das geplante harmonische Essen im Familienkreis nimmt schnell alptraumhafte Züge an. Nicht zuletzt, weil sich die Dalinskys als Individuen mit ausgeprägtem Hang zur Exzentrik entpuppen. Bruder David durchläuft gerade eine intensive Phase der Bekehrung zum orthodoxen Judentum, auch die nymphomanisch…mehr

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Produktbeschreibung
Leni Dalinsky und ihr Verlobter Rafi sehen aufgeregt dem ersten Zusammentreffen Rafis mit Lenis Familie entgegen. Ein an sich harmloses Unterfangen, wäre da nicht der erwähnenswerte Umstand, dass Leni Jüdin und Rafi Palästinenser ist. Es nützt alles nichts, die Wahrheit muss auf den Tisch und das geplante harmonische Essen im Familienkreis nimmt schnell alptraumhafte Züge an. Nicht zuletzt, weil sich die Dalinskys als Individuen mit ausgeprägtem Hang zur Exzentrik entpuppen. Bruder David durchläuft gerade eine intensive Phase der Bekehrung zum orthodoxen Judentum, auch die nymphomanisch veranlagte Schwester Tania wohnt mit Tochter Paula noch im Haus der Eltern. Mutter Gloria hingegen, die neurotische Beschützerin der Familie, pflegt ihr Selbstbild als Märtyrerin.

Vollends außer Kontrolle gerät das Familienfest jedoch, als Rafi einen Block mit tiefgefrorener Suppe aus dem Fenster des Hochhauses fallen lässt - und damit auch noch einen Passanten trifft. Der Versuch von Leni und Rafi, den Vorfall zu vertuschen, ist der Beginn einer langen Kette von höchst amüsanten Verstrickungen...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Deutscher & Internationaler Trailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2005

Fünfzehn Kilometer koscherer Raum
Nennen wir es nicht Heimweh: Das elfte Jewish Festival in Berlin

Erschrocken fährt Rafi hoch, als er an seinem Schuh eine Blutspur entdeckt. Er weiß nur zu gut, von wem das Blut stammt: von dem Mann vor dem Haus, dem die zu einem großen Eiswürfel gefrorene Suppe aus Rafis Händen auf den Kopf fiel. Daß der unbekannte Passant der Vater seiner Freundin Gloria ist, der geradewegs zum Begrüßungsmahl für den Bräutigam eilte, stellt sich erst in der folgenden Szene heraus, und dann ist alles ganz schlimm. Denn Gloria ist Jüdin und Rafi ein palästinensischer Professor hier in Barcelona. Jüdisches Blut an einem palästinensischen Schuh. Nun hauen sich die innig Verliebten die bösen Worte, die Israelis und Palästinenser füreinander bereit haben, herzhaft um die Ohren, nicht zu laut, denn die aufgeregte Mutter war sowieso schon entsetzt, als ihr die beim spanischen Fernsehen erfolgreiche Tochter ausgerechnet einen krausköpfigen Palästinenser als künftigen Ehemann vorstellte.

Man muß wohl wie das Regieduo Dominic Harari und Teresa Pelegri in Spanien leben, um die aus Intifada-Quellen sprudelnden Vorurteile und den geschichtlichen Haß zwischen Juden und Palästinensern in eine bestens austarierte Komödie verwandeln zu können. Vom Blut am Schuh des Arabers bis zum Gewehr, zu dem der senile Großvater instinktiv greift, als er den Feind wittert, der Liebesglut der Tochter und der bestimmenden Rolle der Mutter haben alle Details triftige Symbolkraft. Drum herum rankt sich ein wenig spanische Folklore wie die Prostituierte um den glücklicherweise nur umnebelten Vater. "Seres queridos", auf dem englisch betitelten Berliner Jewish Film Festival mit dem Titel "Only Human" versehen - als würden unsere Ohren inzwischen besser Englisch als Deutsch verstehen, wo doch gerade Spanisch zur beliebtesten Fremdsprache aufsteigt -, ist eine mit zündenden Anspielungen vollgestopfte Komödie, deren befreiende Kraft jede nationale Anmaßung aus den Schlupflöchern treibt. Eine besonders zerzauste Spottfigur muß Glorias Bruder abgeben, der gestern den Drogen frönte, heute die Sabbatregeln penibel auslegt und morgen die Lehren des Konfuzius zu studieren beginnt. Der Film kommt im Herbst in die deutschen Kinos.

Am Ende der Welt links

So lustig geht es auf dem im Roten Rathaus eröffneten und noch bis zum 30. Juni dauernden kleinen Festival, das die Jüdische Volkshochschule zum elften Mal gemeinsam mit den Freunden der Deutschen Kinemathek im Filmhaus am Potsdamer Platz veranstaltet, selten zu. Aber Humor ist in viele der über zwanzig langen und kurzen Beiträge eingewoben. Aus den zahlreichen, nicht immer belangvollen israelischen Produktionen (wichtige Arbeiten wie "Route 181" von Eyal Sivan und Michel Khleifi oder, ebenfalls bei uns im Kino, "Walk on Water" von Eytan Fox fehlen) ragen zwei Dokumentarfilme aus der Serie "To Be an Israeli Woman" heraus.

Ziva Postec, die ihr Handwerk bei Claude Lanzmann lernte, porträtiert im ersten eine aus Äthiopien stammende, im zweiten eine arabische Israelitin. Beide blicken mit Wehmut auf das Land ihrer Kindheit zurück, wo sie in geordneten patriarchalischen Verhältnissen aufgewachsen sind. Die dunkelhäutige Rebecca, die mit ihren Eltern über Sudan im buchstäblichen Sinn nach Israel auswanderte, hat ihre Möglichkeiten aktiv beim Schopf gepackt. Aziza dagegen, Kunstdozentin an einer christlichen Hochschule, ergreift Trauer beim Anblick der einst großen, nun zerstörten Besitzungen ihres Vaters in Galiläa. Die arabische Musik dazu wird zum Klagegesang über die jüdische Landnahme.

Wenig überzeugte dagegen der israelische Eröffnungsfilm "Turn Left at the End of the World" von Avi Nesher, der den Zusammenprall unterschiedlicher ethnischer Gruppen, in diesem Fall marokkanischer und indischer Einwanderer, als Vorlage für eine harmlose Schulmädchen-Komödie nutzte.

Doch keineswegs Israel allein, sondern die ganze verstreute jüdische Community will dieses Festival seit seinen bescheidenen Anfängen liebevoll umfangen. Etwas von Volkshochschule haftet dem Programm dabei an. Man muß sich nicht unbedingt für die Sorgen dreier lesbischer Israeli-Frauen interessieren, die in langen und drögen Gesprächen bei einem Rabbi Rat einholen, wie ihre erotische Ausrichtung mit der orthodoxen Glaubensauffassung und -praxis zu vereinen wäre ("Keep Not Silent" von Ilil Alexander). Wenn jedoch der deutsche Regisseur Kai Wiesinger in der amerikanischen Provinzstadt Teaneck den Sinn und die Grenzen eines Eruv, eines abgesteckten Lebensraumes für Orthodoxe am Sabbat, herauszufinden versucht, zieht er den anfangs womöglich noch skeptischen Betrachter in eine spannende Debatte über religiösen Fundamentalismus hinein.

Gott gibt uns eine Chance

Mit einem dünnen Markierungsdraht entlang der Telefonleitungen haben mehrere Dutzend Familien in Teaneck sukzessive den Privatraum erweitert, in dem sie sich am Sabbat bewegen können, ohne die Regeln zu verletzen. "Gott gibt uns eine Chance, sein Gesetz zu erfüllen", meint ein Rabbi, als wäre der Trick bei der Umwandlung von öffentlichem in privaten Raum nicht leicht zu durchschauen. Von fünfzehn Kilometern koscherem Raum anderswo schwärmt ein zweiter. Aber es gibt Ärger. Nichtorthodoxe und christliche Anwohner fühlen sich aus der Siedlung gedrängt. Ein Wächter hat seine liebe Not, den immer wieder zertrennten Draht zu reparieren.

Wiesinger begegnet den Frommen mit großer Geduld und verkneift sich den Spott. "Eruv - The Wire", so der Titel, spiegelt im kleinen den Zusammenprall zweier grundverschiedener Lebensformen. Man nimmt den Menschen ihren religiösen Ernst ab und wundert sich doch über den Zwang, den sie sich auferlegen müssen. Welche Dimensionen das Verlangen nach einem starren Regelwerk als Lebenshalt weltweit annimmt, deutet ein Zeuge mit dem Hinweis auf die zunehmenden Missionserfolge des Islam in amerikanischen Gefängnissen an.

Ein jüdisches Filmfestival in Berlin wird nie aufhören können, an die von dieser Stadt ausgegangene Katastrophe der Schoa zu erinnern. Überlebende kehren an ihren Geburtsort zurück, Margot Friedlander zum Beispiel, die in Kreuzberg aufgewachsen ist und nun in Thomas Halaczinskys Film "Don't Call it Heimweh" mit verwundertem Blick durch die Stadt geht, wo sie sich nach der Deportation ihrer Familie noch über ein Jahr lang verstecken konnte, bis sie kurz vor Kriegsende nach Theresienstadt deportiert wurde. Seit langem lebt sie in New York, ohne dort völlig heimisch geworden zu sein oder besondere Dankbarkeit gegenüber Amerika zu empfinden, das nicht genug für die Rettung der Juden getan habe.

Eine Art Heimweh - "Heimat, Heimweh, Hejmisch sein" steht dann auch als Thema über dem von Nicola Galliner gegründeten und geleiteten Festival - läßt schließlich die bis nach Australien verstreuten Schwimmerinnen des jüdischen Sportvereins "Hakoah Wien" den Ort wieder besuchen, wo sie einst Trophäen für Österreich errangen, bis ihnen der kollektive Haß entgegenschlug. "Watermarks", ein schöner Dokumentarfilm von Yaron Zilberman, löste die lastenden Erinnerungen fast vollständig in einem heiteren Bad der Gefühle (und im Schwimmbecken) auf, wäre da nicht die häßliche Szene mit einem Taxifahrer, der die Vertreibung der österreichischen Juden auf seine Weise versteht: "Ach so, Sie waren Nichthiesige." Ein Rest wird immer bleiben und ein Stachel für den Zuschauer. Das Jewish Film Festival ist ein unerwartetes, verstörendes Geschenk an Berlin.

HANS-JÖRG ROTHER

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